Beschluss:

Der Beirat der Unteren Landschaftsbehörde des Rhein-Kreises Neuss empfiehlt, dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan / Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. V 43/11 – Furth-Mitte, Engelbertstraße (Demenzkompetenzzentrum Rheinland) in der vorgelegten Form – ohne Tiefgarage – gemäß § 29 Abs. 4 Landschaftsgesetz NRW im Anpassungsverfahren zu widersprechen.

 


Protokoll:

Auf Bitte des Vorsitzenden erläuterte Herr Spychalski unter Verweis auf die ausführliche Vorlage die Grundzüge des Vorhabens.

Es handele sich um ein ganzheitliches Projekt der umfassenden Betreuung und Begleitung der an Demenz Erkrankten, verbunden mit Versorgungsforschung, Ausbildung, Schulung u. v. m. Heute gehe es um ein benachbartes Grundstück, auf dem die Errichtung eines Parkplatzes vorgesehen sei. Es sei ihm klar, dass die Aufgabe des Beirates nicht einfach sei und er akzeptiere, dass jedes Projekt im Landschaftsschutzgebiet kritisch zu bewerten sei. Dennoch werbe er für die Zulassung des Parkplatzes, da man der Ansicht sei, dass hier eine erhebliche Verbesserung für die Natur erreicht werden könne. Man habe sich im Vorfeld viele Gedanken darüber gemacht, um eine gute Situation für die Besucher, Mitarbeiter, Anwohner sowie Umwelt und Natur zu erzielen. Dafür beinhalte das ausgewählte Areal gegenüber des geplanten Haupteingangs das beste Potential.

Als Augustinus-Kliniken sei man selbstverständlich bereit, sich auch im Bereich der Ausgleichsmaßnahmen im Bereich der Parkplatzplanung zu engagieren und höherwertige Biotopstrukturen anzulegen.

Er bitte um eine gerechte Abwägung zum Wohl der Schöpfung, die auch die erkrankten Menschen beinhalte.

 

Herr Forsch, Verantwortlicher für die Bauplanung, erläuterte das bauliche Konzept der Gebäude des geplanten Zentrums anhand einer Präsentation. Er wies darauf hin, dass eine Anzahl von 70 notwendigen Stellplätzen fachgutachtlich ermittelt worden sei. Eine Option auf 30 weitere mögliche Stellplätze werde aus Gründen der Vorsicht vorgehalten.

Für die Parkplatzplanung seien Fachbeiträge entwickelt worden, die den ökologischen Ausgleich sicherstellten. Der Bereich sei heute mit Kleingärten belegt. Das eigentliche Ziel der Entwicklung sei heute noch nicht realisiert. Man habe in der Ausgleichsplanung eine Aufforstung vorgesehen. Wenn die 70 Stellplätze ausreichten, sei der ökologische Ausgleich auf dieser Fläche möglich. Im Bereich des Haupteingangs seien ein Übergang und eine Verengung der Steinhausstraße zum einspurigen Verkehr geplant. Der gesamte Verkehr solle abgefangen und auf den Parkplatz geleitet werden, um das wilde Parken zu verhindern. Die wasserwirtschaftlichen Belange seien ebenfalls geprüft worden. Die Verträglichkeit des Vorhabens sei gegeben. Die Wassergewinnung werde nicht beeinträchtigt. Ein entsprechendes Gutachten werde noch beauftragt.

 

Frau Scriverius erläuterte als Vertreterin des beauftragten Landschaftsplanungsbüros die Planung der Stellplatzanlage mit einer Präsentation. Diese sei Flächen schonend geplant und mit Blick auf das nahe liegende Nordkanalgebiet stark durch- und begrünt. Die Zufahrt sei von der Steinhausstraße aus schräg vorgesehen, um einen eindeutigen Bezug zum Haupteingang des Zentrums zu erhalten und den Verkehr von der Straße unmittelbar abzufangen und in den Stellplatzbereich abzuleiten. De Platz werde mit einer Schranke gesichert. Zur Schonung des Grundwassers müsse entgegen ersten Überlegungen voll versiegelt werden. Die Planung sehe ein Abrücken von der Steinhausstraße vor, um eine Art Grünpuffer zu erhalten, der die Autos nicht zu sehr in den Straßenraum einwirken lasse und den Haupteingangsbereich aufzuwerten. Dieser Bereich sei als Grünfläche mit Bäumen überstellt vorgesehen, um eine Transparenz auch aus Gründen der sozialen Kontrolle zu erhalten. Der Platz selbst solle mit bepflanzten Grüntaschen mit Hochstämmen und Trennstreifen, die mit Bodendeckern gestaltet würden, angelegt werden. Der Bereich zum Nordkanal hin werde als eine Art Sperrgebiet mit Amphibienleiteinrichtungen angelegt, um den Stellplatz selbst aus den Wanderwegen herausnehmen zu können. Hier seien große, bepflanzte Ausgleichsflächen geplant, die u. a. auch Feuchtmulden enthielten.

