Protokoll:

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel erläuterte den Antrag.

Der Antrag solle in die Fraktionen zur weiteren Verwendung gegeben und beispielsweise für Beratungen in der ZRR hinzugezogen werden. Er weise darauf hin, dass ein Ausstiegsdatum nicht notwendig sei, wenn eine Revisionsklausel und ein Monitoring vorhanden seien. Das von Hydroleiter vorgelegte Gutachten von Herrn Prof. Stern zeige deutlich, dass Versorgungssicherheit wichtig sei, jedoch auch bezahlbar sein müsse. Er regte an, dass das Gutachten von den Kommissionsmitgliedern gelesen werden sollte.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke betonte, dass neben der Bezahlbarkeit der Energieversorgung auch die Unabhängigkeit vom Ausland wichtig sei.

 

Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer führte aus, dass in der Verwaltungsvorlage zum Kreisausschuss ein Paradigmenwechsel zu erkennen sei, da der Strukturwandel thematisiert worden sei. Grundsätzlich müsse geklärt werden welche Rolle der Kreisausschuss und der Kreistag in Bezug auf den Strukturwandel spiele. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Vorschläge zur Gründung einer Strukturkommission und eines Wirtschaftsausschusses abgelehnt worden seien. Der Kreisausschuss sei lediglich ein Berichtsausschuss. Der Kreis müsse selbst Entscheidungen treffen und dazu reiche nicht eine Auflistung von Projekten und Ideen. Die angehängten Stellungnahmen zu Gutachten würden nur einen Bruchteil der Gutachten abbilden. Er fordere eine Diskussion zu diesen Themen und eine Entwicklung von durchdachten Strategien notwendig sei. Die Strategie müsse die verschiedenen Entscheidungsebenen von Bund, Land und Kreis berücksichtigen, sowie transparente Kriterien und Anforderungen definieren. Als Perspektive fehle eine Zielsetzung. Der Kreis müsse mit den Kommunen und der Region eine gemeinsame Strategie entwickeln. Im Rheinischen Revier gebe es sehr unterschiedliche Ausgangssituationen. Deswegen sei es falsch, das Schicksal der Region mit der Braunkohle gleichzusetzen. RWE trage eine große Verantwortung daran die Sozialverträglichkeit herzustellen. Die geplante Auflösung von Innogy werde 5.000 Arbeitsplätze und im Kernbereich der Braunkohle 9.000 Arbeitsplätze kosten. In den Leitlinien des Kreises könnte das Zusammenwirken der Region, die Digitalisierung zum Erleichtern des Wandels oder die Schaffung einer zukunftsfähigen Infrastruktur manifestiert werden. Die Vorschläge des Kreisausschusses müssten in ein Konzept eingebracht werden. Die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen schlage vor, in den Fraktionen Ideen zu sammeln, die Vorlage der Verwaltung zu ergänzen und im Kreisausschuss einen entsprechenden Beschluss zu fassen.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke merkte an, dass ein Zusammenschluss in der Region bereits durch die ZRR vorhanden sei. Er verdeutlichte, dass niemand den Abbau von Arbeitsplätzen durch den Braunkohleausstieg bestritten habe. Deswegen habe sich der Kreistag bereits sehr früh damit beschäftigt, unter anderem mit einer Sondersitzung im Jahr 1996. Der Strukturwandel sei seit Jahren ständiger Begleiter in der Region. In der Vergangenheit habe es bereits Veränderungen in der Kraftwerkeffizienz durch die BOA Kraftwerke gegeben, sowie im Hinblick auf die Abschaltung von Atomkraftwerken. Priorität habe derzeit die Verhinderung eines Strukturbruchs. Es dürften nicht einfach die Braunkohlekraftwerke abgeschaltet und erst danach geschaut werden wie eine Stromversorgung dauerhaft gesichert werden könne.

 

Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer erklärte, dass die BOA-Kraftwerke lediglich eine Effizienzoptimierung der Braunkohle gewesen seien. Weder ein Strukturbruch, noch zersplitterte Zuständigkeiten seien gewollt. Deswegen müsse ein Planungsinstrument für die Region geschaffen werden, an dem sich der Rhein-Kreis Neuss auch beteiligen solle, damit der langsame Ausstieg bis 2045 strukturiert geplant werden könne. Der Kreis habe nie in den Sitzungen Projekte geplant, was passieren soll, wenn die Kohle geht.

