Beschlussvorschlag:
Sachverhalt:
Das Denkmalschutzgesetz aus dem Jahre 1980 wurde
dieses Jahr durch ein neues Denkmalschutzgesetz abgelöst. Im Folgenden werden
dem Kulturausschuss des Rhein-Kreises Neuss wesentliche Neuerungen vorgestellt.
1. Neue Denkmalkategorie Gartendenkmäler
Gartendenkmäler sind Grün-, Garten- oder
Parkanlagen, Friedhöfe oder sonstige Zeugnisse der Garten- und
Landschaftsgestaltung, wenn sie die Voraussetzungen für eine Anerkennung als
Denkmal[1] erfüllen. Zu einem
Gartendenkmal gehören seine historischen Ausstattungsstücke, soweit sie mit dem
Gartendenkmal eine Einheit von Denkmalwert bilden.
Bisher schon als Denkmal geschützte Gartenanlagen
können, müssen aber nicht neu eingetragen werden. Sind Gartenanlagen bereits
zusammen mit einem Baudenkmal in die Denkmalliste eingetragen, können sie auch
zusätzlich als ein eigenständiges Gartendenkmal in die Denkmallisteeingetragen
werden. Doppeleintragungen schließt das Denkmalschutzgesetz nicht aus.
2. Neues Schutzsystem für Bodendenkmäler
Der gesetzliche Schutz von Denkmälern wird in
Deutschland im Prinzip durch zwei Formen der Inschutznahme erreicht. Entweder werden
die Denkmäler kraft Gesetzes (ipsa lege) geschützt, so dass sie nur
nachrichtlich in eine Denkmalliste aufgenommen werden,
oder durch eine rechtsförmliche Eintragung des Denkmals in die Denkmalliste mit
konstitutiver Wirkung, wobei dieser untergesetzliche Akt einen Verwaltungsakt
darstellt, soweit diese Unterschutzstellung nicht durch Rechtsverordnung oder
Satzung erfolgt.
Bisher galt für alle Denkmäler in NRW das
konstitutive Prinzip, sprich, der Schutz erfolgte erst durch Eintragung in die
Denkmalliste. Nun wurde für Bodendenkmäler das System umgestellt auf einen
Schutz kraft Gesetzes (deklaratorisches Prinzip).
Der Schutz von Bodendenkmälern ist nicht von der
Eintragung in die Denkmalliste abhängig, § 5 Abs. 2 DSchG NRW.
Alle Bodendenkmäler sind unabhängig von Ihrer
nachrichtlichen Eintragung in die Denkmalliste geschützt und unterliegen den
Bestimmungen des DSchG NRW.
Dies gilt auch für solche Bodendenkmäler, die etwa
im Rahmen von Baumaßnahmen gefunden werden.
Bodendenkmäler, die nachrichtlich in die Liste
aufgenommen werden sollen, müssen durch entsprechende noninvasive oder invasive
Prospektionsmaßnahmen und wissenschaftliche Gutachten in Ausdehnung und Art
ausreichend bestimmt sein.
Die Denkmalliste hinsichtlich der Bodendenkmäler
wird zukünftig in digitaler Form durch die zuständigen Denkmalfachämter
geführt. Bestehende Eintragungen bleiben bestehen. Über die nachrichtliche Eintragung
von neuen Bodendenkmälern sind die Eigentümerin oder der Eigentümer durch die
Denkmalbehörde zu informieren.
3.
Baudenkmäler
Bei den Baudenkmälern bleibt es beim konstitutiven
Prinzip, d. h., der Schutz erfolgt nach dem bisherigen Prinzip.
Ein vorläufiger Schutz erfolgt nun jedoch schon mit
Mitteilung der Denkmalbehörde an den Eigentümer, dass sie ein
Unterschutzstellungsverfahren einzuleiten beabsichtigt. Durch das neue,
gestraffte Verfahren soll der Umstand vermieden werden, dass ein Objekt
zwischen der Anhörung zu seiner vorläufigen Unterschutzstellung und der
darauffolgenden Anordnung noch schnell abgerissen wird.
