Beschluss:

Der Kreistag beschloss einstimmig, den Beschlussvorschlag unter Hinweis auf das Protokoll in den Fachausschuss zu überweisen.


Protokoll:

Zu Beginn erläuterte 1. stellvertretender Landrat Dr. Hans-Ulrich Klose den Antrag der CDU-Fraktion. Er stellte fest, dass sich die Lage für behinderte Menschen bundesweit und auch im Rhein-Kreis Neuss deutlich verbessert habe. Mit Verweis auf einen früheren Antrag der CDU-Fraktion, betonte er, dass die Situation in verschiedenen kreiseigenen Einrichtungen noch zu verbessern sei. Zumal er nicht mit dem im Jahre 2003 im Landtag verabschiedeten Gesetz im Einklang stehe, das sich mit der Frage behinderter Menschen und insbesondere der Ausgestaltung von Einrichtungen befasse. Ziel sei es, eine Planung auszuarbeiten, die auch haushaltsmäßig umsetzbar sei. Dabei spiele auch die Verhältnismäßigkeit eine Rolle.

Des Weiteren hob 1. stellvertretender Landrat Dr. Hans-Ulrich Klose die skandalösen Zustände der Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs hervor. Dieses Thema beschäftige den Rhein-Kreis Neuss schon mehr als 30 Jahre. Damals habe die Deutsche Bahn jedoch noch den Standpunkt vertreten, dass die behindertengerechte Ausstattung von Bahnhöfen eine soziale Aufgabe sei. Dies habe sich jedoch, wie an verschiedenen Bahnhöfen zu sehen ist, inzwischen geändert.

Abschließend betonte er, dass die Deutsche Bahn und die zuständigen Verkehrsminister des Landes und des Bundes die eigentlichen Adressaten seien.

 

Kreistagsabgeordnete Gertrud Servos begrüßte das Vorhaben, für Menschen mit Behinderung eine barrierefreie Umwelt zu schaffen. Sie hoffe, dass der Antrag nicht lediglich dazu diene, die Verwaltung daran zu erinnern, geltendes Recht umzusetzen.

Sie schlage vor, eine Prioritätenliste mit den Betroffenen zu erstellen, an die sich ein Zielsetzungskatalog anschließen müsse. Als Beispiele für bestehende Mängel nannte sie nicht behindertengerechte Toiletten und Fahrkartenautomaten in den Bahnhöfen, sowie den kommenden Zuschlag beim Fahrkartenkauf am Schalter.

Sie erinnerte jedoch daran, dass für geplante Veränderungen auch die finanziellen Mittel im nächsten Haushalt bereitgestellt werden müssten.

 

Kreistagsabgeordneter Martin Kresse äußerte Kopfschütteln über den Antrag der CDU-Fraktion. Dieser sei auf die Kernfrage, was es koste den Rhein-Kreises Neuss barrierefrei zu machen, zu reduzieren. Ziel des Änderungsantrages sei es, ein Produktziel zu formulieren. Um ein Ranking aufzustellen, sei es erforderlich, dass die Kreisverwaltung mitteile, wie hoch die Kosten sind und wie viele Menschen davon profitieren. Er stimme zu, dass die Zustände skandalös seien, doch dies läge daran, dass die CDU-Bundestagsfraktion die Privatisierung vorantreibe.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Bijan Dijr-Sarai gab zu bedenken, dass das Thema zu wichtig sei, um parteipolitische Debatten zu führen. Auch im Hinblick auf die Erstellung einer Prioritätenliste, stimme seine Fraktion dem Antrag zu. Auch könne man das Thema noch einmal im Rahmen der Haushaltsplanung thematisiere und ein Produktziel bilden.

 

Auch Kreistagsabgeordnete Gabriele Dietrich betonte, dass es sich um einen sehr wichtigen Antrag handele. Sie verwies auf ein Ranking der Deutschen Bahn, bei dem die Bahnhöfe Korschenbroich und Kleinenbroich auch berücksichtigt seien. Daher würde sie es begrüßen, wenn diese Bahnhöfe im Rhein-Kreis Neuss vorrangig behandelt würden. Auch sie halte es in Bezug auf eine Prioritätenliste für wichtig zu erfahren, welche Kosten entstehen, wie viele Menschen davon profitieren und wie hierbei möglichst schnell vorangekommen werden könne.

 

Um die Äußerung des Kreistagsabgeordneten Martin Kresse zu korrigieren, erklärte Kreistagsabgeordneter Dr. Christian Will, dass die Privatisierung der Deutschen Bahn nicht die Trassen, Stationen und den Service betreffe. Diese blieben beim Bund. Davon unabhängig habe sich der Verkehrsverbund Rhein Ruhr intensiv damit beschäftigt. Man bemühe sich, eine Besserung zu schaffen, was jedoch insbesondere im Hinblick auf die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn dauere.

