Sachverhalt:
Zur Anfrage „Terminvergabe für eine Antragstellung zur Einbürgerung“ der Fraktionen der SPD und Bündnis 90 / Die Grünen vom 12.09.2024 nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:
Allgemeines
Die Einbürgerungsstelle der Kreisverwaltung ist Teil des Amtes für Sicherheit und Ordnung. Die Zuständigkeit erstreckt sich auf die Kommunen Meerbusch, Korschenbroich, Kaarst, Jüchen, Rommerskirchen und auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung auch auf die Stadt Grevenbroich.
Die kreisangehörigen Städte Neuss und Dormagen halten im Rahmen der gesetzlichen Zuständigkeit eigene Einbürgerungsstellen vor.
Die Einbürgerungsstelle ist organisatorisch in der Abteilung 32.1 „Allgemeines Ordnungsrecht“ angesiedelt und arbeitet eng mit der Abteilung 32.3 „Ausländeramt“ zusammen.
Frage 1:
In welchen zeitlichen Abständen werden neue Termine zur Antragsstellung für eine Einbürgerung im oben genannten Portal freigeschaltet? Wie viele Termine werden dabei durchschnittlich neu und für welchen Zeitraum angeboten? Wie schnell sind diese ab Zeitpunkt der Freischaltung vergeben?
Derzeit werden im Terminvergabeportal Termine für die folgenden 3 Monate freigeschaltet.
Durch eine sukzessive Personalaufstockung in den letzten 18 Monaten konnte das Terminangebot unterjährig ausgebaut werden. Neben den standardmäßig angebotenen Terminen konnten, Zug um Zug mit der fortschreitenden Einarbeitung neuer Kräfte, in den letzten Monaten am Monatsende rund 40 Zusatztermine für den Folgemonat freigeschaltet werden. Dies erfolgt immer im Hinblick auf die prospektiv tatsächlich vorhandene Personalkapazität, da die durch die Bürgerinnen und Bürger gebuchten Termine auch im Falle von personellen Ausfällen durch das Fachamt sichergestellt werden.
Aktuell können somit insgesamt 44 Termine pro Woche angeboten werden, wobei ein Teil dieser Termine für die Aushändigung der Einbürgerungsurkunden vorgesehen ist, mit denen das Verwaltungsverfahren in der Einbürgerung erfolgreich abgeschlossen wird.
Für das laufende Jahr 2024 wurden bzw. werden einschließlich der Zeit bis zum Jahresende insgesamt 1.850 Termine angeboten, davon rund 650 Termine für Urkundenaushändigungen.
Freigeschaltete Termine, sowohl die standardmäßig angebotenen als auch die zusätzlich freigeschalteten Termine, sind innerhalb kürzester Zeit gebucht.
Frage 2:
Wie hoch ist die Nachfrage nach Terminen für eine Antragsstellung zur Einbürgerung und inwieweit kann die Kreisverwaltung diese Nachfrage derzeit decken?
Die Nachfrage nach Terminen für eine Antragstellung ist derzeit sehr hoch. Dies ist wenig verwunderlich, da durch den Bundesgesetzgeber die für eine Antragstellung erforderliche Aufenthaltsdauer von 8 Jahren auf nunmehr 5 Jahre reduziert worden ist, was naturgemäß dazu führt, dass zeitgleich eine Nachfrage nach Antragstellungen generiert worden ist, die sich ohne die Gesetzesänderung auf vier Jahre verteilt hätte.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber festgelegt, dass im Falle einer Einbürgerung nicht mehr die ursprüngliche Staatsangehörigkeit aufgegeben werden muss. Für viele Menschen z.B. aus der Türkei, die seit vielen Jahren gut integriert in Deutschland leben, ist damit ein wesentlicher Grund entfallen, auf einen Einbürgerungsantrag zu verzichten. Die bisherige Entscheidung dieser Menschen ist genauso nachvollziehbar und zu respektieren, wie der nunmehr geweckte Wunsch, möglichst schnell einen Antrag auf Einbürgerung stellen zu können.
Die Auswirkung der gesetzlichen Änderung fällt in eine Zeit, in der ohnehin noch deutlich mehr Menschen Anträge stellen, die sich seit der Zeit der sogenannten „Flüchtlingskrise“ im Jahr 2015 in Deutschland aufhalten und nunmehr die erforderlichen Aufenthaltszeiten nachweisen können.
Das Amt für Sicherheit und Ordnung geht nach einer Analyse der Daten des Kreisausländeramtes davon aus, dass mit dem Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsrechts insgesamt fast 6.000 Menschen im Zuständigkeitsbereich der Einbürgerungsstelle antragsberechtigt waren. Darin enthalten sind rund 1.900 Personen, die schon aufgrund der bisherigen Rechtslage antragsberechtigt sind sowie rund 4.000 Menschen aufgrund der neuen Rechtslage. Zum Vergleich: im Jahr 2022 sind nur rund 1.000 Personen antragsberechtigt gewesen.
Durch die frühe und wiederholte Kommunikation der Bundesregierung über die Medien, dass durch das neue Staatsangehörigkeitsrecht eine Anspruchsgrundlage auf „schnellere Einbürgerung“ möglich geworden sei, hat zudem die Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger erhöht. Viele Antragsteller lassen sich auch anwaltlich vertreten, um kurzfristig ihrem Rechtsanspruch auf eine Antragstellung respektive auf eine Einbürgerung zu erreichen.
Das sich die ausführenden Behörden zunächst personell und organisatorisch auf die neue Rechtslage einstellen müssen, ist augenscheinlich bei der o.g. medialen Kommunikation der Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertreter nicht bedacht worden. Ebenso sind die mahnenden Hinweise der kommunalen Spitzenverbände auf die nicht kurzfristig zu leistenden Auswirkungen der neuen Rechtsnormen im Gesetzgebungsverfahren nicht berücksichtigt worden.
