Protokoll:

 

Herr Dr. Gattke vom Erftverband informiert über aktuelle Untersuchungen zur mikrobiellen Belastung von Fließgewässern und über das Vorkommen antibiotikaresistenter Keime im Einzugsgebiet der Erft. Dazu nutzt er eine Powerpoint-Präsentation. Am Beispiel des bekannten Fäkalkeimes E. coli stellt  er fest, dass das Erftwasser keimmäßig die Badewasserqualität nur relativ knapp verfehle. Als mögliche Ursachen für die Keimbelastung der Fließgewässer informiert er am Beispiel der Swist, einem Nebengewässer der Erft. Dort stamme ein Großteil der Belastungen aus landwirtschaftlich genutzten Böden und aus sogenannten Mischwassereinleitungen.

Herr Dr. Gattke informiert über ein groß angelegtes Forschungsprojekt zur biologischen bzw. hygienisch-medizinischen Relevanz und Kontrolle antibiotikaresistenter Krankheitserreger in klinischen, landwirtschaftlichen und kommunalen Abwässern und deren Bedeutung in Rohwässern, kurz als HyReKA-Projekt bezeichnet. An diesem Forschungsprojekt mit einem Fördervolumen von ca. 7,5 Millionen € seien neben dem Umweltbundesamt mehrere Universitäten, der Erftverband sowie weitere Vertreter aus der kommunalen Wasserwirtschaft beteiligt.

Herr Dr. Gattke erklärt, warum dieses hoch wissenschaftliche Forschungsprojekt überhaupt initiiert worden sei. Dies sei vor allem der Zunahme des Antibiotikaeinsatzes um 40 % alleine in den letzten 10 Jahren geschuldet und daraus resultierenden schwerwiegenden Antibiotikaresistenzen. Er betont, dass multiresistente Bakterien ein stetig wachsendes Problem im Gesundheitswesen darstellen und stellt die Ziele des Projektes vor:

·         Quellen und Verbreitungswege identifizieren sowie Eintragsmengen in die Umwelt quantifizieren

·         Verbreitungswege in ihrer Relevanz vergleichen und das Übertragungspotential auf den Menschen bestimmen

·         Technische Verfahren bewerten und Eliminationsstrategien für die Ausbreitungskontrolle entwickeln

·         Handlungsempfehlungen für behördliche Regularien formulieren

 

Herr Dr. Gattke stellt Zwischenergebnisse vor. So sei z. B. das Antibiotikum Sulfamethoxazol, welches bei Harnwegsinfekten und bei Lungenentzündungen eingesetzt werde, in 60 % aller Proben festgestellt worden. Er zeigt den Gewässerverlauf der Swist und stellt fest, dass das Antibiotikum Sulfamethoxazol erst ab dem Bereich gefunden werde, in welchem sich die Kläranlagen befänden. Im Oberlauf ohne Kläranlagenabläufe werden dagegen überhaupt keine Antibiotika festgestellt. Vergleiche man dann noch verschiedene Antibiotika und die Reinigungsleistungen in den Kläranlagen, so könne man feststellen, das Sulfamethoxazol gar nicht, andere Antibiotika dagegen komplett aus dem Abwasser gefiltert werden.

Herr Dr. Gattke informiert über multiresistente Keime, z. B. über das MRSA, was zu Lungenentzündungen führe und durch das vermehrte Auftreten in Altenheimen allgemein bekannt geworden sei.  Er weist darauf hin, dass Vancomycin-resistente Enterokokken, kurz VRE genannt, aus der Massentierhaltung auf den Menschen übergesprungen seien. Diese ebenfalls resistenten Keime gelangen ungefiltert durch die Kläranlagen hindurch in den Vorfluter. Zu den Klärtechniken sagt Herr Dr. Gattke, dass durch die Ultrafiltration, die auch im Klärwerk Kaarst/Nordkanal angewendet werde, nahezu 100 % aller Keime herausgefiltert werden. Es stünden folglich heutzutage schon effektive Verfahren zur weitergehenden Abwasserbehandlung zur Verfügung. Die dabei entstehenden Klärschlämme sollten jedoch nicht landwirtschaftlich genutzt, sondern verbrannt werden. Er betont diesbezüglich, dass das Risiko, dass eines Tages keine Antibiotika mehr wirken werden, nicht alleine durch verbesserte Abwassertechniken beseitigt werden könne.

