Betreff
Sachstand zur Sanierung der Altlast "Ehemalige Zinkhütte" am Silbersee in Dormagen
Vorlage
68/1645/XVII/2022
Aktenzeichen
68.2
Art
Mitteilung

Sachverhalt:

Zum Sachstand der Altlast „Ehemalige Zinkhütte“ am Silbersee in Dormagen wurde zuletzt in der Sitzung des Kreisausschusses am 24.08.2022 berichtet. Auf die dortigen Ausführungen zum grundsätzlichen Ablauf und zum Fortgang des bodenschutzrechtlichen Verfahrens wird verwiesen. Zu der gestellten Frage:

„Inwiefern und bis wann ist mit einer Veröffentlichung aller Gutachten und ihrer inhaltlichen Bewertung – für alle Bürger*innen – zu rechnen?“

führte die Verwaltung aus, dass eine allgemeine Veröffentlichung nicht geplant ist und eine Bereitstellung der Gutachten im Einzelfall einen Antrag nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) und nachfolgend eine positive Einzelfallprüfung durch die Verwaltung voraussetzen.

Nach dem Versand der Einladung zur Kreisausschusssitzung am 24.08.2022 mit der Information zum erforderlichen Auskunftsverfahren nach dem UIG ging am 21.08.2022 bei der Kreisverwaltung ein entsprechender UIG-Antrag einer Bürgerinitiative ein. Beantragt wurde die Bereitstellung der Stellungnahme zum Rahmensanierungsplan, erstellt durch Altenbockum & Partner, Geologen im Auftrag der Stadt Dormagen, Berichtsdatum 19.08.2021. Ein Antrag zur Bereitstellung dieser Stellungnahme war nach den Ausführungen im Antrag zuvor auch bei der Stadt Dormagen gestellt worden. Nach Prüfung hat die Stadt Dormagen die angefragte Stellungnahme als Anlage zu dem Tagesordnungspunkt Ö7.3 der Sitzung des Hauptausschusses am 08.09.2022 öffentlich bereitgestellt. Der an den Kreis gerichtete Antrag auf Herausgabe der Stellungnahme von Altenbockum & Partner wurde daraufhin zurückgezogen.

Nachfolgend wurden in der lokalen Presse einige Artikel veröffentlicht, in denen die deutliche Kritik der Stellungnahme Altenbockum & Partner am Rahmensanierungsplan beschrieben wurde.

Aus der Sicht der Verwaltung liegt durch die Veröffentlichung allein der Stellungnahme von Altenbockum & Partner eine einseitige Einsicht in die verschiedenen Gutachten und Stellungnahmen vor. Zur angemessenen Information der Abgeordneten sind deshalb dieser Mitteilung nachfolgend die fünf Gutachten und Stellungnahmen beigefügt, die zur Bewertung des Vorgangs relevant sind. Diese Gutachten und Stellungnahmen verweisen aufeinander und werden nur im Zusammenhang verständlich. Die Bereitstellung erfolgt wegen des Umfangs der Gutachten und Stellungnahmen sowie wegen der teilweise besonderen Formate (Pläne) nicht im Papierausdruck, sondern lediglich im öffentlich zugänglichen Informationsportal für die Sitzungsunterlagen.

·      Eine Gefährdungsabschätzung, erstellt durch das Geotechnische Büro Prof. Dr.-Ing. H. Düllmann GMBH im Auftrag der RWE Power AG, Berichtsdatum: 08.06.2017,

·      Eine Sanierungsuntersuchung, erstellt wie vor, Berichtsdatum 01.08.2018,

·      Ein Rahmensanierungsplan, erstellt wie vor, Berichtsdatum 11.11.2019,

·      Eine Stellungnahme zum Rahmensanierungsplan, erstellt durch Altenbockum & Partner, Geologen im Auftrag der Stadt Dormagen, Berichtsdatum 19.08.2021, Eingang beim Kreis: 04.10.2021,

·      Eine Erwiderung des Geotechnischen Büros Prof. Dr.-Ing. H. Düllmann GMBH auf die vorgenannte Stellungnahme von Altenbockum & Partner, Geologen, erstellt auf Anforderung der Stadt Dormagen, Eingang beim Kreis 15.11.2021.

 

In der Sache wird zu den gegensätzlichen Gutachteraussagen Folgendes ausgeführt:

Bei der Sanierungsuntersuchung des Büros Düllmann handelt es sich um ein Gutachten im Rahmen des im des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) normierten Verfahrens. Dazu wurden verschiedene anerkannte Sanierungsmöglichkeiten dargestellt und hinsichtlich ihrer Effektivität aber auch hinsichtlich ihrer Angemessenheit (Kosten) verglichen.

Auf dem Gelände bestehen zwei Belastungsbereiche: Die ehemaligen Produktionsstandorte und die ehemaligen Sickergruben für Produktionsabwässer.

Im Bereich der ehemaligen Produktionsstandorte wurde eine Oberflächenabdichtung der kontaminierten Flächen vorgeschlagen. Da die flächig vorliegenden Bodenkontaminationen in diesem Bereich auch bei hohen Grundwasserständen, etwa bei Rheinhochwässern, nicht bis ins Grundwasser reichen, wird mit der Oberflächenabdichtung die weitere Durchsickerung der kontaminierten Böden durch Regenwasser und damit ein weiterer Schadstoffeintrag ins Grundwasser unterbunden.

Im Bereich der ehemaligen Sickergruben für Produktionsabwässer der Zinkhütte sind die Bodenbelastungen bereits weit und tief ins Grundwasser vorgedrungen. In diesem Bereich besteht bereits eine Oberflächenabdichtung.