 

Frau Engelke von dem für die Landschaftspflegerische Begleitplanung zuständigen Büro verdeutliche die heutigen Gegebenheiten im Planungsraum sowie die Begleitplanung. Der Parkplatz mit seinen gesamten 100 Stellplätzen umfasse eine Größe von rd. 2.100 qm; die gesamte Fläche der Grünplanung umfasse rd. 4.500 qm. Es gebe die Möglichkeit, Feuchtbereich für Amphibien anzulegen. Damit, sowie mit den weiteren Pflanzflächen lasse sich der Ausgleich darstellen. Die großzügige Planung der Grünstreifen mit bis zu 15 m Breite harmoniere hier mit den Zielsetzungen der Entwicklung nach der Landschaftsplanung.

 

Herr Hamann stellte die Arbeit am Projekt aus der Sicht des Artenschutzes im Rahmen einer Präsentation vor. Es werde eine Brutvogelkartierung über die gesamte Fläche und die Umgebung erfolgen, die Fledermäuse, Amphibien und Vorkommen der Zauneidechse überprüft und erfasst. Bislang seien Begehungen und Höhlenbaum-Kartierungen erfolgt. Geplant seien weitere Erfassungstermine. Das Thema Artenschutz beschränke sich in NRW auf die sog. planungsrelevanten Arten; gleichwohl werde man alle Vorkommen kartieren. Die bisherigen drei Begehungen hätten entsprechend der Flächennutzung drei planungsrelevante Arten ergeben, nämlich den Mäusebussard aus der Umgebung, den Steinschmätzer als Durchzügler und den Wespenbussard ebenfalls als Durchzügler. Dies sei nur ein Zwischenbericht, da das Gutachten wegen erforderlicher weiterer Arbeiten noch nicht abgeschlossen sei.

 

Beiratsvorsitzender Lechner erklärte, dass nach dem Naturschutzrecht Eingriffe in Schutzgebiete dann tolerierbar seien, wenn ein öffentliches Interesse bestehe und es keine Alternative  gebe. Er frage sich aber, ob hier in der tat keine Alternative gegeben sei. In der vorangehenden Bebauungsplanung seien Tiefgaragen vorgesehen worden. Das Landschaftsschutzgebiet liege zudem etwa zwei Meter tiefer, als die Steinhausstraße und die Baustelle des Gebäudes liege nochmals einen Meter höher. Hier sei eine Tiefgarage möglich, die sicherlich alle erforderlichen Parkplätze umfassen könne. Zudem könne der Streifen über der Gasleitung als Parkplatz für die Besucher dienen, die die Tiefgarage nicht nutzen wollten. Er frage sich, warum das nicht ausführlich untersucht und mit der Landschaftsbehörde erörtert worden sei.

 

Herr Knop erläuterte als Vertreter der Stadt Neuss, dass der noch rechtskräftige Bebauungsplan für die Kopfgebäude der geplanten Wohnbebauung Tiefgaragen vorsehe. Es handele sich um 60 Wohneinheiten, für die 30 Stellplätze ebenerdig und 30 in Tiefgaragen eingeplant worden seien. Hier seien 70 Stellplätze unterzubringen, dies zuzüglich eines gewissen Vorhalts für weitere Stellplätze für den Fall, dass sie eines Tages aus verkehrlichen Gründen erforderlich würden. Tiefgaragen würden nicht gut angenommen. Ein Verkehrsproblem durch parkende Fahrzeuge sei nicht erwünscht. Als Stadtplaner kenne er auch den Abwägungsrahmen des Naturschutzrechts. Die alternative Lösung müsse auch wirtschaftlich realisierbar sein. Eine Tiefgarage dieser Größenordnung habe nicht nur bauliche, sondern auch wirtschaftliche Konsequenzen. Zudem habe diese Lösung wegen der tiefen Gründung auch Konsequenzen für den Trinkwasserschutz.

Als Verwaltung sei man angehalten, Projekte erst in die Politik zu geben, und dann erst nach außen. So sei man vorgegangen. Zur Abstimmung mit den Belangen des Landschaftsschutzes sei man heute hier. Er sehe keinen Mangel an dieser Vorgehensweise. Als Stadt Neuss wolle man diese Einrichtung. Dies allerdings in einer Form, die die Stadt nicht in verkehrliche Probleme wie bei anderen Einrichtungen treibe. Man habe sich das Gelände genau angesehen. Hier liege ein deutlicher Wildwuchs vor. Man sei der Meinung, dass hier eine deutliche Verbesserung erzielt werden könne. Die heutige Situation könne auch nicht im Sinne des Trinkwasserschutzes sein. Hier sei eine Ordnung des gesamten Bereiches unter landschaftsgerechter Nutzung angestrebt.

