Betreff
Antrag der SPD-Kreistagsfraktion und der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 02.12.20 zum Thema Bildungskarte
Vorlage
010/0128/XVII/2020
Art
Antrag

Sachverhalt:

Mit Einführung des Starke-Familien-Gesetzes zum 01.08.2019 wurde ein sog. „Globalantrag“ eingeführt, um den Zugang zu Bildungs- und Teilhabeleistungen zu erleichtern. Dabei wird für den Rechtskreis SGB II auf das Erfordernis gesonderter Antragstellung mit Ausnahme des Bereichs Lernförderung für alle Bildungs- und Teilhabeleistungen verzichtet. Leider gab es bisher keine Übertragung des Globalantrags auf den Rechtskreis BKGG; hier wurde lediglich auf das Schriftformerfordernis des § 9 Abs. 3 BKGG verzichtet.

 

Die Einführung einer „Bildungskarte“ wurde vom Rhein-Kreis Neuss bereits umfassend geprüft. Hierzu wurde ein Verfahren der Stadt Hamm herangezogen, die mit dem Unternehmen Sodexo ein ähnliches Projekt auf dem Weg gebracht hat.

Die bisherige Resonanz hat gezeigt, dass weder Leistungsanbieter noch Leistungsberechtigte ein derartiges Verfahren nutzen möchten. Durch die Vorlage einer solchen Karte, müssen die Leistungsberechtigten preisgeben, dass sie im Leistungsbezug stehen. Viele schreckt dies ab und würden die BUT-Leistungen daher nicht in Anspruch nehmen.

Für die Anbieter bedeutet die Einführung einer „Bildungskarte“ einen nicht unerheblichen Aufwand. Gerade in Zeiten der Pandemie werden viele Unternehmen diesen Aufwand scheuen, sodass weniger Anbieter zur Verfügung stehen würden. Derzeit sind ca. 1200 Anbieter in der Anbieterdaten des Rhein-Kreises Neuss verzeichnet.

Die Einführung einer Bildungskarte verursacht zusätzliche Kosten. Bei dem Unternehmen Sodexo fallen beispielsweise jährliche Kosten in Höhe von 240.000 € an, sowie eine einmalige Einrichtungsgebühr in Höhe von ca. 35.000€ - 39.000€.

Auch der Verwaltungsaufwand würde sich durch eine „Bildungskarte“ leider nicht reduzieren. Das Unternehmen Sodexo rechnet die BuT-Leistungen mittels Sammelabrechnung ab. Um die Leistungen dem jeweiligen Leistungsberechtigten zuordnen zu können, ist ein manueller Abgleich von BuT-Berechtigung und SGB II/XII/BKKG/AsylbLG - Berechtigung erforderlich. Im Vergleich zur bisherigen Verfahrensweise würde sich der Verwaltungsaufwand damit deutlich erhöhen. Darüber hinaus eignen sich nur bestimmte Leistungen (Mittagsverpflegung, Lernförderung und Finanzierung von Ausflügen und Klassenfahrten) für ein Abrechnungsverfahren mittels „Bildungskarte“. Denn BuT-Leistungen in Form von Schulbedarfspaketen und der Schülerbeförderung werden bereits als Geldleistung erbracht, sodass eine „Bildungskarte“ hier nicht erforderlich ist. Trotz Einführung einer Bildungskarte, müsste das praktizierte Abrechnungsverfahren daher zwingend beibehalten werden.

Eine effiziente Reduzierung des Verwaltungsaufwandes ließe sich im Ergebnis nur dann erreichen, wenn Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket auf Geldleistungen umgestellt werden. Durch diese Umstellung des Verfahrens könnten viele Verfahrensschritte eingespart werden, wodurch sich die Bearbeitungszeit verkürzen würde. Zudem gäbe es keinerlei Stigmatisierung, da die Leistungsempfänger die Leistungen künftig auf ihr eigenes Konto überwiesen bekommen und selbstständig weiterleiten. Den Leistungsempfängern wird so Vertrauen entgegengebracht, eigenständig zu handeln. Eine derartige Umstellung ist mit der geltenden Rechtslage vereinbar.

Ergänzend ist darauf hinweisen, dass das Bildungs-und Teilhabepaket Bestandteil des OZG-Umsetzungskataloges ist. Ziel ist es, ein flächendeckendes Verfahren zu etablieren, wonach den Leistungsberechtigten die Möglichkeit eingeräumt wird, die BuT-Leistung online zu beantragen. Die Leistungsberechtigen sollen unter Angabe der Identifikationsnummer ihren Bedarf elektronisch mitteilen, der so dann durch einen automatisierten Registerabgleich der jeweiligen Bewilligungsbehörde konkret übermittelt wird.