Schwierig ist naturgemäß die prospektive Einschätzung, wie viele Menschen letztlich tatsächlich von der Möglichkeit einer Antragstellung auf Einbürgerung Gebrauch machen werden. Das Amt für Sicherheit und Ordnung hat sich somit an den beim Ausländeramt verfügbaren Daten orientiert.
Frage 3:
Wie lang beträgt in der Regel die Bearbeitungsdauer eines Einbürgerungsantrages und wie hat sich das Aufkommen dieser Anträge in den letzten Jahren entwickelt?
Die Bearbeitungsdauer eines Einbürgerungsantrages beträgt derzeit im Durchschnitt 6 Monate. Wesentlicher Bestandteil des Verfahrens ist die Beteiligung externer Behörden und Stellen, um Nachweise für die im Rahmen der Prüfung relevanten Anspruchsvoraussetzungen, die durch die Einbürgerungsbehörde einzuholen sind. Auf die Dauer der Rückläufe hat der Rhein-Kreis Neuss keinen unmittelbaren Einfluss.
Zur Entwicklung der Fallzahlen sind die beiden nachfolgenden Diagramme beigefügt. Der Rückgang der erfolgten Antragstellungen im Jahr 2022 ist eine Auswirkung der Corona Pandemie.
Frage 4:
Wie viele Beschäftigte bzw. Stellen bearbeiten die eingehenden Einbürgerungsanträge? Sind alle Stellen derzeit besetzt und plant die Kreisverwaltung die Schaffung zusätzlicher Stellen im kommenden Jahr 2025?
Der Rhein-Kreis Neuss hat schon im Jahr 2023 die Landesförderung des KIM-Bausteins 3 zur Schaffung von 2 zusätzlichen Stellen in der Einbürgerung genutzt. Zu Beginn des Jahres 2024 standen in der Einbürgerungsstelle damit etwas mehr 4 Vollzeitäquivalente in der Sachbearbeitung, aufgeteilt auf 6 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zu Verfügung.
Unmittelbar nach Beschluss des neuen Staatsangehörigkeitsrechtes wurde, auf Basis entsprechender Vorarbeiten, mit denen bereits im Jahr 2023 durch das Controlling und das Amt für Sicherheit und Ordnung begonnen worden ist, durch den Landrat weitere 6 Stellen für die Einbürgerung genehmigt.
Auf dieser Basis konnte unverzüglich mit der Akquise von Personal begonnen werden. Trotz der schwierigen Lage auf dem Arbeitsmarkt und der Befristung der Stellen war es möglich, für alle Stellen geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu finden und somit die neuen Stellen zu besetzen.
Die Befristung der Stellen ist erforderlich, da durch die Gesetzesänderung der Verkürzung der erforderlichen Aufenthaltsdauer von 8 auf 5 Jahre in den nächsten zwei bis drei Jahren von einer stark erhöhten Nachfrage nach Terminen ausgegangen werden muss. Anschließend dürfte sich jedoch die Nachfrage wieder regulieren und auf die Menschen beschränken, die dann - Jahr für Jahr - die erforderliche Aufenthaltsdauer erreicht haben.
Bis Jahresende 2024 werden alle für die Einbürgerung zusätzlich gewonnen Kräfte ihre Tätigkeit im Amt für Sicherheit und Ordnung aufgenommen haben und zum Teil auch schon eingearbeitet sein.
Organisatorisch wird ein Frontoffice geschaffen. Hierfür wurden Büroflächen im Kreishaus Grevenbroich, unmittelbar in der Nähe des Haupteingangs, hergerichtet. Durch die räumliche und personelle Verstärkung kann damit im Jahr 2025 das Terminangebot deutlich ausgeweitet werden: das Fachamt geht davon aus, dass im Jahr 2025 mehr als 7.000 Termine angeboten werden können (für das Jahr 2024 waren es 1.850 Termine), da zeitgleich drei als Frontoffice besetzte Büros zur Verfügung stehen. Von den Terminen werden voraussichtlich 3.000 Termine für die Aushändigung von Urkunden benötigt, im Jahr 2024 waren dies rund 650 Termine. Damit können im Jahr 2025 ca. 4.000 Termine für eine Antragstellung genutzt werden.
Gleichzeitig wird die Vorgangsbearbeitung in einem Backoffice-Bereich durchgeführt. Die personelle Verstärkung sieht auch hierfür entsprechende Kapazitäten vor. Die Verknüpfung zwischen beiden Bereichen wird durch Kräfte sichergestellt, die für Zuarbeiten eingesetzt werden, z.B. das Anlegen der Akten nach der Antragsaufnahme, das Initiieren von erforderlichen Abfragen bei anderen Behörden sowie das Einsortieren der Eingangspost. Den im Backoffice arbeitenden Kräften kann somit eine entscheidungsreife Akte vorgelegt werden, so dass sich dort auf die eigentliche Sachbearbeitung konzentriert werden kann.
Der Vollständigkeit sei darauf hingewiesen, dass die Stadt Grevenbroich auf Basis der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung derzeit nur 1 Vollzeitstelle für die Einbürgerung refinanziert. In einem Schreiben an Bürgermeister Krützen hat der Rhein-Kreis Neuss bereits entsprechenden Gesprächsbedarf angemeldet, damit der für Bürgerinnen und Bürger entstehende Mehraufwand nicht zulasten der Kreisumlage geht, da es seitens der Stadt Grevenbroich in Bezug auf das neue Staatsangehörigkeitsrecht keinerlei proaktive Kontaktaufnahme zur Kreisverwaltung gegeben hat.