Sitzung: 26.09.2018 Kreistag
Vorlage: 010/2911/XVI/2018
Protokoll:
Kreistagsabgeordneter
Hans-Christian Markert erläuterte den Antrag.
Landrat
Hans-Jürgen Petrauschke berichtete, dass der Rhein-Kreis Neuss zusammen
mit dem
Rhein-Erft Kreis, Kreis Düren und dem Kreis Heinsberg am 26.09.2018 um 15
Uhr auf der Insel
Hombroich zur Wirtschaftskonferenz „Strukturwandel im Rheinischen
Braunkohlerevier“
einlade. Neben den Kreistagsabgeordneten würden u.a. die Bürgermeister, Bundes-
und Landtagsabgeordneten sowie die Gewerkschaften eingeladen
werden, um an
einer Diskussion mit Roland Pofalla, einem Vorsitzenden der Kommission
Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung teilzunehmen.
Weiterhin betonte Landrat Hans-Jürgen Petrauschke ausdrücklich, dass
die derzeitigen Ereignisse im Hambacher Forst, wo Polizeibeamte mit Fäkalien
und Rasierklingen beworfen würden, nichts mit Demonstrationsfreiheit zu tun
hätten. Er bat alle anwesenden darauf hinzuwirken, dass dieses Handeln nicht
als normaler Protest angesehen werden solle, sondern als Straftat.
Kreistagsabgeordneter Dieter Welsink erläuterte, dass der Rhein-Kreis
Neuss sich bereits frühzeitig beschäftigt habe. Ein Braunkohleausstieg könne
bis 2038 nur erfolgen, wenn die Speicherfrage gelöst und Energiesicherheit
gegeben werde. Der Rhein-Kreis Neuss habe frühzeitig erkannt, dass eine
Festlegung auf ein Datum keine nachhaltige Politik sei. Zunächst müssten die
Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden. Da der Strukturwandel ein
Querschnittsthema sei, werde kein eigener Ausschuss benötigt. Das Thema solle
weiterhin im Kreisausschuss behandelt werden. Dort könnten gegebenenfalls durch
Experten, Spezialvorträge oder Sondersitzungen die Beratungen unterstützt
werden. Der Strukturwandel werde in vielen Bereichen übergeordnet behandelt,
dass aufgrund mangelnder Fachkompetenz und Reichweite nicht zusätzlich in einem
eigenen Gremium behandelt werden sollte. Eine Meinungsbildung und
Gestaltungsmöglichkeit sei im Rahmen der Zukunftsregion Rheinisches Revier
(ZRR) besser gegeben. Ebenso müsse die Kohlekommission in Berlin sich den
Gegebenheiten der Region anpassen. Die Verantwortung für Arbeitsplätze,
Lebensräume und Energie bestehe im gesamten Bundesgebiet und nicht
ausschließlich im Braunkohlegebiet. Insgesamt sei die Region bereits auf einem
guten Weg. Der Kreistag am 26.06.2018 bereits eine Resolution über die
Positionierung des Kreises zu Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung
mehrheitlich beschlossen. Die CDU-Kreistagsfraktion werde dem Beschlussvorschlag
von Bündnis 90/Die Grünen nicht folgen können, würde jedoch die Resolution vom
26.06.2018 durch Beschluss nochmals bekräftigen.
Kreistagsabgeordneter Dirk Rosellen wies darauf hin, dass der
Strukturwandel in dieser Region ein wichtiges Thema bleibe. Deswegen habe der
Kreistag bereits in der vergangenen Sitzung eine entsprechende Resolution an
die Berliner Kommission verabschiedet. Die Kommission müsse wichtige
Entscheidungen zu den Themen Energieversorgung und Arbeitsplätzen treffen, die
neben dem eigentlichen Braunkohleausstieg diskutiert und geklärt werden
müssten. Diesem Teil des Antrags könne die FDP-Kreistagsfraktion zustimmen.
Allerdings werde kein gesondertes Gremium benötigt. Im Kreisausschuss werde die
Wirtschaftsförderung fortlaufend thematisiert. Daneben beschäftige sich die ZRR
als Hauptaufgabe für die gesamte Region mit dem Strukturwandel. Der Kreistag
habe zudem beschlossen Wirtschaftsdialoge auf Kreisebene stattfinden zu lassen.
