Sitzung: 30.01.2020 Planungs-, Klimaschutz- und Umweltausschuss
Protokoll:
Herr
Dr. Nafo stellt in seinem Vortrag zunächst die Emschergenossenschaft und den Lippeverband
vor.
Anmerkung
der Schriftführung: Primär aus Lesbarkeitsgründen werden sämtliche
Powerpoint-Vorträge der Papierversion der Niederschrift nicht angehängt,
sondern auf der Homepage des Rhein-Kreises Neuss für alle verfügbar abgelegt. (Pfad: Verwaltung und Politik/ Politik und
Wahlen/ Bürgerinfoportal/ Planungs- und Umweltausschuss 30.01.2020/
Information)
Die Emschergenossenschaft und der Lippeverband
bündeln ihre Kompetenzen und sind gemeinsam der größte Abwasserentsorger und
Betreiber von Kläranlagen in Deutschland. Herr
Dr. Nafo informiert über Medikamentenrückstände im Abwasser. Zum einen
gelangen diese indirekt über menschliche Ausscheidungen ins Abwasser, zum
anderen durch eine direkte Entsorgung über Toilette und/ oder Waschbecken.
Untersuchungen des Umweltbundesamtes zeigen, dass 20 bis 45 % der Bevölkerung
in Deutschland abgelaufene oder nicht mehr benötigte Medikamente über diesen
für die Umwelt schädlichen Weg entsorgen. Herr
Dr. Nafo betont, dass viele Wirkstoffe die Kläranlagen ungehindert
passieren und so in die Vorfluter, also in die Gewässer gelangen. Mittlerweile
könne man diese Medikamentenrückstände auch im Grund- und im Trinkwasser
nachweisen, wenn auch im Regelfalle nur in geringsten Konzentrationen.
Prognosen zeigen, dass bis 2045 der rezeptpflichtige Humanarzneimittelverbrauch
in Deutschland um 43 % bis 68 % zunehmen werde, mit entsprechenden
Konsequenzen.
Herr
Dr. Nafo verweist auf die Nebenwirkungen von Medikamentenresten in Flüssen und
Seen:
·
Wachstumshemmung
von Wasserpflanzen
·
Störung
der Fortpflanzung bei Fischen
·
Schädigung
der Fischorgane
·
Erschwerte
Trinkwassergewinnung
Herr
Dr. Nafo betont, dass eine Reduzierung des Eintrags in die Gewässer nur durch
einen Maßnahmenmix erreicht werden könne, vor allem durch eine verbesserte
Klärleistung und durch Reduzierung der Entsorgung von Medikamenten über die
Toilette. Herr Dr. Nafo erklärt, die
Bundesregierung plane, über finanzielle Anreize Kläranlagenbetreiber zu
bewegen, mit einer sogenannten vierten Reinigungsstufe nachzurüsten. Er
informiert über verschiedene Reinigungsverfahren, wie Ozonzugabe und
Aktivkohleeinsatz. Um Effizienz und Kostenaufwand der verschiedenen Verfahren zu
ermitteln, haben die Emschergenossenschaft und der Lippeverband in den letzten
Jahren Pilotanlagen gebaut.
Herr
Dr. Nafo stellt fest, dass es nach Prüfung im Einzelfall sinnvoll sein könne,
mit Medikamentenresten hoch belastete Abwässer, die primär in großen
Krankenhäusern entstehen, direkt vor Ort in kleinen kompakten Anlagen zu
reinigen als später nach starker Verdünnung durch eine kostenintensive
zusätzliche Reinigungsstufe. An mehreren Beispielen zeigt er auf, wie
Medikamentenreste durch eine vierte Reinigungsstufe zusätzlich eliminiert
werden können. Allerdings werden weiterhin bei vielen Wirkstoffen keine
Reinigungsleistungen über 80 % erreicht. Die alleinige Einführung einer vierten
Reinigungsstufe werde folglich nicht ausreichen, daher die Wichtigkeit eines
Maßnahmenmixes. Herr Dr. Nafo berichtet
von einigen Sensibilisierungskampagnen, die mit dazu beitragen, das Wissen um
die Belastungen durch Medikamentenrückstände zu steigern und dadurch den
schädlichen Eintrag zu reduzieren. Altmedikamente sollen über die Restmülltonne
entsorgt werden und zwar auch die flüssigen Reste. Weniger Medikamenteneinsatz,
richtige Anwendung und die Bewertung von Umwelteigenschaften von Medikamenten
tragen ebenfalls mit dazu bei, Medikamentenrückstände im Abwasser zu reduzieren.
Frau
Hugo-Wissemann erkundigt sich nach den Kosten der im Vortrag beschriebenen
Krankenhauskläranlage. Herr Dr. Nafo antwortet,
dass es sich um eine Forschungsanlage handle, wo verschiedenste Verfahren
getestet werden, um z. B. unterschiedliche Wirkstoffkombinationen
herauszufiltern bzw. zu eliminieren. Die Kosten für diese Anlage seien vom
Verband und der EU getragen worden. Frau
Eikler fragt, ob bei der Verbrennung von Medikamentenrückständen
Schadstoffe entstünden. Herr Dr. Nafo betont,
dass die Rückstande z. B. aus der Membrantechnik und der Umkehrosmose nur in
dafür zugelassen Müllverbrennungsanlagen verbrannt würden, deren
Rauchgasreinigungsleistungen ja hoch seien. Herr Graaf fragt, ob der Emscher Verband auch Kontakt zur dortigen
Landwirtschaft aufgenommen habe, um den Eintrag von Medikamentenrückstanden in
die dortigen Böden zu reduzieren. Herr
Dr. Nafo verneint dieses. Herr Graaf
fragt des Weiteren, ob die vierte Reinigungsstufe flächendeckend eingeführt
werde solle und dadurch Abwassergebührenerhöhungen nötig seien. Herr Dr. Nafo verneint auch dieses.
Herr
Mankowsky verweist mit einigen Anmerkungen auf die Kosten. Er fragt Herrn Dr.
Nafo, ob dieser mit einer Verschärfung der Grenzwerte in den technischen Regeln
rechne. Herr Dr. Nafo rechnet eher
mit bundesweit geregelten finanziellen Anreizen. Wer z. B. die vierte
Reinigungsstufe nicht einführe, müsse dann eine spezielle Zusatzabgabe
bezahlen, Kläranlagen mit dieser Zusatzreinigung eben nicht. Die Höhe dieser
Zusatzabgabe sei dabei weitestgehend entscheidend. Herr Dr. Kalthoff sagt, dass Mikroplastik im Abwasser
Medikamentenrückstände binde. Herr Dr.
Nafo betont, dass Mikroplastik in den Kläranlagen entfernt und als Teil des
Klärschlamms verbrannt würde, inklusive aller Anhaftungen.