Beschlussvorschlag:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.
Sachverhalt:
I.
Zur Corona-Pandemie werden Kreisdirektor Brügge in seiner Funktion als Leiter des Krisenstabes sowie der Amtsarzt Dr. Dörr, Leiter des Kreisgesundheitsamtes, einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Corona-CV-19-Infektionen und aller Maßnahmen zur ihrer Bekämpfung geben.
Im Kreisausschuss am 06.05.2020 wurde bereits ein entsprechender Bericht vorgetragen; auf die Vorlage 013/3887/XVI/2020 bzw. entsprechende Tischvorlage wird verwiesen.
II.
Im Sozialbereich hat der Gesetzgeber durch mehrere Gesetze und Verordnungen
- Sozialschutz-Paket,
- SodEG – Sozialdienstleister-Einsatzgesetz,
- Coronaschutzverordnung und
- Coronaaufnahmeverordnung,
neue Vorschriften getroffen, die der Rhein-Kreis Neuss als WTG-Behörde (Heimaufsicht) und als örtlicher Träger der Sozialhilfe (SGB XII) und kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) umzusetzen hat.
Insbesondere sind dies Regelungen, die die Betreuung von Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen und Wohneinrichtungen für behinderte Menschen sowie den Zugang zu den sozialen Transferleistungen betreffen.
Das Kreissozialamt gibt hierzu folgende Informationen:
1.
Aktivitäten
der WTG-Behörde
·
Alle 46 Einrichtungen der vollstationären Pflege wurden am 10.03.2020
durch die zuständige WTG-Behörde angeschrieben. Dieses Schreiben beinhaltete
unter anderem Aussagen zu Besuchsreglementierungen aufgrund der momentanen
Gefahrenlage und des besonderen Schutzbedürfnisses der Bewohnerinnen und
Bewohner.
Im Anhang der
Mail befanden sich zudem Empfehlungen des Landesgesundheitsamtes Niedersachen
zum Umgang mit Covid-19. Außerdem wurden die Empfehlungen des
Robert-Koch-Institutes weitergegeben.
·
Am 11.03.2020 wurde ein Erlass des MAGS mit Ausnahmeregelungen für
WTG-Einrichtungen an alle vollstationären Einrichtungen weitergeleitet. Diese
Regelungen bezogen sich auf die Umwidmung von Einzelzimmern zu Doppelzimmern
sowie auf den Umgang mit personellen Engpässen durch Corona-Erkrankungen
·
Am 13.03.2020 erging die erste Allgemeinverfügung an die Einrichtungen
mit Besuchseinschränkungen auf Grundlage des Erlasses vom MAGS mit gleichem
Datum. Hier wurden die Besuchsmöglichkeiten dahingehend eingeschränkt, dass pro
Bewohner/in täglich nur noch eine Besuchsperson für maximal eine Stunde in die
Einrichtung durfte
·
Am 17.03.2020 hat ein Arbeitskreis der WTG-Behörde mit Vertretern der
Einrichtungen zum Umgang mit Covid-19 stattgefunden.
·
Mit Allgemeinverfügung vom 20.03.2020 wurde durch den RKN ein
vollständiges Besuchsverbot in allen vollstationären Einrichtungen im
Kreisgebiet ausgesprochen.
·
Am 23.03.2020 trat die CoronaSchutzVO in Kraft, wodurch
Besuchseinschränkungen/Besuchsverbote nun landeseinheitlich geregelt wurden
·
Mit Datum vom 01.04.2020 gab es einen Aufhebungserlass, der gewisse
Regelungen, die vor Inkrafttreten der Coronaschutzverordnung und damit
verbundene Allgemeinverfügungen aufhebt. Ziel dieser Aufhebungen ist die
Sicherstellung einer landeseinheitlichen Vorgehensweise. Damit wurde auch die
Allgemeinverfügung vom 20.03.2020 des RKN hinsichtlich des Besuchsverbots
aufgehoben. Das Besuchsverbot hat selbstverständlich weiterhin Bestand,
allerdings nicht mehr auf Grundlage der Allgemeinverfügung, sondern auf
Grundlage von § 2 der Coronaschutzverordnung.