Die Ausführungen der Sanierungsuntersuchung wurden intern und mit den zuständigen Dezernaten der Bezirksregierung Düsseldorf beraten. Im Ergebnis waren alle Beteiligten mit dem vorgeschlagenen Sanierungsverfahren einverstanden. Besonders wurde begrüßt, dass mit der Sanierung eine erneute gewerbliche Nutzung der Flächen (Flächenrecycling) angestrebt wird und die Ausweisung neuer Gewerbeflächen auf unberührten Flächen entsprechend vermieden wird.

Nach der Zustimmung zur vorgelegten Sanierungsuntersuchung wurde durch das Büro Düllmann ein Rahmensanierungsplan zur Umsetzung der vorgeschlagenen Sanierung erstellt. Die Oberflächenabdichtung soll durch eine möglichst flächige Bebauung und durch eine Folienabdichtung der nicht bebauten Bereiche erfolgen. Der Rahmensanierungsplan definiert Vorgaben für die Art der Bebauung und der Abdichtung sowie für die nachfolgenden, dauerhaften Überwachungsmaßnahmen (Monitoring). Die weitere konkrete Umsetzung soll durch spätere einzelne Teilsanierungspläne erfolgen, die dann die tatsächlichen Bauvorhaben berücksichtigen.

Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass es sich bei der im Rahmensanierungsplan empfohlenen Sicherung der Bodenkontaminationen durch eine Oberflächenabdichtung um eine häufig praktizierte, geeignete und verhältnismäßige Sanierungsmaßnahme im Sinne des BBodSchG handelt. Dies wurde auch von der Oberen Bodenschutzbehörde bestätigt.

Eine Entfernung der vorhandenen Bodenkontaminationen durch Auskoffern und Entsorgen oder eine Beseitigung der bereits eingetretenen Grundwasserbelastungen durch Abpumpen und Reinigen des Grundwassers sind nach den Ergebnissen der Nutzwertanalyse der Sanierungsuntersuchung unverhältnismäßig.

 

Die im Auftrag der Stadt Dormagen von Altenbockum & Partner erarbeitete Stellungnahme zum Rahmensanierungsplan erfolgte außerhalb des bodenschutzrechtlich normierten Verfahrens „Gefährdungsabschätzung – Sanierungsuntersuchung – Sanierungsplan“ und verfolgt eine andere Zielrichtung. Die Stadt Dormagen überlegt, die belasteten Grundstücke von der RWE Power zu erwerben, um die Grundstücke anschließend als Gewerbeflächen zu entwickeln.  Das Büro Altenbockum & Partner sollte das Altlastenrisiko im Falle eines Grundstückserwerbs für die Stadt Dormagen abschätzen. Im Ergebnis raten Altenbockum & Partner der Stadt Dormagen von einem Grunderwerb ab, wenn die Belastungen lediglich durch eine Abdeckung neutralisiert werden, dem Grunde nach aber vor Ort erhalten bleiben. Alternativ sei eine Freistellung von zukünftigen Altlastenrisiken mit der RWE Power vertraglich zu vereinbaren.

Die Bewertung der Sanierungsuntersuchung und des Rahmensanierungsplans durch die Untere Bodenschutzbehörde des Rhein-Kreises Neuss erfolgt nach verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen, d.h. ein Verwaltungsakt muss geeignet, erforderlich und angemessen sein. Diesen Anforderungen genügt der vorgelegte Rahmensanierungsplan mit einer Sanierungsumsetzung „Oberflächenabdichtung durch Bebauung“ dem Grunde nach. Insoweit hat die Untere Bodenschutzbehörde keine Handhabe ein grundsätzlich anderes Sanierungsverfahren zu fordern. Diese Einschätzung erfolgt in Abstimmung mit der Oberen Bodenschutzbehörde bei der Bezirksregierung Düsseldorf. Eine Entscheidung, ob zur Verbesserung des Baugrundes oder zur Reduzierung verbleibender Altlastenrisiken und Monitoringkosten stattdessen die Bodenbelastungen genauer untersucht, (teilweise) ausgekoffert sowie nachfolgend eingekapselt oder entsorgt werden sollen, obliegt den Sanierungspflichtigen.

Die Stellungnahme von Altenbockum & Partner wurde an das Büro Düllmann weitergeleitet. Das Büro Düllmann hat die Kritik von Altenbockum & Partner in einer ausführlichen Stellungnahme zurückgewiesen (s.o.).

Eine grundlegende Überarbeitung der Gefährdungsabschätzung und der darauf basierenden Gutachten ist aus Sicht der Verwaltung nicht erforderlich, jedoch wird die Verbindlichkeitserklärung Abänderungen und Nebenbestimmungen zum vorgelegten Rahmensanierungsplan enthalten. Außerdem wird ausdrücklich der Weg eröffnet, im Rahmen der auf den Rahmensanierungsplan folgenden konkreten Teilsanierungspläne, die bei der zukünftigen konkreten Bebauung vorzulegen sind, auch andere Sanierungsverfahren mit Teilauskofferungen umzusetzen. Auch behält sich die Untere Bodenschutzbehörde vor, bei den noch folgenden Verbindlichkeitserklärungen der Teilsanierungspläne weitere Untersuchungen und Teilauskofferungen zu fordern, wenn z.B. bei Eingriffen in den Boden zur Baureifmachung bislang unbekannte räumlich begrenzte Belastungsschwerpunkte auftreten.