Beschluss:

  1. Der Kreistag bekräftigt das Votum des Ausschusses für Strukturwandel und Arbeit zum gemeinsamen Brief von IHK Mittlerer Niederrhein und DGB Düsseldorf-Bergisch Land vom 01. September 2022 und erklärt sich mit den Beschäftigten, insbesondere der Aluminiumindustrie im Rhein-Kreis Neuss, solidarisch.
  2. Der Landrat wird gebeten, dies und die im genannten Brief von IHK und DGB enthaltenen Forderungen der Bundesregierung zur Umsetzung zu empfehlen.

 

  1. Die jeweilige Bundes- und Landesregierung werden vom Landrat des Rhein-Kreis Neuss auf geeignete Art und Weise aufgefordert, folgende Punkte zügig umzusetzen:

 

·         Massiver und beschleunigter Ausbau Erneuerbarer Energien, in unserer Region zum Beispiel durch den „Gigawatt Park“ der ZRR, an dem sich auch der Rhein-Kreis Neuss beteiligt

·         Verfahrensbeschleunigungen und Verbesserung der Rahmenbedingungen,

·         Eigennutzung von Strom aus EE-Anlagen erleichtern und verbessern, z.B. durch die Veränderung der Grenzwerte, Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und Abbau von mittlerweile unnötiger Bürokratie,

·         Carbon Leakage verhindern,

·         ausreichende regelbare „Backup“-Kraftwerke planen und bauen oder deren Bau ermöglichen durch geeignete Rahmenbedingungen,

·         Abhängigkeiten in der Energieversorgung reduzieren, neue vermeiden, durch herbeiführen von Lieferantenvielfalt,

·         Unternehmen beim Transformationsprozess unterstützen und fördern, auch zeitlich, durch vorausschauend, durch langfristige festgelegte Rahmenbedingungen,

·         Hochlauf von Wasserstoff deutlich beschleunigen, Hochpreise vermeiden, vorausschauend Infrastruktur verbessern oder überhaupt ermöglichen,

·         Ausbaustand erneuerbare Energien regelmäßig abgleichen mit Ausstieg aus fossilen Energien und dem Strombedarf sowie

·         nachhaltige Beschaffungsrahmenstrategien für weiter notwendige Energieimporte rechtzeitig und verbindlich festlegen.

·         Die Verlängerung des Energiekostendämpfungsprogramms sowie Nachschärfung für besonders betroffene Betriebe (Strom und Gas).

·         Der befristete Weiterbetriebs der beiden 600 MW Blöcke (in Grevenbroich – Neurath) für zwei Winter zur Entschärfung der aktuellen Situation.

·         Vorgezogene Kohleverstromungsbeendigungs-Termine bedürfen zwingend einer Überprüfung gemäß den Bedingungen der Revisionsklausel des KVBG.

 


Protokoll:

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel bedankte sich für die Zusammenarbeit bei der Erstellung des gemeinsamen Antrages und erläuterte den Antrag. Der wichtige Appell an die Landes- und Bundesregierung sei die Synchronisierung der Schritte, damit die Wirtschaft und Versorgung im Rheinischen Revier nicht gefährdet wird.

 

Kreistagsabgeordneter Johann-Andreas Werhahn bedankte sich für die gefundenen Kompromisse bei der Entwicklung des Antrages. Im Kern stehe die Sicherstellung der Energieversorgung an oberster Stelle. Es dürfe nicht bereits vor dem Aufbau abgestellt werden und die Schritte müssten Hand in Hand gehen.

 

