Sitzung: 12.09.2019 Naturschutzbeirat
Vorlage: 68/3433/XVI/2019
Protokoll:
Herr Clever meldete sich wegen eines dienstlichen Anschlusstermins ab. Herr Große erklärte sich daher bereit, den Runden Tisch bzw. die Gesprächsführung zu leiten.
Herr Timmer als Geschäftsführer der Kreisstellen Rhein-Erft-Kreis, Rhein-Kreis Neuss und Rhein-Sieg-Kreis der LWK NRW und Frau Dr. Wahode als Kreislandwirtin stellten ihre angekündigte Präsentation zur Biodiversität und den Möglichkeiten im Ackerbau vor. Die Präsentation ist dieser Niederschrift als Anlage beigefügt. Hinsichtlich der vorgestellten Daten, konkreten Maßnahmen, Fördermöglichkeiten und weiteren Beratungsangebote wird auf die Präsentation verwiesen.
Herr Timmer ergänzte, dass die Blühschneisen nicht unter der
Tabelle „Teilnahme an Naturschutz-,
Ausgleichs- oder Bioprogrammen (2018)“ aufgelistet seien, da hierzu
keine konkreten Abmessungen oder Rückmeldungen vorliegen würden. Er schätzte
hierfür eine Fläche von ca. 100-120 ha ein.
Herr Timmer erläuterte zu den Agrarumweltmaßnahmen, dass dies ein
zusätzlicher Aufwand für den Betrieb sei, der auch in die Produktionstechnik
des Betriebes hineinpassen müsse. Es solle schließlich auch die
Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit der Betriebe erhalten bleiben. Daher
würden entsprechende Anreize gesetzt, um das Engagement im Naturschutz finanziell
zu fördern.
Frau Dr. Wahode nahm sich einige Aspekte der Biodiversität hinaus. Es
gehe um die Vielfalt der Arten einerseits, andererseits aber auch der
Ökosysteme und Genetik. Sie stellte kurz dar, was sie anbaue und betonte neben
der Anlage von Blühstreifen und deren hohen Nutzen für Insekten auch, dass beispielsweise
Zuckerrüben in der CO2-Problematik sehr wichtig seien wegen der vielen grünen
Blätter. Sie lege hohen Wert auf Fruchtfolge für die langfristige Erhaltung des
Betriebes und die Erhaltung hochwertiger Böden. Die Fruchtfolge vereine im
Grunde die Wirtschaftlichkeit und den Naturschutz bzw. die Biodiversität.
Bei den meisten Pflanzenarten gebe es sehr viele verschiedene Sorten. Bei
den Züchtern werde weiter darauf gedrängt, dass die Nutzpflanzenarten weniger
krankheitsanfällig sind, um möglichst wenig Chemie verwenden zu müssen, und
zudem möglichst trockenresistent sind. Sie betonte, Züchtung bedeute
jahrzehntelange Arbeit. Sie erinnerte daran, dass in Deutschland ein absolutes
Verbot des Anbaus genveränderter Pflanzen bestehe.
Sie machte darauf aufmerksam, dass im Rahmen des sogenannten Greenings
Betriebe dazu verpflichtet seien, 5% ihrer Ackerfläche als ökologische
Vorrangfläche vorzuhalten und zu bewirtschaften. Je nach Nutzungsform der
vorgehaltenen Fläche, werde ein Bewertungsfaktor zugrunde gelegt. Dieser liege
für Zwischenfruchtanbau beispielsweise bei 0,3. Frau Dr. Wahode berichtete,
dass sie in ihrem Betrieb stets viele Zwischenfrüchte angebaut habe. Im Sommer
würde dann direkt nach der Ernte wieder eine Begrünung angelegt werden. Wenn
eine solche Fläche als ökologische Vorrangfläche angegeben werden soll, müssten
bestimmte Mischungen ausgesät werden und Zeitpunkte eingehalten werden. Auf
einer ökologischen Vorrangfläche dürften zudem keine Pflanzenschutzmaßnahmen
durchgeführt werden.
Frau Dr. Wahode trug vor, dass sie sich für ihren Betrieb für die
Anlage einer Blühschneise statt eines Blühstreifens entschieden habe. Diese
Fläche werde aus der Produktion herausgenommen und stelle keine förderfähige
Maßnahme dar, so dass hier kein Erlös erzielt werden könne. Blühstreifen würden
nach ihrer Ansicht häufig von Hundehaltern missbraucht werden. Viele Landwirte
hätten für sich entdeckt, Blühstreifen entlang der Wohnbebauung als
Pufferstreifen zur Bewirtschaftung anzulegen. Oftmals lande hier aber auch der
Rasenschnitt von den Gärten oder es gebe Beschwerden seitens der
Garteneigentümer, dass die Samen der Blühstreifen in ihren Gärten landen. Frau
Dr. Wahode hielt daher eine Beschilderung der Blühstreifen zur Information für
sinnvoll. Weit mehr als 50% der landwirtschaftlichen Flächen im Rhein-Kreis
Neuss würden als Pachtflächen genutzt, wodurch auch mit dem Verpächter Probleme
auftreten könnten.
