Protokoll:

Herr Streck erläutert, dass der Antrag gestellt wurde, bevor die Evaluierungskommission dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) empfohlen hat, Brisbane als Gastgeberregion auszuwählen. Trotzdem wird Herr Müller gebeten, über den Sachstand zu Tokio 2021 und zur Bewerbung 2032 zu berichten.

 

Herr Müller bedankt sich für die Gelegenheit, vor dem Sportausschuss zur aktuellen Situation "Olympia 2021 Tokio" aus dem Blickwinkel des OSP Rheinland/NRW berichten zu können. Dies zeigt auch das Interesse des Rhein-Kreises Neuss am Olympischen und Paralympischen Spitzensport.

Der OSP Rheinland/NRW ist Serviceeinrichtung und Dienstleister für die Athleteninnen und Athleten in allen Bereichen, die nicht von den Sportverbänden angeboten werden.

Mit der Verschiebung der Olympischen Spiele von 2020 auf das Jahr 2021 und der damit einhergehenden veränderten Vorbereitung haben sich die Athletinnen und Athleten grundsätzlich sehr gut arrangiert. Es besteht keine Kenntnis über Athletinnen und Athleten, die aufgrund der Verschiebung ihre Karriere beendet haben. Die Qualifikationssituation gestaltet sich allerdings schwierig, da viele noch nicht abgeschlossen sind. Manche Qualifikationswege haben sich inzwischen auch verändert. Diese Veränderungen führen bei den Athletinnen und Athleten zu einem Gefühl der Ungewissheit in der Frage, wie und wann man sich überhaupt qualifizieren kann. Zudem stellt sich für sie das Problem der Wettbewerbs- und Chancenungleichheit, denn manch andere Nation trainiert in vollem Umfang weiter und veranstaltet Trainingslager, wiederum andere können so gut wie gar nicht trainieren. Einige Athletinnen und Athleten anderer Nationen sind bereits geimpft.

Den Athletinnen und Athleten bereitet die Unplanbarkeit einer möglichen Infektion kurz vor Tokio 2021 große Sorgen.

Insgesamt geht man in NRW und im Rhein-Kreis Neuss gut mit der Situation um. Frühzeitig konnten durch die Zusammenarbeit mit dem Rhein-Kreis Neuss und auch mit anderen Kommunen die Bundeskaderathletinnen und –athleten wieder trainieren. Durchgängig gute Trainingsmöglichkeiten sind vorhanden. Langsam finden auch die ersten Wettkämpfe wieder statt.

Herr Müller erklärt, dass er zur Durchführung von Tokio 2021 und was dort passieren wird, nicht viel berichten kann. Die Athletinnen und Athleten, die bereits an vorherigen Olympischen Spielen teilgenommen haben, sind sich bereits bewusst, dass Tokio 2021 eine andere Art von Olympischen Spielen sein wird. Eine wichtige Aufgabe des OSP Rheinland/NRW und seiner Psychologinnen und Psychologen ist es, die Athletinnen und Athleten so gut wie möglich auf alle möglichen Szenarien vorzubereiten.

 

Herr Buchartz dankt Herrn Müller für den Bericht und übergibt das Wort an Herrn Wagner.

 

Herr Wagner, Fechter des TSV Bayer Dormagen und Mitglied der deutschen Herrensäbelnationalmannschaft, bedankt sich für die Einladung. Er lobt den OSP Rheinland/NRW für dessen gute Trainingsmöglichkeiten auch in der Corona-Zeit und dessen sehr gute Betreuung. Zudem lobt er die Unterstützung des Rhein-Kreises Neuss, dass die finanzielle Förderung in der Corona-Zeit bestehen bleibt und seit Mitte Februar 2021 auch die Kosten für Corona-Tests für die Säbelfechterinnen und Säbelfechter am Bundesstützpunkt übernommen werden.

Die Herrensäbelmannschaft hatte sich kurz vor dem ersten Lockdown im März 2020 qualifiziert. Die Nominierung durch den DOSB steht noch aus. Seitdem wurden alle nationalen und internationalen Wettkämpfe abgesagt und die Olympischen Spiele in Tokio auf das Jahr 2021 verschoben.

