Betreff
Leistungsvereinbarungen mit der Freien Wohlfahrtspflege
Vorlage
50/1481/XV/2011
Art
Bericht

Sachverhalt:

Allgemeines

Für allgemeine „soziale Dienstleistungen“ sind in der Bundesrepublik Deutschland nach den Vorgaben des Sozialgesetzbuches (SGB) in der Regel die Kommunen als örtlicher Träger der Sozialhilfe (SHT) zuständig. Dies ist zugleich Ausdruck ihres verfassungsmäßigen Auftrags zur Daseinsvorsorge (Art. 28 II GG). Die Kommunen haben also dazu beizutragen, dass die zur Erfüllung der sozialen Rechte erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip delegieren die Kommunen diese Aufgaben jedoch weitgehend auf frei gemeinnützige Träger.

 

Der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss bewilligt daher seit Jahrzehnten Zuwendungen an die Träger der freien Wohlfahrtspflege. Durch stetige gesellschafts- und sozialpolitische Anforderungen ist die Zahl der Aktivitäten, die der Kreis bei den Verbänden unterstützt und die er aus der gesetzlichen Verpflichtung auch teilweise initiiert hat, stetig gewachsen. Für das Haushaltsjahr 2011 steht eine Gesamtsumme von rd. 2,9 Mio. € zur Verfügung.

 

Insgesamt verfügt der Rhein-Kreis Neuss damit über ein breitgefächertes, alle Fachbereiche abdeckendes und kreisweites soziales Dienstleistungsangebot. Alle Bereiche sind dabei untereinander und miteinander vernetzt.

 

Traditionell ist bei den einzelnen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege eine Spezialisierung auf bestimmte Themen entstanden. Immer haben sich die Verbände dabei im Rhein-Kreis Neuss bei ihren Angeboten, soweit Gleiches angeboten wird, räumlich/örtlich und fachlich/inhaltlich abgestimmt. Für diese Abstimmung der Zusammenarbeit besteht einerseits eine Arbeitsgemeinschaft der Verbände der freien Wohlfahrtspflege untereinander. Andererseits gibt es die nach § 4 SGB XII eingerichtete Arbeitsgemeinschaft des Rhein-Kreises Neuss mit den Verbänden.

 

 

Gesetzliche Grundlagen

a) Allgemeine Vorschriften

 

§ 2 SGB XII – Subsidiaritätsprinzip

§ 5 SGB XII – Verhältnis zur freien Wohlfahrtspflege

-          Sozialhilfeträger sollen mit den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege zusammenarbeiten

-          die Sozialhilfeträger sollen die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Sozialhilfe angemessen unterstützen

-          Sozialhilfeträger können die Verbände der freien Wohlfahrtspflege die Durchführung von Aufgaben übertragen (s. B. Schuldnerberatung)

 

§ 11 SGB XII – Beratung und Unterstützung, Aktivierung

-          Leistungsberechtigte sind auf die Beratung / Unterstützung von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege hinzuweisen

-          die angemessenen Kosten der Beratungsfachstellen können individuell abgerechnet werden (Fachleistungsstunde) oder werden pauschal abgegolten

 

§ 75 ff. SGB XII – Einrichtungen und Dienste

-          wenn Einrichtungen und soziale Dienste Leistungen der Sozialhilfe erbringen, sollen Leistungsvereinbarungen abgeschlossen werden

 

b) Spezielle Vorschriften

 

§ 67 ff SGB XII (Hilfe für von Nichtsesshaftigkeit bedrohte Menschen)

§ 16a SGB II (Kostenübernahme Schuldnerberatung und Psychosoziale Betreuung)

 

 

Der Rhein-Kreis Neuss unterstützt die Verbände für ihre Tätigkeiten auf dem Gebiet der Sozialhilfe im Rahmen des allgemeinen Zuwendungsrechts durch Institutionelle-, Personal- und/oder Betriebskostenzuschüsse, Projektförderungen. Für drei Bereiche bestehen Leistungsvereinbarungen, die die Grundlage für die Bezuschussung bilden.

 

Institutionelle Zuschüsse, Personal- und/oder Betriebskostenzuschüsse, Projekte

Institutionelle Förderung ist eine Förderung der gesamten Institution, nicht von einzelnen Vorhaben eines Verbandes. Damit werden die Verbände in die Lage versetzt, neben den zweckgebundenen Maßnahmen bestimmte Aktivitäten – je nach Eigenverständnis bzw. satzungsgemäßen Aufgaben des Verbandes – finanziell abzudecken. Insbesondere wird hierdurch auch die fachliche Mitwirkung der Verbände im kommunalen sozialpolitischen Raum und bei der Abstimmung der kommunalen sozialen Daseinsvorsorge gefördert (Fachberatung SozGA, Widerspruchsgremium, Arbeitskreise). Damit ist keine enge Zweckbindung der Fördermittel gegeben, sondern die Einflussnahme des Zuwendungsgebers beschränkt sich auf grundsätzliche Vorhaben.

