Protokoll:

Kreisdirektor Brügge verwies auf die ausführliche Vorlage der Verwaltung und übergab dem Produktgruppenleiter des Bereichs Heimpflege das Wort. Herr Böhme stellte im Rahmen einer Präsentation die örtliche Planung 2021 vor. Kreisdirektor Brügge informierte, dass die Inhalte der Präsentation mit der Kommission „Silberner Plan“ abgestimmt seien. Die Präsentation ist dem Protokoll als Anlage beigefügt.

 

Kreisdirektor Brügge ergänzte, dass der Antrag „Bunte Pflege“ unter den Punkt „Rekrutierung von Pflegekräften“ falle. Derzeit befinde man sich in Abstimmung mit dem Jobcenter Rhein-Kreis Neuss, um ein Projekt zu entwickeln, das Menschen eine Zukunftsperspektive in der Pflege bietet. Ziel des Projektes soll insbesondere sein, Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern aus dem SGB II, III sowie Menschen mit Zuwanderungsgeschichte stufenweise zu Pflegekräften zu qualifizieren. Im nächsten Ausschuss könnte das Projekt vorgestellt werden.

 

Kreisdirektor Brügge führte aus, dass umfassende Maßnahmen für die Rekrutierung von Pflegekräften notwendig seien. Die bessere Erreichbarkeit der Pflegeeinrichtungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei eine erste Maßnahme, die weiterhin gestärkt werden müsse. Diese sei nur eine von vielen Maßnahmen. In Gesprächen mit den Einrichtungsleitungen sollen weitere Maßnahmen besprochen und herausgestellt werden, weshalb die Ausbildung im Bereich Pflege abgebrochen werde und wie der Rhein-Kreis Neuss diesem Abbruch entgegenwirken könne.

 

Ausschussmitglied Kühl kritisierte die Definition der „Jungen Pflege“. Bei der aktuell geltenden Definition seien die jungen Pflegebedürftigen mit einer geistigen Behinderung, die zu Hause von Familienangehörigen und nicht in stationären oder ambulanten Wohnformen gepflegt werden, ausgegliedert. Ausschussmitglied Kühl bat inständig darum, diese Betrachtungsweise zu ändern. Es sei unerlässlich, diese Personengruppe bei der Bedarfsplanung einzubeziehen. Dies sei dem Ursprungsantrag der SPD zu entnehmen.

 

Ausschussmitglied Kühl ergänzte, dass die Berechnungsgrundlage der Bedarfsprognose nicht ausreichend sei und der Rhein-Kreis Neuss im Ergebnis schlechter dastünde, als die derzeitige Berechnung aufzeige.

 

Kreisdirektor Brügge äußerte sein Verständnis, erklärte jedoch, dass der Bereich „Junge Pflege“ u.a. der Eingliederungshilfe zuzuordnen sei. Während der Umsetzung des BTHG‘s habe er sich stark dafür eingesetzt, dass die Zuständigkeit für diesen Personenkreis bis zum Ende der Schulausbildung in der Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte verbleibe. Denn die Differenzierung zwischen Pflege und Eingliederungshilfe sei komplex.  Der Gesetzgeber entschied jedoch, dass die von Ausschussmitglied Kühl angesprochenen Bereiche im Bereich der Eingliederungshilfe liegen sollen. Dadurch stünden Familien, die pflegebedürftige Kinder aufgrund ihrer Behinderung haben, vor einem komplexen System. Kreisdirektor Brügge schlug vor, die Zuständigkeiten des Kreises im Bereich der Eingliederungshilfe herauszuarbeiten und im nächsten Ausschuss zu präsentieren. Kreisdirektor Brügge betonte, dass der Kreis sich nicht aus finanziellen Gründen vor dem Thema „Junge Pflege“ drücke. Es müsse klar festgestellt werden, wo die Grenzen zwischen der originären Pflege und dem Bereich Eingliederungshilfe liegen.

 

Ausschussvorsitzender Ladeck bat Ausschussmitglied Kühl darum, konkret ihre Erwartungshaltung gegenüber der Verwaltung zu äußern.

 

Ausschussmitglied Kühl führte aus, dass die Planung der ambulant unterstützten Dienste, haushaltsnahen Dienstleistungen und Kurzzeitpflege überprüft werden sollte. Dies seien die Instrumente, die es ermöglichen, pflegende Familien zu unterstützen. Hier sehe sie die Zuständigkeit des Kreises als gegeben, da die Pflegedienste nicht nach Kostenträger unterscheiden würden, sondern dies über die Verhinderungspflege oder Kurzzeitpflege der Krankenkassen über die Pflegestufe abrechnen würden. Ausschussmitglied Kühl betonte, dass selbst wenn der Kreis finanziell nicht zuständig wäre, eine genaue Bedarfsplanung in die Zuständigkeit des Kreises falle. In der jetzigen Bedarfsplanung seien durch die Ausgliederung von jungen Menschen, die aufgrund einer geistigen Behinderung pflegebedürftig sind, nicht alle Personengruppen und somit nicht alle Bedarfe berücksichtigt worden.

 

Kreisdirektor Brügge erläuterte, dass nicht beabsichtigt war zwischen Personengruppen verschiedenen Alters zu unterscheiden und dementsprechend die Formulierung angepasst werden sollte. Sowohl in dem Bericht als auch in dem Vortrag wurde keine Differenzierung verschiedener Personengruppen vorgenommen. Kreisdirektor Brügge bedauerte es, dass dieser Eindruck entstanden sei und betonte mit Nachdruck, dass die Planung hinsichtlich der Formulierung überarbeitet werde, sodass ein solcher Eindruck künftig vermieden werde. Gleichzeitig bot Kreisdirektor Brügge Ausschussmitglied Kühl an, sich zu dem Thema „Junge Pflege“ und zu den Erwartungen auszutauschen. Ausschussmitglied Rheinhold bat um Beteiligung an diesem Austausch. Die Verwaltung wird dazu zeitnah einladen.