Für Herrn Wagner persönlich stellte sich diese Verschiebung pardoxerweise als Glücksfall dar. Beim letzten Wettkampf des Jahres 2020 riss er sich die Patellasehne im Knie und hätte mit dieser Verletzung die Olympischen Spiele verpasst. Durch die Verschiebung konnte er seine Verletzung in Ruhe auskurieren, hat bereits wieder einen Wettkampf bestritten und kann sich auf Tokio 2021 vorbereiten.

Ein letzter Olympiaqualifikationswettkampf wird Mitte März 2021 in Budapest stattfinden, an welchem die Fechtmannschaft teilnehmen wird. Da sie bereits qualifiziert ist, befindet sie sich in einer komfortablen Situation. Die bisher nicht qualifizierten Athletinnen und Athleten auch in anderen Sportarten stehen jedoch unter starkem Druck, an solchen Wettkämpfen für die Chance auf eine Qualifikation teilnehmen zu müssen. Zu dem Wettkampf in Budapest schicken die meisten anderen Nationen ein volles Aufgebot. Nur wenige Nationen entsenden lediglich ein kleines Team oder nur einzelne Fechterinnen und Fechter. Dieser Umstand hat beim deutschen Fechtteam auch Fragen zur Organisation des Wettkampfes aufgeworfen. Je weiter das Jahr voranschreitet, desto mehr gerät das IOC unter Zugzwang, die Qualifikationen abzuschließen, um Tokio 2021 ausrichten zu können. Im Fechten hat sich am Qualifikationsmodus nichts verändert.

 

Dabei stellt sich auch die Thematik der Impfungen von Athletinnen und Athleten als sehr komplex dar. Viele Athletinnen und Athleten anderer Nationen haben bereits eine Impfung erhalten, so z.B. die gesamte italienische und ungarische Mannschaft. Herr Wagner möchte nicht missverstanden werden. Im Namen der Säbelfechterinnen und Säbelfechter spricht er sich klar positiv für die festgelegte Impfreihenfolge in Deutschland aus. Jedoch betont er, dass bei nicht qualifizierten Athletinnen und Athleten der Eindruck der Ungleichheit entsteht und sie dem Druck ausgesetzt sind, sich ungeimpft in eine Risikosituation begeben zu müssen, um sich für Tokio 2021 qualifizieren zu können.

Problematisch sieht Herr Wagner zudem das Thema Anti-Doping. Aktuell wird die Fechtmannschaft wieder regelmäßig getestet, jedoch wurden die Tests ein halbes Jahr lang ausgesetzt. Ein Vergleich zu den Tests von AthletenInnen anderer Nationen entzieht sich seiner Kenntnis.

In Bezug auf den Trainingsalltag berichtet Herr Wagner, dass die Kaderfechterinnen und Kaderfechter bis auf eine kurze Zeit im ersten Lockdown weiter trainieren durften, so dass kaum Trainingsausfälle enstanden sind. Allerdings sind alle internationalen Wettkämpfe und Trainingslager ausgefallen. Das gesamte letzte Jahr wurde in einer festen Gruppe, bestehend aus 10 Athleten und 2 Trainern, am Bundesstützpunkt trainiert, die sich regelmäßig Corona-Tests unterzieht. Aufgrund des Corona-bedingten stark eingeschränkten Betriebs beim TSV Bayer Dormagen sind Hallenkapazitäten vorhanden. Somit konnte das Problem der zu kleinen Fechthalle durch das Ausweichen auf andere Hallen umgangen werden. Damit können die Herren- und Damensäbelnationalmannschaft getrennt voneinander trainieren, so dass keine Gruppendurchmischung stattfindet. Bisher hat es keine Coronafälle gegeben. Das Ansteckungsrisiko beim Traininig ist überschaubar.

In Hinblick auf den Wettkampf in Budapest wird versucht alles zu zu planen, um das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten. Die Anreise wird nicht wie üblich per Flugzeug, sondern in Kleingruppen mit dem Auto erfolgen.