 

Personal- und/oder Betriebskostenzuschüsse und Projektförderungen werden für einzelne, inhaltlich und ggf. zeitlich klar abgrenzbare Dienste, insbesondere Beratungsdienstleistungen, gewährt. Grundlage sind gesetzliche Verpflichtungen und sozialpolitische Interessen des Kreises.

 

In diesem Förderbereich findet das klassische Zuwendungsrecht Anwendung. Danach erhalten die Verbände für das in den jeweiligen Diensten konkret eingesetzte Personal anteilige Zuschüsse. Gleiches gilt für die Sachkosten. In den Bereichen, wo mehrere Verbände tätig sind, werden von der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände sog. Verteilerschlüssel abgestimmt, die das jeweilige personelle Engagement der Verbände berücksichtigt. Vorgabe sind dabei die vom Kreis bzw. Kreistag zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel.

 

Die Verwendung aller Zuschüsse muss von den Empfängern zwingend nachgewiesen werden. Bei Personalkostenzuschüssen werden z.B. die Gehaltskosten der konkret eingesetzten Dienstkräfte belegt sowie der Einsatzzeitraum. Zudem werden Sachberichte eingefordert, die die inhaltliche Arbeit dokumentieren und insbesondere Aussagen zu der Inanspruchnahme/Auslastung und Entwicklung der Dienste liefern. Alle Nachweise werden verwaltungsintern jährlich geprüft und in kurzen Zeitintervallen zudem vom Rechnungsprüfungsamt.

 

 

 

Leistungsvereinbarungen

Der Grundgedanke einer Leistungsvereinbarung besteht darin, dass ein (nicht verpflichteter) Partner anstelle des anderen (verpflichteten) Partners für einen (individuell berechtigten-) Dritten eine Leistung erbringt und hierfür eine Vergütung erhält.

 

In den §§ 75, 76 SGB XII ist vorgegeben, was in Leistungsvereinbarungen zu regeln ist:

-          Inhalt (zu betreuender Personenkreis, Art und Ziel) und Qualität der Leistungen,

-          Vergütung (Pauschalen und/oder Beträge für einzelne Leistungsbereiche),

-          Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität (Qualitätssicherung).

 

Seit dem 01.08.2005 bestehen zwischen dem Rhein-Kreis Neuss und den Trägern der sozialen Schuldnerberatung und den Trägern der Suchtberatung und psychosozialen Dienste Leistungsvereinbarungen (s. Anlage).

 

Diese Beratungsdienste stehen als sog. Flankierende (Eingliederungs-)Leistungen besonders den Leistungsberechtigten der Grundsicherung für Arbeitsuchend zur Verfügung. Alle Anbieter, die hier mit dem Jobcenter zusammenarbeiten, haben in einem gemeinsamen Arbeitskreis verbindliche Regelungen zur Ablauforganisation und Kommunikation getroffen. Ein entsprechender Bericht hierzu wurde auch seinerzeit im Sozial- und Gesundheitsausschusses vorgestellt. In diesem Arbeitskreis ist zuletzt auch intensiv die Wirtschaftlichkeitsprüfung bzw. Erfolgskontrolle sozialer Dienstleistungen erörtert worden. Ein Grundproblem der Messung von Effektivität und Effizienz in der Sozialen Arbeit ist das Fehlen objektiver anerkannter Erfolgsindikatoren. Kennzahlen als Grundlage zur Einschätzung des „Erfolgs“ sozialer Beratung liegen allenfalls als Ideen vor (z.B. materielle Verbesserung der Lebenslage, Kennzahl: Vermittlung von gesetzlich garantierten Sozialtransfers, Vermittlung in Arbeit / Verbesserung sozialer Beziehungen, Kennzahl: Stabilisierung familiärer Bindungen, Schaffung informeller Netzwerk-Strukturen / Veränderung Lebensperspektive,  Kennzahl: z.B. erfolgreicher Schulbesuch, Lehrabschlusskommen). Der Arbeitskreis wird am 14.11.2011 zum Thema Erfolgszahlen einen ersten Zwischenbericht abstimmen; die Ergebnisse werden hier in die weiteren Überlegungen einfließen.

 

Eine Leistungsvereinbarung mit den bisherigen Empfängern von institutionellen Zuschüssen ist in Planung. Hierzu liegt vom Arbeitskreis der Verbände der freien Wohlfahrtspflege ein erster Entwurf vor. Auch für die Allgemeine Sozialarbeit sowie für die Hilfen an Nichtsesshafte (§§ 67 ff SGB XII) wird die Umstellung der Förderung auf Leistungsvereinbarungen geprüft.

 

Mit der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der freien Wohlfahrtspflege werden weitere Gespräche mit dem Ziel geführt, hier bereits in 2012 die Umstellung auf Leistungsvereinbarungen zu vollziehen. Es ist beabsichtigt, möglichst in allen Bereichen Leistungsvereinbarungen abzuschließen. Über die Ergebnisse wird der Sozial- und Gesundheitsausschuss informiert.