Sachverhalt:
Mit Datum vom
28.06.2021 haben die Kreistagsfraktionen von BÜNDNIS 90/ Die GRÜNEN und SPD die
als Anlage beigefügte Anfrage
„Sharing-Dienste – Verbreitung im Rhein-Kreis Neuss“ zur Sitzung des Mobilitätsausschusses des
Rhein-Kreis Neuss am 26.08.2021 gestellt. Die Verwaltung nimmt hierzu wie folgt
Stellung:
Um die Anfrage
adäquat beantworten zu können ist eine Eingrenzung bzw. Begriffsdefinition von
Shared Mobility von Nöten, da nicht alle Vermietungsdienstleistungen im engeren Sinne darunter fallen – z. B.
konventionelle, also (stationsbasierte) Auto- oder Fahrradverleiher, bei denen
zu jedem Mietvorgang ein einzelner Vertrag abgeschlossen werden muss.
Betrachtet man die deutschsprachige wissenschaftliche Fachliteratur, fällt
einem ins Auge, dass es momentan jedoch keine allumfassende Definition dieses
Begriffes gibt. Kritisiert wird dort allen voran, dass die Wahrnehmung der
Bürgerinnen und Bürger, also jenen, die letztlich von den Angeboten Gebrauch
machen und profitieren sollen, zu wenig bei der inhaltlichen Ausgestaltung
einer allgemeingültigen Definition miteinbezogen würde. Zudem ist erkennbar,
dass vorrangig englische Namen und Begrifflichkeiten die Mobilität von morgen
prägen.
Nichtsdestotrotz
existieren Definitionsansätze, welche vor allem aus der Wissenschaft, den
Behörden oder den Anbietern von Sharing-Diensten selbst stammen. Auf der
Homepage des „Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des
Bundes“, wird Shared Mobility als ein Überbegriff für gemeinsam genutzte Fahrzeuge
und Mobilitätsangebote definiert. Dies umfasse „[…] die Nutzung von Autos,
Fahrrädern bzw. E-Rollern und organisierten Mitfahrgelegenheiten, hinzu kommen
spezielle Bring- und Holdienste und Parkplatzdienste (ProPK, 2021).“
Die
Internetseite des Autocomputerproduzenten ZF
ProAI bietet folgende Erklärung an:
Shared Mobility folgt dem Prinzip des
Teilens statt des Besitzens. Begriffe wie Carsharing oder Bikesharing stehen
für das Mieten eines Autos oder eines Fahrrades, das auch sehr spontan möglich
ist. Durch eine einmalige Registrierung müssen Anbieter und Nutzer
typischerweise nicht bei jedem Mietvorgang einen neuen Vertrag miteinander
schließen. Stationsbasierte Angebote machen zur Bedingung, ein Fahrzeug an
bestimmten Stationen abzuholen und wieder abzugeben. Beim Free-Floating sind
Fahrzeuge in festgelegten Gebieten im öffentlichen Raum geparkt, etwa in einer
Stadt. Beim künftigen Einsatz von autonom fahrenden Shuttles erhält Shared
Mobility eine weitere Bedeutung (siehe autonomes Ride-Hailing) (ZF Pro AI,
2021).
Da der Rhein-Kreis selbst nicht über Daten
zu den einzelnen Angeboten aus den Kommunen verfügte, wurden alle Kommunen mit
der Gewährung einer großzügigen Frist angeschrieben, um sich zu ebenjenen
äußern zu können. Des Weiteren wurden – wenn nötig und möglich – auch weitere
Entitäten wie z. B. die Stadtwerke oder die Anbieter direkt befragt. Im
Folgenden sollen die Antworten und Ergebnisse der Abfrage einzeln nach Kommune
und nach den in der Anfrage gestellten Fragestellungen aufgelistet und sortiert
dargelegt werden:
1) Aus der Gemeinde Rommerskirchen wurden die Fragen 1, 4
und 5 mit „Nein“ beantwortet.
2) Die Antwort der Stadt Grevenbroich steht urlaubsbedingt noch
aus. Der Kreisverwaltung sind keine Anbieter bekannt.
3) Die Stadt Jüchen hat keine der angesprochenen
Sharing-Dienste. Die Fragen 2 – 4 entfallen dementsprechend. Auch gibt es keine
Kenntnisse über geplanten Markteintritte.
4) In der Stadt Korschenbroich gibt es im gesamten
Stadtgebiet keine Car-, Bike- oder Roller-Sharing Angebote mit entsprechend
ausgewiesenen Stellplätzen. Anfragen entsprechender Art lägen auch nicht vor.
