Protokoll:

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke wies darauf hin, dass entgegen der Tischvorlage zum Kohleausstieg, eine Stilllegung der restlichen 600 MW-Blöcke in Neurath bis Ende 2022 statt 2020 vorgesehen sei.

 

Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer betonte, dass seine Fraktion der Bund-Länder-Einigung zum Kohleausstieg sehr kritisch gegenüberstehe. Statt, wie versprochen, die Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Schäftigung“1:1 umzusetzen, würde der Kompromiss aufgekündigt. Der Kreistag habe in seiner Sitzung am 18.12.2019 mit Mehrheit beschlossen, dass der Rhein-Kreis Neuss eine 1:1 Umsetzung dieser Empfehlungen erwarte. Deswegen beantrage die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, dass der Landrat den Beschlussteil „Der Rhein-Kreis Neuss erwartet, dass die Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ 1:1 umgesetzt werden.“ an die Bundesregierung senden und in dem Schreiben nochmal eindringlich auf die Einhaltung des Kohlekompromisses drängen solle.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke merkte an, dass von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen genauer erläutert werden müsse, an welcher Stelle der Kompromiss aus ihrer Sicht nicht eingehalten worden sei. Medial werde die Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerkes in Datteln kritisiert. Jedoch könne der Co2-Ausschuss durch die Inbetriebnahme des Kraftwerkes in Datteln stärker reduziert werden, da dafür mehrere weniger effizientere Steinkohlekraftwerke früher abgeschaltet werden könnten. In diesem Fall hätten sich die Erwartungen entgegen der Empfehlungen geändert. Zudem würden die Abschaltungen das Rheinische Revier früher als erwartet treffen.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel erklärte, dass die Entsendung einer Resolution über die Erwartungen des Rhein-Kreises Neuss zur 1:1 Umsetzung der Empfehlungen der Kommission unterstützenswert sei. Er sehe in der Einigung jedoch bereits eine 1:1 Umsetzung. Der Kohleausstieg werde im Rheinischen Revier nun früher erfolgen und die Region härter treffen als erwartet. Allerdings schaffe die Einigung Klarheit und biete eine Grundlage um vor Ort Rahmenbedingungen zu schaffen. Ein breiter gesellschaftlicher Konsens sei nach dem Kohlekompromiss ohnehin nicht erkennbar gewesen. Er betonte, dass die Erhaltung des Hambacher Forstes im Umkehrschluss die gesamte Umsiedlung im Tagebau Garzweiler bedeute. Die Umsiedlung sei notwendig, da ansonsten der Tagebau vorzeitig beendet würde. Dies würde unabsehbare Folgen für die Region mit sich bringen. Zudem treffe die frühere Abschaltung des Kraftwerkes in Neurath die Region besonders hart.

Er wies zusätzlich darauf hin, dass die Menschen in unmittelbarer Nachbarschaft mit Sorge auf die Entwicklung schauen würden. Es gebe noch keine Sicherheit zur zukünftigen bezahlbaren Stromversorgung. Dafür müssten industrielastfähige Speicherlösungen vor Ort geschaffen werden. Er betonte, dass das Rheinische Revier weiterhin Energieregion bleiben solle. Die Politik habe nun die Aufgabe die Chancen für die Region zu ergreifen und Antworten für die Stromproblematik zu finden.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Dieter Welsink erläuterte, dass die Bund-Länder-Einigung ein wichtiges Ergebnis sei und die Rahmenbedingungen für die Arbeit in der Region schaffe. Er meinte, dass es bereits einen breiten gesellschaftlichen Konsens zur Energiewende, allerdings noch nicht zu deren Folgen gebe. Um das zu erreichen, müsse noch viel in Wissenschaft und Forschung investiert sowie Pilotprojekte ausprobiert werden. Jetzt sei es wichtig zu prüfen, welche Folgen die Einigung für die Region habe, welche Forderungen nach Berlin geschickt und welche Maßnahmen vor Ort ergriffen werden müssen. Er sehe dies als Chance für die Zukunft der Region. Die Zukunftsregion Rheinisches Revier habe ein Konsenspapier für die Region erstellt, um die betroffenen Menschen in dem Strukturwandelprozess mitzunehmen. Aufgrund des enormen Fachkräftemangels müssten die vom Strukturwandel betroffenen Mitarbeiter umqualifiziert, anstatt blind in den vorzeitigen Ruhestand geschickt werden. Nur so könnten die Herausforderungen in der Zukunft bewältigt werden.

 

Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer führte aus, dass acht der damaligen 28 Mitglieder der Kohlekommission der Bundesregierung vorgeworfen hätten, den Kompromiss gebrochen zu haben. Diese Mitglieder hätten die Bundesregierung jetzt aufgerufen zum vereinbarten Kompromiss zurückzukehren. Der Forschungskoordinator für Energie- und Klimapolitik des Öko-Instituts, Felix Christian Matthes, gehe von zusätzlich 40 Millionen Tonnen klimaschädlichen Emissionen bis 2030 aus. Die Erwartung des Rhein-Kreises Neuss zur 1:1 Umsetzung der Kohlekommissionsempfehlungen sei bereits mehrheitlich im Kreistag am 18.12.2019 beschlossen worden. Wenn der Klimaschutz ernstgenommen werde, müsse die Umsetzung ebenfalls ernstgenommen und bekräftigt werden.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke erläuterte, dass an der Bund-Länder-Einigung die Gleichsetzung von Megawatt mit Co2-Ausstößen kritisiert werden könne. Dies sei physikalisch nicht zutreffend, da eine Co2-Belastung nur erfolge, solange die Megawatt dauerhaft auch Strom produzieren. Allerdings seien die Kraftwerksblöcke nicht rund um die Uhr ans Netz angeschlossen, sondern würden nach Bedarf zu- bzw. abgeschaltet. Demnach müsse der Co2-Ausschuss und nicht die Megawattzahl reglementiert werden. Da im Kohlekompromiss nicht angegeben sei, wieviel Co2 entstehe, wäre es falsch zu behaupten, dass durch die Einigung mehr Co2-Ausstoß entstehe.

 

1. stellvertretender Landrat Hans-Ulrich Klose betonte, dass der Kreisausschuss in der Vergangenheit gut beraten gewesen sei, wenn er die Angelegenheiten sachlich und nüchtern angegangen ist. Im Gegensatz zum Westen, würde im Osten primär über Arbeitsplätze diskutiert werden. Die Bevölkerung sorge sich darum, woher die benötigte Menge neuer Arbeitsplätze kommen solle.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Gert Ammermann erklärte, dass er den mehrheitlichen Beschluss des Kreistages zur 1:1 Umsetzung der Empfehlungen der Kohlekommission nicht in dem Sinne verstanden habe, dass jede Schrittfolge zur Umsetzung nachvollziehbar sein solle. Er habe die Erwartung des Rhein-Kreises Neuss so interpretiert, dass die Regionen nicht alleingelassen werden sollten und entsprechende finanzielle Mittel und Ressourcen bereitgestellt werden müssen. Die Bund-Länder-Einigung zeige, dass sich der Bund nicht aus seinen Verpflichtungen zurückziehe, sondern Kohleausstiegsvorgaben vorlege. Die Lösung der Versorgungssicherheitsproblematik sei Aufgabe der Experten in den Ministerien. Für ihn sei eine 1:1 Umsetzung im Hinblick auf die Parität des Kohleausstieges und der Bereitstellung von Strukturfördermitteln erfüllt. Er bitte den Landrat zu überprüfen, ob die Forderungen der Region erfüllt worden seien.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel hob hervor, dass der Strom wettbewerbsfähig bleiben müsse. Für die Strukturförderung sollten insgesamt 40 Mrd. € zu Verfügung stehen. Davon seien 10-20 Mrd. € als Entschädigungen für die Kraftwerkswirtschaft eingeplant. Die Energiewirtschaft und namentlich unsere Region würden ihren Beitrag zur 1:1 Umsetzung leisten. Es kann nicht alleine die Aufgabe unserer Region sein, während sich der Osten vor diesen Aufgaben weg ducke. Wenn von den Strukturfördermitteln die Unternehmen eine Entschädigung erhalten, ergebe sich die Frage, was mit den restlichen Mitteln passiere. Die SPD-Kreistagsfraktion habe ein Interesse daran, dass RWE weiterhin leistungsfähig bleibt, um die Rekultivierung leisten zu können. Ansonsten könne unsere Region sich nicht neu gestalten. Das Geld für die Rekultivierung in 10-20 Jahren sei noch nicht verdient worden.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Dieter Welsink meinte, dass mit der Resolution nach Berlin die Konsequenzen für unsere Region beschrieben werden müsse. Es müssten finanzielle Mittel in die Region kommen, um beispielsweise die Digitalisierung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren zu fördern. Deswegen solle die Verwaltung beauftragt werden zu ermitteln, was die Bund-Länder-Einigung für unsere Region bedeute.

 

Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer beantragte zu beschließen, dass der Kreisausschuss seinen mehrheitlichen Beschlussteil „Der Rhein-Kreis Neuss erwartet, dass die Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung 1:1 umgesetzt werden“ vom 18.12.2019 bekräftigt und den Landrat bittet, der Bundesregierung diesen Mehrheitsbeschluss des Kreistages unverzüglich mitzuteilen.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Dieter Welsink erklärte, dass das gesamte mehrheitlich beschlossene Strategiepapier des Kreistages vom 18.12.2019 als Resolution an die Bundesregierung geschickt werden sollte. Allerdings müsse ebenfalls eine Analyse stattfinden, inwiefern die Region von den Konsequenzen betroffen sei und welche Maßnahmen vor Ort getroffen werden müssten.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel schlug vor, dass der Landrat zwei Briefe an die Bundesregierung sende. In dem einen Brief könne mitgeteilt werden, dass der Kreistag im Dezember das Klima- und Strukturwandelpapier mehrheitlich beschlossen habe und in einem separaten Brief, dass die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen den Satz zur 1:1 Umsetzung nochmals bekräftige.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke stellte fest, dass die Abstimmung über die Entsendung des mehrheitlich beschlossenen Klima- und Strukturwandelpapieres nach Berlin ein weitergehender Antrag sei, als die Bekräftigung der 1:1 Umsetzung. Daher werde bei Beschließung des weitergehenden Antrages nicht mehr über die Entsendung des Satzes zur 1:1 Umsetzung abgestimmt.