Sitzung: 20.11.2018 Planungs-, Klimaschutz- und Umweltausschuss
Protokoll:
Herr Professor Schäfer referiert mittels Powerpoint-Präsentation
über das Projekt „Spurenstoffagenda Erft“. Er erklärt, dass es eine Unzahl an
verschiedenen Spurenstoffen gebe, meist organische Stoffe wie z. B.
Arzneirückstände, Korrosionsmittelrückstände, Pestizide, die in kleinsten
Konzentrationen nachgewiesen werden. Er informiert, dass im Rahmen der
Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie geprüft worden sei, durch eine zusätzliche
Reinigungsstufe Spurenstoffe aus dem Abwasser zu filtern. Herr Professor Schäfer betont, dass zunächst einmal ein Konzept
erarbeitet worden sei, um zu klären, wie groß die Belastung des Erftwassers mit
Spurenstoffen überhaupt sei und wie groß der Einfluss der Kläranlagen. Im
Endeffekt wolle man eine Machbarkeitsstudie erarbeiten, mit Aussagen zu den
Reinigungsverfahren, Prioritäten und Kosten. Herr Professor Schäfer informiert, dass an der Erft an allen zehn
Kläranlagen beprobt worden sei. Insgesamt seien 120.000 Analysen im Labor
gemacht worden. Sieben Leitparameter seien ausgewählt worden, so auch das
allgemein bekannte Schmerzmittel Diclofenac. Er zeigt mit Grafiken, in welcher
Konzentration diese Arznei über das Abwasser in die jeweilige Kläranlage
gelange und in welcher Konzentration es schließlich wieder die Kläranlage
verlasse. Er erklärt den Begriff „Bewertungskriterium“, eine Art Grenzwert.
Werde dieser Wert überschritten, können schädliche Einflüsse auf die
Wasserorganismen entstehen. 0,05 µg pro l Wasser sei das Bewertungskriterium
für Diclofenac. Dieser Wert werde in der Erft um bis zum 10-fachen
überschritten. Herr Professor Schäfer
zeigt sehr anschaulich, wie die Konzentration des Diclofenac in der Erft ab der
ersten Kläranlageneinleitung nach und nach auf bis zu 0,5 µg pro l ansteigt, um
schließlich durch den Verdünnungseffekt des Sümpfungswassers wieder auf 0,2 µg
pro l abzusinken und damit immer noch das 4-fache des Beurteilungskriteriums
beträgt.
Von den insgesamt
151 untersuchten Spurenstoffen seien ca. 30
% unterhalb der Bestimmungsgrenze, ca. 30 % unterhalb des
Bewertungskriteriums und das restliche Drittel oberhalb des
Bewertungskriteriums nachgewiesen worden. Bei den 15 am meisten nachgewiesenen
Stoffen handle es sich um 6 Arzneiwirkstoffe, 5 Pestizide und 4
Röntgenkontrastmittel.
Herr Professor Schäfer sagt, dass sich im Wasser der Norf kein
Diclofenac befinde, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil an der Norf keine
Einleitungen aus Kläranlagen erfolgen. Er betont, dass trotz Aufrüstung aller
Kläranlagen mit einer zusätzlichen Klärstufe, die Erft beim Diclofenac
weiterhin über dem Beurteilungskriterium liegen werde. Einfach nur alle
Kläranlagen aufzurüsten, sei folglich nicht zielführend. Er stellt verschiedene
Reinigungsverfahren vor und informiert über deren Kosten. Er fasst zusammen,
dass beim Einsatz zusätzlicher Abwasserreinigungstechniken Kosten in Höhe von 8
bis 15 € pro Person und Jahr kalkuliert werden.
Herr Professor Schäfer betont, dass alleine mit dem Ausbau der
Kläranlagen der gute Zustand nach Wasserrahmenrichtlinie nicht erreicht werden
könne und verweist auf andere effiziente Maßnahmen wie die Renaturierung. Herr Professor Schäfer informiert,
dass aktuell kein flächenhafter Ausbau aller Kläranlagen im Verbandsgebiet des
Erftverbandes geplant sei, es aber drei weitere Forschungs- und
Entwicklungsvorhaben geben werde, die sich z. B. mit verbesserter
Reinigungstechnik beschäftigen, aber auch den Einfluss der Spurenstoffe auf die
Organismen im Gewässer untersuchen.
Herr Heyner erkundigt sich zu den Auswirkungen im Rhein mit dem aktuellen
Niedrigwasser. Herr Graaf fragt zu
den Spurenstoffen, die nicht über die Kläranlageneinleitungen in die Gewässer
gelangen. Herr Dr. Gattke benennt
das Beispiel eines Rübenherbizids. Frau
Fayaz fragt, ob der Kreis nach Beendigung dieses Forschungsprojektes die
Beprobungen fortführen wolle. Herr
Mankowsky verweist auf das Knowhow und die Kompetenz des Erftverbandes und
erinnert an die Zuständigkeiten. So liege die allgemeine Gewässeraufsicht für
die Erft bei der oberen und nicht bei der unteren Wasserbehörde. Unabhängig
davon werde der Kreis sicherlich keine Konkurrenz zum Erftverband aufbauen und
eigene Untersuchungsreihen durchführen.
Herr Wappenschmidt betont, dass die Wissenschaft im Endeffekt
bewerten müsse, ab welcher Konzentration eine Gefährdung vorliege. Auch dürfe
die Kosten- und Nutzenbetrachtung nicht außer Acht gelassen werden. Vorsitzender Herr Markert merkt an,
dass bereits sehr gute Kläranlagen durch den Erftverband betrieben werden. Herr Schmitz fragt, ob der Erftband
über ein eigenes Labor verfüge. Herr
Professor Schäfer bejaht dies. Zudem
verweist er auf die Mitgliederzeitschrift des Erftverbandes mit dem Schwerpunkt
Spurenstoffagenda Erft in der aktuellen Ausgabe 4/18.
Vorsitzender Herr Markert betont, dass man nicht nur die Kläranlagen
alleine betrachten, sondern gemäß des Verursacherprinzips z. B. auch die
Kliniken mit ins Boot holen solle. Herr
Wappenschmidt schlägt vor, bei den Krankenhäusern im Kreisgebiet
nachzufragen, welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Schadstofffrachten
abwasserseitig zu begrenzen.
Vorsitzender Herr Markert gibt seine Anregung zu Protokoll, im Rahmen
einer Ausschusssitzung die Kläranlage in Kaarst zu besichtigen.