 

Kreistagsabgeordneter Dieter Welsink betonte, dass die langjährige Politik der CDU und FDP stets innovativ und zukunftsorientiert im Kreis geführt worden sei. Das Thema Strukturwandel sei bereits seit vielen Jahren Tagesgeschäft in der Politik. Dies müsse nicht zwingend in Verbindung mit dem Braunkohleausstieg verbunden werden. Er sehe derzeit keine Lösung für den bevorstehenden Strukturwandel, um die Versorgung dauerhaft sicherzustellen. Es sei schwer den Bürgern eine Perspektive aufzuzeigen und ihnen die Angst zu nehmen, wenn das Land und der Bund offensichtlich die vergangenen Jahre nicht effektiv nach einer Lösung gesucht haben. Er halte blinden Aktionismus an dieser Stelle für zwecklos, so lange vom Bund und Land keine Verbindlichkeiten zugesichert würden. Ein Ideenpool für Lösungsansätze des Kreises halte er jedoch für sinnvoll. Für viele Entscheidungen sie der Kreis nicht zuständig. Zudem würden die Themen in den Fachausschüssen besprochen und diskutiert, so dass die Notwendigkeit für einen eigenen Wirtschaftsausschuss nicht vorhanden sei.

 

Kreistagsabgeordneter Carsten Thiel meinte, dass für einen Strukturwandel mit System ein verbindlicher Zeitrahmen unabdingbar sei. Er kritisierte die Aussagen von Herrn Pofalla, dass die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung bis Dezember egal wie eine Entscheidung zum Ausstieg getroffen haben müsse. Zudem hätte die Bundesnetzagentur die Versorgungssicherheit garantiert. Da die Bundesnetzagentur beim Thema Konverter nicht in der Lage sei Entscheidungen zu treffen, könne er sich kaum vorstellen, dass die Versorgungssicherheit garantiert werden könne.

 

Kreistagsabgeordnete Kirsten Eickler erläuterte, dass sie eine andere Vorstellung von dem Begriff zukunftsorientiert habe. Es sei gefährlich auf den Bund und das Land zu warten, wenn bereits jetzt feststehe in welche Richtung die Region steuern will. Die Region könne bereits jetzt Entscheidungen treffen, welche Technologien in Zukunft hier eingesetzt werden sollen und wie die Region in einigen Jahren strukturiert sein soll. Beispielsweise könne ein Umstieg auf Wasserstoff getestet werden. Der Kreis müsse einen Plan mit konkreten Zielen aufstellen.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel berichtete, dass der Kreistag sich bereits sehr früh mit dem Thema Strukturwandel und Leitbildentwicklung befasst habe. Der Rhein-Kreis Neuss sei eine Industrieregion und wolle dies auch bleiben. Etwa 300 Unternehmen im Kreis seien von Energiepreisen abhängig. Natürlich sei Wassersoff eine alternative Energie, die jedoch immense Kosten mit sich bringen würde, sodass die Industrie in der vorhandenen Form nicht aufrechterhalten werden könnte. Unter dem Aspekt spiele die Entwicklung und Forschung in diesem Bereich eine große Rolle. Es müssten Speichermöglichkeiten entwickelt werden, die sicher zur Verfügung stehen würden und wettbewerbsfähig seien. Bevor ein Ausstiegsdatum festgelegt werden könne, müssten zuerst Ergebnisse vorliegen. Nordrhein-Westfalen habe im Gegensatz zu den anderen Bundesländern bereits einen Endtermin, da die rot-grüne Landesregierung in ihrer Leitentscheidung damals beschlossen habe, keine neuen Tagebaue entstehen zu lassen. Die zeitliche Begrenzung ergebe sich lediglich aus Hochrechnungen wie lange in den vorhandenen Tagebauen noch Braunkohle abbaubar sei. Ebenfalls sei noch nicht festgelegt, ob die Tagebaugebiete rekultiviert oder als Seen aufgeschüttet würden. In der Kohlekommission werde mit entscheiden, ob der Rhein-Kreis Neuss seine Stellung als wirtschaftsstärkster Standort halten könne.

 

Kreistagsabgeordneter Dieter Welsink merkte an, dass die Diskussion aufgrund ihrer hohen Priorität genau richtig im Kreisausschuss geführt werde. Der Rhein-Kreis Neuss sei einer der wirtschaftsstärksten Standorte und wolle dieses Niveau in Zukunft auch halten. Wenn Herr Pofalla bereits mitteile, dass der Braunkohleausstieg Milliarden kosten werde, dann könne bereits jetzt daraus geschlossen werden, dass der Kreis dies mit seinem Haushalt kaum alleine bewältigen werde. Sobald die Rahmenbedingungen vorgegeben würden, könne der Kreis mit den entsprechenden Umsetzungen beginnen. Damit der Kreis gute Entscheidungen für die Bürger vor Ort treffen kann, muss die Bundes- und Landesebene zunächst helfen.

