Betreff
Neues Denkmalschutzgesetz NRW (DSchG NRW) - In Kraft getreten am 01.06.2022
Vorlage
61/1698/XVII/2022
Art
Mitteilung

Beschlussvorschlag:

 


Sachverhalt:

 

Das Denkmalschutzgesetz aus dem Jahre 1980 wurde dieses Jahr durch ein neues Denkmalschutzgesetz abgelöst. Im Folgenden werden dem Kulturausschuss des Rhein-Kreises Neuss wesentliche Neuerungen vorgestellt.

 

1. Neue Denkmalkategorie Gartendenkmäler

 

Gartendenkmäler sind Grün-, Garten- oder Parkanlagen, Friedhöfe oder sonstige Zeugnisse der Garten- und Landschaftsgestaltung, wenn sie die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Denkmal[1] erfüllen. Zu einem Gartendenkmal gehören seine historischen Ausstattungsstücke, soweit sie mit dem Gartendenkmal eine Einheit von Denkmalwert bilden.

 

Bisher schon als Denkmal geschützte Gartenanlagen können, müssen aber nicht neu eingetragen werden. Sind Gartenanlagen bereits zusammen mit einem Baudenkmal in die Denkmalliste eingetragen, können sie auch zusätzlich als ein eigenständiges Gartendenkmal in die Denkmallisteeingetragen werden. Doppeleintragungen schließt das Denkmalschutzgesetz nicht aus.

 

 

2. Neues Schutzsystem für Bodendenkmäler

 

Der gesetzliche Schutz von Denkmälern wird in Deutschland im Prinzip durch zwei Formen der Inschutznahme erreicht. Entweder werden die Denkmäler kraft Gesetzes (ipsa lege) geschützt, so dass sie nur nachrichtlich in eine Denkmalliste aufgenommen werden, oder durch eine rechtsförmliche Eintragung des Denkmals in die Denkmalliste mit konstitutiver Wirkung, wobei dieser untergesetzliche Akt einen Verwaltungsakt darstellt, soweit diese Unterschutzstellung nicht durch Rechtsverordnung oder Satzung erfolgt.

 

Bisher galt für alle Denkmäler in NRW das konstitutive Prinzip, sprich, der Schutz erfolgte erst durch Eintragung in die Denkmalliste. Nun wurde für Bodendenkmäler das System umgestellt auf einen Schutz kraft Gesetzes (deklaratorisches Prinzip).

 

Der Schutz von Bodendenkmälern ist nicht von der Eintragung in die Denkmalliste abhängig, § 5 Abs. 2 DSchG NRW.

 

Alle Bodendenkmäler sind unabhängig von Ihrer nachrichtlichen Eintragung in die Denkmalliste geschützt und unterliegen den Bestimmungen des DSchG NRW.

 

Dies gilt auch für solche Bodendenkmäler, die etwa im Rahmen von Baumaßnahmen gefunden werden.

 

Bodendenkmäler, die nachrichtlich in die Liste aufgenommen werden sollen, müssen durch entsprechende noninvasive oder invasive Prospektionsmaßnahmen und wissenschaftliche Gutachten in Ausdehnung und Art ausreichend bestimmt sein.

 

Die Denkmalliste hinsichtlich der Bodendenkmäler wird zukünftig in digitaler Form durch die zuständigen Denkmalfachämter geführt. Bestehende Eintragungen bleiben bestehen. Über die nachrichtliche Eintragung von neuen Bodendenkmälern sind die Eigentümerin oder der Eigentümer durch die Denkmalbehörde zu informieren.

 

3. Baudenkmäler

 

Bei den Baudenkmälern bleibt es beim konstitutiven Prinzip, d. h., der Schutz erfolgt nach dem bisherigen Prinzip.

 

Ein vorläufiger Schutz erfolgt nun jedoch schon mit Mitteilung der Denkmalbehörde an den Eigentümer, dass sie ein Unterschutzstellungsverfahren einzuleiten beabsichtigt. Durch das neue, gestraffte Verfahren soll der Umstand vermieden werden, dass ein Objekt zwischen der Anhörung zu seiner vorläufigen Unterschutzstellung und der darauffolgenden Anordnung noch schnell abgerissen wird.

