Protokoll:

Herr Stevens wies darauf hin, dass viele Artenschutzprojekte Kooperationsprojekte seien, hier zum Dunklen-Wiesenknopf-Ameisenbläuling insbesondere mit dem Rhein-Kreis Neuss, dem LANUV NRW, dem Umweltministerium NRW und dem Entomologischen Verein wie auch vielen Ehrenamtlichen, die auf verschiedenste Art zum Gelingen beitrügen.

 

Die Folien des Vortrags von Herrn Stevens sind dieser Niederschrift als Anlage beigefügt.

 

Der Falter sei eine Art der Flussauen mit sich ständig ändernden Bedingungen. Bei Beginn des Artenschutzprojektes sei ein Vorkommen in Krefeld eines der wenigen in der Tieflandregion Nordrhein-Westfalen gewesen. Mittlerweile sei das Vorkommen in der Buersbachaue bereits größer, als am Latumer Bruch selbst. Neuss ei eine Wanderbarriere. Man arbeite daher nördlich von Neuss mit Tieren aus dem Latumer Bruch. Südlich von Neuss habe man wegen der zu erwartenden erheblichen Ausbreitungsverzögerungen 2007 eine Wiederansiedung vorgenommen.

Entscheiden für das Vorkommen des Artenensembles sei das Vorkommen der roten Knotenameise, von der eine gewisse Nestdichte gegeben sein müsse. Das Thema Ameisenbläuling sei ein Thema für Ameisenspezialisten. Vorhanden sein müsse auch die Wirtspflanze, der Große Wiesenknopf, dessen Flächen zu ganz bestimmten Zeiten, nämlich Ende Mai / Anfang Juni und Ende September, besser noch Anfang Oktober, gemäht werden müsse.

Die Entwicklungsstandorte seien relativ kleinflächig und damit für die Landwirtschaft von geringem Interesse.

Die Beobachtungen seien stattlich, an einem Tag bis über 40 Tiere. Der Falter werde etwa 4 bis 5 Tage alt und sterbe dann. Hieraus resultiere an bestimmten Tagen ein recht hoher Flugbetrieb.

Die Versetzung erfolge nicht über ein Fangen der Falter, sondern über ein zusätzliches Blütenangebot aus einer Staudengärtnerei, an die die Falter ihre Eiere ablegte und die dann verpflanzt würden. Dies sei eine schonende Methode. Mit ihr könne man neue Populationen sanft begründen. In der Spey habe man diese Maßnahme erstmals 2010 durchgeführt. Mittlerweile könne man nach den beobachteten Flugaktivitäten von einer eigenen Population ausgehen. In Uedesheim habe sich das 2007 neu begründete Vorkommen auf einem niedrigen Niveau stabilisiert. Angestrebt sei ein Netz aus Populationen, das zu einer Stärkung auch in problematischen Zeiten beitrage.

Langfristig sei eine Vernetzung auch mit den Beständen in der Urdenbacher Kämpe und in der Erftschiene geplant.

Geprüft werden müsse noch, ob es denkbar sei, über das Kreiskulturlandschaftsprogramm, Kompensationsmaßnahmen und Ökokonto oder über extensive Beweidung größere Standorte zu erhalten.

 

Vorsitzender Lechner wies darauf hin, dass, bevor die Population des Bläulings in Ilverich am alten Deich erloschen sei, dort noch tausend gezählte Falter unterwegs gewesen seien. Eine falsche Mahd und Beweidung habe zum Zusammenbruch der Population geführt. Er fragte, ob nunmehr, nach dem Bau des neuen Deichs mit neuen Ansiedlungen gerechnet werden könne.

 

Herr Stevens erläuterte, dass der neue Deich anders aufgebaut sei, als der Altdeich. Zudem bestehe im Vorland eine Zaunpfahlreihe, die ein Standort der Ameise gewesen sein könne, heute nicht mehr. Der Bläuling sei auch Thema im Planfeststellungsverfahren gewesen. Es bestehe bei Langst-Kierst noch ein Deichabschnitt, der blind ende. Hier könne man durch Anpassung der Mahd die Situation Brache-Deich mit Wiesenknopf wieder herzustellen. Das Wichtigste sei aber das gemeinsame Vorkommen von Wirtsameise und Wiesenknopf.

 

Der Vorsitzende erinnerte daran, dass dieser Abschnitt vor dem Neubau des Deichs gut besiedelt gewesen sei. Wenn sich der Teilabschnitt nun so entwickeln lasse, dass die negativen Folgen des Deichbaus ausgeglichen würden, könne doch Hoffnung bestehen.

 

Herr Stevens erklärte, dass die Ameise auch acht Jahre nach dem Bau nicht habe festgestellt werden können. Vorgehensweise mit dm Entomologischen Verein sei es daher, sich auf die Räume zu konzentrieren, wo die Ameise ansässig sei, wie im Bereich Buersbach und Uedesheim. Dann sei es relativ einfach, die Wirtspflanze dorthin zu bringen. Die Artengemeinschaft habe auch eine historische Komponente. Ameisenbauten im Bergischen seien zum Teil Jahrzehnte alt. Dies könne kaum geschaffen werden. Hier müsse man abwarten. Ansiedlungsversuche der Ameise hätten nicht so gut funktioniert.

