Betreff
Verkündung des Gesetzes zum Schutz der Insektenvielfalt in Deutschland und zur Änderung weiterer Vorschriften
Vorlage
68/0846/XVII/2021
Aktenzeichen
68.4-72.02
Art
Mitteilung

Sachverhalt:

Das Gesetz zum Schutz der Insektenvielfalt in Deutschland und zur Änderung weiterer Vorschriften wurde am 30.08.2021 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I S. 3908). Es umfasst in Art. 1 die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes in Art. 2 die Änderung des Ausgleichleistungsgesetzes und in Art. 3 die Änderung des Pflanzenschutzgesetzes. Die Reglungen treten im Wesentlichen am 01.03.2022 in Kraft. Die Änderungen des Ausgleichsleistungsgesetzes und des Pflanzenschutzgesetzes sind am 01.09.2021 in Kraft getreten.

 

Das Gesetz umfasst zusammengefasst folgende Änderungen bestehender Vorschriften:

 

1. Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes

 

·         In den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege wird die Bedeutung von Freiräumen im besiedelten Bereich herausgestellt (§ 1 Abs. 3 Nr. 3).

·         Der Schutz der wild lebenden Tiere und ihrer Funktionen wird um Stoffumwandlungs- und Bestäubungsleistungen erweitert (§ 1 Abs. 3 Nr. 5).

·         Die Erfordernisse zur dauerhaften Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswertes von Natur und Landschaft werden um den Schutz von Pflanzen- und Tiervorkommen und die Ausprägung von Biotopen und Gewässern erweitert (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 neu). In Nr. 3 (neu, frühere Nr. 2) wird auch der Schutz großflächiger Erholungsräume aufgenommen.

·         Die Vorrangflächen zur Freihaltung im Innenbereich vor Bebauung wird um Flächen, die als Grünflächen oder Freiraum zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege erweitert (§ 1 Abs. 5).

·         Das Gebot der Erhaltung natürlicher oder naturnaher Strukturen im besiedelten und siedlungsnahen Bereich wird um Flächen für natürliche Entwicklungsprozesse, Naturerfahrungsräume, naturnaher Bereiche an Verkehrs- und anderen Nutzflächen einschließlich Wegesäume erweitert und für diese bei Mangel ein Entwicklungsgebot aufgenommen (§ 1 Abs. 6).

·         Temporäre Verbesserungsmaßnahmen werden als den Zielen dienlich aufgenommen (§ 1 Abs. 7).

·         § 2 Abs. 7 (neu) betont die Bedeutung freiwilliger Verbesserungsmaßnahmen und fordert deren begünstigende Berücksichtigung bei behördlichen Entscheidungen (z. B. bei Wiederaufnahme der Flächennutzung) auch zur Förderung der allgemeinen Kooperationsbereitschaft.

·         § 2 Abs. 8 (neu) ermöglicht es den Ländern, in hochwertigen Schutzgebieten insbesondere mit Vereinigungen der Landwirtschaft und des Naturschutzes freiwillige Vereinbarungen zur Biodiversitätsförderung anzubieten.

·         Die Sicherung und Förderung der Biodiversität wird als Inhalt der Landschaftsplanung aufgenommen (§ 9 Abs. 3).

·         Für die Landschaftsprogramme, Landschaftsrahmenpläne und Landschaftspläne wird eine Überprüfungs- und ggfs. Fortschreibungspflicht nach jeweils 10 Jahren festgelegt §§ 10 Abs. 4, 11 Abs. 4).

·         Die Inhalte von Grünordnungsplänen (für den Siedlungsbereich, Siedlungsrandlagen und Teilräume der Kultur- und Erholungslandschaft) werden konkretisiert (§ 11 Abs. 6 neu).

·         In Naturschutzgebieten im Außenbereich werden die Neuerrichtung von Beleuchtung an Straßen und beleuchtete oder leuchtenden Werbeträgern verboten. Ausnahmemöglichkeit: Keine Beeinträchtigung des Schutzzwecks, Verkehrssicherheit oder öffentliche Sicherheit (§ 23 Abs. 4 neu). Weitergehende Schutzvorschriften im Verordnungswege oder nach Landesrecht bleiben unberührt.

·         Dies gilt auch in Nationalparken und Kern- oder Pflegezonen von Biosphärenreservaten (§§ 24 Abs. 3, 25 Abs. 3 neu).

·         Die gesetzlich geschützten Biotope werden um magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen i. S. d. FFH-RL erweitert Ausnahme: Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen (§ 30 Abs. 2).

·         Die Anwendung von Biozidprodukten außerhalb geschlossener Räume in Naturschutzgebieten, Nationalparken, Nationalen Naturmonumenten, Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten, Naturdenkmälern und geschützten Biotopen wird wie folgt verboten (§ 30 a neu):

1.  Keine flächige Anwendung von Insektiziden, Akariziden und Produkten gegen andere Arthropoden.

2.  Kein Auftrag von Holzschutzmitteln in Form von Bioziden durch Spritzen oder Sprühen.

Ausnahmemöglichkeit zu Nr. 1 bei Erfordernissen zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier. In Schutzgebietsfestsetzungen können unter Berücksichtigung dessen auch für bestimmte Fallgruppen generelle Ausnahmen zugelassen werden. Unberührt bleiben Schutzbestimmungen für FFH- und VS-Gebiete, weitergehende landesrechtliche Schutzvorschriften und Maßnahmen gegen Gesundheitsschädlinge nach dem Infektionsschutzgesetz.

