Beschluss:

Der Schulausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.


Protokoll:

Herr Lonnes gab den Anwesenden zu diesem Themenbereich einen aktuellen Zwischenbericht und verwies hierbei auf das umfangreiche Informationsmaterial, das der Einladung beigefügt wurde.

 

Er erwähnte in diesem Zusammenhang das den Schulausschussmitgliedern zugesandte Gutachten der Professoren Preuss-Lausitz und Klemm, das in seinem Inhalt noch über die Mindestforderung des Artikels 24 der UN-Behindertenrechtskonvention hinausgehe, da in dem Gutachten die vollständige Abschaffung der Differenzierung in den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung gefordert werde.

 

Das Schulgesetz von Nordrhein-Westfalen stehe zurzeit keineswegs im Einklang mit der Konvention, da insbesondere das Wahlrecht der Erziehungsberechtigten dort noch nicht verankert sei. Grund für die Zögerlichkeit des Landesgesetzgebers sei nach seiner Auffassung das Konnexitätsprinzip. Die finanziellen Lasten für den räumlichen Aus- und Umbau der Schulgebäude sowie die Kosten für den vermehrten Einsatz der Integrationshelfer seien hier in erster Linie zu nennen.

 

Frau Servos merkte in der anschließenden Aussprache an, dass die Inklusionsdebatte die Chance eröffnen werde, Schulen generell für alle Schülerinnen und Schüler besser zu machen. Ein gemeinsames Lernen sei sicherlich vorteilhaft für alle Beteiligten. Sie fände es nicht richtig, die Förderschulen generell aufzulösen, sondern bevorzuge vielmehr die Schaffung von Kompetenzzentren. Ein zweiter Weg sei die Öffnung der Förderschulen für Kinder der allgemeinen Schulen. Sie erwarte mit Spannung die Handreichung des Landes in Sachen „Gemeinsames Lernen“.

 

Herr Kresse bemerkte, das Gutachten der Professoren sei für ihn eine Fundgrube an Informationen. Er erwarte in naher Zukunft im Land einen politischen Konsens in Sachen Inklusion, der zeitnah in konkrete Vorgaben des Landes münden sollte.

 

Frau Quiring-Perl entgegnete, die Inklusion sei bereits durch die UN und den Bund vorgegeben. Sie erwähnte den großzügig gesetzten Zeitplan für die Umsetzung der Inklusionsvorgaben. Die erste Aufregung bei allen Entscheidungsträgern habe sich zwischenzeitlich offensichtlich gelegt. Die Inklusion im Bildungsbereich sei allerdings nur ein Teil des Ganzen. Auch in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen bedürfe es weiterer Anstrengungen aller Beteiligten.

 

Der stellvertretende Schulleiter des Berufsbildungszentrums Neuss-Hammfeld, Herr Vennen, meldete sich zu Wort und beschrieb die möglichen Auswirkungen der Inklusion für seinen Bereich. Die Berufsbildungszentren würden zurzeit bei der Beschulung von Jugendlichen mit Förderbedarf alleine gelassen. Die im Bereich Sekundarstufe I vorhandenen Inklusionskonzepte müssten auch im Bereich der Sekundarstufe II weiter entwickelt werden. Darüber hinaus befürchte er im Zuge der möglichen Auflösung der Förderschulen eine Abwälzung der Schülerinnen und Schüler auf die Berufsbildungszentren. Er bemängelte zudem die fehlenden Rahmenbedingungen, insbesondere im Bereich der Schüler-Lehrer-Relation, der Qualifikation der Lehrkräfte sowie bei der medizinischen Betreuung der bisherigen Förderschülerinnen und Schüler.

 

Frau Servos merkte an, dass trotz der aus ihrer Sicht guten Ausbildung der Sonderpädagoginnen und -pädagogen im internationalen Vergleich an den Förderschulen relativ schlechte Abschlüsse erreicht würden. Sie stelle einmal mehr die Frage, was uns allen Bildung wert sei. Frau Treptow sah Probleme beim Wahlrecht der Eltern bei einem Wegfall einzelner Förderschulformen. Gegen Ende der Diskussion stellte Frau Schoppe noch einmal klar, dass der erste Schritt für die Umsetzung der Inklusion im Bildungsbereich eine entsprechende gesetzliche Vorgabe im Schulgesetz sei. Erst dann könne die konkrete Ausgestaltung durch die politischen Entscheidungsträger und die Verwaltung erfolgen.

 

Herr Lonnes erinnerte daran, dass viele Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gar keinen Bildungsabschluss erreichen können, sondern dass das Bildungsziel eines möglichst selbstständigen Lebens bestehe. Weiterhin erinnerte er daran, dass die UN-Behindertenrechtskonvention einen verbindlichen Auftrag an den Gesetzgeber enthalte, der Konvention widersprechende staatliche Gesetze den Bestimmungen der Konvention anzupassen. Er mahnte gleichzeitig die Einhaltung der gesetzlichen und finanziellen Spielregeln an. Das Land müsse, soweit es dies wolle, die finanziellen Konsequenzen der möglichen Abschaffung von Schulformen tragen und dies auch im Schulgesetz festlegen. Schließlich wies er darauf hin, dass die Übernahme der UN-Behindertenrechtskonvention in deutsches Recht mit der Stimme des Landes Nordrhein-Westfalen im Bundesrat verabschiedet worden ist und nunmehr der Landesgesetzgeber gefordert sei.

 

Er hob noch einmal die Qualität der Sonderpädagogik in Deutschland hervor. Er halte in vielen Fällen einen geschützten Raum für Förderschülerinnen und Schüler für durchaus sinnvoll. Dies bedürfe allerdings immer einer individuellen Betrachtung.