Man habe die Hoffnung gehabt, unter diesen Gesichtspunkten ein offenes Ohr zu finden, wobei auch die Gemeinwohlwirkung des Vorhabens berücksichtigt werden müsse. Aus allen bisherigen Vermerken habe er nicht den Eindruck gewonnen, dass das Vorhaben nicht so realisiert werden könne.

 

Herr Stiller stellte die Frage, warum man die Tiefgarage nicht weiter vorsehe. Dies sei noch nicht nachvollziehbar.

In dem farbigen Auszug aus dem Flächennutzungsplan, der den Beiratsmitgliedern vorliege, habe man die gesamträumliche Situation dargestellt. Die Zielsetzungen des Landschaftsplanes zur Entwicklung einer Waldfläche seien nach wie vor gerechtfertigt. Die Nähe zur Wassergewinnung werde ebenso deutlich. Dies seien die tragenden Gründe für die ablehnende Beschlussempfehlung gewesen. Heute entspreche die Situation freilich nicht der Zielsetzung des Landschaftsplanes. Wenn die Entscheidung für die Parkplatzlösung fallen sollte, sei der Einstieg in die Annäherung an die Ziele des Landschaftsplanes ein wichtiges Ziel. Hinsichtlich der Frage, wer eine Tiefgarage akzeptiere, sei zwischen den unterschiedlichen Nutzergruppen wie Beschäftigte und Besucher zu differenzieren. Er bitte darum, die Frage nach dem Parkplatzkonzept insgesamt noch einmal zu beleuchten.

 

Der Vorsitzende erklärte, dass der Nordkanal seinerzeit in einen alten Rheinarm gelegt worden sei. Der Sprung von der Steinhausstraße zeige sehr deutlich die Prallkante dieses Stromtals. Es setze sich durchgängig fort. Daher läge die Fläche der geplanten Parkplätze sehr tief, verbunden mit einem eben relativ höher liegenden Grundwasserstand. Dies bedeute eine weit geringere Antastung des Grundwassers im Bereich des Baukomplexes, als im Landschaftsschutzgebiet. Die zusammenhängende Zone des Stromtals wolle man erhalten, wenn es andere Möglichkeiten gebe. Dass diese bestünden, habe er aufgezeigt. Im Übrigen sei eine Räumung dieses Bereiches von dem sich dort ansammelnden Wildwuchs durch die Stadt Neuss dringend notwendig.

 

Beiratsmitglied Grimbach warf der Stadt Neuss mangelndes Verständnis für die Belange von Natur und Landschaft vor und bemängelte die Abstimmung mit dem Rhein-Kreis Neuss. Er sehe im heutigen Zustand hier Defizite in der früheren Behandlung durch die Stadt Neuss. Das Gelände sei viel zu wertvoll, um solch eine überdimensionierte Parkplatzplanung dort zu platzieren. Wenn im Übrigen nur 30 Parkplätze gefordert seien, dann müsse man sich Gedanken darüber machen, diese landschaftsverträglich einzurichten. Sonst stelle sich die Frage, ob das Vorhaben nicht insgesamt überdimensioniert sei.

 

Beiratsmitglied Arndt erklärte, dass sie das Vorhaben bereits seit längerer Zeit in den Gremien der Stadt begleite. Ihre Anregungen zur Abstimmung mit dem Rhein-Kreis Neuss seien regelmäßig abgelehnt worden.

Für sie stelle sich aber die Frage, ob eine erste Planung der Augustinus-Kliniken nicht eine Tiefgaragenplanung beinhaltet habe. Sie habe jedenfalls eine entsprechende Information. Zudem habe sie im Planungsausschuss der Stadt Neuss auf die Anregung zum Bau einer Tiefgarage keine befriedigende Antwort erhalten. Weiterhin sei sicher, dass im Fall des Jahrhunderthochwassers das geplante Parkplatzgelände überschwemmt werde. Sie sehe kein Problem in der Vereinbarung der Gebäudeplanung mit einer Tiefgarage.

Beiratsmitglied Arndt kritisierte weiter, dass in der Vorlage zum Ausdruck gebracht werde, dass bei Ablehnung des Parkplatzes das ganze Vorhaben scheitere.

