Beschluss:

Der Kreistag lehnte den Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen auf Verabschiedung einer Resolution zum Thema „Bildung statt Betreuungsgeld“ vom 06.06.2012 mehrheitlich ab.


Protokoll:

Kreistagsabgeordneter Martin Kresse erläuterte den Antrag seiner Fraktion. Es sei absehbar, dass eine Versorgungsquote von 35% bei der U3-Betreuung zur Bedarfsdeckung nicht ausreiche. Es gebe daher erheblichen finanziellen Handlungsbedarf, der in den Ausbau von Kitas gesteckt werden müsse.

 

3. stv. Landrat Bijan Djir-Sarai empfahl mit Resolutionen sparsam umzugehen. Man solle sich besser auf Dinge konzentrieren, für die der Kreis zuständig ist. Es sei zwar richtig, dass das Betreuungsgeld eine gesellschaftliche und haushaltspolitische Komponente habe; der Prozess sei in Berlin aber noch nicht abgeschlossen. Es bleibe allerdings die Frage, inwieweit ein sozialpolitisches Instrument in der derzeitigen Phase angebracht sei.

 

Auf Nachfrage von Kreistagsabgeordneten Daniel Mike Schöppe bestätigte Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, dass eine Kita eine öffentliche Einrichtung sei.

 

Es sei unangemessen das Betreuungsgeld als ein „Zurück-an-den-Herd“- Prämie zu verunglimpflichen, so Kreistagsabgeordneter Gerhard Woitzik empört. Der Antrag zeige, dass die Werte Demokratie und Freiheit  für die Antragsteller nur Fassade seien und  der Antrag auf eine staatliche Lenkung gerichtet sei. Das Wahlrecht der Eltern, die Kinder in eine Kita zu schicken oder zuhause zu betreuen werde ignoriert. Eine noch so gute Kita könne die Betreuung durch die Mutter nicht ersetzen. Der Antrag diskriminiere solzialschwache Familie, die ohne Förderung nicht in der Lage sind die Kinder zuhause zu betreuen. Abschließend machte er darauf aufmerksam, dass das Betreuungsgeld im vergleich zu einem Kita-Platz nur ein Taschengeld sei.

 

Kreistagsabgeordneter Wolfgang Wappenschmidt wies darauf hin, dass das Betreuungsgeld keine Alternative/ kein Gegensatz zum Ausbau der U3-Betreuung sei. Da es sich jedoch nicht um ein originäres Kreisthema handele, werde man den Antrag ohne inhaltliche Debatte ablehnen.

 

Auch Kreistagsabgeordneter Carsten Thiel vertrat die Auffassung, dass die Betreuung zuhause oft besser und günstiger sei als in einer Kita. Es sei unverschämt Müttern zu unterstellen, ihre Kinder nicht erziehen zu können.

 

Kreistagsabgeordnete Gertrud Servos berichtete von wissenschaftlichen Untersuchungen die gezeigt hätten, dass eine Geldgabe nicht zu einer Verbesserung der Lebenssituation und einer besseren Erziehung der Kinder geführt habe. Auch betonte sie, dass die Erziehung in Kindergärten keine staatlich gelenkte sei. Die Eltern hätten die Entscheidungsfreiheit. Es gehe lediglich um die Schaffung von Rahmenbedingungen, die Männern und Frauen ermöglichen, Kinder unter 3 Jahren adäquat zu versorgen.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Schmitz stellte klar, dass auch der Kreistag Stellung zu diesem Thema beziehen könne. Er erklärte, dass es darum gehe, den gesellschaftlichen Bedingungen Rechnung zu tragen. Es sei nicht immer machbar, die Kinder adäquat zu fordern. Die Frage sei, wohin das Geld geht (in Privatfamilien (evt. Höchstverdiener) oder an die, die Unterstützung brauchen).

 

Das Gesetz habe steuernde Auswirkungen, so Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel. Betreuung werde mehr benötigt, da die Wahlfreiheit nach Betreuung derzeit eingeschränkt werde. Der Ansatz, Anreize dafür zu schaffen, dass etwas nicht in Anspruch genommen wird, sei falsch.

 

Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer betonte, dass ein Prozess nur beeinflusst werden könne, solange noch keine Entscheidung getroffen wurde. Aufgrund des Rechtsanspruchs sei der Rhein-Kreis Neuss betroffen. Man sei noch dabei, die Wahlfreiheit herzustellen.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Gert Ammermann wies darauf hin, dass es sich bei dem Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen um einen zentral formulierten Antrag handele, der zentrale Forderungen der Partei und nicht die Belange des Rhein-Kreises Neuss als Kern habe. Es gäbe viele Gründe für und gegen das Betreuungsgeld; dies sei jedoch kein Thema des Kreistages. Dennoch halte er eine Einengung der Wahl auf Kitas nicht für richtig.

 

Auch 1. stv. Landrat Dr. Hans-Ulrich Klose betonte, dass der Beratungs- und Entscheidungsprozess im Bundestag zu führen sei. Die Folgen seien dann vor Ort zu diskutieren und zu entscheiden. Es müsse sich aber die Frage gestellt werden, ob die Entwicklung noch dem allgemeinen Werteverständnis über Familien entspreche.

 

Von 16.15 Uhr bis 16.20 Uhr übernahm 1. stv. Landrat Dr. Hans-Ulrich Klose die Leitung der Sitzung.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel stellte erfreut fest, dass auch die CDU an der inhaltlichen Debatte teilgenommen habe. Er empfahl, sich an der Lebenswirklichkeit der Betroffenen zu orientieren. Es sei durchaus sinnvoll auch Mütter zu unterstützen, die ihre Kinder zuhause betreuen, wichtiger sei derzeit aber der Ausbau der u3-Betreuung.

 

Kreistagsabgeordneter Norbert Kallen beantragte den Schluss der Rednerliste.

 

Dem Geschäftsordnungsantrag wurde einstimmig zugestimmt.

 

Insbesondere im Hinblick darauf, dass 70% der Bevölkerung gegen das Betreuungsgeld seien, könne man dem Kreistag nicht verwehren, die Bundesregierung zu bitten, die Vorhaben zu überprüfen und das Geld in die Kitas zu stecken, so Kreistagsabgeordneter Harald Holler.

 

Kreistagsabgeordneter Martin Mertens wies abschließend darauf hin, dass nicht nur Mütter, sondern auch Väter von der Situation betroffen seien.


Abstimmungsergebnis:

26 Ja-Stimmen (SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke)

45 Gegenstimmen (CDU, FDP; UWG/Die Aktive, Zentrum, Bürgerbewegung pro NRW, LR)

1 Enthaltung (UWG/Die Aktive)