Betreff
Antrag der Kreistagsfraktion UWG-Freie Wähler/Die Aktive vom 19.02.2020:„Aktuelle Nitratgehalte im Grundwasser aller bekannten Messstellen“
Vorlage
68/0611/XVII/2021
Art
Mitteilung

Sachverhalt:

Antrag der Kreistagsfraktion UWG-Freie Wähler/Die Aktive vom 19.02.2020:

„Aktuelle Nitratgehalte im Grundwasser aller bekannten Messstellen“

 

Mit Beschluss KA/20200506/Ö11.1 vom 06.05.2020 hat der Kreisausschuss Folgendes beschlossen:

 „ Der Kreisausschuss des RKN beauftragt die Verwaltung des Rhein-Kreis Neuss zeitnah Informationen über die aktuellen Nitratgehalte im Grundwasser aller bekannten Messstellen im oberen Grundwasserstock u.a. auch dem Planungs- und Umweltausschuss vorzulegen. Diese Informationen sollten in zwei Gruppen aufgeteilt sein:

  1. Messstellen im Einzugsgebiet der Trinkwasserwerke
  2. Alle übrigen Messstellen im Kreisgebiet mit Nitratmessungen“

 

Nitratbericht 2020 des Bundes

 

Am 09. Juli 2020 hat das Bundesministerium für Umwelt der Öffentlichkeit den Nitratbericht 2020 für den Zeitraum 2016 bis 2018 an die EU-Kommission zur Verfügung gestellt. Der Bericht enthält die Ergebnisse der Überwachung der Grundwasser-Nitratgehalte, der Nitratgehalte in Fließgewässern, Küsten- und Meeresgewässern. Zudem soll der Bericht darüber Auskunft geben, in welchem Umfang Deutschland die EU-Nitratrichtlinie umgesetzt hat und in welchem Umfang die im Zusammenhang mit der Nitratrichtlinie ergriffenen Maßnahmen zu einer Reduzierung der Nitratbelastung des Grundwassers aus der Landwirtschaft geführt haben.

In dem Bericht ist dokumentiert, dass sich die Nitratsituation des Grundwassers seit dem Bericht aus dem Jahr 2016 für den Berichtszeitraum (2012-2015) nur geringfügig verbessert hat. 

 

Welche Grenzwerte gibt es für Nitrat im Grundwasser?

 

Folgende Werte sind gesetzlich festgelegt:

Die in der EU-Grundwasserrichtlinie 2006/118/EG (GWRL) für Grundwasser europaweit einheitlich festgelegte Qualitätsnorm von 50 mg Nitrat je Liter wurde in der deutschen Grundwasserverordnung (GrwV) als Schwellenwert in derselben Höhe (50 mg Nitrat je Liter) verankert. Die Rechtsfolgen sind trotz der unterschiedlichen Begrifflichkeiten identisch: Wenn der Wert im Grundwasser überschritten wird, sind Maßnahmen zur Reduzierung der Einträge einzuleiten. Außerdem legen sowohl die GRWL als auch die GrwV fest, dass bei festgestellten steigenden Schadstofftrends bereits bei Erreichen von drei Vierteln des Schwellenwertes (also bei 37,5 mg Nitrat pro Liter) zwecks Trendumkehr Gegenmaßnahmen einzuleiten sind.

 

 

 

Die EU-Trinkwasserrichtlinie sieht einen Qualitätsstandard (Parameterwert) von ebenfalls 50 mg Nitrat je Liter vor. Diesen Wert hat die deutsche Trinkwasserverordnung als Grenzwert in die Liste der chemischen Parameter übernommen.

 

Welche Messstellennetze werden zur Überwachung der Nitratgehalte des Grundwassers in Deutschland herangezogen?

 

Für die Überwachung des Grundwasserzustandes  in Deutschland gibt es zwei von den Bundesländern betriebene Messnetze. Dabei wird unterschieden zwischen dem sogenannten EUA-Messnetz und dem Wasserrahmenrichtlinienmessnetz.

Das EUA-Messnetz dient zur jährlichen Berichterstattung von Grundwasserzustandsdaten an die Europäische Umweltagentur (EUA) und umfasst derzeit 1215 Messstellen. Die Ausweisung dieser Messstellen erfolgt durch die Bundesländer nach bundeseinheitlich abgestimmten Kriterien:

  • Die Messstellen sollen möglichst im oberflächennahen Grundwasserleiter (oberstes Grundwasserstockwerk, freies Grundwasser ohne Sperrschicht) ausgebaut sein, damit sich die Nitratausträge der Landnutzungen in dem mit den Messstellen erfassten Grundwasser abbilden können.
  • Die ausgewählten Messstellen sollen die Verteilung der Landnutzungen (Siedlung, Wald, Grünland, Acker und Sonderkulturen) in den Bundesländern und somit auch in Deutschland repräsentativ abbilden.
  • Die Anzahl der Messstellen in den einzelnen Bundesländern ergibt sich aus ihrer Flächengröße.
  • Die regionale Verteilung der Nitratbelastung im Grundwasser soll repräsentativ wiedergegeben werden.