Sobald die Denkmaleigenschaft eines Baus
festgestellt wurde, muss es in die Denkmalliste eingetragen werden; dies erfolgt
durch einen Verwaltungsakt der Unteren Denkmalbehörde (erste Stufe des
denkmalrechtlichen Schutzsystems).
Möchte nun der Eigentümer eine Veränderung an einem
eingetragenen Baudenkmal vornehmen, wird auf der zweiten Stufe des
denkmalrechtlichen Verfahrens, bei der Entscheidung über die Erlaubnisfähigkeit
einer Veränderung oder Beseitigung des Denkmals (§ 9 DSchG NRW) aufgrund einer
Abwägung der widerstreitenden Belange eine Entscheidung durch die Untere
Denkmalbehörde über die Erlaubnisfähigkeit des Vorhabens getroffen.
Dabei sind nun nach dem neuen Denkmalschutzgesetz
insbesondere auch die Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes
erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit angemessen zu berücksichtigen.
Im Ergebnis wird dies vor allem Bedeutung bei
zunehmenden Wünschen von Denkmaleigentümern nach Nutzung von Solarenergie
haben. Bislang war hier die Praxis der Denkmalbehörde restriktiv. Dies wird
sich nun ändern müssen und es werden mehr Solaranlagen auf Denkmälern künftig
zu finden sein, da die Fragen des Klimawandels und der Energiewende im
Denkmalrecht neu zu gewichten sind. Es bleibt aber dabei, dass Denkmalschutz
nach Artikel 18 der Landesverfassung eine staatliche und kommunale Obliegenheit
ist und daher eine besondere Stellung einnimmt.
Instandsetzungsarbeiten an Baudenkmälern bedürfen
dem neuen Denkmalschutzgesetz zufolge keiner Genehmigung, wenn sie sich nur auf
Teile des Denkmals auswirken, die für seinen Denkmalwert ohne Bedeutung sind, §
9 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW. Ob eine Instandsetzungsarbeit im Sinne des § 9 Abs.
1 Satz 2 DSchG NRW vorliegt oder nicht, entscheidet alleine die zuständige
Denkmalbehörde. Entsprechend der gesetzlichen Reihenfolge ist demnach immer
zunächst die Untere Denkmalbehörde zu beteiligen, die dann darüber entscheidet,
ob eine Erlaubnis überhaupt notwendig ist oder ob davon zur Vereinfachung und
Verkürzung des Verfahrens abgesehen werden kann. Denkmaleigentümer müssen also
beabsichtigt Instandsetzungsarbeiten bei der Denkmalbehörde anzeigen. Diese
Abstimmung mit den Denkmalbehörden ist auch Voraussetzung für eine
Steuerbescheinigung nach EStG.
4.
Regelungen für Denkmalbehörden
Der Behördenaufbau bleibt im neuen Gesetz
grundsätzlich gleich:
-
Untere
Denkmalbehörden sind die Gemeinden (das sind im Rhein-Kreis Neuss die 8
kreisangehörigen Gemeinden);
-
Obere
Denkmalbehörde ist der Landrat als Untere staatliche Verwaltungsbehörde (Amt
61.2 der Kreisverwaltung);
-
Oberste
Denkmalbehörde ist das für Denkmalschutz zuständige Landesministerium
(Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung: MHKBD).
Änderungen ergeben sich im Verhältnis zu den
Denkmalfachämtern. Außer für Bodendenkmäler, wo es wie bisher bei einer
Entscheidung in Benehmen mit dem Denkmalfachamt (LVR) bleibt, treffen die
Unteren und Oberen Denkmalbehörden ihre Entscheidungen nun nach Anhörung des
Landschaftsverbandes. Das Benehmen ist eine besondere Form der Anhörung, bei
der die ergänzende Anforderung zu beachten ist, dass bei unterschiedlicher
Bewertung des Sachverhalts durch Denkmalbehörde und Landschaftsverband
zusätzliche Einigungsversuche zwischen beiden Stellen durchzuführen sind.
Die Umstellung vom Benehmen auf die Anhörung ist
aus Sicht der Denkmalbehörde indes nicht sehr weitreichend. Bei beiden
Verfahren wird die beteiligte Stelle (LVR) zunächst um Stellungnahme gebeten.