5) Seit 2015 gibt es die
Möglichkeit im Stadtgebiet von Kaarst
ein Carsharing-Fahrzeug zu nutzen (kein Free-Floating). Die Stadt Kaarst stellt
hierzu dem Autohaus Dresen einen Stellplatz am Kaarster Bahnhof (Kaarster
Straße 55) zur Verfügung. Der Stellplatz ist durch eine entsprechende
Hinweistafel besonders gekennzeichnet. Der Nutzungsbereich erstreckt sich über
das Kaarster Stadtgebiet. Zur Auslastung gibt es keine Daten, jedoch vermutet
die Stadtverwaltung, dass die Auslastung eher gering ist. Die Fragen 4 und 5
wurden beide jeweils verneint.
6) In der Stadt Meerbusch ist seit Mitte April die
Firma Bird mit ihren E-Scootern
aktiv. Bediengebiet sind die drei großen Stadtteile Osterath, Büderich und
Strümp mit insgesamt 150 Rollern. Angenommen würden diese sehr gut mit 1,47
Fahrten pro Tag und Scooter. Bird
testet diese Konstellation 6 Monate und danach wird gemeinsam eine Auswertung
vorgenommen. Zudem gäbe es bereits weitere Anfragen von den Anbietern Lime, Tier und Voi, von diesen
wird Lime vermutlich noch diesen
Sommer mit 200 Scootern und 100 E-Bikes im gesamten Stadtgebiet an den Start
gehen. Die Stadt Meerbusch schließt mit jedem Anbieter ein Qualitäts-Agreement
ab, in dem auch die Anzahl an Scootern festgehalten wird. Dabei hat man sich
zunächst auf max. 200 Scooter pro Anbieter für das gesamte Stadtgebiet
geeinigt. Eine Genehmigung benötigen die E-Scooter-Anbieter nicht. Aus diesem
Grunde versuche die Stadt Meerbusch möglichst eng mit den Anbietern
zusammenzuarbeiten und gemeinsam Parkverbotszonen u. Ä. festzulegen. Bisher
seien erst wenige Beschwerden eingegangen. Man sei gespannt wie es wird, wenn
mehrere Anbieter von E-Scootern und auch noch E-Bikes hinzukommen.
Bezüglich der Einrichtung einer Car-Sharing-Infrastruktur lässt sich die
Stadt Meerbusch im Moment von dem Unternehmen Eco-Libro beraten. Diese Beratung wird über das Programm Teil.Land.NRW gefördert. Künftig soll
sukzessive – zunächst am Standort Wittenberger Straße in Lank-Latum – und in
Kooperation mit den Stadtwerken ein Car-Sharing-System mit E-Autos aus dem
Fahrzeugpool der Stadt aufgebaut werden. Die Fahrzeuge werden demnächst mit der
dazu nötigen Software ausgestattet und dann zunächst den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Im nächsten Jahr sollen diese dann auch
öffentlich zugänglich gemacht werden. Abschließend bieten die Stadtwerke in
Meerbusch bereits jetzt noch einen BMW i3 zum sharen für die Bürgerinnen und
Bürger an, welches sich in der Hildegundisallee befindet (kein Free-Floating).
Dieser soll ab nächstem Jahr dann auch in die Flotte des Kooperationsprojektes
zwischen Stadt und Stadtwerken integriert werden.
7) Von der Stadt Neuss wurden sowohl Antworten von
Seiten der Stadtverwaltung als auch der Stadtwerke Neuss GmbH eingeholt. In der
Stadt Neuss gibt es verschiedene Sharing-Angebote. Zum einen werden durch die
Stadtwerke Neuss GmbH sowohl E-Pkw als auch E-Roller angeboten. Für die E-Autos
betreiben die Stadtwerke die Sharingplattform „neuss e-mobil“ in einer eigenen
App. Diese läuft seit August 2020 mit zurzeit 6 E-Fahrzeugen, 4 davon in einer
eigenen Benutzeroberfläche für verschiedene Benutzergruppe und 2 in einer
Kooperation mit dem Neusser Bauverein. Darüber hinaus werden in einem internen
Carsharing-Angebot weitere 3 E-Fahrzeuge für Dienstfahrten eigener
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtwerke Neuss angeboten. Die
Sharing-Plattform wird momentan um weitere Produkte erweitert. Geplant sind
dabei noch in diesem Sommer E-Roller, E-Bikes und Fahrradboxen. Die Fahrzeuge
werden stationsbasiert an den Standorten Neuss Innenstadt, Haltestelle
Niedertor (SWN), Moselstraße (SWN) und Wingender Straße (Neusser Bauverein)
angeboten. Über die Auslastung kann aufgrund der aktuellen Coronasituation
keine abschließende Aussage getroffen werden. Es wird jedoch insgesamt eine
positive Entwicklung der Nutzerzahlen festgestellt, wobei man von einer
Kostendeckung durch die erzielten Einnahmen weit entfernt ist. Zu den Fragen 4
und 5 konnte von Seiten der Stadtwerke keine Aussage getroffen werden. Die
Stadtverwaltung bietet in Kooperation mit der Firma Lime E-Bikes und in
Kooperation mit den Firmen Lime und Spin E-Scooter an. Das Einzugsgebiet stellt
das Stadtgebiet von Neuss dar, wobei bei den Scootern die Randgebiete teilweise
ausgeschlossen sind. Da die E-Scooter erst seit wenigen Monaten im Einsatz
sind, liegen noch keine verlässlichen Daten zur Auslastung vor. Bei den
Scootern wurden mithilfe einer Sondernutzungserlaubnis Regelungen zur Anzahl
der Roller, zum zulässigen Abstellen sowie der Befristung der Genehmigung etc.
festgelegt. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Stadt mit weiteren
Anbietern für Scooter, Bike und Roller-Anbieter im Gespräch sei.