 

Sobald die Denkmaleigenschaft eines Baus festgestellt wurde, muss es in die Denkmalliste eingetragen werden; dies erfolgt durch einen Verwaltungsakt der Unteren Denkmalbehörde (erste Stufe des denkmalrechtlichen Schutzsystems).

 

Möchte nun der Eigentümer eine Veränderung an einem eingetragenen Baudenkmal vornehmen, wird auf der zweiten Stufe des denkmalrechtlichen Verfahrens, bei der Entscheidung über die Erlaubnisfähigkeit einer Veränderung oder Beseitigung des Denkmals (§ 9 DSchG NRW) aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Belange eine Entscheidung durch die Untere Denkmalbehörde über die Erlaubnisfähigkeit des Vorhabens getroffen.

 

Dabei sind nun nach dem neuen Denkmalschutzgesetz insbesondere auch die Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit angemessen zu berücksichtigen.

 

Im Ergebnis wird dies vor allem Bedeutung bei zunehmenden Wünschen von Denkmaleigentümern nach Nutzung von Solarenergie haben. Bislang war hier die Praxis der Denkmalbehörde restriktiv. Dies wird sich nun ändern müssen und es werden mehr Solaranlagen auf Denkmälern künftig zu finden sein, da die Fragen des Klimawandels und der Energiewende im Denkmalrecht neu zu gewichten sind. Es bleibt aber dabei, dass Denkmalschutz nach Artikel 18 der Landesverfassung eine staatliche und kommunale Obliegenheit ist und daher eine besondere Stellung einnimmt.

 

Instandsetzungsarbeiten an Baudenkmälern bedürfen dem neuen Denkmalschutzgesetz zufolge keiner Genehmigung, wenn sie sich nur auf Teile des Denkmals auswirken, die für seinen Denkmalwert ohne Bedeutung sind, § 9 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW. Ob eine Instandsetzungsarbeit im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW vorliegt oder nicht, entscheidet alleine die zuständige Denkmalbehörde. Entsprechend der gesetzlichen Reihenfolge ist demnach immer zunächst die Untere Denkmalbehörde zu beteiligen, die dann darüber entscheidet, ob eine Erlaubnis überhaupt notwendig ist oder ob davon zur Vereinfachung und Verkürzung des Verfahrens abgesehen werden kann. Denkmaleigentümer müssen also beabsichtigt Instandsetzungsarbeiten bei der Denkmalbehörde anzeigen. Diese Abstimmung mit den Denkmalbehörden ist auch Voraussetzung für eine Steuerbescheinigung nach EStG.

 

4. Regelungen für Denkmalbehörden

 

Der Behördenaufbau bleibt im neuen Gesetz grundsätzlich gleich:

 

-       Untere Denkmalbehörden sind die Gemeinden (das sind im Rhein-Kreis Neuss die 8 kreisangehörigen Gemeinden);

-       Obere Denkmalbehörde ist der Landrat als Untere staatliche Verwaltungsbehörde (Amt 61.2 der Kreisverwaltung);

-       Oberste Denkmalbehörde ist das für Denkmalschutz zuständige Landesministerium (Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung: MHKBD).

 

 

Änderungen ergeben sich im Verhältnis zu den Denkmalfachämtern. Außer für Bodendenkmäler, wo es wie bisher bei einer Entscheidung in Benehmen mit dem Denkmalfachamt (LVR) bleibt, treffen die Unteren und Oberen Denkmalbehörden ihre Entscheidungen nun nach Anhörung des Landschaftsverbandes. Das Benehmen ist eine besondere Form der Anhörung, bei der die ergänzende Anforderung zu beachten ist, dass bei unterschiedlicher Bewertung des Sachverhalts durch Denkmalbehörde und Landschaftsverband zusätzliche Einigungsversuche zwischen beiden Stellen durchzuführen sind.

 

Die Umstellung vom Benehmen auf die Anhörung ist aus Sicht der Denkmalbehörde indes nicht sehr weitreichend. Bei beiden Verfahren wird die beteiligte Stelle (LVR) zunächst um Stellungnahme gebeten. Der Entscheidungsvorschlag der Denkmalbehörde, der dem LVR zugesendet wird, muss alle wesentlichen Gesichtspunkte der Sachverhaltsermittlung darstellen, die die Denkmalbehörde für entscheidungserheblich hält. Art und Umfang der Sachverhaltsermittlung bestimmt dabei alleine die Denkmalbehörde, nicht der Landschaftsverband, mit dessen Stellungnahme sich die Denkmalbehörde jedoch in jedem Fall nachweislich auseinandersetzen muss.

 

Sowohl beim Benehmen als auch bei der Anhörung kann die entscheidende Denkmalbehörde sich über die Stellungnahme des Landschaftsverbands schlussendlich hinwegsetzen und fachlich anders entscheiden. Dabei muss die Denkmalbehörde gut begründet darlegen, warum sie von der Stellungnahme des Landschaftsverbands abweicht.

 

Allerdings enthält § 24 Abs. 3 DSchG NRW die Regel, dass Untere Denkmalbehörden, die, nach Festlegung durch die Oberste Denkmalbehörde, nicht der Aufgabe nach angemessen ausgestattet sind, ihre Entscheidungen dann wieder im Benehmen mit dem zuständigen Landschaftsverband zu treffen haben.

 

Das heißt, dass in kommender Zeit alle Unteren Denkmalbehörden durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung (= Oberste Denkmalbehörde) überprüft werden.

 

Eine Untere Denkmalbehörde ist nach § 24 Absatz 3 des Denkmalschutzgesetzes angemessen ausgestattet, wenn diese zur Durchführung ihrer Aufgaben ausreichend mit geeigneten Fachkräften besetzt ist.

 

Nach § 7 Denkmalverordnung NRW sind geeignete Fachkräfte insbesondere Personen, die über eine Ausbildung, einen Hochschulabschluss oder eine mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der Denkmalpflege, der Architektur, des Bauingenieurwesens, der Archäologie, der Kunstgeschichte mit einem entsprechenden Schwerpunkt oder vergleichbarer Bereiche verfügen.

 

Bei der Beurteilung der Angemessenheit der qualitativen und quantitativen Ausstattung der Unteren Denkmalbehörde ist nach § 7 Denkmalverordnung insbesondere das Folgende zu berücksichtigen:

  1. Anzahl der Denkmäler unter Berücksichtigung der verschiedenen Denkmalarten sowie der für die vorhandenen Denkmäler besonderen fachlichen Anforderungen,
  2. Anzahl und Größe der Denkmalbereiche sowie
  3. durchschnittliche Anzahl der Erlaubnisverfahren in den letzten fünf Jahren.

 

Nach § 21 Abs. 2 DSchG NRW besteht nun die Möglichkeit, dass der Kreis die Aufgaben der Unteren Denkmalbehörde von einer Gemeinde übernimmt oder gemeinsam mit dieser wahrnimmt.

 

5. UNESCO-Welterbe

 

Neu sind in § 37 DSchG NRW Regelungen zum UNESCO-Welterbe aufgenommen worden.

 

Im Rhein-Kreis Neuss liegt die Welterbestätte „Grenzen des Römischen Reiches – Niedergermanischer Limes“. Hierfür wird eine offizielle Welterbebeauftragte oder ein offizieller Welterbebeauftragter zu benennen sein, der Managementpläne aufzustellen und fortzuschreiben hat.

 

Die Aufgaben der Denkmalbehörden und Denkmalfachämter bleiben unberührt. Bei Welterbestätten haben die Unteren und Oberen Denkmalbehörden ihre Entscheidungen stets im Benehmen mit dem Landschaftsverband zu treffen.



[1] Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Erdgeschichte, für die Geschichte des Menschen, für die Kunst- und Kulturgeschichte, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und an deren Erhaltung und Nutzung wegen künstlerischer, wissenschaftlicher, volkskundlicher oder städtebaulicher Bedeutung ein Interesse der Allgemeinheit besteht.