·
Am 03.04.2020 wurde den Einrichtungen durch die WTG-Behörde die
CoronaAufnahmeVO zugesandt, die die Schaffung von Isolations- und
Quarantänebereichen in den Einrichtungen vorsieht. Mit gleicher Mail wurden die
Einrichtungen aufgefordert, ihre Pandemiepläne auf Aktualität und
Praktikabilität zu prüfen
·
Die Einrichtungen wurden mit Mail vom 09.04.2020 aufgefordert, bis zum
17.04.2020 ihre Pandemiepläne und Konzepte zur Umsetzung der CoronaAufnahmeVO
vorzulegen
·
Die CoronaAufnahmeVO ist am 19.04.2020 ausgelaufen und wurde in dieser
Fassung nicht verlängert. Seitens des MAGS ist eine praktikablere Fassung in
Arbeit
·
Die CoronaSchutzVO wurde für die Zeit vom 20.04.2020 bis zum 03.05.2020
verlängert. Dies beinhaltet auch weiterhin das vollständige Besuchsverbot in
den WTG-Einrichtungen
·
Am 30.04.2020 hat eine Videokonferenz mit den Einrichtungsleitungen der
Senioreneinrichtungen stattgefunden. Hier wurden u. a. Modelle besprochen, mit
denen der soziale Kontakt zwischen Bewohnern und Angehörigen auch unter
Einhaltung hygienischer Anforderungen wieder hergestellt werden kann
·
Zum 04.05.2020 ist die Nachfolgeregelung der CoronaAufnahmeVO in Form
einer Allgemeinverfügung in Kraft getreten. Diese sieht deutlich pragmatischere
und praktikablere Lösungen zum Umgang mit Covid-19-Fällen in WTG-Einrichtungen
vor, die die jeweils betroffene Einrichtung dann in Absprache mit dem
Kreisgesundheitsamt und der WTG-Behörde treffen können. Durch eine doppelte
Testung vor Aufnahme in die Pflegeeinrichtungen ist auch eine gewisse Sicherheit
für die Einrichtungen gegeben
·
Die Ersatzunterbringungsmöglichkeiten, die der RKN für den Krisen- und
Bedarfsfall für einzelne Personenkreise geschaffen hat, sind mit Ausnahme der
dem KH GV angegliederten Station UA, die für pflegebedürftige coronapositive
Personen vorgehalten wird, zum 01.05. abgerüstet worden, da die Gesamtlage den
Bedarf momentan nicht hergibt
·
Am 04.05.2020 wurden die WTG-Einrichtungen und ambulanten Dienste durch
die WTG-Behörde darüber informiert, dass das MAGS seine Lieferung von
Schutzmaterialien bald einstellen wird
·
Zum Muttertags-Wochenende ist die neue CoronaSchutzVerordnung in Kraft
getreten, die wieder Besuche in den Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der
Eingliederungshilfe unter hohen hygienischen Anforderungen möglich macht
·
Die Einrichtungen hatten bis zum 26.05.2020 Zeit, entsprechende Konzepte
bei der WTG-Behörde vorzulegen. Dies wurde von allen Einrichtungen fristgerecht
erledigt. Die WTG-Behörde hat zudem in einer Vielzahl von Einrichtungen die
geschaffenen Besuchsmöglichkeiten vor Ort begutachtet und den Einrichtungen
teilweise Optimierungsvorschläge unterbreitet
·
Am 12.05.2020 hat ein Video-Arbeitskreis mit den Vertretern der
Pflegeeinrichtungen stattgefunden, in dem unter anderem die Besuchsregelungen aus
der CoronaSchVO thematisiert wurden
·
Mit Mail vom 27.05.2020 informierte das MAGS darüber, dass die Öffnung
von Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen ab dem 08.06.2020 unter
bestimmten hygienischen Vorkehrungen wieder möglich ist
2.
