Betreff
Gemeinde Rommerskirchen: 55. Flächennutzungsplan-Änderung "Giller Höfe"
Vorlage
61/1320/XVII/2022
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Naturschutzbeirat wird um Stellungnahme zur Planung gebeten.


Sachverhalt:

Planung der Gemeinde

 

Der Geltungsbereich der 55. Flächennutzungsplan-Änderung (FNP-Änderung) umfasst in der Gemeinde Rommerskirchen, Gemarkung Rommerskirchen, Flur 15, die Flurstücke 17, 18 (tw.), 149 (tw.), 152, 156, 164, 544 und 593.

Begrenzt wird der Änderungsbereich

  • im Süden durch die Giller Straße (Flur 15, Flurstück 158),
  • im Osten durch die Bergheimer Straße B 477 (Flur 15, Flurstück 585),
  • im Norden durch die rückwärtigen Flächen der Gewerbegrundstücke nördlich der Eggershovergasse (Flur 15, Flurstücke 197, 572 und 579) sowie private Grünflächen (Flur 15, Flurstücke 18 (tw.) und 248) und
  • im Westen durch die begleitende Grünfläche des Gillbaches (Flur 15, Flurstück 543) sowie private Grünflächen (Flur 15, Flurstücke 229, 230, 233, 234) und ein Wohngrund-stück (Flur 15, Flurstück 592).

 

Der Plan und die Begründung sind in der Anlage zu finden.

 

Der Änderungsbereich der FNP-Änderung liegt im Süden des Siedlungsgefüges Rommerskirchen. Derzeit wird die Fläche hauptsächlich als landwirtschaftliche Ackerfläche sowie in einem kleinen Teilbereich im Norden zum Wohnen genutzt (siehe Bilder).

 

Der Geltungsbereich der FNP-Änderung umfasst das gesamte Planungsgebiet des neuen Wohnquartiers „Giller Höfe“ mit einer Größe von ca. 8,1 ha. Die Gemeinde möchte auf diese Weise auf die steigende Nachfrage nach Wohnraum reagieren. Um auf den anstehenden Bedarf an verschiedenen Wohnformen für verschiedene Altersgruppen in der Gemeinde Rommerskirchen zu reagieren, sollen neben grundgebundenen Wohnformen wie Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern zudem ein großer Teil der Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern untergebracht werden. Die in der Region verbreitete Gebäudetypologie des „Hofes“ soll hierbei das städtebauliche Erscheinungsbild und den Charakter des neuen Quartiers maßgeblich prägen. Die geplanten Hofstrukturen sollen sich sowohl aus Mehrfamilienhäusern als auch aus grundgebundenen Wohnformen zusammensetzen und bieten ideale Voraussetzungen für die Etablierung neuer Wohnformen wie Mehrgenerationenwohnen und die Unterbringung von gefördertem Wohnungsbau.

 

Innerhalb des Quartiers soll eine Vielzahl von öffentlichen Aufenthaltsräumen mit unterschiedlichem Charakter entstehen. Neben einem Quartiersplatz sowie dem naturnah gestalteten Grünbereich am Gillbach soll eine „Grüne Achse“ entstehen, die eine Verbindung zwischen dem Entrée-Bereich des Quartiers an der Kreuzung Bergheimer Straße / Breslauer Straße im Osten und dem Auenbereich am Gillbach im Westen schafft. Die „Grüne Achse“ soll im Westen auf die geplante drei-zügige Kindertagesstätte treffen. Neben den Grünstrukturen für den Aufenthalt, sieht der städtebauliche Entwurf zudem Flächen für die Regenrückhaltung und den ökologischen Ausgleich vor.

 

Entlang des Gillbaches wird eine „Grünfläche“ Zweckbestimmung „Öffentliche Grünfläche bzw. Ausgleichsfläche“ dargestellt, in der auch naturnah gestaltete Versickerungsmulden liegen sollen. Die Grünfläche soll den Gillbach auf östlicher Seite einfassen und das Pendant zu den Grünstrukturen westlich des Baches bilden. Die Fläche soll im Sinne des dargestellten LSG und des im Landschaftsplan dargestellten Entwicklungsziels 8 „Renaturierung von Fließgewässern“ naturnah gestaltet werden und fungiert gleichzeitig als Pufferzone zwischen dem Bach und der geplanten Wohnbebauung bei möglicher Überschwemmung.