 

Beiratsmitglied Grimbach betonte, dass die hier diskutierten vier gefährdeten Arten nur die Spitze des Eisbergs seien. Es verschwänden immer mehr Arten aus der Landschaft. Für ihn stelle sich die frage, was man tun könne, um die Lebensraumbedingungen der Arten zu verbessern oder zumindest zu erhalten. Alle Tiere und Pflanzen reagierten auf großflächige Maßnahmen. Deichneubauten zum Beispiel würden heute über viele Kilometer vorgenommen. Dies führe zum Verschwinden von Populationen. Wichtig sei es, den Lebensraum verbessernde Maßnahmen wie die Anlage von Feuchtgebieten so durchzuführen und zu schützen, dass auch ein genetischer Austausch möglich sei, und nicht nur punktuelle Aktionen durchzuführen. Stattdessen werde nun darüber diskutiert, auf der Insel im Naturschutzgebiet bei Zons eine Museumsinsel einzurichten. Dies mache ihn sprachlos. Dies seien Bereiche, die als Naturschutzgebiet festgesetzt worden seien, nicht zuletzt auch als potentielle Laichgebiete. Nun bestehe die Gefahr, dass dies wieder zerstört werde.

Es müsse ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, wie wichtig es sei, solche Biotope wieder zu vernetzen und zusammenzuführen. Er spreche hier auch den Flächennutzungsplan Dormagen an. Hier werde die Achse zwischen Knechtsteden und dem Grind geschwächt. Er befürchte, dass dies in die falsche Richtung gehe.

Im Bereich von Delhoven sei ein großes Rückhaltebecken angelegt worden. Dies liege aus seiner Sicht günstig, um zum Beispiel dort ein Laichbiotop anzulegen.

 

Herr Stevens erklärte, dass man bei den vielen Großprojekten heute vielleicht auch bei Naturschutzmaßnahmen in vergleichbaren Dimensionen denken müsse. Wenn der Rhein wieder frei mäandrieren könne, seien eine Menge Probleme wieder beseitigt, da der Strom bestimmte wertvolle Lebensräume von sich aus schaffen werde. Dies sei aber bei einer Bundeswasserstraße nicht sehr wahrscheinlich. Er erinnere an die seinerzeitige Diskussion um die Renaturierung der Oelgangsinsel. Daher müsse man sich auf das Machbare konzentrieren, teilweise eben auch auf kleinflächige Maßnahmen.

 

Beiratsmitglied Grimbach führte aus, dass der Beirat aufgerufen sei, sich mit den Perspektiven für die Zukunft zu befassen und hier Anregungen und Anstöße zu geben. Der Artenschwund dürfe nicht so weitergehen. Dies betreffe auch die Bauleitplanung, in deren Rahmen man die notwendige Vorsorge treffen müsse.

 

Beiratsmitglied Krechel wies darauf hin, dass ein kleiner Deich am Reckberg am Uedesheimer Rheinbogen demnächst saniert werden solle. Dieser besitze eine sehr gute Population der Wirtspflanze für den Bläuling. Er rege an, zu überlegen, dort die Wirtsameise anzusiedeln.

 

Beiratsmitglied Klauth nahm Bezug auf das kommende Greening-Programm für die Landwirtschaft, wonach jeder Landwirt zukünftig 5 % seiner Fläche für naturnahe Maßnahmen wie zum Beispiel breite Blühstreifen an den Äckern zur Verfügung stellen müsse. Die Landwirte seien hierzu bereit, bekämen dies aber auch entschädigt. Er sei zuversichtlich, dass dies den Natur- und Artenschutz weiterbringe.

 

Herr Stevens stimmte dem zu, machte aber deutlich, dass sich die Maßnahmen an die punktuellen Erfordernisse des Artenschutzes anpassen müssten.

 

Auf die Frage von Beiratsmitglied Lechner nach den Möglichkeiten zur Ansiedlung der Roten Knotenameise antwortete Herr Stevens, dass der Entomologische Verein tausende von schwärmenden Knotenameisen abgesammelt und auf einer neuen Fläche ausgesetzt habe. Diese seien aber sämtlich von der Schwarzen Wegameise massakriert worden. Bis auf Weiteres bleibe man daher bei der Suche nach den entsprechenden Standorten.

 

Vorsitzender Lechner machte darauf aufmerksam, dass auch die Arten, die an trockene und magere Standorte gebunden seien, ein Problem seien. Vielfach hätten diese durch angewehten Stickstoff nicht mehr die Möglichkeit, einen mageren Standort zu besiedeln. Die Eutrophierung greife um sich, selbst bei Gewässern. Man könne beinahe absehen, welche Art demnächst verschwinden werde.