Sitzung: 30.11.2021 Ausschuss für Soziales und Wohnen
Vorlage: 50/0950/XVII/2021
Protokoll:
Kreisdirektor
Brügge verwies auf die ausführliche Vorlage der Verwaltung und übergab dem
Produktgruppenleiter des Bereichs Heimpflege das Wort. Herr Böhme stellte im
Rahmen einer Präsentation die örtliche Planung 2021 vor. Kreisdirektor Brügge
informierte, dass die Inhalte der Präsentation mit der Kommission „Silberner
Plan“ abgestimmt seien. Die Präsentation ist dem Protokoll als Anlage beigefügt.
Kreisdirektor
Brügge ergänzte, dass der Antrag „Bunte Pflege“ unter den Punkt „Rekrutierung
von Pflegekräften“ falle. Derzeit befinde man sich in Abstimmung mit dem
Jobcenter Rhein-Kreis Neuss, um ein Projekt zu entwickeln, das Menschen eine Zukunftsperspektive
in der Pflege bietet. Ziel des Projektes soll insbesondere sein,
Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern aus dem SGB II, III sowie Menschen
mit Zuwanderungsgeschichte stufenweise zu Pflegekräften zu qualifizieren. Im
nächsten Ausschuss könnte das Projekt vorgestellt werden.
Kreisdirektor
Brügge führte aus, dass umfassende Maßnahmen für die Rekrutierung von
Pflegekräften notwendig seien. Die bessere Erreichbarkeit der
Pflegeeinrichtungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei eine erste Maßnahme,
die weiterhin gestärkt werden müsse. Diese sei nur eine von vielen Maßnahmen.
In Gesprächen mit den Einrichtungsleitungen sollen weitere Maßnahmen besprochen
und herausgestellt werden, weshalb die Ausbildung im Bereich Pflege abgebrochen
werde und wie der Rhein-Kreis Neuss diesem Abbruch entgegenwirken könne.
Ausschussmitglied
Kühl kritisierte die Definition der „Jungen Pflege“. Bei der aktuell geltenden
Definition seien die jungen Pflegebedürftigen mit einer geistigen Behinderung,
die zu Hause von Familienangehörigen und nicht in stationären oder ambulanten
Wohnformen gepflegt werden, ausgegliedert. Ausschussmitglied Kühl bat inständig
darum, diese Betrachtungsweise zu ändern. Es sei unerlässlich, diese
Personengruppe bei der Bedarfsplanung einzubeziehen. Dies sei dem
Ursprungsantrag der SPD zu entnehmen.
Ausschussmitglied
Kühl ergänzte, dass die Berechnungsgrundlage der Bedarfsprognose nicht
ausreichend sei und der Rhein-Kreis Neuss im Ergebnis schlechter dastünde, als
die derzeitige Berechnung aufzeige.
Kreisdirektor
Brügge äußerte sein Verständnis, erklärte jedoch, dass der Bereich „Junge
Pflege“ u.a. der Eingliederungshilfe zuzuordnen sei. Während der Umsetzung des
BTHG‘s habe er sich stark dafür eingesetzt, dass die Zuständigkeit für diesen
Personenkreis bis zum Ende der Schulausbildung in der Zuständigkeit der Kreise
und kreisfreien Städte verbleibe. Denn die Differenzierung zwischen Pflege und
Eingliederungshilfe sei komplex. Der
Gesetzgeber entschied jedoch, dass die von Ausschussmitglied Kühl
angesprochenen Bereiche im Bereich der Eingliederungshilfe liegen sollen.
Dadurch stünden Familien, die pflegebedürftige Kinder aufgrund ihrer
Behinderung haben, vor einem komplexen System. Kreisdirektor Brügge schlug vor,
die Zuständigkeiten des Kreises im Bereich der Eingliederungshilfe
herauszuarbeiten und im nächsten Ausschuss zu präsentieren. Kreisdirektor Brügge
betonte, dass der Kreis sich nicht aus finanziellen Gründen vor dem Thema
„Junge Pflege“ drücke. Es müsse klar festgestellt werden, wo die Grenzen
zwischen der originären Pflege und dem Bereich Eingliederungshilfe liegen.