Aktivitäten im Rahmen der Sozialhilfe /
Grundsicherung
2.1 Sozialschutzpaket
Zum 16.03.2020 wurden von der Bundesregierung und den Regierungschefs
der Bundesländer Leitlinien zum einheitlichen Vorgehen zur weiteren
Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Bereich aufgrund der
Corona-Epidemie vereinbart. Hierauf basierend wurden kurzfristig bundesweit
Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz getroffen. Diese führten bekanntlich
zu vielfachen negativen Auswirkungen auf die Bürger. Dieser Entwicklung wurde durch
diverse Gesetze, insbesondere durch das Sozialschutz-Paket, welches am
27.03.2020 verabschiedet wurde, entgegengewirkt. Auf Kreisebene wurden die
gesetzlichen Hilfemaßnahmen durch diverse Rundverfügungen umgesetzt. Weitere
Rundverfügungen befinden sich noch in der Abstimmung.
2.2 Verfahrensweise bei
Bearbeitung der Anträge nach dem Vierten Kapitel SGB XI
Erste Erleichterungen
für die betroffenen Bürger wurden mit den ersten Weisungen des BAMS bezüglich
der Verfahrensweise bei der Bearbeitung der Anträge nach dem Vierten Kapitel
SGB XII bewirkt. Mit der Rundverfügung 03/2020 vom 18.03.2020 wurde die Weisung
des MAGS NRW vom 17.03.2020 umgesetzt. Ziel war es, die Antragstellung auf
Leistungsgewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel SGB
XII aufgrund der Corona-Krisensituation niedrigschwellig zu ermöglichen. Es
wurde vorgegeben, dass Anträge auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten
Kapitel SGB XII oder deren Weiterbewilligungen bis auf weiteres nicht abgelehnt
werden, wenn benötigte Nachweise nicht vorliegen. Es sollte auch sichergestellt
werden, dass Leistungsberechtigte keinesfalls aufgrund von ihnen nicht zu
vertretenden Gründen höherer Gewalt Leistungsverschlechterungen oder –
verzögerungen hinnehmen müssen. Insbesondere wurde mit dieser Verfügung die
fernmündliche Antragsbearbeitung eingeführt. Mit der Rundverfügung 10/2020 vom 20.04.2020
wurde zuletzt unter Bezugnahme auf das Schreiben des MAGS vom 17.04.2020 die
Geltungsdauer der Weisung bis zum 30.06.2020 verlängert.
2.3 Auswirkungen der Corona-Krise auf den
Mehrbedarf für das gemeinschaftliche Mittagessen gem. § 42b SGB XII
2.3.1. Rechtslage bis zum 28.05.2020
Mehrere Weisungen betrafen den Themenkomplex des Mehrbedarfs für das
gemeinschaftliche Mittagessen gem. § 42b SGB XII. Sowohl die Rundverfügung
5/2020 als auch die Rundverfügungen 7/2020 und 9/2020 beschäftigen sich dementsprechend
mit Fragestellungen in diesem Zusammenhang. Auf der Grundlage eines Schreibens
des BMAS vom 23.03.2020 wurde verfügt, dass bei Schließung einer Werkstatt für
behinderte Menschen ein Mehrbedarf für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung
nicht mehr gegeben ist. Mit Rundverfügung 7/2020 basierend auf einem Schreiben
des BMAS vom 31.03.2020 wurde sodann klargestellt, dass ein entsprechender
Mehrbedarf jedoch bewilligt wird, wenn bei Schließung der Werkstatt das
Mittagessen den in der Werkstatt beschäftigten Personen am Wohnort zur
Verfügung gestellt wird. Ergänzend wurde am 15.04.2020 die Rundverfügung 9/2020
erlassen, welche sich auf weitere ergänzende Hinweise des BMAS bezog.
Wesentlicher Inhalt dieser Rundverfügung ist, dass es bei der Einnahme des
gemeinschaftlichen Mittagessens wegen des Abstands- und Präventionsgebotes
nicht mehr auf das Merkmal der Gemeinschaftlichkeit ankommen soll. Zudem wurde
darauf hingewiesen, dass eine Abänderung etwaiger Bescheide nur bei positiver
Kenntnis von wesentlichen, den konkreten Leistungsanspruch betreffenden Änderungen veranlasst ist.
Außerdem soll es auch nicht auf die Erbringung der Mittagsverpflegung in
Verantwortung eines Leistungsanbieters im Sinne des § 42b Absatz 2 SGB XII
ankommen.
2.3.2 Einführung des § 142 SGB XII durch Art. 17 des Sozialschutz-Paketes II; hier:
Mittagsverpflegung in Werkstätten, etc.
Mit dem am 28.05.2020
verkündeten Gesetz zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie
(Sozialschutz-Paket II) ist durch den dortigen Art. 17 der neue § 142 SGB XII
eingefügt worden. Gem. § 142 Abs. 2 SGB XII kann der Mehrbedarf für das
gemeinschaftliche Mittagessen in Werkstätten für behinderte Menschen, bei
anderen Leistungsanbietern sowie vergleichbaren tagesstrukturierenden Maßnahmen
unter erleichterten Bedingungen gewährt werden.
Im Zeitraum vom 01. Mai
2020 bis zum 31. August 2020 soll es abweichend von § 42b Abs. 2 S. 1 und 2 SGB
XII nicht auf die Gemeinschaftlichkeit der Mittagsverpflegung und die
Essenseinnahme in der Verantwortung des Leistungsanbieters ankommen. Weiterhin
soll der Mehrbedarf nach § 42b Abs. 2 SGB XII für den Zeitraum vom 01. Mai 2020
bis zum 31.08.2020 in unveränderter Höhe anerkannt werden, soweit ein
entsprechender Bedarf für Februar 2020 anerkannt wurde. Die Geltung der derzeit
befristeten Regelung kann durch Rechtsverordnung der Bundesregierung bis zum
31.12.2020 verlängert werden. Das Gesetz trat am 29.05.2020 in Kraft. Hierzu
verhält sich auch der Erlass des MAGS vom 28.05.2020. Hiernach sollen bereits
vorgenommene Einstellungen des Mehrbedarfes rückabgewickelt werden. Auf diesen
Erlass beziehen sich wiederum die Hinweise und Empfehlungen des MAGS vom
29.05.2020. Danach ist eine pauschalierende Weiterbewilligung auch in Fällen
vorgesehen, in denen die Bewilligung für den Monat Februar 2020 rückwirkend
erfolgt ist. Hingegen kommt eine Anwendung des § 142 Abs.2 SGB XII nicht in Betracht, wenn eine
Anerkennung des Mehrbedarfs für Februar 2020 nicht erfolgt ist. Die
pauschalierte Berechnung des Mehrbedarfs soll dabei die unter Punkt 3 im
Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 28. Oktober
2019 dargestellte Berechnungsmethode, die von einer Feststellung
gleichbleibender Monatswerte für alle Monate des Jahres ausgeht, berücksichtigen.
In Fällen, in denen die
Voraussetzungen für die Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 42b Absatz 2 SGB
XII erst in der Folgezeit gegeben gewesen wären und in Fallkonstellationen, in
denen erst nach Ablauf des Monats Februar 2020 im Zeitraum vom 1. März bis zum
31. August 2020 erstmalig einzelne Voraussetzungen für die Anerkennung des
Mehrbedarfs erfüllt werden, weil beispielsweise erst dann eine Beschäftigung in einer WfbM neu
aufgenommen wird, entfällt ebenfalls die Anwendung des § 142 SGB XII. In diesen
Fällen sind die Voraussetzungen des § 42b Absatz 2 SGB XII unter
Berücksichtigung der rechtlichen Hinweise des BMAS vom 23. März 2020 und 9.
April 2020 zu prüfen.
2.4 Auswirkungen der
Corona-Krise auf die Mittagsverpflegung in Schulen und Kindertagesstätten nach
§ 142 SGB XII
Durch § 142 SGB XII
wird auch eine Übergangsregelung in Abweichung von § 34 Abs. 6 S. 1 SGB XII
eingeführt. Danach soll die Verpflegung mit Mittagessen in Schulen und
Kindertagesstätten während der Schließzeiten dezentral möglich sein, wobei auch
Aufwendungen für das Mittagessen in der Notbetreuung übernommen werden sollen.