8) In der Stadt Dormagen gibt es folgende (Verleih-
und) Sharing-Dienste: In der Radstation am Bahnhof können Fahrräder – auch
E-Bikes – gemietet werden (kein Free-Floating). Das Einzugsgebiet für die
Fährräder erstreckt sich auf die Gemeinden, welche über eine von der Caritas
geführte Radstation verfügen (Neuss, Grevenbroich und Dormagen).
Ein E-Scooter-Anbieter stehe in Dormagen in den Startlöchern. Momentan
wird vom Ordnungsamt noch ein Nutzungskonzept erarbeitet. Die E-Scooter werden
dabei wohl auf dem Stadtgebiet von Dormagen verbleiben.
Es wurde zudem erläutert, dass über den öffentlichen Dienstauftrag über
Verkehrsleistungen im Aufgabenträgergebiet, der an die SVGD (Stadtbad- und
Verkehrsgesellschaft Dormagen)/ SDG (Stadtbus Dormagen) erteilt wurde, steuernd
Einfluss genommen werden könne. Jedoch seien Angebote wir E-Roller oder
Verleihfahrräder nicht zu unterbinden. Lediglich Verkehrsleitungen im Bus-
sowie On-Demand-Bereich können reglementiert werden.
Als ein weiteres Angebot besteht ein Carsharing-Angebot in Dormagen von
cambio Rheinland in Kooperation mit der Stadtbus (SVGD) und der
Energieversorgung Dormagen (evd). Dabei handelt es sich um ein sogenanntes
stationsbasiertes Angebot, d.h. die Fahrzeuge haben einen festen, für sie
reservierten Parkplatz, an dem sie stationiert sind. Durch die Planbarkeit
dieses Angebots eignet sich dieses Angebot besser zum Ersatz eines Fuhrparks
oder eines privaten PKW als ein sogenanntes Free Floating-Angebot, bei dem die
Fahrzeuge im Stadtgebiet verteilt sind. Initiiert wurde das Angebot durch eine
Ausschreibung der Stadt Dormagen, die ein stationsbasiertes (E-)Carsharing
kombiniert mit ÖPNV-Tickets und einem Fahrradleihsystem als Mobilitätspaket und
als Ersatz für die dienstliche Nutzung von Privat PKW für die Angestellten der
Stadtverwaltung etablieren will.
Zur Akzeptanz und zur Auslastung des Angebots konnte von Seiten der
Stadt Dormagen keine Rückmeldung gegeben werden, sodass Cambio direkt
kontaktiert wurde:
Derzeit werden 19 E-Fahrzeuge, davon 8 am technischen Rathaus und 9 im
Parkhaus Nettergasse sowie 2 konventionelle Fahrzeuge am BHF Dormagen
bereitgestellt. Die Fahrzeuge werden unter der Woche hauptsächlich von den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für Dienstfahrten genutzt. Bei
Cambio handelt es sich um einen seit 1992 etablierten, bundesweiten Anbieter
von Carsharingdienstleistungen mit einem Schwerpunkt im Rheinland (Köln, Bonn,
Düsseldorf und Umland). Von Seiten cambios wurde erörtert, dass das Sharing-Angebot
durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung im Zeitraum zwischen
09.00 Uhr und 13:00 Uhr sehr gut angenommen wird. Die Auslastung könnte noch
weiter gesteigert werden, wenn sich der angestrebte Mobilitätsmix in der
Nutzung noch weiter etabliert. Dazu gehört vor allen Dingen die Nutzung der
Fahrräder als Alternative zum Automobil für kurze Distanzen. Hier sollen die
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Seiten der Verantwortlichen bei der
Stadtverwaltung noch mehr mitgenommen werden.
In der übrigen Zeit am Nachmittag sowie an Wochenenden gibt es noch Luft
nach oben in der Nutzung, wenn man Vergleichszahlen von cambio aus anderen
Städten, in denen Carsharing bereits etabliert ist, hinzuzieht. Es wird
angestrebt, dazu die Bevölkerung immer wieder auf das Angebot aufmerksam zu
machen, dazu hat sowohl die Stadt Dormagen als auch die evd und die SVGD
Bereitschaft signalisiert.
Digitalisierungs-TÜV
(X ) Digitalisierungspotential vorhanden.
( ) Digitalisierungspotential muss geprüft werden.
( ) Kein Digitalisierungspotential (derzeit)
erkennbar.