 

Kreistagsabgeordneter Dirk Rosellen führte aus, dass zwar in Nordrhein-Westfalen bereits Leitentscheidungen getroffen seien, jedoch bei weitem nicht alle Fragen geklärt seien. Dies sorge für große Verunsicherung in der Bevölkerung.  In den Debatten des Kreistages sei oft klargestellt worden, dass neben den ökologischen Aspekten auch die Versorgungssicherheit und Arbeitsplätze als Ziele gesehen werden. Die ständige Diskussion um ein Ausstiegsdatum verunsichere zudem die Beschäftigten, die mittelbar oder unmittelbar von der Braunkohle abhängig sind. Die Diskussion zeige, dass der Kreisausschuss das richtige Gremium dafür sei.

Es komme nicht auf die Quantität der Gremien an, sondern auf die Qualität der Diskussionen in den vorhandenen Gremien.

 

Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer wies darauf hin, dass im Kreisausschuss lediglich ein Bericht zur Braunkohle vorgelegt werde und zu diesem Tagesordnungspunkt keine Beschlüsse gefasst würden. Weiterhin habe die Kreistagsfraktion Bündnis 90/die Grünen die geführte Diskussion angeregt. Der Klimawandel sei bereits da und könne nur noch gestaltet werden. Der Strukturwandel könne nicht abgewartet werden, sondern es müsse frühzeitig auf allen Ebenen tätig werden. Der Kreis solle weiterhin seine Wirtschaftsstärke beibehalten, allerdings mit einer weiterentwickelten und nachhaltigen Industrie. Dazu müssten zunächst Sozialverträglichkeit und Arbeitsmarktsicherung als Ziele festgeschrieben werden.

 

Kreistagsabgeordneter Johann-Andreas Werhahn machte deutlich, dass 10.000 Arbeitsplätze in der Braunkohle, 95.000 Arbeitsplätze im Rhein-Kreis Neuss und insgesamt 350.000 Arbeitsplätze in ganz Nordrhein-Westfalen, die von günstiger Energie abhängig seien. Den Einsatz von Wasserstoff- und Brennstoffzellen hätten einige Unternehmen bereits wieder abgesetzt, da es nicht rentabel sei. Dir Firma Bosch habe sich entscheiden ein Batteriewerk nicht zu bauen, da die Politik nichts garantieren könne. Zur derzeitigen Jahreszeit seien alle gänzlich abhängig von der Braunkohleenergie. Erst müssten die Windstromleitungen gebaut werden, um zu sehen, ob dies eine wirkliche Alternative darstellen würde. Zuerst müsse getestet werden, was realisiert werden könne, bevor weiter geplant werden kann. Der Abbau der BOA-Kraftwerke koste Volksvermögen, da es ein Vermögen kosten werde diese abzureißen. Die Industrie entscheidet nicht nach den Besprechungen im Kreisausschuss oder –tag, sondern nach den Rahmenbedingungen, die geschaffen werden müssen. Ansonsten würden die Unternehmen an die Standorte ziehen, wo günstigere Energiebedingungen vorhanden sind. Der Kreis müsse Entscheidungen fällen, wie den Bau von Leitungen vor Ort, damit diese Rahmenbedingungen geschaffen werden können und sich nicht mit Themen befassen, die nicht auf Kreisebene entscheiden werden könnten.

 

Kreistagsabgeordnete Kirsten Eickler stellte klar, dass nicht gemeint gewesen sei, dass alle Unternehmen auf Wasserstoff umstellen, sondern getestet werden müsse, welche Technologien könnten vielversprechend sein. Es würde in Zukunft viele Veränderungen in der Produktion durch die Entwicklung der Technologien geben. Daher müsse frühzeitig getestet werden, welche Technologien in der Region genutzt werden können und umsetzbar sein könnten. Im Kreisausschuss sei aus Zeitgründen für solche Diskussionen nicht genügend Raum.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke merkte an, dass der Kreisausschuss sich in jeder Sitzung mit dem Thema Braunkohle und Strukturwandel beschäftige. Zukünftig müsse überlegt werden, in welchem Format konkrete Maßnahmen in die politische Diskussion eingebunden werden könnten.