Beschlussvorschlag:

1. Der jetzige grundsicherungsrelevante Mietspiegel wird ab sofort außer Kraft gesetzt, bis ein rechtssicherer Mietspiegel vorliegt.

 

2. Ein grundsicherungsrelevanter Mietspiegel nach den Vorgaben des Sozialgerichts Düsseldorf (rechtssicher) wird sofort in Auftrag gegeben bzw. ausgeschrieben.

 

3. Der neu erstellte Mietspiegel soll den Ausschüssen zwecks Prüfung und Beschluss vorgelegt werden.


Protokoll:

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke teilte mit, dass nach einem aktuellen Urteil des Sozialgerichtes Düsseldorf im beklagten Einzelfall die angewandten Beiträge des heute nicht mehr angewandten grundsicherungsrelevanten Mietspiegels als nicht ausreichend angesehen worden seien. Der gleiche Richter habe im März den Mietspiegel der Stadt Krefeld ebenfalls für nicht ausreichend beurteilt. Das Urteil beziehe sich auf eine Bedarfsgemeinschaft, die ohne vorherige Absprache mit dem Jobcenter von Neuss nach Kaarst umgezogen sei. Der aktuelle grundsicherungsrelevante Mietspiegel, das heißt die seit Februar 2019 gültige Fortschreibung, ist nicht beklagt. Der Rhein-Kreis Neuss warte derzeit noch auf die Urteilsbegründung und behalte sich vor in Berufung zu gehen. Die Stadt Remscheid und Solingen befänden sich mit ähnlichen Fällen bereits im Berufungsverfahren.

 

Kreistagsabgeordneter Carsten Thiel erläuterte den vorliegenden Antrag.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke legte dar, dass in dem Antrag von einem anderen Sachverhalt ausgegangen werde. Eine andere Kammer des Sozialgerichtes Düsseldorf habe das Mietspiegel-Konzept des Rhein-Kreises Neuss in einem anderen Fall bestätigt. Insofern seien die Urteile des Sozialgerichtes nicht einheitlich. Eine einheitliche Rechtsprechung könne durch ein Berufungsverfahren geschaffen werden. Zudem gebe es neben den Angebotsmieten auch Bestandsmieten. Eine Vielzahl der Bestandsmieten liege unter 6,20 € pro Quadratmeter. Eine Erhöhung des Mietspiegels würde darüber hinaus nicht zu mehr Wohnungen führen und den Wohnungsmarkt entlasten.

 

Kreistagsabgeordnete Susanne Stephan-Gellrich erklärte, dass bei der Erstellung des Mietspiegels bereist damals von der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen die Ermittlung der Durchschnittsmiete durch die überwiegende Betrachtung der Mietpreise der öffentlich geförderten und nicht der privaten Wohnungen ermittelt worden sei. Die privaten Wohnungen seien jedoch deutlich in der Mehrheit. Es sei wichtig für die vom Mietspiegel betroffenen Menschen als Lobbyisten aufzutreten. Die Mietpreise würden von Monat zu Monat steigen. Zudem sollten sich die SGB II Empfänger auf die Arbeitssuche anstatt auf die schwierige Wohnungssuche konzentrieren.

 

Bei dem im Februar 2019 beschlossenen Konzept sei eine jährliche Mietsteigerung von vier bis fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr berücksichtigt, so Landrat Hans-Jürgen Petrauschke.

 

Kreistagsabgeordneter Udo Bartsch führte aus, dass auf Anfrage der SPD-Kreistagsfraktion zu verlässlichen Zahlen über die Kostensenkungsaufforderung bereits 2015 im Sozial- und Gesundheitsausschuss keine Auskunft gegeben werden konnte. Es fördere nicht das Vertrauen und erschwere eine objektive Bewertung, wenn das Verfahren nicht transparent sei. Zudem sollte von Bestandshaltern im öffentlichen Bereich ermittelt werden, wie viele KdU-fähigen Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen. Dem Antrag der Kreistagsfraktion UWG/Die Aktive könne nicht zugestimmt werden, da ohne eine Regelung des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels enorme Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt hervorgerufen würden. Der Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen sei hingegen unterstützenswert. Seitens der SPD-Kreistagsfraktion werde folgende Erweiterung des Beschlusses vorgeschlagen: „Kostensenkungsaufforderungen, die nicht diesen Werten entsprechen, sollen so lange ausgesetzt werden, bis ein neuer Mietspiegel oder das Ergebnis der Revision vorliegt.“

 

Kreistagsabgeordnete Barbara Brand betonte, dass eine Erhöhung des Mietspiegels nicht zu einer Entlastung des Wohnungsmarktes führe. Der Zielsetzung der Anträge könne sich die CDU-Kreistagsfraktion nicht anschließen. Die Fraktion plädiere für ein Berufsverfahren, um dem Rechtsstaat genüge zu tragen. Ebenfalls werde sich der Sozial- und Gesundheitsausschuss in seiner Sitzung am 05.12.2019 mit diesem Thema befassen. Sowohl der öffentlich geförderte, als auch der private Wohnungsbau müsse an Attraktivität gewinnen.

