Beschluss:

Der Naturschutzbeirat macht keine grundsätzlichen Bedenken gegen das Maßnahmenkonzept entsprechend der Projektbeschreibung und der Vorstellung in der heutigen Sitzung für den ehem. strategischen Bahndamm Rommerskirchen - Neuss geltend. Die Detailplanung ist zu gegebener Zeit im Befreiungsverfahren nach § 67 Abs. 1 BNatSchG vorzulegen.


Protokoll:

Vorsitzender Lechner bat um Erläuterung des Projektes, welches die drei Kommunen Neuss, Grevenbroich und Rommerskirchen unter Führung der Gemeinde Rommerskirchen im Bereich des Bahndamms planten.

 

Herr Friedrich dankte für die Möglichkeit, das Projekt vorstellen zu können. Man habe sich als Mitglied der Innovationsregion Rheinisches Revier an dem EFRE-Förderaufruf Grüne Infrastruktur der EU beteiligt. Ziel der Förderung seien Projekte im Bereich der Ökologie und der naturnahen Entwicklung.

Man habe eine ganze Reihe von Projekten eingereicht, unter anderem eben die Entwicklung des ehemaligen strategischen Bahndamms. Der Bahndamm sei in vielen Bereich nur schwer zugänglich und begehbar. Dies sei verbesserungswürdig.

Im Dezember 2017 haben man eine grundsätzliche Förderungszusage erhalten. Jetzt sei ein Förderungsantrag unter Konkretisierung der Ideen zu stellen. Mit der Erstellung einer entsprechenden Konzeption sei das Büro WGF beauftragt worden. Herr Tauscher vom Büro WGF werde die Idee der Landschaftsgalerie Strategischer Bahndamm gerne vorstellen.

 

Herr Tauscher erläuterte das Projekt auf der Grundlage einer ausführlichen Präsentation. Diese ist der Niederschrift als Anlage beigefügt.

Der Bahndamm von Rommerskirchen bis zur Erft bei Hombroich sei Landschaftsschutzgebiet und naturschutzfachlich hoch interessant in der umgebenden Agrarlandschaft, im Biotopkataster NRW aufgeführt und sehr attraktiv für die Naherholung. Er werde bereits für verschiedene Routen genutzt, so für die Kunstroute der Euroga 2002.

Der Weg sei vom Status her ein Waldweg in unterschiedlichem Ausbauzustand in einer Breite zwischen 1 und 2 m. Dies werde beibehalten.

Der Blick vom Bahndamm auf die umgebende Landschaft öffne sich bereits heute an verschiedenen Stellen und ermögliche interessante Ausblicke aus der erhöhten Position heraus.

Die Zugänge zum Bahndamm seien an vielen Stellen dringend zu überarbeiten, wenn er seine Funktion als Naherholungsraum umfassend wahrnehmen solle. Mit dem Fahrrad seien Rampen und Treppen teilweise nur schwer zu überwinden. Auch für ältere Menschen sei der Zugang oft sehr erschwert.

Erstes Kernziel sei die Aufwertung des Bahndamms als Ortsverbindung und Alltagsweg. Am Bahndamm liege eine ganze Reihe kleiner Ortschaften, die durch ihn verbunden werden könnten, ob nun als Weg zur Arbeit oder Schule oder zu Freunden und Nachbarn. Da der Bahndamm zum Bahnhof Rommerskirchen führe, könne so eine Anbindung als Alltagsweg erfolgen.

Zweites Ziel sei die Aufwertung für die Naherholung der Bewohner der angrenzenden Orte. Gedacht sei nicht an Tourismus, sondern an einen Raum für die Feierabenderholung, für Wandern und Spazierengehen mit der Familie mit Ruhepunkten, als Raum zum Abschalten, Entspannen und zum Naturerlebnis. Im Rahmen des Förderprogramms gehe es immer auch um den Zugang zur Natur und um Umweltgerechtigkeit. Der Bahndamm habe gerade in einer Gemeinde Wie Rommerskirchen, die stark agrarisch geprägt sei, eine besonders hohe Bedeutung. Er sei ein fast 14 km langes lineares Element mit einem hohen Potential als Biotopverbundachse und als Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Auf dem Bahndamm kämen zum Beispiel seltene Vogelarten wie Pirol und Nachtigall vor.

Man sei dabei, für diese einzelnen Ziele Maßnahmen zu entwickeln. Derzeit finde eine Vermessung und eine Untersuchung des Wegeaufbaus statt.

Als Ortsverbindungsweg und Alltagsweg besitze der Bahndamm bereits eine Wegeführung über nahezu die gesamte Länge, der aufgewertet werden solle. Nur in einem Bereich, einem Teilstück von etwa 300 m Länge am Bahnhof Rommerskirchen, sei die Neuanlage eines Weges erforderlich. Geplant sei der Ausbau des Weges in einer Breite von 2,50 m als Waldweg mit wassergebundener Decke. Je nach örtlicher Situation unter Berücksichtigung zum Beispiel des Baumbestandes könne die Wegesituation angepasst werden.