Kreistagsabgeordneter Hans Christian Markert bedankte sich ebenfalls bei den Beteiligten und berichtete, dass im Ausschuss für Strukturwandel und Arbeit von Speira-Vertretern der deutliche Appell über die Not der Beschäftigten und der heimischen Industrie kommuniziert wurde. Für dieses Thema sei der Zusammenschluss aller sorgenden Parteien erforderlich. Aluminium, insbesondere die Produkte von Speira, seien nicht nur Säulen und Stützen der Energieversorgung, sondern auch Recycling und letztendlich auch der Rohstoff für Windkraftanlagen. Zwar solle keine Abschaltung vor einem Aufbau erfolgen, jedoch sollte hinterfragt werden, warum bisher nicht mehr erneuerbare Energien errichtet wurden und überhaupt eine solche Situation entstanden ist. Er gab als persönliche Erklärung zu Protokoll, dass er ausdrücklich auch der Ziffer 2 des Antrages zustimme, da der Ausbau erneuerbarer Energien zukunftsorientiert sei. Er persönlich habe jedoch bedenken, ob es notwendig ist, einen Prüfauftrag zum Weiterbetrieb der 600 MW-Blöcke zu beschließen. Die Verantwortlichen in der Landes- und Bundesregierung würden die notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit sich niemand im Winter um Strom und Wärme sorgen müsse. Einen solchen Appell benötige es aus seiner Sicht daher nicht. Wenn der Prüfauftrag als Hintertür für den Aufbau des Kohlekompromisses gemeint ist, könne er dem nicht zustimmen. In allen übrigen Punkten stimme er dem vorgelegten Antrag zu.

 

Kreistagsabgeordneter Dirk Kranefuss teilte mit, dass seine Fraktion dem Antrag in einigen Punkten nicht zustimmen könne. Der Russlandangriff auf die Ukraine habe die Energiekrise nicht verursacht, sondern der Verzicht auf Öl- und Gaslieferungen, die Sanktionen und die Beschimpfungen sowie der Verzicht auf Braunkohle und Atomkraftwerke. Dies habe Deutschland die höchsten Energiepreise der Welt beschert. Die Wettbewerbsfähigkeit von Alu-Norf und Speira sei bereits vor dem Krieg schwer beschädigt gewesen. Die Werke müssten zur Abwendung des größten Schadens gestützt werden. Die AfD-Kreistagsfraktion beantrage deswegen eine Antragsabänderung, um die tiefergehende DIHK Resolution vom 21.09.2022 zu unterstützen und den Landrat zu beauftragen, die jeweiligen Bundes- und Landesregierungen auf geeignete Art und Weise aufzufordern, die DIHK Resolution zügig umzusetzen.

 

Kreistagsabgeordneter Dirk Rosellen führte aus, dass seit der letzten Resolution des Kreistages im Dezember 2021 viel passiert sei und die damaligen Vorzeichen nicht mehr gelten würden. Er widerspreche seinem Vorredner und betonte, dass der Angriffskrieg auf die Ukraine die Energiekrise in Deutschland verursacht habe. Es sei nun an der Zeit zu handeln und der Appell schöpfe die Möglichkeiten des Kreistages aus. Die gemeinsame Mehrheit im Kreistag sei erfreulich und seine Fraktion unterstütze den Weiterbetreib der Blöcke in Neurath ausdrücklich.

 

Kreistagsabgeordnete Swenja Krüppel erläuterte, dass durch die geführten ideologischen Debatten immer noch viel beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu tun sei. Es gebe nicht nur eine Energiekrise, sondern auch noch die Klimakrise, von der viele junge Leute betroffen sein werden. Deswegen glaube ihre Fraktion, dass auf dieser Ebene am besten diskutiert werden kann, wie auf die Krise angemessen reagiert werden kann.

 

Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer erklärte, dass der Antrag den nach vorne gerichteten Blick des Kreistages zeige und zitierte dazu Finanzminister Lindner zur Dekarbonisierung: „Dabei ist die Dekarbonisierung ein faszinierendes Fortschrittsthema, das ökologische Verantwortung mit Spitzentechnologien zu einem neuen Wachstumsmodell verbinden kann.“

 

In der aktuellen Wirtschafts- und Energiekrise müsse, auch unter Beachtung der Klimakrise, kurzfristig ein Blackout verhindert werden, so Kreistagsabgeordneter Carsten Thiel. Er freue sich über die breite Zustimmung zu dem Antrag, da kurzfristiges Handeln notwendig sei.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke teilte mit, dass die von der AfD-Kreistagsfraktion angesprochene Resolution sowohl den Mitgliedern des Kreistages, als auch ihm im Moment nicht vorliege. Den Anwesenden sei nicht klar, worüber bei dem Änderungsantrag abgestimmt werden solle, sodass keine Abstimmung stattfinden könne.

 


Abstimmungsergebnis:

63 Ja-Stimmen (CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, UWG/FW RKN/Zentrum, Die Linke, LR)

3 Nein-Stimmen (AfD)

1 Enthaltung (Kreistagsabgeordneter Markert)