Dabei soll es nicht auf die Gemeinschaftlichkeit der Mittagsverpflegung oder
die Verpflegung in schulischer Verantwortung ankommen. Übernommen werden die
tatsächlich anfallenden Kosten einschließlich der Lieferkosten. Zu dieser
Thematik wurden zuvor die Rundverfügungen 12/2020 und 14/2020 erlassen. Mit der
Rundverfügung 14/2020 wurde zur Unterstützung des betroffenen Personenkreises
die Anwendung der in § 142 SGB XII enthaltenen Regelungen bereits vor
Verkündung des Sozialschutz-Paketes II verfügt.
2.5 Erleichterter
Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund der Corona-Krise
Durch das Sozialschutz-Paket erfolgte eine wesentliche Entlastung der
Bürger hinsichtlich des Zugangs zu sozialen Leistungen. Hierauf bezieht sich
die Rundverfügung 6/2020 vom 30.03.2020. Hierin wurde auf die Einführung des §
67 in das SGB II und des § 141 in das SGB XII hingewiesen. Diese wirken sich
auf Anträge auf Erstbewilligung oder Weiterbewilligung im Zeitraum vom
01.03.2020 bis zum 30.06.2020 aus. Durch die Einführung dieser Vorschriften
wird gewährleistet, dass Ansprüche auf Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie
auf Hilfe zum Lebensunterhalt und
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung leichter und kurzfristiger
erfüllt werden können. Zu diesem Zweck wurde geregelt, dass für die Dauer von 6
Monaten keine Vermögensprüfung erfolgen sollte. Bezogen auf die Kosten der
Unterkunft sollen die tatsächlichen Kosten
für die Dauer von sechs Monaten als angemessen angesehen werden.
Außerdem sollen keine Kostensenkungsverfahren eingeleitet und bereits
eingeleitete Kostensenkungsverfahren für einen bestimmten Zeitraum nicht weiter
verfolgt werden. Die Leistungen sollen vorzugsweise vorläufig bewilligt werden.
Für Fälle, in denen der Bewilligungszeitraum in der Zeit vom 31.03.2020 bis zum
31.08.2020 endet, ist kein Weiterbewilligungsantrag gem. § 37 SGB II bzw. kein
weiterer Antrag gem. § 44 Abs. 1 S. 1 SGB XII erforderlich. Vielmehr gelten die
Folgeanträge einmalig als gestellt. Hiermit wurden die Hürden zur Erlangung der
sozialstaatlichen Leistungen um ein erhebliches Maß reduziert.
2.5.1 Ergänzende Hinweise zur Anwendung des § 141
SGB XII
Mit Schreiben vom
31.03.2020 und vom 02.04.2020 sprach das BMAS ergänzende Empfehlungen und
Hinweise zur Rechtsanwendung des § 141 SGB XII aus. Hierauf bezieht sich die
Rundverfügung 7/2020. Hierin wurde konkretisiert, wann eine Vermögensprüfung
bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung von Ansprüchen
nach dem Dritten und Vierten Kapitel SGB XII unterbleiben kann. Zudem wird im
Detail erläutert, in welchen Fällen und für welchen Zeitraum ein
Kostensenkungsverfahren bezogen auf die anzuerkennenden Kosten der Unterkunft
ausgesetzt wird. Insbesondere wird geregelt, dass im Zeitraum vom 01.03.2020
bis zum 30.06.2020 keine neuen Kostensenkungsverfahren eingeleitet werden.
Darüber hinaus wird festgelegt, dass Corona-Soforthilfen weder als Einkommen
auf Leistungen nach dem SGB XII noch als Vermögen gem. § 90 Abs. 1 SGB XII
angerechnet werden. Geklärt wurde außerdem die Frage, dass
Leistungsberechtigte, die sich im Ausland befinden und pandemiebedingt keine
Rückreise nach Deutschland antreten können, keine Nachteile durch Überschreiten
der Vier-Wochen-Frist gem. § 41a SGB XII erleiden sollen. Mit weiterer
Rundverfügung 10/2020 vom 20.04.2020 wurde sodann die Verlängerung der
Geltungsdauer der Vorgaben zur Verfahrensweise bei der Bearbeitung der Anträge
auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII bis zum 30.06.2020 verlängert.