·         Der allgemeine Schutz wild lebender Pflanzen und Tiere (§ 39) wird für wissenschaftliche oder naturkundliche Untersuchungen an Tieren oder Pflanzen sowie diesbezügliche Maßnahmen der Umweltbildung im erforderlichen Umfang einschränkt.

·         In § 41 a (neu) wird der Schutz von Tieren und Pflanzen vor Beeinträchtigungen durch Beleuchtung geregelt:

Ø  Grundsätzliches Gebot des Schutzes von Tieren und Pflanzen vor zu vermeidenden Lichtimmissionen bei neuen Außenbeleuchtungen oder wesentlichen Änderungen bestehender Anlagen. Die Bestimmung nimmt Bezug auf eine noch zu erlassende Verordnung des Bundesumweltministeriums (s. u.).

Ø  Nachrüstpflicht für bestehende Beleuchtungen an öffentlichen Straßen und Wegen nach Maßgabe der vorstehend angesprochenen Verordnung.

Ø  Entscheidung über Anordnungen bei Bau oder Änderung solcher Anlagen im Benehmen mit der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde.

Ø  Anzeigepflicht für im Übrigen nicht genehmigungs- oder anzeigepflichtige solche Beleuchtungen an die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde, wenn schädliche Lichtimmissionen nach der vorgenannten Verordnung entstehen können. Möglichkeit behördlicher Anordnungen für konstruktive oder technische Schutzmaßnahmen innerhalb von 4 Wochen. Vorläufige Einstellungsmöglichkeit bei fehlender Anzeige.

·         § 54 regelt in Abs. 4 d (neu) die Verordnungsermächtigung für das Bundesumweltministerium für

Ø  die Festlegung von Grenzwerten für Lichtimmissionen i. S. d. § 41 a,

Ø  die zu erfüllenden technischen und konstruktiven Anforderungen,

Ø  die nähere Bestimmung von Schutzmaßnahmen,

Ø  Vorgaben zur Nachrüstpflicht und

Ø  den Umfang der Anzeigepflichten.

·         In § 54 Abs. 6 a (neu) ergeht eine Verordnungsermächtigung an das Bundesumweltministerium zur Regelung von Insektenfallen außerhalb geschlossener Räume. Die Verordnung kann allgemeine und Einzelfallausnahmen vorsehen und Hinweispflichten für den Verkauf begründen.

·         § 54 Abs. 6 b (neu) ermächtigt das Bundesumweltministerium, im Verordnungswege Regelungen über sog. Himmelsstrahler unter freiem Himmel und Projektionsscheinwerfern. Die Verordnung kann allgemeine und Einzelfallausnahmen vorsehen.

·         Änderungen in Abs. 9 sind redaktionelle Anpassungen.

·         Abs. 10 a (neu) enthält eine Verordnungsermächtigung für das Bundesumweltministerium für folgende Regelungen:

Ø  Artenschutzrechtliche Unberührtheit oder Legalausnahme bei Wieder-Inanspruchnahme von Sukzessionsflächen oder angelegten Biotopflächen auf zugelassenen Betriebsflächen (>1 Jahr bis i. d. R. 10 / 15 Jahre) bei Gewinnungsbetrieben mineralischer Rohstoffe (z. B. Kies, Sand, Steine) einschließlich Verfahren.

·         Abs. 10 b (neu) enthält eine Verordnungsermächtigung für das Bundesumweltministerium für folgende Regelungen:

Ø  Artenschutzrechtliche Unberührtheit oder Legalausnahme bei Wieder-Inanspruchnahme von Sukzessionsflächen oder angelegten Biotopflächen (>1 Jahr bis i. d. R. 10 / 15 Jahre) bei zugelassener gewerblicher, verkehrlicher oder baulicher Nutzung einschließlich Verfahren.

·         In § 69 werden die Vorschriften über Ordnungswidrigkeiten entsprechend den neuen gesetzlichen Verboten bzw. den sich aus der Inanspruchnahme der Verordnungsermächtigungen ergebenden Regelungen angepasst.

 

2. Änderung des Ausgleichsleistungsgesetzes

 

Das Gesetz über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können (Ausgleichsleistungsgesetz - AusglLeistG) sieht in § 3 Abs. 14 vor, dass im Beitrittsgebiet nach dem Einigungsvertrag bestimmte Flächen an die Bundesumweltstiftung, Vereinigungen oder Träger von Naturschutzgroßprojekten übertragen werden können. Der Höchstwert naturschutzbedeutsamer Flächen wurde von 65.000 ha auf 73.000 ha erhöht.

 

3. Änderung des Pflanzenschutzgesetzes

 

Die Änderung des Pflanzenschutzgesetzes umfasst die Öffnung für länderspezifische Abweichungsregelungen und Ausgleichszahlungen bei wesentlichen Erschwernissen in der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung.

 

Der Gesetzestext des Änderungsgesetzes ist beigefügt.