Beschluss:

Der Kreisausschuss spricht sich für den Bau neuer moderner Ersatzkraftwerke an den vorhandenen Kohlekraftwerksstandorten aus, um, in Verbindung u.a. mit Windkraftparks, weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung zu leisten.

 

Er bittet den Landrat:

-       zeitnah bei RWE dafür zu werben, im Rahmen des RWE-Programms „Growing Green“ moderne Ersatzkraftwerke, die auch für die Wasserstofftechnologie geeignet sind, an den jetzigen Kohlekraftwerksstandorten zu bauen.

-       sich im Rahmen der ZRR für die vorrangige Unterstützung dieser Projekte zu verwenden.

-       sich für die schnelle Schaffung der notwendigen genehmigungs- und planungsrechtlichen Voraussetzungen einzusetzen bzw. diese bei eigener Zuständigkeit zu schaffen.


Protokoll:

Kreistagsabgeordneter Johann-Andreas Werhahn erläuterte den Antrag.

 

Kreistagsabgeordneter Hans Christian Markert meinte, dass die weltpolitische Situation alle vor neue Herausforderungen stellen wird. Er zitierte den früheren SPD-Landesvorsitzenden im Landtag Nordrhein-Westfalen: „Die Landesregierung baut keine Kraftwerke und sie reißt auch keine ab.“ Er stimme dem Antragsteller zu, dass im Rahmen des Strukturwandels im Rhein-Kreis Neuss die Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten. Letztendlich seien nicht alle Herausforderungen vor dem der Kreis im Rahmen des Strukturwandels stehe, im vorliegenden Antrag enthalten. Deswegen erkundigte er sich, wie im Antrag die Einhaltung des 1,5 Grad-Zieles sichergestellt werde. Des Weiteren fragte er, woher das einzuspeisende Gas stammen solle und wie sichergestellt werden könne, dass in zehn Jahren die Gaskraftwerke keine Investitionsruinen, sondern wie alle Kraftwerke bis 2045, klimaneutral seien. Er erläuterte, dass in den USA bereits Kraftwerke bis zu 15 Prozent Wasserstoff einspeisen könnten. In Deutschland gebe es vom TÜV Süd ein zertifiziertes Verfahren zur Überprüfung der Wasserstofffähigkeit von Gaskraftwerken. Das Zertifikat habe bisher nur ein Unternehmen erlangt, sodass nicht von Marktreife gesprochen werden könne.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke merkte an, dass nach den Ausführungen für Außenstehende der Eindruck entstehen könne die Braunkohleverstromung länger nutzen zu müssen.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel beantragte, dass die Tagesordnungspunkte 9.1 und 9.2 zusammen behandelt werden. Die Themen der Versorgungsicherheit und Gaskraftwerke sollten gemeinsam beraten werden.

 

Die Anträge unter Tagesordnungspunkt 9.1 und 9.2 würden das ganze Elend der Energiepolitik widerspiegeln, so Kreistagsabgeordneter Dirk Kranefuss. Die Energiepolitik laufe in eine Krise hinein, da es keinen Ersatz für Braunkohle und Kernkraft gebe. Besonders die Ukraine-Krise verdeutliche, dass jeden Tag mit einem Blackout zu rechnen sei, wenn Präsident Putin die Gasversorgung einschränke. Aus seiner Sicht gebe es nur die Lösung, die Braunkohle und Kernkraftwerke so lange weiterlaufen zu lassen, bis ein zufriedenstellender Ersatz gefunden wurde. Deswegen könne er den vorliegenden Anträgen nicht zustimmen.

 

Kreistagsabgeordneter Thomas Welter führte aus, dass die Fragen von Kreistagsabgeordneten Markert an Zynismus grenzen. Die Grünen würden immer wieder Fragen aufwerfen, bei denen sie zunächst die Treiber in dieser Richtung gewesen sind. Ihm sei es widerwillig seinem Vorredner zuzustimmen, jedoch habe er im Kern in einer Sache Recht. Die Grünen würden seit Jahren die Politik im Sinne des Klimawandels in eine Richtung treiben und würden gleichzeitig Fragen zur Versorgungssicherheit stellen. Wenn die Politik in eine Richtung getrieben werde, müssten auch Antworten und Lösungen vorhanden sein. Durch die Ukraine-Krise zeige sich deutlich, wie wichtig eigene Versorgungsquellen sind.

