Sitzung: 01.03.2021 Sportausschuss
Vorlage: 52/0344/XVII/2021
Protokoll:
Herr Streck erläutert, dass der Antrag gestellt wurde, bevor die
Evaluierungskommission dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) empfohlen
hat, Brisbane als Gastgeberregion auszuwählen. Trotzdem wird Herr Müller gebeten, über den Sachstand
zu Tokio 2021 und zur Bewerbung 2032 zu berichten.
Herr Müller bedankt sich für die Gelegenheit, vor dem
Sportausschuss zur aktuellen Situation "Olympia 2021
Tokio" aus dem Blickwinkel des OSP Rheinland/NRW berichten zu können. Dies
zeigt auch das Interesse des Rhein-Kreises Neuss am Olympischen und
Paralympischen Spitzensport.
Der
OSP Rheinland/NRW ist Serviceeinrichtung und Dienstleister für die Athleteninnen
und Athleten in allen Bereichen, die nicht von den Sportverbänden angeboten
werden.
Mit
der Verschiebung der Olympischen Spiele von 2020 auf das Jahr 2021 und der
damit einhergehenden veränderten Vorbereitung haben sich die Athletinnen und
Athleten grundsätzlich sehr gut arrangiert. Es besteht keine Kenntnis über
Athletinnen und Athleten, die aufgrund der Verschiebung ihre Karriere beendet
haben. Die Qualifikationssituation gestaltet sich allerdings schwierig, da
viele noch nicht abgeschlossen sind. Manche Qualifikationswege haben sich
inzwischen auch verändert. Diese Veränderungen führen bei den Athletinnen und
Athleten zu einem Gefühl der Ungewissheit in der Frage, wie und wann man sich
überhaupt qualifizieren kann. Zudem stellt sich für sie das Problem der
Wettbewerbs- und Chancenungleichheit, denn manch andere Nation trainiert in
vollem Umfang weiter und veranstaltet Trainingslager, wiederum andere können so
gut wie gar nicht trainieren. Einige Athletinnen und Athleten anderer Nationen
sind bereits geimpft.
Den
Athletinnen und Athleten bereitet die Unplanbarkeit einer möglichen Infektion
kurz vor Tokio 2021 große Sorgen.
Insgesamt
geht man in NRW und im Rhein-Kreis Neuss gut mit der Situation um. Frühzeitig
konnten durch die Zusammenarbeit mit dem Rhein-Kreis Neuss und auch mit anderen
Kommunen die Bundeskaderathletinnen und –athleten wieder trainieren.
Durchgängig gute Trainingsmöglichkeiten sind vorhanden.
Langsam finden auch die ersten Wettkämpfe wieder statt.
Herr Müller
erklärt, dass er zur Durchführung von Tokio 2021 und was dort passieren wird,
nicht viel berichten kann. Die Athletinnen und Athleten, die bereits an
vorherigen Olympischen Spielen teilgenommen haben, sind sich bereits bewusst,
dass Tokio 2021 eine andere Art von Olympischen Spielen sein wird. Eine
wichtige Aufgabe des OSP Rheinland/NRW und seiner Psychologinnen und
Psychologen ist es, die Athletinnen und Athleten so gut wie möglich auf alle
möglichen Szenarien vorzubereiten.
Herr
Buchartz dankt Herrn Müller für den Bericht und übergibt das Wort an Herrn Wagner.
Herr Wagner, Fechter des TSV Bayer Dormagen und Mitglied der deutschen Herrensäbelnationalmannschaft, bedankt sich für die Einladung. Er lobt den OSP Rheinland/NRW für dessen gute Trainingsmöglichkeiten auch in der Corona-Zeit und dessen sehr gute Betreuung. Zudem lobt er die Unterstützung des Rhein-Kreises Neuss, dass die finanzielle Förderung in der Corona-Zeit bestehen bleibt und seit Mitte Februar 2021 auch die Kosten für Corona-Tests für die Säbelfechterinnen und Säbelfechter am Bundesstützpunkt übernommen werden.
Die Herrensäbelmannschaft hatte sich kurz vor dem ersten Lockdown im März 2020 qualifiziert. Die Nominierung durch den DOSB steht noch aus. Seitdem wurden alle nationalen und internationalen Wettkämpfe abgesagt und die Olympischen Spiele in Tokio auf das Jahr 2021 verschoben.