Insgesamt halte die FDP-Kreistagsfraktion ein neues Gremium an dieser Stelle
für nicht erforderlich. Vielmehr sollten die bestehenden Gremien sinnvoll und
effektiv genutzt werden.
Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel hielt fest, dass der Antrag sachlich
formuliert sei. Er betonte, dass vor dem Braunkohleausstieg zunächst andere
Fragen geklärt werden müssten. Die Wirtschaft müsse auf den Strukturwandel
vorbereitet und die Frage der Speichermöglichkeiten müsse geklärt werden. Zudem
sei es richtig, auch die Abreitnehmer, beispielsweise vor den Angriffen im
Hambacher Forst, zu schützen. Er bringe den eingesetzten Polizisten großen
Respekt entgegen.
Der vorliegende Antrag greife ein wichtiges Thema auf, so
Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel weiter. Der Rhein-Kreis Neuss habe kein
Gremium, in dem er sich speziell auf den Strukturwandel vorbereite. Der
Kreisausschuss sei mit dem Thema überfrachtet. In den neuen Bundesländern sei
es üblich, dass sich die Kreisebene mit dem Strukturwandel beschäftige. Einige
bereits bestehende Projekte bekämen unter dem Aspekt Strukturwandel eine andere
Betrachtung. Diese könnten in einer Kommission diskutiert werden und neue
Förderprojekte daraus entwickelt werden. Das Gremium solle kein überflüssiges
Instrument darstellen, sondern eine Fragstellung behandeln, die im Kreis in der
Form noch nicht angegangen werde. Der Strukturwandel in der Region müsse aktiv
begleitet werden. Deswegen stimme die SPD-Kreistagsfraktion dem Antrag zu.
Kreistagsabgeordneter Oliver Schulz meinte, dass der Antrag nicht
ausschließlich auf den Strukturwandel in der Braunkohle bezogen werden könne,
sondern auch auf Infrastruktur und Verkehr. Durch die Einrichtung einer
Kommission könnten Ideen zur Strukturwandelbewältigung gesammelt werden. Es
sollten dem Kreisausschuss damit keine Entscheidungskompetenzen entzogen
werden. Primär sollten sich alle Beteiligten mit Sachverstand verständigen und
sich nicht der Chance berauben als Rhein-Kreis Neuss die Stimme zu erheben.
Dadurch könne der Kreis seine Zukunft ein Stück weit selbst in die Hand nehmen,
denn in der Braunkohlekommission in Berlin sei der Rhein-Kreis Neuss mit keiner
Stimme vertreten. Folglich werde die Kreistagsfraktion Die Linke dem Antrag
zustimmen.
Landrat Hans-Jürgen Petrauschke merkte an, dass der Rhein-Kreis Neuss
sowohl im Aufsichtsrat, als auch in der Gesellschafterversammlung der ZRR
vertreten sei, die den Strukturwandel im Rheinischen Revier begleite und
gestalte.
Kreistagsabgeordneter Carsten Thiel erklärte, dass die
Kreistagsfraktion UWG/Die Aktive seit Jahren einen Strukturwandel mit System
fordere. Der Antrag sei an sich zu befürworten, jedoch zu früh gestellt worden.
Zunächst müsse der Druck auf die Kohlekommission in Berlin erhöht werden.
Allerdings stimme er zu, dass nicht alles im Kreisausschuss besprochen werden
könne. Es könne jetzt nicht geplant werden, was in 20 Jahren technisch möglich
sei. Sobald der Kohleausstieg absehbar sei, könne eine Kohlekommission
einberufen werden. Zunächst seien Bund und Land gefragt.
Kreistagsabgeordneter Dieter Welsink hob hervor, dass der
Strukturwandel ein Querschnittsthema sei, das alle Ausschüsse betreffe. Der
Rhein-Kreis Neuss verfügt über eine hohe Leistungsfähigkeit, da er sich
permanent dem Strukturwandel stelle. Dies sei nicht nur ein Braunkohlethema. In
der Vergangenheit sei damit bereits gut umgegangen worden. Die Ziele des
Rhein-Kreises Neuss seien bereits mit der Resolution vom 26.06.2018 formuliert
worden. In den Ausschüssen sollte dieses Thema mit der nötigen Fachkompetenz
behandelt werden und nicht in einer Kommission gebündelt werden.