Der Entscheidungsvorschlag der Denkmalbehörde, der dem LVR zugesendet wird,
muss alle wesentlichen Gesichtspunkte der Sachverhaltsermittlung darstellen,
die die Denkmalbehörde für entscheidungserheblich hält. Art und Umfang der
Sachverhaltsermittlung bestimmt dabei alleine die Denkmalbehörde, nicht der
Landschaftsverband, mit dessen Stellungnahme sich die Denkmalbehörde jedoch in
jedem Fall nachweislich auseinandersetzen muss.
Sowohl beim Benehmen als auch bei der Anhörung kann
die entscheidende Denkmalbehörde sich über die Stellungnahme des Landschaftsverbands
schlussendlich hinwegsetzen und fachlich anders entscheiden. Dabei muss die
Denkmalbehörde gut begründet darlegen, warum sie von der Stellungnahme des
Landschaftsverbands abweicht.
Allerdings enthält § 24 Abs. 3 DSchG NRW die Regel,
dass Untere Denkmalbehörden, die, nach Festlegung durch die Oberste
Denkmalbehörde, nicht der Aufgabe nach angemessen ausgestattet sind, ihre
Entscheidungen dann wieder im Benehmen mit dem zuständigen Landschaftsverband
zu treffen haben.
Das heißt, dass in kommender Zeit alle Unteren
Denkmalbehörden durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und
Digitalisierung (= Oberste Denkmalbehörde) überprüft werden.
Eine Untere Denkmalbehörde ist nach § 24 Absatz 3
des Denkmalschutzgesetzes angemessen ausgestattet, wenn diese zur Durchführung
ihrer Aufgaben ausreichend mit geeigneten Fachkräften besetzt ist.
Nach § 7 Denkmalverordnung NRW sind geeignete
Fachkräfte insbesondere Personen, die über eine Ausbildung, einen
Hochschulabschluss oder eine mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der
Denkmalpflege, der Architektur, des Bauingenieurwesens, der Archäologie, der
Kunstgeschichte mit einem entsprechenden Schwerpunkt oder vergleichbarer
Bereiche verfügen.
Bei der Beurteilung der Angemessenheit der
qualitativen und quantitativen Ausstattung der Unteren Denkmalbehörde ist nach
§ 7 Denkmalverordnung insbesondere das Folgende zu berücksichtigen:
- Anzahl
der Denkmäler unter Berücksichtigung der verschiedenen Denkmalarten sowie
der für die vorhandenen Denkmäler besonderen fachlichen Anforderungen,
- Anzahl
und Größe der Denkmalbereiche sowie
- durchschnittliche
Anzahl der Erlaubnisverfahren in den letzten fünf Jahren.
Nach § 21 Abs. 2 DSchG NRW besteht nun die
Möglichkeit, dass der Kreis die Aufgaben der Unteren Denkmalbehörde von einer
Gemeinde übernimmt oder gemeinsam mit dieser wahrnimmt.
5.
UNESCO-Welterbe
Neu sind in § 37 DSchG NRW Regelungen zum
UNESCO-Welterbe aufgenommen worden.
Im Rhein-Kreis Neuss liegt die Welterbestätte
„Grenzen des Römischen Reiches – Niedergermanischer Limes“. Hierfür wird eine
offizielle Welterbebeauftragte oder ein offizieller Welterbebeauftragter zu
benennen sein, der Managementpläne aufzustellen und fortzuschreiben hat.
Die Aufgaben der Denkmalbehörden und
Denkmalfachämter bleiben unberührt. Bei Welterbestätten haben die Unteren und
Oberen Denkmalbehörden ihre Entscheidungen stets im Benehmen mit dem
Landschaftsverband zu treffen.
[1] Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Erdgeschichte, für die Geschichte des Menschen, für die Kunst- und Kulturgeschichte, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und an deren Erhaltung und Nutzung wegen künstlerischer, wissenschaftlicher, volkskundlicher oder städtebaulicher Bedeutung ein Interesse der Allgemeinheit besteht.