Ausschussvorsitzender
Ladeck bat Ausschussmitglied Kühl darum, konkret ihre Erwartungshaltung
gegenüber der Verwaltung zu äußern.
Ausschussmitglied
Kühl führte aus, dass die Planung der ambulant unterstützten Dienste,
haushaltsnahen Dienstleistungen und Kurzzeitpflege überprüft werden sollte.
Dies seien die Instrumente, die es ermöglichen, pflegende Familien zu
unterstützen. Hier sehe sie die Zuständigkeit des Kreises als gegeben, da die
Pflegedienste nicht nach Kostenträger unterscheiden würden, sondern dies über
die Verhinderungspflege oder Kurzzeitpflege der Krankenkassen über die
Pflegestufe abrechnen würden. Ausschussmitglied Kühl betonte, dass selbst wenn
der Kreis finanziell nicht zuständig wäre, eine genaue Bedarfsplanung in die
Zuständigkeit des Kreises falle. In der jetzigen Bedarfsplanung seien durch die
Ausgliederung von jungen Menschen, die aufgrund einer geistigen Behinderung
pflegebedürftig sind, nicht alle Personengruppen und somit nicht alle Bedarfe
berücksichtigt worden.
Kreisdirektor
Brügge erläuterte, dass nicht beabsichtigt war zwischen Personengruppen
verschiedenen Alters zu unterscheiden und dementsprechend die Formulierung
angepasst werden sollte. Sowohl in dem Bericht als auch in dem Vortrag wurde
keine Differenzierung verschiedener Personengruppen vorgenommen. Kreisdirektor
Brügge bedauerte es, dass dieser Eindruck entstanden sei und betonte mit
Nachdruck, dass die Planung hinsichtlich der Formulierung überarbeitet werde,
sodass ein solcher Eindruck künftig vermieden werde. Gleichzeitig bot
Kreisdirektor Brügge Ausschussmitglied Kühl an, sich zu dem Thema „Junge
Pflege“ und zu den Erwartungen auszutauschen. Ausschussmitglied Rheinhold bat
um Beteiligung an diesem Austausch. Die Verwaltung wird dazu zeitnah einladen.
Ausschussmitglied
Reinhold bedankte sich für die Darstellung. Das große Problem sei weiterhin der
Pflegekräftemangel sowohl auf ambulanter als auch auf stationärer Ebene. Vor
dem Hintergrund begrüße sie die Umsetzung des Zehn-Punkte-Plans und sehe den
Kreis gut aufgestellt. Ausschussmitglied Reinhold wies auf die Verknüpfung zu
Punkt 9 der Planung hin und regte an, sich mit Ausschussmitglied Kühl und
Kreisdirektor Brügge diesbezüglich auszutauschen.
Ausschussmitglied
Rosellen bedankte sich bei der Verwaltung für die umfassende Ausführung und
betonte, dass der Kreis auf einem gut Weg und gut aufgestellt sei.
Ausschussmitglied
Bartsch bedankte sich für die Darstellung und knüpfte an die Aussage von
Ausschussmitglied Kühl an. Trotz der Gegebenheit eines anderen Rechtskreises
mit der Eingliederungshilfe sollte der Kreis eine genaue Bedarfsplanung erheben
und nicht zwischen den Zuständigkeiten unterscheiden. Durch eine genaue
Bedarfsermittlung könne die Politik in Gremien mit dem Landschaftsverband
initiativ werden und deshalb habe er den Anspruch, umfassend über die
Unterstützungsangebote und die genaue Bedarfslage informiert zu werden.