Im nördlichen Abschnitt verlaufe auch ein Reitweg, der aufgrund der gegebenen Breite in Teilabschnitten verlegt werden müsse. Dies sei unter Nutzung der begleitenden Wege möglich.

An zwei Punkten sei im Sinne der Durchgängigkeit der Bau von Brücken vorgesehen. Deren Widerlager seien bereits vorhanden. Hierdurch könnten größere Rampen vermieden werden.

Wichtig sei vor dem Hintergrund der Förderung auch die Schaffung barrierefreier Zugänge. Diese seien heute stellenweise nicht oder nur sehr schwierig zu begehen bzw. zu befahren.

Gefahrenpunkte seien auch die kreuzenden Straßen. Auch hier solle durch Querungshilfen die Situation verbessert werden.

Insgesamt solle die möglichst barrierefreie Durchgängigkeit und Zugänglichkeit unter Beachtung der naturschutzfachlichen Anforderungen erreicht werden.

Weiterhin sei angestrebt, dass man die Qualitäten des Bahndamms erleben und verstehen könne. Hierzu sollten Aufenthaltsplätze oder Stationen geschaffen werden, die möglichst einfach konzipiert sein sollten, damit die Landschaft an sich in den Vordergrund trete. Möglichkeiten zum Abstellen von Fahrrädern sollten jedoch ebenso gegeben sein, wie Sitzgelegenheiten und Darstellungen von Informationen. Bänke seien bereits vorhanden, teilweise aber an ungünstigen Stellen und in schlechtem Zustand und ohne vernünftige Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.

Herr Tauscher erläuterte anschließend die Standorte und die vorgesehene Gestaltung der geplanten Stationen (vgl. anliegende Präsentation).

An ausgewählten Punkten, an denen bereits ein Ausblick in die Umgebungslandschaft bestehe, sollten Landschaftsfenster geschaffen werden. Erzählstationen mit Informationstafeln seien an markanten Stellen vorgesehen, an denen zum Beispiel Hofstellen oder der Gillbach sichtbar seien. Eine Kombination sei im gegebenen Fall möglich. An den Anfangs- bzw. Endpunkten des Bahndamms seien besondere Stationen auf einer Brücke und an der Erft vorgesehen.

An einem Punkt in einem Bahndammeinschnitt unter einer Brücke sei eine Raststation für größere Gruppen mit Fahrrädern geplant. An weiteren besonderen Punkten wolle man Naturerlebnis und Spielen in der Natur verbinden und die Besonderheiten des Bahndamms nutzen. An der südlichsten Gillbachquerung könne eine kleine Plattform mit Blick über das Gewässer und die Landschaft entstehen. Im Bereich einer bestehenden Brücke könnten eine zweite Brücke als Hängebrücke und eine Boulderwand installiert werden. An einem so bezeichneten Lauschplatz könnten einfache Liegen installiert werden, um in Ruhe der Natur zu lauschen. An einem Punkt, an dem der Bahndamm ebenerdig verlaufe, könne aus dem noch jungen Bestand durch Pflege und Durchforstung eine Baumreihe entwickelt werden.

Der Bahndamm solle auch im Sinne der Biodiversität und als Biotopverbundelement aufgewertet werden. Er habe im Bestand schon an den Rändern sehr gut ausgebildete Waldmäntel. Vorgesehen sei, Säume anzulegen und hierfür nach dem Wirtschaftswegekonzept der Gemeinde Rommerskirchen entsprechend eingestufte aufgegebene oder funktionslose Wirtschaftswege zu nutzen. An anderen Stellen werde mit Landwirten über die Bereitstellung von Flächen verhandelt werden.  Die Gehölzbestände des Bahndamms sollten zu einem standortgerechten und naturnahen Laubholzbestand entwickelt werden.

Derzeit würden als Grundlage der weiteren Entwicklung im Zeitraum von Mai 2018 bis Juni 2019 durch die Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss umfangreich die Biotoptypen kartiert, Brutvögel, Fledermäuse und Höhlenbäume aufgenommen. Auf der Grundlage dieser Erhebungen könnten dann weitere Aufwertungsmaßnahmen erarbeitet werden.

Natürlich werde auch eine naturschutzrechtliche Eingriffsermittlung mit Kompensationsvorschlägen und eine artenschutzrechtliche Prüfung auf der Grundlage der Erhebungen durchgeführt, woraus im gegebenen Fall spezielle Artenschutzmaßnahmen resultieren könnten.

 

Beiratsmitglied Klauth fragte nach einer Abstimmung mit den Landwirten.

 

Herr Friedrich erklärte, dass die Gemeinde Rommerskirchen in Abstimmung mit dem Rheinischen Landwirtschaftsverband, der Landwirtschaftskammer und allen Ortslandwirten ein Wirtschaftswegekonzept erarbeitet habe, welches eine Einstufung aller Wirtschaftswege umfasse. In die vorliegende Planung zu Bahndamm seien die Wirtschaftswege einbezogen worden, die als entbehrlich angesehen würden. Mit der Landwirtschaft sei auch abgestimmt worden, dass diese Saumstreifen so entwickelt würden, das sie keine Beeinträchtigungen darstellten.