Für Herrn
Wagner persönlich stellte sich diese Verschiebung pardoxerweise als
Glücksfall dar. Beim letzten Wettkampf des Jahres 2020 riss er sich die
Patellasehne im Knie und hätte mit dieser Verletzung die Olympischen Spiele
verpasst. Durch die Verschiebung konnte er seine Verletzung in Ruhe
auskurieren, hat bereits wieder einen Wettkampf bestritten und kann sich auf
Tokio 2021 vorbereiten.
Ein letzter Olympiaqualifikationswettkampf wird Mitte März 2021 in Budapest stattfinden, an welchem die Fechtmannschaft teilnehmen wird. Da sie bereits qualifiziert ist, befindet sie sich in einer komfortablen Situation. Die bisher nicht qualifizierten Athletinnen und Athleten auch in anderen Sportarten stehen jedoch unter starkem Druck, an solchen Wettkämpfen für die Chance auf eine Qualifikation teilnehmen zu müssen. Zu dem Wettkampf in Budapest schicken die meisten anderen Nationen ein volles Aufgebot. Nur wenige Nationen entsenden lediglich ein kleines Team oder nur einzelne Fechterinnen und Fechter. Dieser Umstand hat beim deutschen Fechtteam auch Fragen zur Organisation des Wettkampfes aufgeworfen. Je weiter das Jahr voranschreitet, desto mehr gerät das IOC unter Zugzwang, die Qualifikationen abzuschließen, um Tokio 2021 ausrichten zu können. Im Fechten hat sich am Qualifikationsmodus nichts verändert.
Dabei stellt
sich auch die Thematik der Impfungen von Athletinnen und Athleten als sehr komplex
dar. Viele Athletinnen und Athleten anderer Nationen haben bereits eine Impfung
erhalten, so z.B. die gesamte italienische und ungarische Mannschaft. Herr Wagner möchte nicht missverstanden
werden. Im Namen der Säbelfechterinnen und Säbelfechter spricht er sich klar
positiv für die festgelegte Impfreihenfolge in Deutschland aus. Jedoch betont
er, dass bei nicht qualifizierten Athletinnen und Athleten der Eindruck der
Ungleichheit entsteht und sie dem Druck ausgesetzt sind, sich ungeimpft in eine
Risikosituation begeben zu müssen, um sich für Tokio 2021 qualifizieren zu
können.
Problematisch sieht Herr Wagner zudem das Thema Anti-Doping. Aktuell wird die
Fechtmannschaft wieder regelmäßig getestet, jedoch wurden die Tests ein halbes
Jahr lang ausgesetzt. Ein Vergleich zu den Tests von AthletenInnen anderer
Nationen entzieht sich seiner Kenntnis.
In Bezug auf den Trainingsalltag berichtet Herr Wagner, dass die Kaderfechterinnen
und Kaderfechter bis auf eine kurze Zeit im ersten Lockdown weiter trainieren
durften, so dass kaum Trainingsausfälle enstanden sind. Allerdings sind alle
internationalen Wettkämpfe und Trainingslager ausgefallen. Das gesamte letzte
Jahr wurde in einer festen Gruppe, bestehend aus 10 Athleten und 2 Trainern, am
Bundesstützpunkt trainiert, die sich regelmäßig Corona-Tests unterzieht.
Aufgrund des Corona-bedingten stark eingeschränkten Betriebs beim TSV Bayer
Dormagen sind Hallenkapazitäten vorhanden. Somit konnte das Problem der zu
kleinen Fechthalle durch das Ausweichen auf andere Hallen umgangen werden.
Damit können die Herren- und Damensäbelnationalmannschaft getrennt voneinander
trainieren, so dass keine Gruppendurchmischung stattfindet. Bisher hat es keine
Coronafälle gegeben. Das Ansteckungsrisiko beim Traininig ist überschaubar.
In Hinblick auf den Wettkampf in Budapest wird versucht
alles zu zu planen, um das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten.
Die Anreise wird nicht wie üblich per Flugzeug, sondern in Kleingruppen mit dem
Auto erfolgen.
