Sitzung: 30.01.2020 Planungs-, Klimaschutz- und Umweltausschuss
Protokoll:
Herr Professor Schäfer referiert über Mikroplastik und über
Mikroschadstoffe aus Sicht der Wasserwirtschaft.
Anmerkung der Schriftführung:
Primär aus Lesbarkeitsgründen werden sämtliche Powerpoint-Vorträge der
Papierversion der Niederschrift nicht angehängt, sondern auf der Homepage des
Rhein-Kreises Neuss für alle verfügbar abgelegt. (Pfad:
Verwaltung und Politik/ Politik und Wahlen/ Bürgerinfoportal/ Planungs- und
Umweltausschuss 30.01.2020/ Information)
Als Mikroplastik werden
Kunststoffpartikel bezeichnet, die zwischen 1 µm und 5 µm groß seien. Herr Professor Schäfer informiert über
die Herkunft von Mikroplastik. Mikroplastik werde bewusst in diversen
Kosmetikprodukten und auch in Zahnpasta eingesetzt, entstamme in Form von
Fasern der Kleidung, aus dem Zerfall von Grobplastik, und auch aus dem
Reifenabrieb. Er informiert über die verschiedenen Eintragswege. So gelangen z.
B. die 120.000 t Reifenabrieb, die pro Jahr in Deutschland entstehen, zum einen
über die öffentlichen Flächen und Straßen in die Kanalisation und dann zur
Kläranlage, zum anderen über die Atmosphäre auf die Böden und in die Gewässer. Herr Professor Schäfer betont, dass in
konventionellen Kläranlagen im Ablauf nur noch ca. 50 Mikroplastikpartikel pro
Liter festgestellt werden, in Membranfilteranlagen wie am Nordkanal seien es
sogar nur ca. 5 Partikel. Er fasst zusammen, dass in den Kläranlagen der
Großteil des Mikroplastiks zurückgehalten werde. Allerdings gebe es noch einen
erheblichen Untersuchungsbedarf, insbesondere zur Wirkung von Mikroplastik in
den Gewässern und zu den Einträgen aus diffusen Quellen.
Im zweiten Teil seines Referates informiert Herr Professor Schäfer über die Mikroschadstoffe. In diesem Bereich
habe der Erftverband eine Vielzahl von Messungen durchgeführt. Insgesamt 151
verschiedene Mikroschadstoffe seien untersucht worden, vorrangig
Arzneirückstände und Pestizide. Es seien jeweils die Gehalte in der Erft und
seinen Zuläufen vor einer Kläranlage gemessen worden und dann, um vergleichen
zu können, nach Zulauf des gereinigten Abwassers noch einmal. Bei einem Drittel
der Mikroschadstoffarten sei überhaupt nichts gemessen worden, bei einem
Drittel jedoch Gehalte, die zumindest als auffällig bezeichnet werden können.
Arzneimittelrückstände entstammen eindeutig aus dem Zulauf der Kläranlagen. Herr Professor Schäfer fasst zusammen:
·
Ein
flächenhafter Ausbau der Kläranlagen sei nicht sinnvoll.
·
Große
Kläranlagen im Bereich der Oberläufe und bei empfindlichen Gewässern sollten
vorrangig ausgebaut werden.
·
Die
Verursacher, z. B. die Pharmaindustrie, müssen bei der Finanzierung in die
Pflicht genommen werden.
·
Aufgrund
der vielen diffusen Quellen seien Maßnahmen in der Siedlungsentwässerung
alleine nicht ausreichend.
Herr Professor Schäfer berichtet von Untersuchungen über den
Eintrag verschiedener Medikamente in die Gewässer. So werden z. B. einige
Mittel nur in Krankenhäusern eingesetzt, andere nur in den Haushalten. Bei der
Klärung des Abwassers direkt am Krankenhaus werden natürlich die
Eintragssubstanzen aus den Haushalten nicht mit erfasst.
Abschließend stellt Herr Professor Schäfer einige
erfolgversprechende Entwicklungs- und Forschungsvorhaben zur Eliminierung von
Mikroschadstoffen vor. Es handelt sich hierbei primär um Versuche mit
Aktivkohle und mit Retentionsbodenfiltern.
Frau Fayaz erkundigt sich nach den Statistiken. Herr Professor Schäfer benennt die
Quellen. Herr Wehrhahn fragt, warum
die vielen Untersuchungen eigentlich durchgeführt worden seien, welche
Zielsetzung dahinter stecke. Herr
Professor Schäfer verweist auf den wichtigen Aspekt des Erkenntnisgewinns,
um Grundlagenwissen zu schaffen für den Einsatz effektiver Maßnahmen am
richtigen Ort. Diese Erkenntnisse werden auch vom Land genutzt, welches die
Forschungsvorhaben mit 80 % bezuschusst habe. Frau Eickler verweist auf die Wichtigkeit solcher Untersuchungen,
insbesondere, um in Langzeitstudien Veränderungen bei den Schadstoffarten und
deren Eintragswege erkennen zu können. Dann könne auch entsprechend darauf
reagiert werden. Herr Professor Schäfer
ergänzt, dass solche Untersuchungen auch wichtig seien, um die Effektivität von
Maßnahmen überhaupt bewerten zu können, um z. B. vergleichen zu können, wie
sich der Gewässerzustand vor und nach Umsetzung bestimmter Maßnahmen darstelle.
Anmerkung der
Schriftführung:
Es wird auf den
Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des
deutschen Bundestages „ Technikfolgenabschätzung (TA) Arzneimittelrückstände in
Trinkwasser und Gewässern vom 09.01.2020 (Drucksache 19/16430) hingewiesen.