 

Herr Buchartz dankt den Gästen für ihre interessanten Ausführungen und eröffnet die Fragerunde. Die Fragen werden zunächst gesammelt und im Anschluss von den Gästen beantwortet.

 

Herr Streck dankt ebenfalls für die sehr lehrreichen Ausführungen und spricht großes Lob für die geleistete Arbeit des OSP Rheinland/NRW für die Athletinnen und Athleten aus. Es scheint für die Bundeskaderathletinnen und –athleten im Rhein-Kreis Neuss in Bezug auf Corona-Tests ein großer Aufwand zu bestehen. Er schlägt vor, dass der Rhein-Kreis Neuss die Testkosten für die Athletinnen und Athleten übernimmt.

 

Herr Buchartz fragt, ob die Übernahme der Corona-Testkosten durch den Rhein-Kreis Neuss als Antrag zu verstehen ist. Dies wird durch Herrn Streck bestätigt.

 

Herr Zenk fragt Herrn Wagner, ob er die Einzelqualifikation näher erläutern kann. Zudem fragt er Herrn Müller, wie seine Einschätzung darüber ist, ob Tokio 2021 stattfinden wird.

 

In Bezug auf die Einzelstarts erläutert Herr Wagner, dass die Einzelqualifikation eng mit der Mannschaftsqualifikation verbunden ist. Es können sich 8 Teams für Tokio 2021 qualifizieren. Die deutsche Mannschaft belegt aktuell den vierten Platz. Qualifizierte Mannschaften stellen 3 Fechter, die am Einzelwetbewerb in Tokio teilnehmen dürfen. Fechter aus Nationen ohne qualifiziertes Team können sich noch über die Einzelweltrangliste qualifizieren, jedoch begrenzt auf maximal 2 Fechter pro Nation. Für die deutsche Mannschaft bestand somit das Ziel darin, die Mannschaftsqualifikation zu erreichen, damit 3 starke deutsche Fechter auch einen Einzelstartplatz erhalten können. Die Nominierung steht noch aus. Er geht davon aus, dass die Mannschaft, bestehend aus Matyas Szabo, Maximilian Hartung und Benedikt Wagner, welche 2019 Europameister geworden ist, in dieser Zusammensetzung nominiert werden wird. Dies ist jedoch die Entscheidung des Bundestrainers Vilmos Szabo. Das vierte Mannschaftsmitglied wird nicht am Olympischen Einzelwettbewerb teilnehmen dürfen und nur im Mannschaftswettbewerb starten können.

 

Herr Müller wiederholt, dass es schwer ist, eine verbindliche Aussage zum Stattfinden der Olympischen Spiele zu treffen. Es besteht ein enormes ökonomisches Interesse an der Durchführung. Er ist überzeugt, dass die Olympischen Spiele stattfinden werden, jedoch nicht in der Form, wie man sie kennt. Die Zuschauerfrage wird in den nächsten Wochen beantwortet werden.

 

Herr Brügge erklärt, dass der Rhein-Kreis Neuss auf Antrag des TSV Bayer Dormagen die Finanzierung der Kosten für Corona-Tests kurzfristig aus den Mitteln für die Unterstützung der Bundes- und Landesleistungsstützpunkte übernommen hat. Aus der Sicht des Sportdezernenten ist der durch Herrn Streck gestellte Antrag sinnvoll, denn dadurch müsste der TSV Bayer Dormagen auf die Mittel der Unterstützung als Bundesstützunkt nicht verzichten. Für die Empehlung durch den Sportausschss wäre das Sportdezernat und der TSV Bayer Dormagen dankbar.

 

Herr Ackburally fragt zur Verbindung von Olympia und Rhein-Kreis Neuss. Die Initiative „Rhein Ruhr City 2032“ hatte ursprünglich gewünscht, dass das Olympische Dorf zentral an einem einzelnen Ort entstehen soll. Er erläutert dazu die nötigen Ausmaße. Interessenbekundungen seitens des Kreises und der Kommunen müssten bis zum 31. Mai 2021 bei der Initiative vorliegen. Er möchte wissen, ob dem Rhein-Kreis Neuss Kommunen des Kreises bekannt sind, die eine Bewerbung ausdrücklich beabsichtigt haben. Sollten bisher keine Absichtserklärungen vorliegen, fragt er, ob dem Rhein-Kreis Neuss die Gründe dafür bekannt sind.