Kreistagsabgeordnete Kirsten Eickler meinte, dass die Bildung einer
Kommission aus unterschiedlichen Gründen wichtig sei. Für die Zukunft gebe es
nicht nur den Strukturwandel in der Braunkohle. Folglich sei es wichtig
ausschussübergreifend alle vorhandenen Ideen, auch unter Berücksichtigung der
Zukunftstechnologien, zu diskutieren. Es solle offen diskutiert werden, welche
Zukunftstechnologien umgesetzt werden könnten. In übergeordneten Gremien dauere
eine Beschlussfassung zu lange.
Kreistagsabgeordneter Hans-Christian Markert betonte, dass es bei dem
Antrag nicht um Entscheidungen gehe, die in der Kompetenz des Bundes oder
Landes liegen und auch nicht um Ausstiegsdaten. Er fordere ein starkes Signal
aus der Region für die Region zu setzen. Was könne ein Kreispolitiker einem
heute geborenen Kind im Jahr 2038 erzählt werden, wenn die Kohle nicht mehr
vorhanden sei und Ausbildungsplätze benötigt würden. Er bezweifle, dass die
Kohlekommission einen späteren Ausstieg als 2045 beschließen werde. Mit der
Kommission solle ein Ausschuss geschaffen werden, nicht im Sinne von Mehrheit
oder Minderheit, sondern ein Gremium in dem jeder Vorschlag diskutiert werde.
Von dort aus könnten die Ideen zur Fachberatung in die Ausschüsse
weitergeleitet werden. Der Antrag sei eine demokratische Einladung
Verantwortung zu übernehmen. Diese Verantwortung könne vom Kreisausschuss oder
einem Fachausschuss, der ein bis zwei Mal im Jahr tagt, nicht übernommen
werden. In der Sache sollten Brücken und keine Differenzen geschaffen werden.
Es sei nicht nachvollziehbar, dass die CDU-Kreistagsfraktion die Reichweite des
Antrags nicht gegeben sehe, aber eine Resolution an die Kohlekommission in
Berlin mit beschließe. Zudem gebe es in der Politik und Wirtschaft kein zu
frühes, sondern lediglich ein zu spätes Handeln.
Es gebe gute Gründe als Politiker von Bündnis 90/Die Grünen für den
Hambacher Forst einzutreten, so Kreistagsabgeordneter Hans-Christian Markert
weiter. Weiterhin gebe es gute Gründe als Jurist zu wissen, dass RWE durch die
Leitentscheidung ein Recht bekommen habe und es gebe vor allem gute Gründe
anzuerkennen, dass es ein Gewaltmonopol des Staates gebe, welches verbietet
Selbstjustiz zu üben.
Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer sagte, dass der Kreisausschuss
nachweislich der Protokolle der vergangenen fünf Jahre kein
Wirtschaftsausschuss sei, sondern lediglich ein Wirtschaftsberichtsausschuss.
Zentrale Themen seien dort nicht mehr diskutiert worden. Der Antrag der
Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Wirtschaftsexperten von innovativen
Unternehmen in den Ausschuss einzuladen, sei abgelehnt worden. Der vorliegende
Antrag sei nicht zu früh gestellt, da direkt auf allen Ebenen umfassend das
Thema behandelt und diskutiert werden müsse. Der Kreisausschuss sei dafür nicht
zuständig. Weiterhin forderte er, dass die Ergebnisse aus den Sitzungen der ZRR
allen Fraktionen zur Verfügung gestellt werden. Der Rhein-Kreis Neuss habe zum
Strukturwandel eigene Ideen und Interessen zu vertreten.
Kreistagsabgeordneter Simon Kell führte aus, dass die ZRR als
Hauptaufgabe den Strukturwandel vorbereiten solle. Es sei wichtig das Gremium
zunächst arbeiten zu lassen und den Druck zu erhöhen, da eine größere
Schlagkraft mit dem gesamten Revier erzeugt werden könne.
Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel fasste zusammen, dass die Diskussion
den hohen Stellenwert des Strukturwandels zeige. Er beantragte den Antrag in
den Ältestenrat zu verweisen und zu beraten, ob bereits eine geeignete Form
bestehe, die den Kreis auf den Strukturwandel vorbereite.
Kreistagsabgeordneter Carsten Thiel forderte die Verwaltung auf
auszuführen, ab wann die Kraftwerke abgeschaltet und Flächen brach liegen
würden sowie die Aufgaben der Kommissionen aufzuschlüsseln. Er beantragte den
Antrag in den Kreisausschuss zu verweisen.