 

Beiratsmitglied Grimbach bezeichnete den Bahndamm als wertvolle lineare Struktur in der umgebenden Agrarlandschaft und als Refugium für die Vogelwelt, die in der Landschaft kaum noch einen solchen Raum finde. Unter diesem Gesichtspunkt sei es traurig, dass man dieses Element nutzen müsse, um ein Angebot für die Bevölkerung zu schaffen. Gleichwohl finde er die Idee gut und befürworte dies in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft. Er freue sich über den geplanten Ausbau und die Entwicklung.

 

Auf Frage von Beiratsmitglied Bolz erläuterte Herr Tauscher, dass für den Bahndamm auch ein langfristiges Pflege- und Entwicklungskonzept erarbeitet werde. Dieser Pflege- und Entwicklungszeitraum erstrecke sich aber über den Förderzeitraum hinaus.

 

Beiratsmitglied Bolz regte an, angesichts der Dammlage an geeigneten Stellen auch Magerstandorte zu entwickeln. Es gebe Beispiele für eine sehr gute Biotopentwicklung gerade an alten Bahnstrecken. Auch hier gebe es sicher ein solches Potential.

 

Herr Friedrich erklärte, dass man dem Beirat gerne über die weitere Entwicklung berichten werde. In diesem Jahr sei jedoch bis Mitte Juni ein Förderantrag zu stellen. Man rechne noch in diesem Jahr mit einer Förderzusage. Maßnahmenbeginn sei dann 2019.

 

Beiratsmitglied Arndt schlug vor, in die Saumstreifen punktuell auch Feldgehölze einzubringen, um mit Blick auf die für die Tierwelt uninteressante Umgebung in Richtung Bahndamm Verstecke anzubieten.

 

Herr Tauscher sagte zu, dies zu prüfen. Gleichwohl dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich dabei für die Landwirtschaft um nicht unerhebliche Hindernisse handeln könne.

 

Beiratsmitglied Göbert wies auf die Bedeutung der Pappel, von der es auf dem Bahndamm noch Altbestände gebe, für den Pirol hin.

 

Herr Tauscher dankte für die wertvolle Anregung. Dies könne im weiterführenden Konzept berücksichtigt werden.

 

Herr Schmitz erläuterte, dass es sich bei dem Bestand auf dem Bahndamm um Wald handele, der bereits seit Jahrzehnten vom Rhein-Kreis Neuss bewirtschaftet werde. Die Entnahme von Bäumen erfolge hier regelmäßig nicht in großen Abschnitten, sondern fast einzelstammweise. Irgendwann seien die Pappelbestände aufgrund ihres Alters zu entnehmen, da sie sonst, unabhängig von der vorgestellten Entwicklungsplanung, zu einer Verkehrsgefährdung führten.

 

Vorsitzender Lechner erläuterte, dass an der oft verschrienen Pappel eine Vielzahl von Schmetterlingsarten zu finden seien. So die Pappelgelbeule, der Pappelschwärmer, der Lindenschwärmer, der oft auch in die Pappel gehe, der Wespenschwärmer, der in der Borke miniere und das rote Ordensband. Diese Vielfalt dürfe keinesfalls durch vollständige Entnahme von Pappeln aus der Landschaft heraus getrieben werden.

Die geplanten Säume müssten vor allen Dingen unter dem Gesichtspunkt von Stauden und Hochstauden entwickelt werden, denn daran seien die meisten Insekten gebunden und hieran fehle es.

 

Herr Große griff die Anregung hinsichtlich der Pappel auf. Sicher würden diese, wie erwähnt, nicht umfassend und zeitgleich entfernt. Dennoch sei der Umbau in einen standortgerechten und bodenständigen Waldbestand das Ziel der forstlichen Planung. Er könne sich vorstellen, das man die echte Schwarzpappel punktuell, vielleicht in Kreuzungssituationen unter dem Gesichtspunkt der Landschaftsgestaltung, in den Bestand einbringen könne. Dies sei aber mit der Forstbetriebsplanung abzustimmen.

 

Vorsitzender Lechner wies darauf hin, dass die erste Hybridgeneration als Kreuzung aus Schwarzpappel und eingekreuzter Pappel die robusteste sei. Sie seien sehr markant und eigentlich gehörten Schwarzpappel und Hybridpappel erster Generation zusammen. Die Säume mit Hochstauden und Stauden seien eminent wichtig für Insekten. Hochstaudenbereich sollten gar nicht, Staudenbereiche nur im Herbst gemäht werden. Oft würden diese Lebensräume im entscheidenden Moment gemäht und damit als Lebensraum vernichtet. Hierüber dürfe sich bei Pflegemaßnahmen aus falscher Sichtweise heraus nicht hinweggesetzt werden.

 

Beiratsmitglied Meyer-Ricks sprach sich dafür aus, dass Verkehrssicherungspflichten nach der Anlage der Wege nicht dazu führen dürften, dass Pappeln gefällt werden müssten. Dies müsse sichergestellt werden.


Abstimmungsergebnis:

Einstimmig ohne Stimmenthaltungen.