 

Frau Niemann nahm zur Frage des Erfordernisses der Tiefgaragenlösung Stellung. Das bestehende Planungsrecht sehe eine Tiefgarage mit zwei Zufahrten vor. Es gebe jedoch einen maßgeblichen Unterscheid. Die Emissionen der Klinik würden in Bezug auf die zu schützende Wohnbebauung als Gewerbelärm gewertet. Zudem lägen auch andere Frequentierungszeiten als bei Wohnbebauung vor, so z. B. bei Schichtwechseln.

 

Beiratsmitglied Otten betonte, dass in dem Fall der Standort nicht richtig gewählt sei. es werde das Richtige am falschen Standort geplant. Man wolle, dass das Vorhaben realisiert werden könne. Alle seien aber auch aufgerufen, den Natur- und Umweltschutz zu betrachten. Daher komme zur Vermeidung erheblicher Eingriffe in die Natur nur eine Tiefgarage in Betracht. Jetzt sei der Zeitpunkt der Entscheidung.

 

Der Vorsitzende erklärte, dass er keine Unterschiede in der Lärmentwicklung zwischen  dem Parkplatz und der Tiefgarage sehe.

 

Dem widersprach Herr Forsch. Man habe es hier mit einem Betrieb zu tun, der einen Arbeitsbeginn zwischen 06.00 und 06.30 Uhr habe. Dies sei eine Gewerbelärmentwicklung, die so in einem Wohngebiet nicht auftrete. Dies sei Lärmbelästigung und dem sei Rechnung zu tragen. Man habe es geschafft, den Lärm so weit zu reduzieren, dass die Anforderungen erfüllt würden. Den Lieferverkehr habe man in den Bereich der Engelbertstraße implementiert. Einen weiteren Zugriff auf den Grünstreifen an der Engelbertstraße habe man wegen einer Versagung durch die Stadt Neuss, begründet durch die Kreuzung, nicht.

Im Plangutachten sei seinerzeit ein Stück Tiefgarage eingeplant gewesen. Im VEP-Verfahren mit der Stadt Neuss sei klar geworden, dass insbesondere auch unter Berücksichtigung des Lärms oberirdische Parkplätze geschaffen werden müssten, und das nicht nur für Besucher, sondern auch für Bedienstete. Die Orientierung in einer Tiefgarage sei äußerst schlecht und der Einrichtung nicht dienlich. Die Logistik einer oberirdischen Erschließung sei immer besser. Auch werde der Betonkörper einer Tiefgarage erheblich in das Grundwasser eintauchen und umfangreiche Wasserhaltungen notwendig machen. Weiterhin seien im Keller des Gebäudes auch technische Einrichtungen notwendig, die dort untergebracht werden müssten. In den Grünflächen habe man nicht nur dem ökologischen Ausgleich Rechnung getragen, es erfolge dort auch die Regenwasserversickerung. Dies sei ohne die Fläche nicht möglich, es müsse dann in den Kanal eingeleitet werden.

Dem Bauherrn sei keinesfalls daran gelegen, mehr Stellplätze als erforderlich zu bauen. Baurechtlich würde man gerne weniger Stellplätze bauen. Die Stadt Neuss kenne die Verkehrsprobleme verschiedener Einrichtungen. Die problematische Verkehrssituation am Johanna-Etienne-Krankenhaus in nur 500 m Entfernung sei bekannt. Dies habe die Stadt hier verhindern wollen. Es seien viele Argumente, die hier abzuwägen seien.

 

Auf Nachfrage von Landrat Petrauschke bestätigte Herr Forsch, dass nach dem hydrologischen Gutachten eine Versickerung der Dachflächenwässer im Bereich der Parkplatzplanung zulässig sei.

 

Beiratsmitglied Klauth erklärte, dass er dem Kompromissvorschlag des Vorsitzenden dahin gehend folgen könne, dass so viele Stellplätze wie möglich in einer Tiefgarage untergebracht würden und so wenige wie möglich in der freien Landschaft. Damit könne sicher auch der Bauherr leben.

 

Beiratsvorsitzender Lechner verlas daraufhin den Beschlussvorschlag der Verwaltung.

 

Umweltdezernent Mankowsky regte eine Ergänzung dahin gehend an, dass die Ablehnung für den Fall ohne Tiefgarage erfolge.

 

Herr Forsch betonte, dass dann hier unter Berücksichtigung auch möglicher Änderungen an der Steinhausstraße eine Rampensituation mit Schranke entstehe, die mit erheblichem Lärm für die anliegende Wohnbebauung verbunden sei. Verlegungen von Anlagen seien im Licht der Barrierefreiheit nicht möglich.

 

Der Vorsitzende bat um Abstimmung über den durch Umweltdezernent Mankowsky ergänzten Beschlussvorschlag.


Abstimmungsergebnis:

Einstimmig ohne Stimmenthaltungen