2.5.2 Hinweis zur Anrechnung von Vermögenswerten,
die der Altersvorsorge dienen
Die ursprünglichen Hinweise zur Verfahrensweise bei der Bearbeitung der
Anträge auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII wurden durch das
Schreiben des BAMS vom 24.04.2020 bezogen auf die Vermögensanrechnung ergänzt.
Danach sollen Vermögenswerte, die der Altersvorsorge dienen, unabhängig vom
Wert kein erhebliches Vermögen im Sinne des § 141 SGB XII darstellen. Dies soll
insbesondere für Kapitallebens- und Kapitalrentenversicherungen gelten. Damit
soll insbesondere dem Umstand Rechnung getragen werden, dass viele
Selbstständige durch diese Versicherungen für ihr Alter vorsorgen und häufig
nicht durch die gesetzliche Rentenversicherung abgesichert sind. Zudem wurde
durch das BAMS auch darauf hingewiesen, dass die Härtefallregelung des § 90
Abs. 3 SGB XII Anwendung findet und zwar auch dann, wenn die
Vermögensrichtwerte zu § 21 WoGG überschritten werden.
3. Bericht
zum SodEG
Sozialdienstleister sind infolge der
Coronavirus-Pandemie von schwerwiegenden finanziellen Einbußen bis hin zur
Insolvenz bedroht, denn sie können aufgrund der kontaktreduzierenden Maßnahmen
ihre Arbeit nicht dort leisten, wo sie es sonst tun. Betroffen ist das gesamte
Spektrum sozialer Arbeit: z. B. Werkstätten für Menschen mit Behinderungen,
deren Betrieb eingeschränkt wurde, Versorgungs- und
Rehabilitationseinrichtungen, Einrichtungen der Arbeitsförderung und Anbieter
von Sprachkursen. Besonders schwer betroffen sind die freien
Wohlfahrtsverbände, denn diese dürfen als gemeinnützige Träger - anders als
kommerzielle Anbieter - kaum Risikorücklagen bilden und können oftmals keine
Kredite aufnehmen. Auf der anderen Seite ergeben sich durch die Schließung von
sozialen Einrichtungen oder durch Kurzarbeit aber auch freie Kapazitäten, die
zur Bekämpfung der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie benötigt werden. Die
Beschäftigten können daher in der Krise mithelfen.
Leistungsträger, die die Sozialdienstleister bisher
für konkrete Leistungen bezahlt haben, müssen aufgrund der doch nicht
erbrachten Leistungen diese nicht vergüten und verzeichnen hierdurch
Minderausgaben. Diese Minderausgaben sollen für einen Schutzschirm für die
soziale Infrastruktur verwendet werden. Hierzu hat der Bundesgesetzgeber mit
dem Sozialschutzpaket das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) geschaffen.
Das Land NRW hat im Nachgang hierzu mit der Verabschiedung des Gesetzes zur
konsequenten und solidarischen Bewältigung der COVID-19-Pandemie in NRW und zur
Anpassung des Landesrechts im Hinblick auf die Auswirkungen einer Pandemie am
14.04.2020 die Grundlage für SodEG-Bewilligung geschaffen, da mit dem darin
enthaltenen SodEG-Ausführungsgesetz auch die SodEG-Zuständigkeit für das
hiesige Bundesland geregelt wurde. Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber das
SodEG mit dem Sozialschutz-Paket II abgeändert; die Änderungen sind am
29.05.2020 in Kraft getreten.
Mit dem SodEG wurde mithin eine neue Sozialleistung
für Erbringer von Sozialleistungen geschaffen, die wegen Maßnahmen zur
Bewältigung der Coronavirus-Krise nicht mehr arbeiten können. Im Umkehrschluss
bedeutet dies aber auch, dass das SodEG nicht greift, soweit die bisherigen
Leistungen trotz der kontaktreduzierenden Maßnahmen ungehindert erbracht werden
können oder die Leistung in modifizierter Form erbracht werden kann
(Schuldnerberatung z. B. digital oder per Telefon) und insoweit die
Voraussetzungen für eine volle Weiterfinanzierung im bisherigen „originären“
Verfahren erfüllt sind.