 

Kreistagsabgeordneter Hans Christian Markert meinte, dass der Wortbeitrag nicht sachlich angemessen sei. Seine Fragen habe er bereits im Ausschuss für Strukturwandel und Arbeit gestellt. Dort habe er keine zufriedenstellenden Antworten erhalten. Es sei auf die Verantwortlichkeit der Bundesregierung abgestellt worden. Es sei unstreitig, dass der Braunkohleausstieg eine beschlossene Sache ist. In den zwei Blöcken der BoA-Kraftwerke werde genauso viel Leistung produziert, wie RWE mit erneuerbaren Energien produzieren wolle. Die modernen Windkraftanlagen hätten zukünftig bei Offshore-Anlagen eine doppelte Leistung. Folglich würde ein Ausbau von Erneuerbaren Energien schneller als Gaskraftwerke zu realisieren sein. Um Zeiten der Windstille zu überbrücken, würden Speicher und auch wasserstofffähige Kraftwerke benötigt. Die Frage zur Gasversorgung der Kraftwerke sei zudem nicht beantwortet und in der aktuellen Lage ausgesprochen schwer zu beantworten. Es müsse zunächst am Ausbau der Erneuerbaren Energien angesetzt werden. Er verwies auf den Antrag der Kreistagsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen und meinte, dass dieser Antrag und der Antrag der Kreistagsfraktionen CDU, FDP und UWG/FW RKN/Zentrum nicht weit auseinanderliegen würden. Folglich schlug er vor, dass sich die Fraktionen zur Erarbeitung eines gemeinsamen Antrages vor dem nächsten Kreistag zusammensetzen.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke las aus dem Koalitionsvertrag, Seite 59, vor: „(...) Die bis zur Versorgungssicherheit durch Erneuerbare Energien notwendigen Gaskraftwerke sollen zur Nutzung der vorhandenen (Netz-)Infrastrukturen und zur Sicherung von Zukunftsperspektiven auch an bisherigen Kraftwerksstandorten gebaut werden, Sie müssen so gebaut werden, dass sie auf klimaneutrale Gase umgestellt werden können.(…)“.

 

Kreistagsabgeordneter Johann-Andreas Werhahn erklärte zum einen, dass der Rhein-Kreis Neuss keinen Einfluss auf die Einhaltung der 1,5 Grad-Ziele habe. Garantieren könne die Einhaltung niemand. Zum anderen könne auch die Frage nach dem Gas erst in der Entwicklung der kommenden zehn Jahre geklärt werden. Auch Deutschland könne selbst Bohrungen durchführen, die jedoch nicht wünschenswert seien. Eine Sicherstellung zur Erreichung der Ziele gebe es nicht, aber es müsse irgendwann mal angefangen werden und der Beginn könne heute beschlossen werden.

 

Der Kreisausschuss und der Kreistag seien das Entscheidungsgremium, das über den Standort von Gascontainern im Kreis entscheide, so Kreistagsabgeordneter Simon Rock. Deswegen regte er an, dass die Fraktionen zum Kreistag eine gemeinsame Resolution beschießen, die sowohl den etwaigen Neubau von notwendigen Gaskraftwerken, als auch den Speicher und die Nutzung von Erneuerbaren Energien beinhaltet. Das müsse im Gesamtzusammenhang gesehen werden.

 

Kreistagsabgeordnete Barbara Brand erläuterte, dass der Antrag im Schwerpunkt auf die zu erfüllenden Genehmigungsvoraussetzungen und Rahmenbedingungen, die für den Bau geschaffen werden müssten, abstelle. Auch müsse geklärt werden, welche bereits bestehenden Ressourcen dafür genutzt werden könnten. Wenn im Rheinischen Revier ein ernstzunehmendes Zeichen gesetzt werden solle, dass der Rhein-Kreis Neuss weiterhin in der Energiegewinnung einen Baustein liefere, müssten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Auf die Formulierung von Resolutionen oder weiterer Ideen könne nicht mehr gewartet werden. Der Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen lasse keine Strategie erkennen, um für die Region ein Rückgrat zu zeigen.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel erkundigte sich, ob die Kreistagsfraktionen CDU, FDP und UWG/FW RKN/Zentrum dem Antrag, auch zu Punkt 3 und 4, der Kreistagsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zustimmen würden. Die Punkte würden der Rolle des Kreises entsprechen. Der Kreis solle den Bau der Ersatzkraftwerke unterstützen, aber auch den Blick auf das Thema der Versorgungssicherheit richten. Das RWE und auch die Bundes- und Landesregierung würden auch ohne den Beschluss des Kreises die wesentlichen Entscheidungen treffen. Der Antrag der Kreistagsfraktionen CDU, FDP und UWG/FW RKN/Zentrum sei nur auf das Thema Gaskraftwerke gerichtet und beleuchte nicht die Frage der Versorgungssicherheit. Der Kern der beiden vorliegenden Anträge sei jedoch gleich.

