Beschluss:

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen zustimmend zur Kenntnis.


Protokoll:

Frau Klein und Frau Schmitz-Doering berichteten dem Kreisjugendhilfeausschuss über das Ergebnis des Vergleichsreport KGST der Kreisjugendämter. In diesem Report wurden die verschiedenen Hilfearten dargestellt und Leistungs- und Kennzahlen mit denen der anderen teilnehmenden Kreisjugendämter verglichen. Auf Grundlage des vorgelegten Zahlenmaterials wurde deutlich, dass das Jugendamt des Rhein-Kreises Neuss im Vergleich zu den anderen teilnehmenden Kreisen insgesamt gut aufgestellt sei. Dies läge vor allem auch daran, dass sich das Kreisjugendamt das Ziel gesetzt habe, ambulante Hilfen vor stationären Hilfen zu leisten und somit einen stark präventiven Ansatz verfolge.

 

Herr Wappenschmidt erkundigte sich anschließend, ob es erfolgversprechend sei, verstärkt auf ambulante Hilfen zu setzen und mit Prävention einen weiteren Anstieg der Kosten zu verhindern.


Frau Klein antwortete, dass die ambulanten Hilfen wesentlich kostengünstiger seien als eine stationäre Unterbringung und eine stationäre Unterbringung nach dem Verständnis des Kreisjugendamtes immer nur als letztes Mittel infrage komme. Für die Mitarbeiter sei es in einzelnen Fällen einfacher, ein Kind stationär unterzubringen wenn dies dem Wunsch der Eltern entspräche, jedoch sei die Entscheidung, ein Kind aus seinem gewohnten Familienumfeld herauszunehmen, das Äußerste, was im Rahmen der Hilfe zur Erziehung, familienersetzende Hilfen, getroffen werden kann. Man sei daher zur Stabilisierung und dem Schutz der Familien und Kinder immer bemüht eine ambulante Lösung zu finden, auch wenn diese zunächst meist arbeitsintensiver sei.

 

Herr Braun teilte diese Einschätzung und ergänzte, dass sich das Stellen früher ambulanter Hilfen langfristig für die betroffenen Familien selber, aber auch finanziell auszahlen würde.

 

Frau Schöttgen erkundigte sich über die Personaldecke des Jugendamtes für diesen Bereich.

 

Frau Klein antwortete, dass die Abteilung Jugend und Familienhilfe personell ganz gut aufgestellt sei. Auf jeden Fall nehme man sich aber immer die Zeit für die frühe Installation ambulanter Hilfen. Die darauf verwendete Zeit ließe sich hinterher oft wieder einsparen, da den Familien zielgerichtet geholfen wurde und Eskalationen verhindert werden können. In diesem Zusammenhang ergänzte Frau Klein, dass die Anzahl der Fälle zwar einigermaßen stabil bleibe, jedoch ein Trend zu immer schwieriger gelagerten und aufwändigeren Einzelfällen zu beobachten sei.

 

Herr Boland erkundigte sich nach den möglichen Ursachen dieser Entwicklungen.


Frau Klein erläuterte, dass eine genaue Ursache nicht feststehe, es jedoch diverse Thesen zur Erklärung gebe. Ihrer persönlichen Einschätzung zufolge führe oftmals eine Kombination aus Leistungsdruck und geringer Frustrationstoleranz zu den Problemen.

 

Auf Nachfrage von Frau Schöttgen antwortete Frau Klein, dass sich die Probleme in den Familien quer durch alle Gesellschaftsschichten ziehen würden.

 

Frau Rosenthal-Außem bestätigte die vorher getätigten Äußerungen aus polizeilicher Sicht. Es sei zu beobachten, dass Eltern ihre Verantwortung für die Kinder oft auf andere Institutionen wie zum Beispiel das Jugendamt, abwälzen wollen. Besonders auffällig seien jedoch die Probleme in den unteren sozialen Schichten, weil sie sich dort nicht so leicht verstecken lassen.

 

Herr Clancett ergänzte, dass besser gestellte Familien oftmals nach privaten Lösungen suchen würden und eher selten den Weg über das Jugendamt gingen.

 

Herr Paschke sah die Ursachen hauptsächlich in der Orientierungslosigkeit begründet. Es gebe zusehends weniger Leitbilder, an denen sich junge Familien und Heranwachsende orientieren könnten.

 

Auf Nachfrage erklärte Frau Klein, dass der Begriff „seelische Behinderung“ schwierig zu erklären sei. Am ehesten ließe er sich wohl mit der mangelnden  Fähigkeit, am normalen gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, erklären. Diese Fälle stellen in der Regel einen sehr hohen Kostenfaktor dar.

 

Frau Klein führte weiter aus, dass im Bereich der Vollzeitpflege bei der Übernahme von Fällen von anderen Jugendämtern, in denen Kinder bzw. Jugendliche über 2 Jahre und auf Dauer in einer Pflegeeinrichtung in Jüchen, Korschenbroich und Rommerskirchen leben, in der Regel keine Steuerung der Zahlen möglich sei. Die Kosten, abgesehen von den Personal- und Sachkosten, würden jedoch von den ursprünglich unterbringenden Jugendämtern erstattet.

 

Herr Lonnes teilte Herrn Boland auf dessen Nachfrage mit, dass die am Vergleichsreport der KGST teilnehmenden Kreise hinsichtlich ihrer Struktur vergleichbar seien.

 

Frau Klein wies darauf hin, dass das Jugendamt im Rahmen seines Frühwarnsystems bereits große Anstrengungen im Bereich der Prävention leiste. Gerade dadurch würden teilweise Bedarfssituationen in den Familien aufgedeckt, die ansonsten niemandem aufgefallen wären.

 

Herr Wehmeyer und Herr Braun wiesen darauf hin, dass der präventive Ansatz zwar grundsätzlich richtig sei, manchmal jedoch kein Weg an einer stationären Unterbringung vorbei führe. Dies dürfe auch niemals eine Kostenfrage sein.