Nachfolgend
werden die Grundlagen des SodEG kurz skizziert:
- Leistungsträger
sind Träger nach dem § 12 SGB I und dem Aufenthaltsgesetz mit Ausnahme der
Leistungen nach dem SGB V (z. B. Krankenhäuser; hiervon sind wiederum
ausgenommen Leistungen der interdisziplinären Früherkennung und
Frühförderung) und SGB XI (z. B. Pflegeeinrichtungen).
- Parallel
zum SodEG werden durch das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz die
wirtschaftlichen Folgen der Krise insbesondere für Krankenhäuser,
Pflegeeinrichtungen und Vertragsärzte aufgefangen.
- Leistungsempfänger
/ Sozialdienstleister sind jene Anbieter von Leistungen, die für die o. g.
Leistungsträger Leistungen in der Vergangenheit aufgrund einer Rechtsbeziehung
erbrachten und für diese auch bezahlt wurden (Vergütung gegen Leistung).
- Zum
Stichtag 16.03.2020 muss zwischen einem Sozialdienstleister und dem
Leistungsträgern eine Rechtsbeziehung bestanden haben.
- Beispielhaft
kann dies eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung sein.
- Anträge
können auch rückwirkend zum 16.03.2020 gestellt werden.
- Einnahmeausfälle
von Sozialdienstleistern sollen durch Zuschüsse teilweise kompensiert
werden, weil Leistungen aufgrund der kontaktreduzierenden Maßnahmen nicht
mehr erbracht und in der Folge von den Leistungsträgern auch nicht
vergütet werden, obwohl bei den Sozialdienstleistern die Logistik im
Hintergrund teilweise weiterhin finanziert werden muss.
- Das ist
ein sog. Sicherstellungsauftrag der Leistungsträger.
- Die
Zuschusshöhe orientiert sich an den Vergütungen an die Sozialdienstleister
der letzten 12 Monate, max. 75 % dieser durchschnittlichen in der
Vergangenheit liegenden Zahlungen können weiterhin als Zuschuss moantlich
erbracht werden, obwohl die Dienstleistungen nicht erbracht werden. Durch
eine Begrenzung auf bis zu 75 % der bisherigen Zahlungen werden die
Ausgaben der Leistungsträger gegenüber den bisherigen Planungen nicht
steigen, sondern sinken sogar.
- Keine
Aufstockung von „Global“-Zuschüssen.
- Mit dem Antrag
muss jeder Sozialdienstleister erklären, dass einerseits aufgrund von
Maßnahmen zur Bekämpfung der Corovirus-Krise der Betrieb, die Ausübung,
die Nutzung oder die Erreichbarkeit von Angeboten unmittelbar oder
mittelbar beeinträchtigt ist und andererseits der Bestand des
Sozialdienstleisters nicht durch tatsächliche Zuflüsse anderer vorrangiger
Mittel selbstständig gesichert werden kann.
- Zusätzlich
muss der Sozialdienstleister erklären, seine freigewordenen Ressourcen
(Personal, Sachmittel, Räume) für die Bewältigung der Coronavirus-Pandemie
zur Verfügung zu stellen.
- Zusätzlich
zu dieser Einsatzerklärung muss der Sozialdienstleister im Antrag konkret
benennen, welche Ressourcen eingebracht werden können.
- Der
Ressourceneinsatz muss möglich sein sowie zumutbar und rechtlich
zulässig.
- Vorstellbar
ist die Nutzung von Räumen für die Lagerung von medizinischem Material
(Atemschutzmasken) oder auch ein Personaleinsatz bei der Unterstützung
bei Einkäufen oder bei der Begleitung bei Arztbesuchen für die von der
Pandemie betroffenen Bevölkerung.
- Fordert
der Leistungsträger keinen Einsatz der Ressourcen ein, ist dies für die
Bewilligung des Zuschusses unschädlich.
- Das SodEG
ist zunächst bis zum 30.09.2020 befristet.
- Die
Bundesregierung kann einseitig per Rechtsverordnung den Sicherstellungsauftrag
bis zum 31.12.2020 verlängern. Dies ist nach aktuellem Stand noch nicht
erfolgt.