 

Im südwestlichen Bereich des Plangebietes entlang der Grenze zu Flurstück 592 (Flur 15, Gemarkung Rommerskirchen) stellt die vorliegende FNP-Änderung zudem einen Streifen als „Grünfläche“ dar. In diesem Bereich soll eine raumwirksame Eingrünung der bestehenden Bebauung an der Giller Straße zum Plangebiet erfolgen. Der geplante Gehölzstreifen soll parallel zur Plangebietsgrenze verlaufen und eine bepflanzte Breite von ca. 5 Metern aufweisen.

 

Da sich die nördlichen Flächen des Plangebietes mit einer Gesamtgröße von ca. 1,6 ha in privatem Eigentum befinden (s. Kap. 1.4), kann derzeit die angestrebte ganzheitliche Entwicklung der Fläche nicht umgesetzt werden. Im Sinne einer langfristigen Planung wird der nördliche Bereich jedoch im Entwurf berücksichtigt und könnte bei künftiger Flächenverfügbarkeit als zweiter Bauabschnitt entwickelt werden.

 

Planungsvorgaben

 

Der Regionalplan der Bezirksregierung Düsseldorf stellt für den Änderungsbereich des Flächennutzungsplanes überwiegend Allgemeinen Siedlungsbereich (ASB) dar. Lediglich Teile im Westen des Plangebietes sind als Allgemeiner Freiraum- und Agrarbereich dargestellt. Für den Allgemeinen Freiraum- und Agrarbereich ist zudem der Schutz der Landschaft und landschaftsorientierten Erholung ausgewiesen. Die Flächen entlang des Gillbaches sind außerdem als Überschwemmungsbereiche markiert.

 

Das Plangebiet befindet sich im Geltungsbereich des Landschaftsplanes des Rhein-Kreis Neuss, Teilbereich 6: Grevenbroich – Rommerskirchen von 1991. Der Landschaftsplan stellt für den überwiegenden Teil des Plangebietes das Entwicklungsziel 1 „Erhaltung einer mit naturnahen Lebensräumen oder sonstigen natürlichen Landschaftselementen reich oder vielfältig ausgestatteten Landschaft“ dar. Lediglich parallel des Gillbaches im Westen des Plangebietes wird das Entwicklungsziel 8 „Renaturierung von Fließgewässern“ dargestellt. Das Plangebiet befindet sich zudem gänzlich innerhalb des Landschaftsschutzgebietes (LSG) 6.2.2.2 „Gillbachtal“.

 

Um die wohnbauliche Entwicklung der Fläche ermöglichen zu können, wird eine Anpassung des Landschaftsplanes angestrebt. Das LSG soll zurückgenommen und auf den nördlichen Bereich des Plangebietes sowie einen Streifen entlang der Plan-gebietsgrenzen im Südwesten und einen Streifen entlang des Gillbaches begrenzt werden. Das Entwicklungsziel 8 „Renaturierung von Fließgewässern“, welches der Landschaftsplan für den Bereich entlang des Gillbaches darstellt, soll bei der Gestaltung der Fläche Berücksichtigung finden.

 

Die nördlichen Flächen des Plangebietes unterliegen weiterhin einem „Umwandlungsverbot“. Da die Flächen jedoch derzeit intensiv ackerbaulich genutzt werden, ist der Schutzgegenstand des ursprünglichen Grünlandes bereits erloschen und das „Umwandlungsverbot“ nicht mehr relevant. Entlang der Bergheimer Straße sieht der Landschaftsplan zudem die Pflanzung einer Baumreihe vor (Maßnahme 6.5.1.389).

 

Bewertung der Kreisverwaltung

 

Die Bauleitplanung für das Wohngebiet „Giller Höfe“ liegt innerhalb des Allgemeinen Siedlungsbereiches (ASB) der Hauptortslage der Gemeinde Rommerskirchen. Daher kann der Kreis keinen Widerspruch gegen die Planung einlegen. Das resultiert aus § 7 Abs. 3 LNatSchG (korrespondiert mit § 11 Abs. 1 BNatSchG), wonach Landschaftspläne die Ziele der Raumordnung zu beachten haben. Die ASB-Festlegung des Regionalplanes ist ein Ziel der Raumordnung und setzt sich so gegen das Landschaftsschutzgebiet des Landschaftsplanes durch.