 

Kreistagsabgeordneter Hans Christian Markert betonte, dass die zukünftige Energiepolitik im Bewusstsein der Einhaltung des 1,5 Grad-Zieles stattzufinden habe. Politik sollte so gestaltet werden, dass für die Zukunft unserer Kinder Verantwortung übernommen wird. Er führte weiter aus, dass, besonders im Hinblick auf die aktuelle Weltlage, fossile Brennstoffe ungeeignet seien die nächsten 20 bis 30 Jahre Strom zu produzieren.

 

Kreistagsabgeordnete Barbara Brand erläuterte, dass die CDU-Kreistagsfraktion mit Punkt 1 des Antrages der Kreistagsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen einverstanden sei. Der Tischvorlage sei jedoch zu entnehmen, dass die Kreisverwaltung keine genaue Ermittlung des zukünftigen Energiebedarfes im Kreisgebiet durchführen könne. Darüber hinaus sei der zweite Punkt des Antrages problematisch und in den unterschiedlichsten Ausschüssen bereits diskutiert. Die Punkte 3 und 4 ähneln dem Antrag der Kreistagsfraktionen CDU, FDP und UWG/FW RKN/Zentrum. Die Versorgungssicherheit in den unterschiedlichen Modulen sei jedoch problematisch, sodass eine Zustimmung zu Punkt 5 des Antrages nicht erfolgen könne.

 

Prof. Dr. Dieter Welsink meinte, dass er eine Diskrepanz zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen wahrnehme. Zudem sei der Antrag im Januar entscheidungsreif von CDU, FDP und UWG/FW RKN/Zentrum eingebracht worden. Seit der Zurückstellung des Antrages zur weiteren Beratung sei keine Fraktion auf die Antragsteller zugegangen, um einen gemeinsamen Antrag einzubringen. Wenn die Anträge nicht so weit auseinanderliegen, spreche nichts gegen einen einstimmigen Beschluss des Antrages.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel wies darauf hin, dass der Antrag zum letzten Kreisausschuss nicht als entscheidungsreif bezeichnet werden könne, da er erst kurz vor der Sitzung eingebracht wurde. Er merkte an, dass es zwischen den Fraktionen zwar eine hohe Schnittmenge gebe, aber auch wesentliche Unterschiede. Für die Kreistagsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen sei in dem vorliegenden Antrag die Frage der Versorgungssicherheit nicht ausreichend beantwortet. Auch müsse der Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigt werden. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, warum der Punkt 5 des Antrages aus Sicht der CDU nicht mitgetragen werden kann.

 

Kreistagsabgeordnete Swenja Krüppel sprach sich dafür aus, dass eine interfraktionelle Lösung gefunden werde. Die Anträge hätten den Charakter einer Resolution. Der Kreistag sollte besonders in dieser Thematik geschlossen auftreten.

 

Kreistagsabgeordneter Simon Rock erklärte, dass sich Punkt 2 des Antrages der Kreistagsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf die Ausschöpfung des Potentials an Erneuerbaren Energieerzeugung beziehe. Wenn die CDU nicht das Ziel verfolge, Erneuerbare Energien auszubauen und den Punkt zur Diskussion stelle, einstehe ein neuer Dissens.

 

Kreistagsabgeordneter Johann-Andreas Werhahn schlug vor, dass der vorliegende Antrag abgestimmt werde. Im Folgenden könne sich zum nächsten Kreisausschuss interfraktionell über den vorliegenden Antrag der Kreistagsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen ausgetauscht und über einen gemeinsamen Antrag beraten werden.

 

Kreistagsabgeordneter Stefan Schmitz fasste zusammen, dass wenige Gegensätze in den Anträgen erkennbar seien und plädierte dafür, bis zum nächsten Kreisausschuss nochmal über einen gemeinsamen Antrag zu beraten.

 

Kreistagsabgeordnete Barbara Brand beantragte eine Sitzungsunterbrechung.

 

Die Sitzungsunterbrechung erfolgte nach einstimmigem Beschluss von 16:00 Uhr bis 16:06 Uhr.

 

Kreistagsabgeordnete Barbara Brand erklärte, dass über die Anträge in der vorliegenden Form entschieden werden solle.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel meinte, dass folglich der Antrag der Kreistagsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen keine Mehrheit finden werde. Er erklärte, dass der Antrag der Kreistagsfraktionen CDU, FDP und UWG/FW RKN/Zentrum zwar an vielen Stellen zu kurz gedacht, aber inhaltlich nachvollziehbar sei. Es sei enttäuschend, dass nicht über einen gemeinsamen Antrag beraten werde. Er werde sich bei der Abstimmung enthalten.

 


Abstimmungsergebnis:

mehrheitlich beschlossen

 

10 Ja-Stimmen (CDU, FDP, UWG/FW RKN/Zentrum, AfD, LR)

1 Enthaltung (SPD)

6 (SPD, Bündnis 90/Die Grünen)