Herr
Buchartz dankt den Gästen für ihre
interessanten Ausführungen und eröffnet die Fragerunde. Die Fragen werden
zunächst gesammelt und im Anschluss von den Gästen beantwortet.
Herr Streck dankt ebenfalls für die sehr lehrreichen Ausführungen
und spricht großes Lob für die geleistete Arbeit des OSP Rheinland/NRW für die
Athletinnen und Athleten aus. Es scheint für die Bundeskaderathletinnen und
–athleten im Rhein-Kreis Neuss in Bezug auf Corona-Tests ein großer Aufwand zu
bestehen. Er schlägt vor, dass der Rhein-Kreis Neuss die Testkosten für die
Athletinnen und Athleten übernimmt.
Herr
Buchartz fragt, ob die Übernahme der
Corona-Testkosten durch den Rhein-Kreis Neuss als Antrag zu verstehen ist. Dies
wird durch Herrn Streck bestätigt.
Herr Zenk fragt Herrn Wagner, ob er die Einzelqualifikation
näher erläutern kann. Zudem fragt er Herrn Müller, wie seine Einschätzung
darüber ist, ob Tokio 2021 stattfinden wird.
In Bezug auf die Einzelstarts erläutert Herr Wagner, dass die
Einzelqualifikation eng mit der Mannschaftsqualifikation verbunden ist. Es
können sich 8 Teams für Tokio 2021 qualifizieren. Die deutsche Mannschaft
belegt aktuell den vierten Platz. Qualifizierte Mannschaften stellen 3 Fechter,
die am Einzelwetbewerb in Tokio teilnehmen dürfen. Fechter aus Nationen ohne
qualifiziertes Team können sich noch über die Einzelweltrangliste qualifizieren,
jedoch begrenzt auf maximal 2 Fechter pro Nation. Für die deutsche Mannschaft
bestand somit das Ziel darin, die Mannschaftsqualifikation zu erreichen, damit
3 starke deutsche Fechter auch einen Einzelstartplatz erhalten können. Die
Nominierung steht noch aus. Er geht davon aus, dass die Mannschaft, bestehend
aus Matyas Szabo, Maximilian Hartung und Benedikt Wagner, welche 2019
Europameister geworden ist, in dieser Zusammensetzung nominiert werden wird.
Dies ist jedoch die Entscheidung des Bundestrainers Vilmos Szabo. Das vierte
Mannschaftsmitglied wird nicht am Olympischen Einzelwettbewerb teilnehmen
dürfen und nur im Mannschaftswettbewerb starten können.
Herr Müller wiederholt, dass es schwer ist, eine verbindliche
Aussage zum Stattfinden der Olympischen Spiele zu treffen. Es besteht ein
enormes ökonomisches Interesse an der Durchführung. Er ist überzeugt, dass die
Olympischen Spiele stattfinden werden, jedoch nicht in der Form, wie man sie
kennt. Die Zuschauerfrage wird in den nächsten Wochen beantwortet werden.
Herr Brügge erklärt, dass der Rhein-Kreis Neuss auf Antrag des TSV
Bayer Dormagen die Finanzierung der Kosten für Corona-Tests kurzfristig aus den
Mitteln für die Unterstützung der Bundes- und Landesleistungsstützpunkte
übernommen hat. Aus der Sicht des Sportdezernenten ist der durch Herrn Streck gestellte Antrag sinnvoll,
denn dadurch müsste der TSV Bayer Dormagen auf die Mittel der Unterstützung als
Bundesstützunkt nicht verzichten. Für die Empehlung durch den Sportausschss
wäre das Sportdezernat und der TSV Bayer Dormagen dankbar.
Herr
Ackburally fragt zur Verbindung von
Olympia und Rhein-Kreis Neuss. Die Initiative „Rhein Ruhr City 2032“ hatte
ursprünglich gewünscht, dass das Olympische Dorf zentral an einem einzelnen Ort
entstehen soll. Er erläutert dazu die nötigen Ausmaße. Interessenbekundungen
seitens des Kreises und der Kommunen müssten bis zum 31. Mai 2021 bei der
Initiative vorliegen. Er möchte wissen, ob dem Rhein-Kreis Neuss Kommunen des
Kreises bekannt sind, die eine Bewerbung ausdrücklich beabsichtigt haben.