- Nach dem
Sicherstellungsauftrag erfolgt ein sog. nachträgliches
Erstattungsvefahren. Zugeflossene vorrangige Mittel z. B. nach dem
Infektionsschutzgesetz oder auch Kurzarbeitergeld werden zuschussmindernd
berücksichtigt und müssen an den Leistungsräger zurückerstattet werden.
- Der
Erstattungsanspruch entsteht erst nach vollständiger Kenntnis von den den
Erstattungsanspruch begründeten Tatsachen und frühestens 3 Monate nach
der letzten Zuschusszahlung.
- Der
Erstattungsanspruch überschreitet nicht die Höhe der insgesamt
geleisteten Zuschüsse.
- Der
Zufluss vorrangiger Mittel kann auch schon bei der Bewilligung der
Zuschüsse berücksichtigt werden. Damit würde sich im Nachgang die
Gesamterstattungssumme mindern.
- Für die
genaue Feststellung der Zuflüsse vorrangiger Mittel haben jene Stellen,
die diese Mittel erbringen, auf Ersuchen eines Leistungsträgers diesem
die für die Feststellung seines nachträglichen Erstattungsanspruchs
erforderlichen Informationen, einschließlich personenbezogener Daten,
mitzuteilen.
Am 16.04.2020 informierte der Rhein-Kreis Neuss auf
seiner Homepage über die Einzelheiten zum SodEG und stellte für die
Sozialdienstleister auch einen eigens dafür erstellten barrierefreien
SodEG-Antrag zum Download zur Verfügung. Eine e-Mail-Adresse für den
elektronsiche Eingang der SodEG-Anräge wurde ebenfalls eingerichtet. Die
SodEG-Anträge können aber auch postalisch eingereicht werden.
Das SodEG wird innerhalb der Kreisverwaltung
hauptsächlich das Sozial- und das Jugendamt betreffen, im Sozialbereich
vorwiegend die Eingliederungshilfe. Die Stadt Neuss wurde bereits schriftlich
darüber informiert, dass die Umsetzung des SodEG nicht von der Heranziehung der
Eingliederungshilfe betroffen ist, weshalb hier der Rhein-Kreis Neuss
ausführender Träger ist (SodEG-Ausführungsgesetz).
Innerhalb der Kreisverwaltung ist 50 federführend
für das SodEG verantwortlich (so werden z. B. alle SodEG-Anträge in 50
archiviert), wenn auch jedes Fachamt (z. B. 51) als Leistungsträger nach außen
auftritt und die Zuschüsse eingeständig aufgrund seiner etwaigen
Rechtsbeziehungen zu den einzelnen Sozialdienstleistern bewilligt.
Ein SodEG-Konzept ist in Abstimmung mit 51
erarbeitet worden. 50 und 51 haben auch einen einheitlichen Vordruck für einen
Bewilligungsbescheid entworfen. Die am 29.05.2020 in Kraft getretenen
SodEG-Änderungen werden derzeit in die bestehenden Vordrucke eingearbeitet.
Nach dem derzeitigem SodEG-Konzept sollen bei der Bemessung der Zuschüsse
vorrangige Mittel nur dann berücksichtigt werden, wenn dies innerhalb eines
angemessenen Zeitraumes möglich ist, um eine zeitnahe Auszahlung der Zuschüsse
sicherzustellen (durch das nachträgliche Erstattungsverfahren ist eine Berücksichtigung
dieser Mittel ohnehin gewährleiset). Das SodEG-Konzept ermöglicht auch die
vorläufige Bewilligung der Zuschüsse nur unter Berücksichtigung der Angaben der
Sozialdienstleister, um auch hier eine zügige Auszahlung zu erwirken. Nach
Überprüfung der Angaben erfolgt sodann eine endgültige Bewilligung
einschließlich einer evtl. Verrechnung mit zukünftigen Zuschüssen, sofern diese
vorläufig zu hoch bewilligt und ausgezahlt wurden.
Zur systemischen Darstellung der SodEG-Auswirkungen
werden in den einzelnen Fachämtern gesonderte SodEG-Aufwands- und Ertragskonten
eingerichtet.