 

Die Beantwortung wird von Herrn Buchartz zurückgestellt, da zunächst zu Herrn Strecks Antrag, dass der Rhein-Kreis Neuss die Kosten für die Corona-Tests für die Kaderathletinnen und –athleten aus zusätzlichen Haushaltsmitteln bereitsstellt, ein Stimmungsbild des Sportausschusses eingeholt werden soll. Herr Brügge schlägt einen Betrag in Höhe von 8.000,00 Euro vor. Sollten diese Mittel nicht ausreichen, können noch überplanmäßige Ausgaben beantragt werden.

 

Herr Buchartz beschreibt, dass die bisherigen Sportausschüsse immer im Interesse der Athletinnen und Athleten entschieden und einstimmige Beschlüsse gefasst haben. Beratungen und Diskussionen waren stets sehr sachorientiert, konstruktiv und parteipolitische Interessen wurden ausgeblendet. Er möchte gerne an diese etablierte Verfahrensweise anknüpfen und appelliert an die Mitglieder des Sportausschusses, weiterhin im Sinne der Sporttreibenden zu handeln.

 

Stimmungsbild:

Das Stimmungsbild zur Bereitsstellung zusätzlicher Haushaltsmittel in Höhe von 8.000,00 Euro zur Übernahme der Kosten für Corona-Tests für Bundes- und Landeskaderathletinnen und
–athleten an den Bundes- und Landesleistungsstützpunkten fällt positiv aus. Es wurden keine Bedenken geäußert.

 

Herr Brügge hat die Diskussion der letzten Tage um den Austragungsort der Olympischen Spiele im Jahr 2032 verfolgt. Am 24. Februar 2021 hat die eigens eingerichtete Evaluierungskommission dem IOC empfohlen, das australische Queensland mit der Hauptstadt Brisbane als Gastgeberregion auszuwählen. Das IOC-Exekutivkomitee folgte der Empfehlung einstimmig. Es gibt unterschiedliche Interpretationen, welche Konsequenzen diese Entscheidung für die Bewerbung „Olympia Rhein-Ruhr“ hat, ob es überhaupt noch eine Chance gibt. Er wolle sich nicht an diesen Spekulationen oder Schuldzuweisungen beteiligen, ebenso nicht an einer möglichen Bewerbung um die Olympischen Spiele 2036. Wie weiterhin seitens der Initiative „Rhein Ruhr City 2032“ verfahren wird, sei noch in der Diskussion.

Herr Brügge erklärt, dass der Rhein-Kreis Neuss Investitionen plane, die auch ohne eine Olympiabewerbung 2032 notwendig seien. Sportinfrastrukturinvestitionen wurden und werden nicht wegen Olympischer Spiele getätigt, sondern hätten lediglich auch auf das Konto möglicher Olympischer Spiele eingezahlt.

Bezugnehmend auf den möglichen Bau des Olympischen Dorfes ist der Rhein-Kreis Neuss im Dialog mit den Städten und Gemeinden zu potentiellen Flächen. Dabei geht es nicht nur um Olympia. Der Rhein-Kreis Neuss ist der Auffassung, dass dies eine Chance gewesen wäre bzw. ist, auf den großen Bedarf an Wohnraum im Rhein-Kreis Neuss zu reagieren. Der Bau eines solchen Quartieres als Vorzeigemodell könne Nachhaltigkeit, Klimaschutz und eine moderne Mobilität in sich vereinen. Darüber hinaus könne der Bau ein Konjunkturprogramm sein. Über die nächsten Schritte und eine mögliche Realisierung eines solchen Bauprojekts wird zu diskutieren sein.

Bisher hat es noch keine finalen Bewerbungen seitens der Städte und Gemeinden gegeben. Durch die aktuellen Entwicklungen entfällt der Zeitdruck hinsichtlich einer Bewerbung für ein solches Quartier.