 

Kreistagsabgeordneter Dirk Rosellen meinte, dass die Gesamtsituation auf dem Wohnungsmarkt unbefriedigend sei. Es wäre wünschenswert, wenn der Bundesgesetzgeber konkrete Kriterien für den grundsicherungsrelevanten Mietspiegel im Gesetz verankern würde. Es müsse ermittelt werden, welche Gründe für das Gericht zu dieser Entscheidung geführt haben und der aktuelle Mietspiegel vor diesen Kriterien neu beurteilt werden.

 

Kreistagsabgeordneter Carsten Thiel erklärte, dass es für die aktuellen Quadratmeterpreise von 5,78 € keine Wohnungen zur Verfügung stünden. Er sei erstaunt darüber, dass die CDU-Kreistagsfraktion diese Preise als angemessen betrachte. Im Mietspiegel seien zudem keine Mietpreiserhöhungen durch die Renovierung der Wohnung berücksichtigt worden.

 

Kreisamtsleiter Siegfried Henkel erläuterte, dass gesetzeskonform vor einer Kostensenkungsaufforderung eine Prüfung der Zumutbarkeit und Angemessenheit erfolge. Nach dem Gesetz ist die tatsächliche Miete vorerst zu übernehmen. Daraufhin folge eine Angemessenheitsprüfung anhand der Mietobergrenze. Wenn die Angemessenheitsprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass die Mietobergrenze nur bis fünf Prozent überschritten werde, erfolge keine Kostensenkungsaufforderung, da ein Umzug unwirtschaftliche wäre. Wenn jedoch die Mietkosten die Mietobergrenze um mehr als fünf Prozent überschreiten, werde zunächst geprüft ob dem Betroffenen objektiv und subjektiv ein Umzug zumutbar sei. Falls ein Umzug angemessen und zumutbar sei, werde der Betroffene aufgefordert innerhalb der nächsten sechs Monate die Mietkosten zu minimieren. Das bedeute nicht, dass der Betroffene seine Wohnung sofort nach Erhalt der Kostensenkungsaufforderung kündigen müsse. Wenn der Betroffene glaubhaft darlegen könne, dass er in den sechs Monaten keine günstigere Wohnung gefunden habe, werde der Zeitraum um weitere sechs Monate verlängert. So lange es unmöglich sei auf dem Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden werde die Miete vom Jobcenter übernommen und der Zeitraum stets weiter verlängert.

 

1. stellvertretender Landrat Dr. Hans-Ulrich Klose berichtete, dass die Diskussion über zumutbare Miethöhen und der Schaffung von mehr Wohnraum deutschlandweit geführt werde. Das Problem werde nicht allein durch die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum gelöst. Ein wichtiger Aspekt für die Menschen sei das Gebiet bzw. der Stadtteil in dem dieser Wohnraum geschaffen werde. Das vorhandene Wohnungsangebot trage diesem Aspekt meistens nicht genüge.

 

Kreisamtsleiter Siegfried Henkel antwortete auf Anfrage des Kreistagsabgeordneten Udo Bartsch, dass keine Leistungen gekürzt würden, wenn glaubhaft vom Betroffenen ein Nachweis vorgelegt werden könne keine günstigere Wohnung gefunden zu haben.

 

Kreistagsabgeordneter Carsten Thiel hob hervor, dass es wichtig sei die Menschen nicht aufgrund der Mietobergrenze aus ihrer Heimat zu vertreiben. Die Betroffenen sollten nicht auch noch neben ihrem Arbeitsplatz ihre Wohnung verlieren müssen. Die Kreistagsfraktion UWG/Die Aktive möchte mit diesem Antrag dafür Sorge tragen, dass die Menschen ihre Heimat nicht verlassen müssten.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke merkte an, dass eine Verpflichtung zum Umzug nur im jeweiligen Vergleichsraum stattfinde und dadurch ein Heimatverlust nicht bestünde.

 

Kreistagsabgeordnete Susanne Stephan-Gellrich gab zu Bedenken, dass sich die Fallschilderungen aus der Realität in vielen Einzelfällen anders als in der Theorie darstellen würden. Die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen stelle den vorliegenden Antrag mit der Erweiterung der SPD-Kreistagsfraktion zur Abstimmung.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke wies darauf hin, dass bereits in der Vergangenheit mehrfach angeboten worden sei Einzelfälle konkret zu benennen, um diese gesondert zu überprüfen. Da der Antrag der Kreistagsfraktion UWG/Die Aktive in der Ziffer Eins des Beschlussvorschlages keine Begrenzung vorsehe, die gesetzliche Regelung jedoch eine absolute Begrenzung von maximal 10 Prozent über dem Wohngeld vorsehe, werde diese Ziffer nicht zur Abstimmung gestellt.


Abstimmungsergebnis:

mehrheitlich abgelehnt

 

1 Ja-Stimme (UWG/Die Aktive)

15 Nein-Stimmen (CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, FDP)