Sachverhalt:

Ausgangssituation
Der Rhein-Kreis Neuss war ursprünglich nahezu flächendeckend bewaldet. Aufgrund seiner günstigen Lage im Rheintal und seiner ertragreichen Lössböden, mithin hochwertige Ackerflächen, ist der Rhein-Kreis Neuss wie weite Bereiche des Niederrheins jenseits des Siedlungsbereiches durch landwirtschaftliche Nutzung geprägt. Dies hat zur Folge, dass der Rhein-Kreis Neuss mit einem Waldflächenanteil von 8,3 % zu den waldärmsten Regionen zählt. Da dem Wald wesentliche Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen  zukommen und ihm auch eine wesentliche Funktion im Rahmen des Klimaschutzes zukommt, ist unter Beachtung der den hochwertigen Ackerflächen zukommenden vorrangigen Funktion der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln eine signifikante Erhöhung des Waldanteils anzustreben.

Beschluss zur Waldvermehrung
In Abwägung zwischen den Zielen der nachhaltigen Verbesserung der natürlichen Lebensgrundlagen und der Nahrungsmittelversorgung unter Berücksichtigung der besonders hochwertigen Böden im Kreisgebiet beschloss der Kreis Neuss 1988 ein Waldvermehrungsprogramm. Hierbei sollten zunächst Aufforstungen im Rahmen der Landschaftsplanung sowie der Rekultivierung im Braunkohlenabbaugebiet realisiert werden. Der Waldanteil bei der Rekultivierung der Tagebauflächen blieb jedoch deutlich hinter den seinerzeit diskutierten Möglichkeiten zurück. Zudem sollten alle dem Kreis zum Erwerb angebotenen Flächen auf ihre Eignung zur Erstaufforstung geprüft werden. Primäres Ziel des Programmes war es, die im kommunalen Besitz befindliche Waldfläche zu verdoppeln. Es sollten demnach auch die kreisangehörigen Kommunen am Projekt Waldvermehrung mitwirken. Bis zum Jahre 2001 konnten rd. 108 Hektar kreiseigene Waldflächen durch die Forstdienststelle des Rhein-Kreises Neuss neu angelegt werden.

Kreiswald 2100! –Waldagenda 21
Als Ergebnis der Waldkonferenz auf Schloss Dyck folgte dann im Jahre 2002 der Beschluss des Waldvermehrungskonzeptes Kreiswald 2100! –Waldagenda 21. Ein bedeutender Punkt der Kreisentwicklung und gemeinsames Ziel aller an der Kreisentwicklung beteiligten Gruppen sei es demnach, zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur Verbesserung der Lebensqualität, den Waldanteil im Kreisgebiet bis zum Jahre 2100 auf mindestens 12 % zu erhöhen. Das entspräche einer Aufforstungsfläche von insgesamt 2.300 Hektar bzw. 23 Hektar jährlich. Bis heute konnten seitdem weitere 105 Hektar (= 5 Hektar jährlich) neue Waldflächen durch den Rhein-Kreis Neuss geschaffen werden. Dies entspricht einer Zielerreichung von 22 %.

Öffentliche Initiative des Kreises Neuss zur Vermehrung des Waldbestandes
Da der erforderliche Grunderwerb den größten Kostenfaktor der Waldvermehrung darstellt, wurde 1992 beschlossen, die Aufforstungskosten von Grundstücken in Privatbesitz zu übernehmen. Zwischen 1993 und 1995 entstanden im Zuge dieser Aktion rund 13 Hektar neuer Wald.

Ein Herz für Bäume
Zeitgleich zur Waldagenda 21 wurde das Projekt „Ein Herz für Bäume“  ins Leben gerufen. Bürgerinnen und Bürger des Rhein-Kreises Neuss sowie Firmen können durch Spenden im Rahmen dieses Projektes aktiv zur Waldvermehrung beitragen. Seither sind die Pflanzkosten von rd. 16 Hektar (der o.g. 105 Hektar Erstaufforstungen) durch Sponsoring übernommen worden.

Entwicklung der Waldfläche
Seit 1988 wurden insgesamt 226 Hektar neue Waldfläche durch den Rhein-Kreis Neuss geschaffen. Dies entspricht einer Erhöhung des Waldflächenanteils des Kreisgebietes (57.674 Hektar) um 0,39 %.

Grundsätze bei der Waldvermehrung
Die Suche nach für die Waldvermehrung geeigneten Flächen erfolgte stets unter der Prämisse, dass die Belange der Landwirtschaft angemessen zu berücksichtigen seien. Hierzu wurden vorrangige Suchräume für zur Waldvermehrung geeignete Flächen festgelegt (s. Anlagen). Aufforstungen sollten möglichst der Arrondierung bestehender Wälder dienen und somit zur Funktionserhöhung dieser Flächen führen. Außerhalb der Suchräume sollten Flächen nur ausnahmsweise und bei besonderer Eignung bewaldet werden.

Angesichts der weltweit bestehenden Nahrungs- und Versorgungskrise durch den Ukrainekrieg hat die Sicherstellung der regionalen Lebensmittelproduktion noch einmal eine neue Bedeutung erhalten.

Aussichten
Seit einigen Jahren ist der Erwerb von zur Aufforstung geeigneten Grundstücken deutlich erschwert.

Dies ist insbesondere in der bestehenden Flächennutzungskonkurrenz begründet. Neben der Inanspruchnahme von Flächen für den Siedlungsbereich werden die Flächen aufgrund ihrer häufig ertragreichen Lössböden für die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln benötigt. Hinzu kommt, dass die Veräußerung der Flächen für die Eigentümerinnen und Eigentümer häufig wirtschaftlich uninteressant bis nachteilig ist. Dies führte zu einem deutlich geringeren Angebot an Aufforstungsflächen und zudem zu drastisch gestiegenen Grundstückspreisen.

Unabhängig von der Flächenverfügbarkeit darf nicht außer Acht gelassen werden, dass in den letzten Jahren durch Stürme, Dürren und Schädlingsbefall bundesweit erhebliche Schäden an Waldflächen verursacht wurden. Den hieraus resultierenden bundesweit drastisch gestiegenen Bedarf an Forstpflanzen können die verbliebenen Forstbaumschulen nicht vollumfänglich decken. In diesem Sektor ist daher ein erheblicher Preisanstieg zu verzeichnen. Verfügbare Pflanzen werden zunächst in der Wiederaufforstung verwendet. Auch die Nachfrage nach sogenannten „klimastabilen“ bzw. „klimaresistenten Baumarten“ wird erst in einigen Jahren annähernd zu befriedigen sein.

Bei den Kreiswaldflächen wird daher bei den fortlaufend durchgeführten Neu- und Nachpflanzungen weiterhin auf ein breites Pflanzspektrum, ergänzt um neue „klimastabile“ Sorten und Naturverjüngung, sowie eine naturnahe Bewirtschaftung gesetzt.