Ausschussmitglied Reinhold bedankte sich für die Darstellung. Das große Problem sei weiterhin der Pflegekräftemangel sowohl auf ambulanter als auch auf stationärer Ebene. Vor dem Hintergrund begrüße sie die Umsetzung des Zehn-Punkte-Plans und sehe den Kreis gut aufgestellt. Ausschussmitglied Reinhold wies auf die Verknüpfung zu Punkt 9 der Planung hin und regte an, sich mit Ausschussmitglied Kühl und Kreisdirektor Brügge diesbezüglich auszutauschen.

 

Ausschussmitglied Rosellen bedankte sich bei der Verwaltung für die umfassende Ausführung und betonte, dass der Kreis auf einem gut Weg und gut aufgestellt sei.

 

Ausschussmitglied Bartsch bedankte sich für die Darstellung und knüpfte an die Aussage von Ausschussmitglied Kühl an. Trotz der Gegebenheit eines anderen Rechtskreises mit der Eingliederungshilfe sollte der Kreis eine genaue Bedarfsplanung erheben und nicht zwischen den Zuständigkeiten unterscheiden. Durch eine genaue Bedarfsermittlung könne die Politik in Gremien mit dem Landschaftsverband initiativ werden und deshalb habe er den Anspruch, umfassend über die Unterstützungsangebote und die genaue Bedarfslage informiert zu werden.

 

Kreisdirektor Brügge führte aus, dass die örtliche Bedarfsplanung durch § 7 Altenpflegesetz gesetzlich geregelt sei und erläuterte den Unterschied zwischen örtlichen Planung und verbindlichen Bedarfsplanung. In der verbindlichen Bedarfsplanung definiert der Kreistag, wo ein Bedarf an stationärer Einrichtung im Rhein-Kreis Neuss bestehe, um den Bestand an stationären Einrichtungen aktiv zu steuern.

 

Ausschussmitglied Kühl erfragte, wie sich das Verfahren gestalte, wenn ein orientierungsloser Mensch unabhängig vom Alter im Kreisgebiet aufgegriffen werde und wie und wo dieser Mensch versorgt werde. Die gleiche Frage stelle sich auch für andere Fälle, beispielsweise wenn ein Pflegender erkrankt oder verunglückt und innerhalb kürzester Zeit ein Kurzzeitpflegeplatz für einen pflegebedürftigen Menschen benötigt werde.

 

Kreisdirektor Brügge erklärte, dass ein differenzierter Nachtrag zu Protokoll gegeben werde.

 

Nachtrag:

 

Im Regelfall wird ein orientierungsloser Mensch von der Polizei oder den örtlichen Ordnungsbehörden aufgegriffen. In diesen Fällen wird zunächst der Wohnsitz der betroffenen Person ermittelt. Lebt diese Person bereits in einer Pflegeeinrichtung oder Einrichtung der Eingliederungshilfe, wird die Person dorthin zurückgebracht oder je nach Zustand beim Auffinden in ein Krankenhaus (ggf. auch Psychiatrie) eingeliefert. Lebt die betroffene Person in einer privaten Häuslichkeit, wird versucht Kontakt mit den Angehörigen aufzunehmen. Auch in diesen Fällen kann es vorkommen, dass die betroffene Person in ein Krankenhaus oder eine Psychiatrie eingeliefert wird. Dort wird überprüft, ob die betroffene Person in eine Pflegeeinrichtung umziehen sollte oder ob ambulante Versorgungsstrukturen ausreichend sind. Dies ist vom Krankheitsbild der betroffenen Person abhängig. Hat die betroffene Person keine Angehörigen, wird im Krankenhaus eine Berufsbetreuung eingerichtet, die in Abstimmung mit dem sozialen Dienst des Krankenhauses über eine geeignete Unterbringungsform entscheidet.

 

Wenn ein Pflegender erkrankt oder verunglückt ist es erforderlich, dass sich der Pflegende mit der Kreisverwaltung in Verbindung setzt. Ansonsten kann die WTG-Behörde aufgrund mangelnder Kenntnis nicht unterstützend tätig werden. Wird Kenntnis von einer solchen Notlage erlangt, wird geprüft ob eine Versorgung über einen ambulanten Pflegedienst ausreichend ist oder ob Verhinderungspflege in einer vollstationären Pflegeeinrichtung erforderlich ist. Die WTG-Behörde kann sodann mit den Pflegesachverständigen unterstützend Kontakt zu den Pflegeeinrichtungen aufnehmen und recherchieren, ob ein Kurzzeitpflegeplatz zur Verfügung steht. In Abstimmung aller Beteiligten werden flexible Lösungen getroffen, beispielsweise durch die kurzfristige Genehmigung einer Überbelegung in Pflegeeinrichtungen.

 

Hervorzuheben ist, dass bei jeder Fallkonstellation der Einzelfall betrachtet werden muss, damit eine angemessene Lösung gefunden werden kann. Bisher habe sich dieses Verfahren bewährt.

 

Ausschussvorsitzender Ladeck verwies auf die Geschäftsordnung, wonach zwei Wortmeldungen je Tagesordnungspunkt pro Mitglied, abgesehen von einer Antragsstellung, erlaubt seien. Ausschussvorsitzender Ladeck bat die Ausschussmitglieder, ihre Anliegen und Fragen in einer Wortmeldung möglichst präzise vorzutragen, um Zwiegespräche und doppelte Fragen im Hinblick auf die Effizienz des Ausschusses zu vermeiden.