Das Impulsreferat diene dazu, neue Projekte ins Leben zu rufen. Ihr
seien dabei zwei Aspekte sehr wichtig: Im Zusammenhang mit den Blühstreifen
könnten in Kooperation mit dem Rhein-Kreis Neuss gezielt an einem bestimmten
Ort ganze Blühflächen für 2-3 Jahre angesät werden, um zu überprüfen, wie sich diese
entwickelt. Ein Problem hierbei könnte die Finanzierung sein. Daher solle das
Projekt gemeinsam betrieben werden. Als zweiten Projektvorschlag regte sie an,
dass überlegt werden könne, einen Grasweg im Rhein-Kreis Neuss auszuwählen und
diesen mit passenden Gräsern am Rand einzusäen, die für bestimmte Insekten,
attraktiv sind.
Herr Meyer-Ricks erinnerte im Hinblick an die Finanzierung an die
Blühstreifenpatenschaften in Meerbusch. Hierbei ließen sich viele Menschen
mobilisieren und für die Thematik gewinnen. Frau Dr. Wahode ergänzte, dass es
eine ganze Reihe Blühpatenschaften gebe und von Seiten der Landwirtschaft
derzeit eine Art Kataster erstellt werde. Auf der Seite des Rheinischen
Landwirtschaftsverbands sei bereits eine Karte mit Angaben, wo es
Blühpatenschaften gibt, zu sehen. Da sei der Rhein-Kreis Neuss allerdings
derzeit noch nicht aufgenommen worden. Die Idee der Blühpatenschaften weiter
voranzutreiben, befürwortete sie. Diese seien finanziell zu stemmen und führten
insbesondere zu einer Mitverantwortung in der Bevölkerung. Herr Klauth führte
an, dass mit den Jahren immer mehr probiert werde und der Insektenschutz sich
langsam verbessere. In Bezug auf die Blühstreifen sehe er ein Problem, das von
Hunden ausgeht, die diese Flächen zweckentfremden.
Herr Große begrüßte ebenfalls die positive Entwicklung der zunehmenden
Anlage von Blühstreifen und Blühschneisen. Diese werde einerseits durch Paten
unterstützt, andererseits aber auch sehr viel auf freiwilliger Basis durch
Landwirte. Die Blühschneisen würden derzeit als einjährige Schneisen angelegt
werden. Im Rahmen des Aktionsbündnisses sei auch auf Wunsch der Landwirte in
Meerbusch überlegt worden, wie das weiter verbessert werden könne. Hierzu werde
das Büro Kessler Überlegungen anstellen und gemeinsam mit den Landwirten in
Meerbusch diskutieren, welche Optimierungen möglich sind. Herr Große sagte,
Blühstreifen würden nur einen Aspekt des Umgebungsraums der Insekten abdecken.
Viel besser sei noch das gesamte Spektrum von der Larve bis zum Vollinsekt
abzudecken. Hierfür würden aber mehrjährige Streifen benötigt werden. Eine
weitere Frage sei, inwieweit im Hinblick auf die Blühmischung eine Optimierung
vorgenommen werden kann. Bei Blühschneisen verzichte der Landwirt ohnehin auf
seinen Ertrag. Dann bliebe noch die Frage, wieviel für eine Blühmischung
investiert werden kann. Gegebenenfalls könne an dieser Stelle beispielsweise
unterstützt werden. Er berichtete, dass die Beschilderung der Blühflächen
einheitlich vorgenommen werde.
Frau Lechner nahm Bezug auf die Beschilderung. Die Akzeptanz in der
Bevölkerung sei immer ein Problem. Viele hätten mittlerweile aber Interesse an
insektenfreundlichen Gärten etc. Dies müsse weiter umworben werden. Hierzu sei
eine entsprechende regelmäßige, wiederholte Öffentlichkeitsarbeit erforderlich,
um die Akzeptanz zu steigern. Die ganze Aktion müsse langfristig gestaltet
werden.
Herr Wittmer fügte hinzu, dass er auch immer wieder versuche, solche
Vorschläge auch an die Schulen zu richten. Frau Dr. Wahode berichtete, dass an
weiterführenden Schulen nach ihren Erfahrungen sehr wenig über das Thema
Biodiversität bekannt sei. Frau Lechner informierte über ein Jahresprojekt, das
sie an einer Schule zu Wildbienen vorhabe. Sie schlug vor, bereits vor der
Pubertät an die Kinder heranzutreten, um diesen Wissen hierüber zu vermitteln.
Herr Große begrüßte ausdrücklich die Initiative der Landwirtschaft,
sich in den Prozess einzubringen. Ziel des Runden Tisches sei es, aufgrund von
Initiativen hin zu Umsetzungen zu kommen und Aktivitäten zu entwickeln wie etwa
ein gemeinsames Projekt. Den Vorschlag von Frau Dr. Wahode zu einem gemeinsamen
Blühstreifenprojekt griff er gerne auf und schlug vor, einen gemeinsamen Termin
zu vereinbaren, in dem die weitere Vorgehensweise besprochen und diskutiert
werden könne. Es müsste ein Fläche gefunden werden und überlegt werden, wie
dies finanziert werden könne.
Nachdem kein weiterer Diskussionsbedarf bestand, beendete Herr Große
den Runden Tisch um 20:07 Uhr.