 

Auf Nachfrage der Kreistagsabgeordneten Susanne Stephan-Gellrich erklärte Kreistagsabgeordneter Dr. Christian Will, dass es wichtig sei den Protest aus den Kommunen weiterzugeben, um die Deutsche Bahn zu bewegen und die Landesregierung zu sensibilisieren.

 

Diese Erklärung unterstrich auch 1. stellvertretender Landrat Dr. Hans-Ulrich Klose.

Die Frage, ob öffentlich oder privat, sei hier zweitrangig. Entscheidend sei, dass es sich um ein Monopol handele. Um dieses Thema aufzugreifen, fände der Kreis unter Umständen mehr Gehör als ein Leserbrief. Zudem erklärte er, dass er keine Probleme mit der Erstellung einer Prioritätenliste habe. Auch finde selbstverständlich alles Unterstützung, was über den Antrag hinaus an Verbesserungen möglich sei.

 

Landrat Dieter Patt stellte klar, dass er sich nicht vorstellen könne, dass der Kreistag Probleme damit habe, die Lebensbedingungen im Rhein-Kreis Neuss für behinderte Menschen zu verbessern. Man werde dieses Thema im Ausschuss vorbereiten, ein gemeinsames Programm entwerfen und dann gemeinsam verabschieden.

Insbesondere gegenüber den Adressaten sei es besser, mit einem einhelligen Votum aufzutreten.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel bat um zwei redaktionelle und eine inhaltliche Änderung. Zum einen handele es sich um die Deutsche Bahn AG und zum anderen sei es nicht die Bezirksregierung, sondern der Regionalrat. Da Korschenbroich die Priorität B habe und daher Maßnahmen frühestens für 2012 in Aussicht gestellt seien, mache es inhaltlich mehr Sinn, anstatt „zeitnah“ „frühere Realisierung“ zu schreiben.

 

Kreisdirektor Hans-Jürgen Petrauschke gab der Kreistagsabgeordneten Gertrud Servos Recht, dass die Barrierefreiheit ein großes Ziel sei. Es gäbe jedoch keine konkrete Umsetzungspflicht in Details, so dass es richtig sei, dass sich der Kreistag in Form einer Prioritätenliste Gedanken mache. Unter Bezugnahme auf die guten Beispiele der Kreistagsabgeordneten Gertrud Servos, erklärte er den Antrag für sinnvoll. Er stimmte auch zu, dass zunächst der Bedarf und die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel geklärt werden müssen. Ziel sei nicht die Barrierefreiheit, sondern dass Menschen mit Behinderung die Einrichtungen erreichen und zu den Orten kommen, wo sie hin wollen. Hierzu müsse man sich detailliert ansehen, was an welcher Stelle wichtig und richtig ist. Dazu werde man Vorschläge machen.

 

Auf die Nachfrage des Kreistagsabgeordneten Erhard Demmer antwortete Kreisdirektor Hans-Jürgen Petrauschke, dass der Landrat für alles zuständig sei, da es sich um eine monoistisch strukturierte Verwaltung handele.

 

Landrat Dieter Patt betonte, dass zwar unterschiedliche Fachbereiche zuständig seien, die Führungsspitze jedoch alles koordiniere.

 

Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer erläuterte, dass es darum gehe, wie Kreistag und Kreisverwaltung zusammen arbeiten. Seine Fraktion sei davon ausgegangen, dass die Kreisverwaltung selbstständig daran arbeite und ein entsprechendes Ranking vorgelegen würde. Der Antrag wäre somit nicht nötig. Anderenfalls würde man zu jedem interessanten Punkt einen Antrag stellen.

 

Kreisdirektor Hans-Jürgen Petrauschke erklärte, dass der Antrag sich darauf beziehe, etwas über bisherige Maßnahmen hinaus zu tun. Im Wesentlichen seien die kreiseigenen Gebäude behindertengerecht ausgestattet. Bei den restlichen Einrichtungen müsse daher der Kreistag eine Entscheidung treffen, was sinnvoll und finanzierbar sei.

 

Auch Landrat Dieter Patt wies noch einmal darauf hin, dass er und seine Verwaltung den Kreistagsabgeordneten alle Informationen, zur Beratung und Entscheidungsfindung liefere.

 

Zum Ende der Debatte ergänzte Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer, dass es sinnvoller gewesen wäre, bestimmte Projekte zu benennen und Kreistagsabgeordneter Martin Kresse gab zu bedenken, dass sich vielleicht die Opposition mehr Sorgen mache, als die Mehrheitsfraktion.

 

Abschließend versicherte Landrat Dieter Patt, dass man alle Beiträge festhalten und in Ausschussberatungen zu einem Ergebnis führen werde.