Kreisdirektor
Brügge führte aus, dass die örtliche Bedarfsplanung durch § 7 Altenpflegesetz
gesetzlich geregelt sei und erläuterte den Unterschied zwischen örtlichen Planung
und verbindlichen Bedarfsplanung. In der verbindlichen Bedarfsplanung definiert
der Kreistag, wo ein Bedarf an stationärer Einrichtung im Rhein-Kreis Neuss
bestehe, um den Bestand an stationären Einrichtungen aktiv zu steuern.
Ausschussmitglied
Kühl erfragte, wie sich das Verfahren gestalte, wenn ein orientierungsloser
Mensch unabhängig vom Alter im Kreisgebiet aufgegriffen werde und wie und wo
dieser Mensch versorgt werde. Die gleiche Frage stelle sich auch für andere
Fälle, beispielsweise wenn ein Pflegender erkrankt oder verunglückt und
innerhalb kürzester Zeit ein Kurzzeitpflegeplatz für einen pflegebedürftigen
Menschen benötigt werde.
Kreisdirektor
Brügge erklärte, dass ein differenzierter Nachtrag zu Protokoll gegeben werde.
Nachtrag:
Im Regelfall wird ein orientierungsloser
Mensch von der Polizei oder den örtlichen Ordnungsbehörden aufgegriffen. In
diesen Fällen wird zunächst der Wohnsitz der betroffenen Person ermittelt. Lebt
diese Person bereits in einer Pflegeeinrichtung oder Einrichtung der
Eingliederungshilfe, wird die Person dorthin zurückgebracht oder je nach
Zustand beim Auffinden in ein Krankenhaus (ggf. auch Psychiatrie) eingeliefert.
Lebt die betroffene Person in einer privaten Häuslichkeit, wird versucht
Kontakt mit den Angehörigen aufzunehmen. Auch in diesen Fällen kann es
vorkommen, dass die betroffene Person in ein Krankenhaus oder eine Psychiatrie
eingeliefert wird. Dort wird überprüft, ob die betroffene Person in eine
Pflegeeinrichtung umziehen sollte oder ob ambulante Versorgungsstrukturen
ausreichend sind. Dies ist vom Krankheitsbild der betroffenen Person abhängig.
Hat die betroffene Person keine Angehörigen, wird im Krankenhaus eine
Berufsbetreuung eingerichtet, die in Abstimmung mit dem sozialen Dienst des
Krankenhauses über eine geeignete Unterbringungsform entscheidet.
Wenn ein Pflegender erkrankt oder
verunglückt ist es erforderlich, dass sich der Pflegende mit der
Kreisverwaltung in Verbindung setzt. Ansonsten kann die WTG-Behörde aufgrund
mangelnder Kenntnis nicht unterstützend tätig werden. Wird Kenntnis von einer
solchen Notlage erlangt, wird geprüft ob eine Versorgung über einen ambulanten
Pflegedienst ausreichend ist oder ob Verhinderungspflege in einer
vollstationären Pflegeeinrichtung erforderlich ist. Die WTG-Behörde kann sodann
mit den Pflegesachverständigen unterstützend Kontakt zu den Pflegeeinrichtungen
aufnehmen und recherchieren, ob ein Kurzzeitpflegeplatz zur Verfügung steht. In
Abstimmung aller Beteiligten werden flexible Lösungen getroffen, beispielsweise
durch die kurzfristige Genehmigung einer Überbelegung in Pflegeeinrichtungen.
Hervorzuheben ist, dass bei jeder
Fallkonstellation der Einzelfall betrachtet werden muss, damit eine angemessene
Lösung gefunden werden kann. Bisher habe sich dieses Verfahren bewährt.
Ausschussvorsitzender
Ladeck verwies auf die Geschäftsordnung, wonach zwei Wortmeldungen je
Tagesordnungspunkt pro Mitglied, abgesehen von einer Antragsstellung, erlaubt
seien. Ausschussvorsitzender Ladeck bat die Ausschussmitglieder, ihre Anliegen
und Fragen in einer Wortmeldung möglichst präzise vorzutragen, um Zwiegespräche
und doppelte Fragen im Hinblick auf die Effizienz des Ausschusses zu vermeiden.