Sollten bisher keine Absichtserklärungen vorliegen, fragt er, ob dem
Rhein-Kreis Neuss die Gründe dafür bekannt sind.
Die Beantwortung wird von Herrn Buchartz zurückgestellt, da zunächst zu Herrn Strecks Antrag, dass der Rhein-Kreis Neuss die Kosten für die
Corona-Tests für die Kaderathletinnen und –athleten aus zusätzlichen
Haushaltsmitteln bereitsstellt, ein Stimmungsbild des Sportausschusses
eingeholt werden soll. Herr Brügge schlägt
einen Betrag in Höhe von 8.000,00 Euro vor. Sollten diese Mittel nicht
ausreichen, können noch überplanmäßige Ausgaben beantragt werden.
Herr
Buchartz beschreibt, dass die
bisherigen Sportausschüsse immer im Interesse der Athletinnen und Athleten entschieden
und einstimmige Beschlüsse gefasst haben. Beratungen und Diskussionen waren
stets sehr sachorientiert, konstruktiv und parteipolitische Interessen wurden
ausgeblendet. Er möchte gerne an diese etablierte Verfahrensweise anknüpfen und
appelliert an die Mitglieder des Sportausschusses, weiterhin im Sinne der
Sporttreibenden zu handeln.
Stimmungsbild:
Das Stimmungsbild zur Bereitsstellung zusätzlicher Haushaltsmittel
in Höhe von 8.000,00 Euro zur Übernahme der Kosten für Corona-Tests für Bundes-
und Landeskaderathletinnen und
–athleten an den Bundes- und Landesleistungsstützpunkten fällt positiv aus. Es
wurden keine Bedenken geäußert.
Herr Brügge hat die
Diskussion der letzten Tage um den Austragungsort der Olympischen Spiele im
Jahr 2032 verfolgt. Am 24. Februar 2021 hat die eigens eingerichtete
Evaluierungskommission dem IOC empfohlen, das australische Queensland mit der
Hauptstadt Brisbane als Gastgeberregion auszuwählen. Das IOC-Exekutivkomitee
folgte der Empfehlung einstimmig. Es gibt unterschiedliche Interpretationen,
welche Konsequenzen diese Entscheidung für die Bewerbung „Olympia Rhein-Ruhr“
hat, ob es überhaupt noch eine Chance gibt. Er wolle sich nicht an diesen
Spekulationen oder Schuldzuweisungen beteiligen, ebenso nicht an einer
möglichen Bewerbung um die Olympischen Spiele 2036. Wie weiterhin seitens der
Initiative „Rhein Ruhr City 2032“ verfahren wird, sei noch in der Diskussion.
Herr Brügge erklärt, dass der Rhein-Kreis Neuss Investitionen plane, die auch ohne eine Olympiabewerbung 2032 notwendig seien. Sportinfrastrukturinvestitionen wurden und werden nicht wegen Olympischer Spiele getätigt, sondern hätten lediglich auch auf das Konto möglicher Olympischer Spiele eingezahlt.
Bezugnehmend auf den möglichen Bau des Olympischen Dorfes ist der Rhein-Kreis Neuss im Dialog mit den Städten und Gemeinden zu potentiellen Flächen. Dabei geht es nicht nur um Olympia. Der Rhein-Kreis Neuss ist der Auffassung, dass dies eine Chance gewesen wäre bzw. ist, auf den großen Bedarf an Wohnraum im Rhein-Kreis Neuss zu reagieren. Der Bau eines solchen Quartieres als Vorzeigemodell könne Nachhaltigkeit, Klimaschutz und eine moderne Mobilität in sich vereinen. Darüber hinaus könne der Bau ein Konjunkturprogramm sein. Über die nächsten Schritte und eine mögliche Realisierung eines solchen Bauprojekts wird zu diskutieren sein.
Bisher
hat es noch keine finalen Bewerbungen seitens der Städte und Gemeinden gegeben.
Durch die aktuellen Entwicklungen entfällt der Zeitdruck hinsichtlich einer
Bewerbung für ein solches Quartier.