Für die Berichterstattung zur EU-Nitratrichtlinie werden aus dem EUA-Messnetz diejenigen Messstellen betrachtet, in deren ⁠Einzugsgebiet⁠ die Nutzungseinflüsse der Landwirtschaft (Acker, Grünland und Sonderkulturen) auf die Grundwassermessstellen dominieren. Deshalb finden in diesem Messnetz Messstellen unter Flächen, die nicht landwirtschaftlich genutzt werden (Siedlung, Wald), keine Berücksichtigung.

Insgesamt umfasst dieses als EU-Nitratmessnetz bezeichnete Messnetz 692 Messstellen. Die Anzahl der Messstellen ergibt sich daraus, dass ca. 60% der Fläche Deutschlands landwirtschaftlich genutzt wird.

Das Messnetz umfasst 688 sogenannte konsistente Messstellen für 2016-2018 und 2012-2015. Es beschreibt repräsentativ den Einfluss der landwirtschaftlichen Nutzung auf die Beschaffenheit des oberflächennahen Grundwassers in Deutschland. Keine der für Nordrhein-Westfalen dokumentierten 59 Messstellen befindet sich im Rhein-Kreis Neuss.

 

Für die Beurteilung des chemischen Zustands der Grundwasserkörper in Deutschland, betreiben die Bundesländer zusätzlich das sogenannte Wasserrahmenrichtlinienmessnetz. An diesen Messstellen werden ebenfalls die Nitratgehalte gemessen und für die Bewertung der rund 1200 Grundwasserkörper in Deutschland herangezogen. Dieses Messnetz umfasst knapp 5000 Überblicksmessstellen und 2300 operative Messstellen. Überblicksmessstellen befinden sich vornehmlich in unbelasteten Grundwasserkörpern. Operative Messstellen befinden sich an Grundwasserkörpern, die noch im schlechten Zustand sind.

 

 

 

 

 

 

 

Nitratbelastung gemäß EU-Nitratmessnetz für den Berichtszeitraum 2016-2018 und 2012-2015

 

 

Nitratbelastung EU-Messstellen nach Berichtszeiträumen

 

Nitratklassen              Anteil Messstellen 2012-2015           Anteil Messstellen 2016-2018

< 25 mg/l                                       49,0 %                                          49,6 %

>25 bis < 40 mg/l                           15,0 %                                          14,2 %

> 40 bis < 50 mg/l                            7,8 %                                            9,5 %

> 50 mg/l                                       28,2%                                           26,7 %

 

Tabelle: Häufigkeitsverteilung der mittleren Nitratgehalte im aktuellen Zeitraum 2016 bis 2018 sowie im vorherigen Zeitraum 2012 bis 2015 an jeweils 692 EU-Nitratmessstellen
Quelle: Nitratbericht 2020 des Bundes

 

Für den Zeitraum 2016-2018 beträgt der Anteil der Messstellen mit Nitratgehalten von mehr als 50 mg/l im Mittel 26,7 %, für den Zeitraum 2012-2015 betrug der Anteil 28,2 %. Der Anteil der unbelasteten oder nur gering belasteten Messstellen bis 25mg/l Nitrat bleibt laut Bericht im Zeitraum 2016-2018 mit 49,6 % im Vergleich zum vorangegangenen Zeitraum mit 49,0 % auf nahezu gleichem Niveau. Insgesamt zeigen die Ergebnisse eine leichte Abnahme der Nitratgehalte im landwirtschaftlich beeinflussten Grundwasser. Zwar ist die Abnahme der Nitratgehalte in einem stärkeren Ausmaß an den hoch belasteten Messstellen festzustellen. Nichtsdestotrotz ist die Nitratbelastung des Grundwassers in Deutschland ausweislich des Berichts insgesamt weiterhin als zu hoch einzustufen.

 

 

Nitratwerte für den Rhein-Kreis Neuss

 

Die untere Wasserbehörde des Rhein-Kreises Neuss untersucht selbst keine Grundwassermessstellen regelmäßig auf Nitrat.

Zwischenzeitlich hat der Kreis anhand der Datenbank HYGRIS-C des LANUV NRW die Mittelwerte für Nitrat für 234 Grundwassermessstellen (GWMS) für den Zeitraum 2017-2020 ermittelt (Anlage 1). Von den 234 GWMS überschreiten 73 den Schwellenwert von 50mg/l nach der GrwV. Das sind 32,05 %. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des Wunsches nach aktuellen Zahlen keine Prüfung der GWMS auf Konsistenz zu früheren Zeiträumen erfolgt ist. Aus diesem Grunde ist die Anzahl der in der Tabelle (Anlage 1) erfassten GWMS recht hoch.

Hinzu kommen Grundwassermessstellen, für die der Erftverband der UWB eine kartografische Darstellung differenziert nach den 4 Nitratklassen grün (0-10mg/l, gelb 10-25 mg/l, orange 25-50 mg/l und rot größer als 50 mg/l übermittelt hat (Anlage 2). 

Derzeit sind noch keine Vergleiche der Daten des Erftverbandes mit den für den Rhein-Kreis Neuss in den Messnetzen des Landes enthaltenen Daten erfolgt. Es ist beabsichtigt, für eine ganzheitliche Bewertung aller Daten einen Referenten des Landes und des Erftverbandes zu einer der nächsten Ausschusssitzungen einzuladen.

 

 

 

 

Anlagen: