Protokoll:

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke teilte mit, dass sowohl ein Antrag von CDU und FDP auf Verabschiedung einer Resolution zum Thema „Abundanzumlage“ als auch ein Antrag von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen auf Verabschiedung einer Resolution zur Verbesserung der Gemeindefinanzen im Rhein-Kreis Neuss vorläge.

 

Kreistagsabgeordneter Dieter Welsink erklärte, dass seine Fraktion die Verabschiedung der Resolution von CDU und FDP für zwingend erforderlich halte. Die Landespolitik habe hier direkte Konsequenzen für den Kreis und greife wesentlich in die Entwicklung und Finanzhoheit der Städte und Gemeinden ein. Betroffen seien sogar Kommunen mit Nothaushalten. Es handele sich lediglich um eine Umverteilung kommunaler Mittel. Das notwendige Gesamtkonzept fehle.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel betonte, dass die rot-grüne Landesregierung die Kommunen erheblich entlastet hätte. Der Rhein-Kreis Neuss habe im Jahr 2012 10 Mio. Euro vom Land zurückbekommen. Diese seien jedoch in der Allgemeinen Rücklage verschwunden.

Er erklärte weiter, dass es bei der Solidaritätsumlage lediglich um das Kriterium ‚Steuerkraft’ gehe. Diese sei objektiv feststellbar und werde jedes Jahr neu berechnet. Es gehe um Solidarität gegenüber strukturschwachen Kommunen. Den größten Anteil dabei trage das Land. Dennoch bestehe noch Klärungsbedarf in einzelnen Punkten (z.B. Grevenbroich).

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke wies darauf hin, dass die 10 Mio. Euro, die der Kreis vom Land zurück erhalten habe, Ergebnis eines Urteils gewesen sei, wonach das Land verurteilt wurde, Wohngeld zu zahlen. Die Erstattung des Landes wurde im Jahr des Ankommens mit den SGB II – Kosten, also mit den Kommunen verrechnet.

 

Die Details seiner Stellungnahme gebe er zu Protokoll (s. Anlage), so Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer. Dennoch machte er einige einleitende Bemerkungen. Zunächst wies er darauf hin, dass es sich um einen Tabubruch von CDU und FDP handele, da Landesthemen immer abgelehnt worden seien. Die Resolution zeige, dass der Antragsteller nicht diskutieren sondern deklamieren wolle. Das Land Nordrhein-Westfalen gebe dieses Jahr durch das Einheitslastenabrechnungsgesetz 1 Mrd. Euro mehr an die Kommunen. Bei der Solidaritätsumlage übernehme das Land den Löwenanteil, benötigt aber Unterstützung durch die starken Kommunen. Dabei gebe es aber klare Eckpunkte. Nur Kommunen, die nachhaltig abundand sind, würden herangezogen. Auch müsse der Betrag jederzeit leistbar sein, sodass keine volle Abschöpfung des Steuerüberschusses erfolge. Das objektive Kriterium ‚Abundanz’ werde daher jedes Jahr neu ermittelt. Im Interesse aller Kommunen sei eine solidarische Lösung notwendig.

 

3. stv. Landrat Bijan Djir-Sarai stimmte zu, dass Solidarität unter den Kommunen wichtig sei. Entscheidend sei aber die Nachhaltigkeit und Leistungsgerechtigkeit von Maßnahmen. Hilfe zur Selbsthilfe sei dabei das Schlüsselwort. Die Solidaritätsumlage gehe aber in die falsche Richtung. Sie sei eine dauerhafte Einrichtung zu Lasten stärkerer Kommunen. Es stelle sich die Frage, welchen Anreiz Kommunen noch zur Konsolidierung haben. Insbesondere im Fall von Grevenbroich sei die Umlage niemandem mehr zu erklären. Es gehe konkret um die Zukunft der Städte und Gemeinden im Rhein-Kreis Neuss.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Gert Ammermann nahm zum Resolutionsentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Stellung. Bereits die Lagebeschreibung sei unzutreffend. Die Kassenkredite seien eine Folge falscher Haushaltsführung und unzureichender Kommunalaufsicht. Diese Problematik bestehe aber nur in wenigen Bundesländern. Auch die Ursachenbeschreibung sei falsch. Die Regierung Rau habe den Verbundsatz 1982 von 28,5 % auf 23 % gesenkt. Jahr für Jahr habe das Land den Kommunen diese Mittel entzogen, die ca. der Summe an Kassenkrediten entspreche (Berechnung auf Fachtagung LKT).

Er wies darauf hin, dass die Abundanz nicht objektiv sondern fiktiv sei. Sie sei eine gesetzgeberische Normierung, die auf fiktiven Hebesätzen beruhe. Es handele sich insgesamt um eine falsches Gesetz, dass zu einer unbilligen Belastung vieler Städte und Gemeinden führt. Sparsame werden für ihre Sparsamkeit bestraft.

 

Seine Fraktion weise schon lange auf die finanziell schlechte Situation der Städte und Gemeinden hin, so Kreistagsabgeordneter Carsten Thiel in einer abgelesenen Rede. Typischerweise sei daran immer der Vorgänger schuld. Die Kommunen seien mit der Belastung überfordert. Land und Bund müssen die Kommunen mit ausrechend finanziellen Mittel versorgen.

 

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke machte auf § 13 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Kreistages aufmerksam, wonach Beratungen grundsätzlich in freier Rede erfolgen.

 

Auch Kreistagsabgeordneter Martin Mertens betonte, dass Land und Bund die Kommunen stärker unterstützen müssen.

 

Kreistagsabgeordneter Rainer Thiel wies darauf hin, dass eine Unter- oder Überschreitung des fiktiven Hebesatzes nicht berücksichtigt werde. Dadurch gebe es sehr wohl einen Anreiz für die Städte und Gemeinden. Die Konkurrenzfähigkeit untereinander bleibe erhalten. Auch gebe es strenge Vorgaben für die Nehmerkommunen.

 

In keinem anderen Bundesland gehe es den Kommunen finanziell so schlecht, wie in Nordrhein-Westfalen, so Kreistagsabgeordneter Harald Holler. Der Kreistag sollte sich die Frage stellen, ob er eine helfende Resolution verabschieden wolle, oder eine, mit der er gegen die Wand fahre. Es gehe hier um Gerechtigkeit und Solidarität.

 

Kreistagsabgeordneter Erhard Demmer betonte noch einmal, dass die Solidaritätsumlage nach Recht und Kriterien berechnet werde. Bei all der Kritik stelle sich die Frage nach Alternativen seitens CDU und FDP. Diese werden jedoch nicht vorgebracht. Die genannten Aspekte zu den Kassenkrediten werde er überprüfen. Bislang habe man sie als Ausdruck der Unterfinanzierung gesehen.

 

Entscheidender Schwachpunkt sei die Tatsache, dass im Wesentlichen Kommunen mit strukturell defizitären Haushalten betroffen seien, so Landrat Hans-Jürgen Petrauschke. Auch müsste die Unterstützung aus dem Landeshaushalt finanziert werden, da auch das Land im Falle einer Insolvenz einzutreten hätte.

 

Auf Nachfrage von Kreistagsabgeordnetem Denis Arndt bestätigte Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, dass Zuhörer gem. § 7 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Kreistages nicht berechtigt seien, Beifall oder Missbilligung zu äußern.

 

Eine Alternative sei es, die Konnexität einzuhalten, so Kreistagsabgeordneter Dr. Gert Ammermann. Besonders in den großen Ausgabeblöcken (Sozialleistungen) müsse die obere Ebene mehr mit eingreifen.

 

1. stv. Landrat Dr. Hans-Ulrich Klose machte darauf Aufmerksam, dass die Krise ein Jahrzehnte langer Prozess sei. Der Einbruch sei in der 80er – Jahren erfolgt, als der Verbundsatz von 28,5 % auf 23 % gesenkt wurde. Die Solidaritätsumlage versuche, auf eine verfassungsrechtlich zweifelhafte Weise, eine verfahrene Situation zu retten. Es sei daher richtig, dass sich der Kreis dazu äußert.