 

Herr Dr. Gattke berichtet auch von den Erfolgen bei der Behandlung von Mischwasser durch Retentionsbodenfilterbecken. Mischwassereinleitungen entstünden, wenn nach starken Regenfällen das Kanalnetz überlastet sei und der Überschuss aus Regen- und Abwasser gemeinsam an der Kläranlage vorbei in einen Vorfluter eingeleitet werde. Er stellt heraus, dass z. B. Kliniken wie die Uniklinik Bonn sogenannte Hotspots darstellen, weil im dortigen Abwasser viel höhere Konzentrationen an Keimen aufträten. Herr Dr. Gattke betont, dass es für das Trinkwasser keine Gefährdung gebe, solange die Grenzwerte nach Trinkwasserverordnung eingehalten werden. Bei den multiresistenten Keimen gebe es allerdings für Gewässer bis heute noch keine Grenzwerte, sie werden im Regelfalle auch gar nicht separat untersucht.

 

Herr Dr. Kalthoff fragt, wie lange die E. coli Bakterien leben. Herr Dr. Gattke antwortet: Ca. 7 Tage bei 20 Grad, wenn es kälter sei, entsprechend kürzer. Herr Dr. Kalthoff fragt, ob sich die Keime auch über eine Rückverdunstung verbreiten können. Herr Dr. Gattke sagt, dass sich dieses nach aktuellem Forschungsstand nicht als Problem zeige. Frau Eikler möchte wissen, ob in den Retentionsbodenfilterbecken Belastungen festgestellt werden. Herr Dr. Gattke verneint dies und erklärt, dass die Bakterien dort wie in jedem natürlichen Boden auch, nach ein paar Tagen absterben und abgebaut werden. Herr Wappenschmidt erklärt, dass seines Wissens nach der Einsatz von Antibiotika im Veterinärbereich in den letzten Jahren um 30 % gesunken sei.  Herr Dr. Gattke betont, dass es sich bei der Steigerung um 40 % innerhalb von 10 Jahren um die Gesamtmenge an Antibiotika handle, also inklusive des gesamten Humanbereichs. Er stellt heraus, dass ein wesentliches Problem sei, dass die Resistenzen inzwischen über Geninformationen an andere Bakterien weiter gegeben werden.

Anmerkung der Schriftführung: Herr Dr. Gattke wird seinen Powerpoint-Vortrag um eine weitere Folie ergänzen. Auf dieser werde die Entwicklung des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung dargestellt.

 

Vorsitzender Herr Markert erkundigt sich zu den Todesfällen, die im Zusammenhang mit den resistenten Keimen immer wieder genannt werden. Herr Dr. Gattke erklärt, dass diesbezüglich das Hauptproblem im klinischen Bereich liege und nicht bei der Gewässernutzung, auch nicht beim Schwimmen außerhalb von Badegewässern. Frau Fayaz fragt, wann das Projekt beendet sei. Herr Dr. Gattke sagt, dass das Projekt im Juli 2019 abgeschlossen sei, dass aber bereits im April 2019 eine Abschlusskonferenz stattfinde, wo dann auch die wichtigen Handlungsempfehlungen vorgestellt werden.

Vorsitzender Herr Markert regt an, die Kaarster Kläranlage mit der allseits gelobten Ultrafiltrationstechnik zu besichtigen. Herr Professor Schäfer sagt, dass eine Besichtigung der Kläranlage Kaarst sicherlich sehr interessant und informativ sei, zumal dort bis Mai 2019 weitere Neuerungen installiert werden.