Sachverhalt:
Zuletzt wurde in der Sitzung am 23.05.2024
(Sitzungsvorlage-Nr. 68/4427/XVII/2024) über den Sachstand zu hohen
Grundwasserständen im Rhein-Kreis Neuss berichtet.
Seit Anfang Dezember 2023 hat sich witterungsbedingt
eine überdurchschnittliche Grundwasserneubildung eingestellt, so dass sich die
Grundwasserleiter nach mehr als einer Dekade signifikant erholt haben.
In weiten Teilen des Rhein-Kreises Neuss wie in Korschenbroich,
Kaarst (insbesondere in Holzbüttgen und im Broicherdorf), im Neusser Norden und
in Teilen von Meerbusch haben sich sogenannte „Grundwasserhochstände“
eingestellt. In zahlreichen Fällen haben die Grundwasserhochstände zu Feuchte-
und Nässeschäden an Gebäuden geführt. In den letzten Wochen ist die
Grundwasserneubildung im Rhein-Kreis Neuss rückläufig, so dass die
Grundwasserstände gesunken sind.
Bereits ab August 2001 beschäftigte sich die
Grundwasserkommission des Kreistages gemeinsam mit Vertretern der betroffenen
Bürgerinnen und Bürger, der Städte sowie zahlreichen Akteuren, die auf dem
Gebiet der Wasserwirtschaft und Wasserversorgung tätig sind, mit
Lösungsansätzen der Grundwasserproblematik. Bei der Entwicklung von
Lösungsansätzen und hydraulisch wirksamen Maßnahmen haben sich neben der finanziellen
Machbarkeit die widerstreitenden wasser-wirtschaftlichen Nutzungsansprüche,
insbesondere der öffentlichen Trinkwasserversorgung und von Natur und
Landschaft einerseits und der betroffenen Bürgerinnen und Bürgern im Hinblick
auf einen Schutz vor „Grundhochwasser“ andererseits als besondere
Herausforderung erwiesen. (vgl. Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Grundwasser
der Grundwasserkommission des Kreistages des Rhein-Kreises Neuss vom
02.02.2005, www.rhein-kreis-neuss.de).
Mittlerweile ist unumstritten, dass der Bauherr
bzw. der beauftragte Architekt dafür verantwortlich ist, dafür zu sorgen, dass
das Grundstück so beschaffen ist, dass es gegen situationsgebundene Risiken wie
Grundhochwasser ausreichend geschützt ist und bestehende Baugrundrisiken
geklärt werden. Dies betrifft auch Maßnahmen zur Abhilfe. Vielen Betroffenen
helfen die gewonnenen Erkenntnisse heute nicht mehr weiter. In der Regel sind
haftungsrechtliche Ansprüche gegenüber den beteiligten Architekten verjährt
oder können aus anderen Gründen nicht mehr geltend gemacht werden. Was bleibt,
ist die Tatsache, dass die grundwassertaugliche Ertüchtigung der Häuser im
Nachhinein mit hohen Kosten verbunden ist. Der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss
hat 2001 die Grundwasserkommission gegründet, um die Betroffenen Bürgerinnen
und Bürger zu unterstützen. Es hat sich herauskristallisiert, dass es eine für
alle Betroffenen gleichermaßen wirksame hydraulische Lösung nicht geben kann.
Im Rahmen eines umfassenden Prozesses mit zahlreichen Beteiligten auch aus der
betroffenen Bürgerschaft wurde die „Patchwork-Lösung“ entwickelt. Diese setzt
sich aus verschiedenen Bausteinen und Facetten zusammen. Neben
wasserwirtschaftlichen Maßnahmen zur Absenkung des Grundwasserspiegels kommen
Maßnahmen für eine Verbesserung und Optimierung der Bauphysik in Betracht. Die
Grundwasserkommission hatte in der Zeit vom 01.07.20024 bis Ende 2004 ein
sogenanntes „Zwei-Türenmodell“ entwickelt. Gegen einen Selbstkostenanteil
hatten die Betroffenen die Gelegenheit sich zunächst von einem Mitarbeiter des
Erftverbandes über das Ausmaß der Betroffenheit des Gebäudes von hohen
Grundwasserständen informieren zulassen. In einem zweiten Schritt bestand die
Möglichkeit, sich von beratenden Ingenieuren oder Architekten über prinzipielle
bautechnische Maßnahmen zur Abwehr von Vernässungsschäden beraten zu lassen.
