Sitzung: 18.11.2021 Planungs-, Klimaschutz- und Umweltausschuss
Vorlage: 68/0907/XVII/2021
Protokoll:
Herr Dr. Cremer, Hydrogeologe beim Erftverband und
stellvertretender Leiter der Abteilung Grundwasser, gliedert seinen Powerpoint-
Vortrag über die Situation des Grundwassers im Rhein-Kreis Neuss wie folgt:
·
Grundwasserströmungssituation,
·
Bergbaubedingte
Grundwasserabsenkungen im Kreisgebiet,
·
Grundwasserüberwachung,
·
Flächennutzung
und Grundwasserzustand,
·
Nitrat
im Grundwasser
Herr Dr. Cremer dokumentiert anhand einiger Folien, welchen
enormen Einfluss die bergbaubedingten Sümpfungsmaßnahmen auf die
Grundwassersituation im Kreisgebiet haben. Er informiert über die gesetzlich
begründeten Aufgaben des Erftverbandes, insbesondere die Sicherung der
Wasserversorgung und die Überwachung des
Grundwassers. Herr Dr. Cremer
erklärt, dass sich das Sickerwasser, natürlich in Abhängigkeit von der
Bodenart, durchschnittlich ca. 1 m pro Jahr Richtung Grundwasser bewege. Der
Erftverband habe bis dato bei über 1.000 seiner Grundwassermessstellen die
Herkunft des Nitrates ermittelt, also, ob es aus Waldgebieten,
Siedlungsbereichen oder aus landwirtschaftlich genutzten Flächen entstamme.
Herr Dr. Cremer betont, dass im Verbandsgebiet
durchschnittlich 59 mg Nitrat pro Liter Grundwasser aus dem Einflussbereich der
Landwirtschaft entstammen, 83 % des gesamten Nitratgehaltes. Er informiert über
Regionen im Kreisgebiet mit niedrigen Nitratwerten. Dies seien primär die
Bereiche im Absenkungstrichter mit tiefen Grundwässern aber auch Bereiche mit
hohen Grundwasserständen und organikreichen Böden. Stickstoffliebende Bakterien
bauen hier das Nitrat ab.
Herr Dr. Cremer stellt fest, dass sich die hohen
Nitratgehalte in den vergangenen Jahrzehnten trotz vielerlei Anstrengungen
praktisch nicht verändert haben. Er informiert über die Denitrifikationslage im
Wasserwerk Broichhof, wo im Rohwasser sehr aufwendig der Nitratgehalt gesenkt
werde.
Herr Dr. Cremer informiert über die Ausweisung
nitratbelasteter Gebiete gemäß Düngeverordnung und die dortigen verschärften
Bedingungen für die Landwirtschaft. Allerdings liegen viele Bereiche mit hohen
Nitratwerten außerhalb dieser definierten Gebietskulisse. Dies habe die
EU-Kommission erkannt und Deutschland dafür kritisiert. Herr Dr. Cremer fasst zusammen, dass die Nitratsituation im
Grundwasser stabil unbefriedigend sei.
Herr Wehrhahn verweist darauf, dass in den letzten Jahren
deutschlandweit weniger Düngemittel verkauft worden seien. Herr Dr. Cremer informiert, dass aufgrund der trockenen Sommer
viele Landwirte oft auf die letzte Stickstoffgabe verzichtet haben.
Witterungsbedingt seien aber auch die Erträge zurückgegangen, sodass der
Stickstoffentzug durch die Pflanzen ebenfalls geringer ausgefallen sei, für die
Nitratbilanz also ein Nullsummenspiel.
Herr Wehrhahn fragt zu den Stickstoffeinträgen aus den Kläranlagen. Herr Dr. Cremer sagt, dass im
Regelfalle das Grundwasser in die Oberflächengewässer fließe und nicht anders
herum, sodass der Einfluss der Kläranlagen für das Grundwasser gering sei. Frau Steiner erkundigt sich zur
Eutrophierung der Oberflächengewässer. Graf
von Nesselrode erkundigt sich, wie viel Stickstoff aus der Luft in die
Böden gelange. Herr Dr. Cremer antwortet, dass dies insbesondere in Gebieten
mit hohem Viehbestand kleinräumig eine Rolle spiele.
Herr Wappenschmidt fragt, was Herr Dr. Cremer vom Modell zur
Berechnung der Grundwasserbelastung halte. Er verweist darauf, dass bereits
über 50 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche im Rhein-Kreis Neuss zum
roten Grundwasserbereich gehöre. Herr
Dr. Cremer betont, dass die roten Grundwasserkörper und die Ausweisung nitratbelasteter
Gebiete gemäß Düngeverordnung nicht identisch seien, da wichtige Eingangsdaten
aus dem an sich guten Berechnungsmodell herausgenommen worden seien. So werden
z. B. auch nur noch wenige Messstellen berücksichtigt. Herr Dr. Cremer hebt hervor, dass geeignete Maßnahmen wie der
reduzierte Düngemitteleinsatz auch in den wirklichen Belastungsgebieten
angewendet werden sollen und nicht nur auf den kleineren Ausweisungsflächen
nach Düngeverordnung.
Frau Hugo-Wissemann fragt, wer für die Flächenabgrenzungen nach
Düngeverordnung zuständig sei. Sie möchte zudem wissen, ob durch die
ökologische Landwirtschaft der Nitratgehalt im Grundwasser reduziert werden
könne. Dr. Freiherr von Canstein
betont, dass laut Umweltbundesamt lediglich drei Wasserwerke in Deutschland
Nitrat entfernen. Dazu gehöre auch das Wasserwerk Broichhof in Neuss. Dr. Freiherr von Canstein wünscht
Aussagen zur Kostenseite. Er fragt zu den Mehrkosten durch den Betrieb einer
Denitrifikationsanlage, also der Nitratentfernung im Wasserwerk, und den
Mindererträgen in der Landwirtschaft durch eine reduzierte Düngung. Herr Packbier erkundigt sich zur
Schwankungsbreite bei den Messwerten und zu den Beprobungsintervallen. Herr Dr. Cremer informiert, dass die
Pegel einmal pro Jahr beprobt werden, weil jahreszeitliche Einflüsse im
Grundwasser unerheblich seien. Allerdings spielen Änderungen bei den
Nutzungsformen eine Rolle, z. B. bei der Fruchtfolge oder nach einem
Grünlandumbruch. Herr Dr. Cremer
betont, dass die meisten Wasserwerke die hohen Kosten für den Betrieb einer
Denitrifikationsanlage scheuen. Im Regelfalle werde bei hohen Nitratgehalten
einfach tiefer gebohrt, allerdings mit dem Risiko, dass dann durch den neu
geschaffenen größeren Absenkungstrichter vermehrt Nitrat auch in tiefere Grundwasserstockwerke
gelangen könne. Er informiert, dass für die Ausweisung der nitratbelasteten
Flächen das Landesumweltamt zuständig sei. Zur Kostenseite könne er keine
Aussagen machen. Bundesweite Untersuchungen zeigen auf, dass der ökologische
Landbau tendenziell zu geringeren Nitratbelastungen führe. Herr Dr. Cremer stellt heraus, dass der Zwischenfruchtanbau aus
wasserwirtschaftlicher Sicht uneingeschränkt befürwortet werde, also
grundsätzlich der richtige Weg sei. Frau
Janetta erkundigt sich zum Einfluss hoher Nitratgehalte auf die
Artenvielfalt.
Nach Rücksprache mit
Herrn Mankowsky sagt Vorsitzender Herr Markert, dass die
Verwaltung sich dieser Frage annehmen werde.