 

Der Planbereich der FNP-Änderung liegt im Übergang von einem Allgemeinen Siedlungsbereich (ASB) zu einem Bereich für den Schutz der Landschaft und landschaftsorientierte Erholung (BSLE), durch welchen die Verbundfläche besonderer Bedeutung (VB-D-4905-004), die sich ebenfalls im Bereich der Planung befindet, im Regionalplan als Vorbehaltsgebiet festgelegt ist. Die Biotopverbundfläche wurde zur Abgrenzung von Siedlungsraum und Freiraum herangezogen.

 

Die Kreisverwaltung wurde von der Gemeinde Rommerskirchen und deren Projektpartner NRW.URBAN (eine Entwicklungsgesellschaft des Landes NRW) sehr frühzeitig aktiv in die Planung einbezogen. Unter anderem war ein Vertreter der Kreisverwaltung in die fachliche Bewertung der städtebaulichen Entwürfe für die Gebietsentwicklung im Rahmen der Mehrfachbeauftragung (eine Form eines wettbewerblichen Verfahrens in der Planung) einbezogen.

 

Im Ergebnis hat sich im Verfahren eine Planung durchgesetzt, die landschaftliche und ökologische Aspekte aufgreift. Erste naturschutzbezogene Planungsinhalte in Form einer mehrreihigen Hecke am künftigen Wohngebietsrand wurden bereits umgesetzt (vgl. Lichtbilder in der Anlage).

 

Für die weitere Freiflächenplanung - insbesondere im verbleibenden Landschaftsschutzgebiet am Gillbach - wurde für Mitte Mai ein neuerlicher Abstimmungstermin mit der Gemeinde und NRW.URBAN vereinbart, um die Leistungsbeschreibung für die Gestaltung der im Entwurf des Flächennutzungsplanes vorgesehenen Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Öffentliche Grünfläche bzw. Ausgleichsfläche“ am Bach zu erstellen. Hier wird die Kreisverwaltung daraufhin wirken, dass diese Grünfläche als Auengrünlandbereich entwickelt und außer der Wegeverbindung zu einer geplanten Brücke über den Gillbach keine weiteren baulichen Elemente enthalten wird, mit Ausnahme einzelner Sitzbänke zur Erholung und der geplanten, als Grünland zu gestaltenden flachen Versickerungsmulden. Ein Vorbild für solche flachen, landschaftsintegrierten Versickerungsmulden findet sich im Bereich des Baugebietes am Steinbrink, wo derartige Mulden im LSG angelegt wurden. Die geplante Bachbrücke ist Teil einer neuen Radwegeverbindung in die Ortsmitte und zum Bahnhof, so werden attraktive Alternativen zum Auto geboten und zugleich das LSG seinen Schutzzielen gemäß als Erholungsbereich erlebbar gemacht.

 

Abschließend kann festgehalten werden, dass die Gemeinde Rommerskirchen von Beginn ihrer Planung an den Kreis aktiv eingebunden hat und sich die gute Zusammenarbeit in den kommenden Planungsphasen fortsetzen wird. Das Ziel aus Sicht der Kreisverwaltung ist, die Umsetzung der Regionalplanung landschaftsgerecht zu realisieren und mit einer ökologischen Aufwertung der Auenbereiche zu verbinden.

 

Weiteres Verfahren

 

Bei der Aufstellung, Änderung und Ergänzung eines Flächennutzungsplans im Geltungsbereich eines Landschaftsplans treten widersprechende Darstellungen und Festsetzungen des Landschaftsplans mit dem Inkrafttreten des entsprechenden Bebauungsplans außer Kraft, soweit der Träger der Landschaftsplanung im Beteiligungsverfahren diesem Flächennutzungsplan nicht widersprochen hat, § 20 Abs. 4 LNatSchG NRW.

 

Da der Kreis als Träger der Landschaftsplanung keinen Widerspruch einzulegen plant – den entsprechenden Beschluss wird der Kreistag zu treffen haben –, wird also nach Inkrafttreten des aus der vorliegenden 55. Änderung des Flächennutzungsplanes entwickelten künftigen Bebauungsplanes der Landschaftsschutz für den Bereich des neuen Wohngebietes entfallen. Ebenso werden dann die geplanten Wege und Versickerungsmulden im LSG (Grünfläche am Gillbach) zulässig werden.

 

Erhalten bleibt somit der Landschaftsschutz im Bereich der geplanten Grünflächen, so dass hier der Kreis weiter Einflussmöglichkeiten auf Gestaltung und Nutzung hat.