Im Einzelnen sind aktuell folgende Entwicklungen zu
verzeichnen.
Kappungsmaßnahmen in Korschenbroich
Die seit dem Winter 2023/2024 laufenden
Kappungsbrunnen sind im Sommer dieses Jahres außer Betrieb genommen worden. Die
Brunnen 48 (Pesch), 46 und 47 (beide Kleinenbroich) konnten am 04.06.2024, die
Brunnen 43 und 45 (beide Kleinenbroich), der Brunnen 41 sowie der Schwimmponton
(Herrenshoff) am 08.08.2024 und der Brunnen 42 (Raderbroich) am 21.08.2024
abgeschaltet werden.
Die Grundwasserstände in den betreffenden Bereichen
sind zwar in den letzten Wochen leicht gefallen, jedoch weiterhin auf einem
hohen Niveau. Sie liegen (Stand 10.11.2024) zwischen 11 cm (Baggersee/Brunnen
41 Herrenshoff) und maximal 30 cm (Brunnen 42 Raderbroich) unter dem
Einschaltwert, ab dem die Kappungsbrunnen wieder in Betrieb gehen. In
Kleinenbroich zeigen die Grundwassermessstellen einen Grundwasserstand von 16
bzw. 18 cm, in Pesch 22 cm unterhalb des Einschaltwerts.
Insbesondere im Bereich Herrenshoff ist zu
befürchten, dass der Einschaltwert mit dem Einsetzen ergiebiger Regenfälle
schnell erreicht sein wird. In Raderbroich, Kleinenbroich und Pesch sieht die
Lage ein wenig besser aus.
Voraussichtlich steht der Auswertebericht des
Erftverbandes bis zur nächsten Sitzung im Februar 2025 zur Verfügung, so dass
sich ein ausführlicherer Bericht anschließen kann.
Mögliche Grundwasserkappung im Raum Kaarst
Am 30.10.2024 befasste sich der Mobilitäts-, Umwelt-, Klimaschutz- und
Landwirtschaftsausschuss (MUKL) der Stadt Kaarst in öffentlicher Sitzung mit
dem Thema.
Als Gastreferent informierte der Erftverband über
den Sachstand zu den Rahmenbedingungen und Ergebnissen der Modellstudie des
Erftverbandes aus dem Jahr 2008. Bisher standen zur groben Schätzung von hohen
Grundwasserständen möglicherweise betroffenen Gebäuden lediglich
Kanaldeckelhöhen zur Verfügung, so dass für die Beurteilung der Betroffenheiten
die Erstellung eines Gebäudekatasters notwendig wäre. Zudem wäre eine
Aktualisierung des Grundwassermodells notwendig. Auch wären eine
Kostenermittlung, die Entwicklung eines Finanzierungsmodells und die
Erarbeitung eines wasserrechtlichen Erlaubnisantrags erforderlich. Letztlich
hätte die Untere Wasserbehörde das wasserrechtliche Erlaubnisverfahren
durchzuführen.
Aufgrund zahlreicher Interessierter plant die Stadt
Kaarst am 28.11.2024 eine Bürgerinformationsveranstaltung. Auch Vertreter des Erftverbandes
und der Unteren Wasserbehörde sind bereits eingeladen worden.
Grundwassermanagement im Gebiet der Stadt Neuss
Zuletzt hat die Stadtverwaltung dem Ausschuss für Umwelt, Grünflächen und
Klimaschutz im öffentlichen Teil der Sitzung am 11.09.2024 ausführlich
berichtet. Es wird auf die im Ratsinformationssystem zur Verfügung stehende
Vorlage zur Sitzungsnummer AUGK/17/017 verwiesen.