Betreff
Änderungen des Bundesrechts zur Förderung der erneuerbaren Energien 2022
Vorlage
68/1493/XVII/2022
Aktenzeichen
68.4-00.01
Art
Mitteilung

Sachverhalt:

Durch die Änderung einer Vielzahl bundesrechtlicher Regelungen in 2022 (u. a. Raumordnungsrecht, Bauplanungsrecht, Immissionsschutzrecht, Naturschutzrecht, Energiewirtschaftsrecht, Recht der erneuerbaren Energien und deren Finanzierung, Recht der Windenergie an Land und auf See) sollen Ausbau und Nutzung erneuerbarer Energien gefördert und beschleunigt werden:

 

·         Das Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und zu Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung ist im Wesentlichen am Tag nach seiner Verkündung in Kraft getreten.

 

·         Das Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor enthält als Art. 1 eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft getreten ist. Für die zahlreichen weiteren Gesetzesänderungen sind in Art. 20 unterschiedliche Zeitpunkte des Inkrafttretens vorgesehen.

 

·         Das Zweite Gesetz zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften tritt im Wesentlichen am 01.01.2023 in Kraft.

 

·         Das Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land enthält das Windenergieflächenbedarfsgesetz sowie diesbezügliche Änderungen im Baugesetzbuch, die sämtlich am 01.02.2023 in Kraft treten.

 

·         Das Vierte Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes ist ganz überwiegend am Tag nach seiner Verkündung in Kraft getreten. Lediglich die neue Regelung für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten tritt erst am 01.02.2023 in Kraft.

 

Die Gesetzesänderungen wurden am 28.07.2022 im Bundesgesetzblatt verkündet.

 

Aufgrund der Vielzahl der Änderungen und deren Komplexität müssen diese zunächst umfassend geprüft und auf ihre Auswirkungen untersucht werden.

 

Zu den Änderungen des BNatSchG (als Dokument im Informationsportal abgelegt) kann einstweilen Folgendes festgestellt werden:

 

1.    Ab 01.02.2023 können Verbote für Landschaftsschutzgebiete außerhalb von Natura-2000-Gebieten und Gebieten zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt einer Windenergieanlage (WEA) nicht mehr entgegengehalten werden, wenn sie in einem Windenergiegebiet nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz liegt.
Auch außerhalb eines solchen Windenergiegebietes können diese Verbote nicht entgegengehalten werden, bis bestimmte Flächenbeitragswerte in einem Bundesland oder Teilflächenziele in einer Region oder Kommune erreicht und festgestellt wurden.
Einer Ausnahme oder Befreiung von Verboten in Landschaftsschutzgebieten bedarf es dann nicht mehr.

2.    Die artenschutzfachliche und –rechtliche Beurteilung des Tötungs- und Verletzungsrisikos für kollisionsgefährdete Brutvogelarten im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb von WEA wurde standardisiert (Artenliste und Abstandsliste). Gleichwohl ist eine Einzelfallprüfung nach wie vor geboten. Eine signifikante Erhöhung des Tötungs- oder Verletzungsrisikos ist nur dann generell auszuschließen, wenn der Abstand zwischen Brutplatz der Brutvogelart und WEA größer ist, als ein erweiterter Prüfbereich.

3.    Es wurden Schwellenwerte für die Zumutbarkeit der Kosten fachlich anerkannter Schutzmaßnahmen (insbesondere kleinräumige Standortwahl, Antikollisionssysteme, Abschaltung, Anlage von Ausweichhabitaten Attraktivitätssenkung im Nahbereich) für die kollisionsgefährdeten Brutvogelarten und andere besonders geschützte Arten festgelegt. Die Berechnung erfolgt nach einem komplizierten Berechnungsverfahren.

4.    Das Anbringen von Nisthilfen für kollisionsgefährdete Vogel- und Fledermausarten im Umkreis von 1.500 m um errichtete WEA und in Windenergiegebiete nach Raumordnungsplan oder Flächennutzungsplan ist untersagt.

5.    Mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen für artenschutzrechtliche Ausnahmen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG liegt der Betrieb von WEA im überragenden öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit, sind Standortalternativen je nach Planung auf der Ebene der Raumordnung oder Bauleitplanung nicht zumutbar und werden Vorgaben für die Prüfung einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes gemacht.

6.    Eine artenschutzrechtliche Ausnahme für WEA nach § 45 Abs. 7 BNatSchG ist zu erteilen (gebundene Entscheidung statt Ermessensentscheidung), wenn die Voraussetzungen nach S. 1 – 3 der Vorschrift vorliegen.

7.    Vergleichbare Regelungen für das Repowering von WEA unter Berücksichtigung der bestehenden Auswirkungen der Bestandsanlage. Standortalternativen regelmäßig nicht zumutbar, außer bei Lagen in Natura-2000-Gebieten mit kollisionsgefährdeten oder störungsempfindlichen Vogel- oder Fledermausarten.

8.    Aufstellung nationaler Artenhilfsprogramme betroffener Arten durch das BfN.

9.    Leistung einer jährlichen Zahlung in Geld als zweckgebundene Abgabe an den Bund bei Erteilung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 bei nur Nicht-Verschlechterung des Erhaltungszustandes einer Population auf Landes- oder Bundesebene. Zweckbindung für Artenhilfsprogramme des BfN.

10. Verschiedene Verordnungsermächtigungen an die Bundesregierung zur Detaillierung der Bestimmungen.

11. Prüfung der Einführung einer Wahrscheinlichkeitsberechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit durch das Bundesumweltministerium mit dem Bundeswirtschaftsministerium unter Einbeziehung der maßgeblich betroffenen Verbände und Berichtspflicht an das Bundeskabinett bis 30.06.2023. Evaluierung der geänderten Bestimmungen zum Artenschutz bei WEA ab 01.02.2023 für zwei Jahre, danach alle drei Jahre.

12. Übergangs- und Schlussvorschriften.