Betreff
Stellungnahme der Verwaltung zum Antrag der SPD-Kreistagsfraktion auf eine Sonderprüfung der Baumaßnahmen "Erweiterung Sportinternat Knechtsteden" und "Ringerhalle Dormagen" vom 06.12.2011
Vorlage
65/1558/XV/2011
Aktenzeichen
65/65.2-2402
Art
Tischvorlage

Sachverhalt:

Kostensteigerung:

Im Kreistag am 22.06.2011 wurden die Kostensteigerungen sowie die hierfür ausschlaggebenden Gründe für die Projekte Sportinternaterweiterung am Norbert-Gymnasium in Knechtsteden und Ringerhalle am Berufsbildungszentrum Dormagen ausführlich dargestellt. Die Umstände der Kostensteigerung für Ringerhalle und Sportinternat wurden in der Sitzung ausgiebig durch die Verwaltung erläutert und diskutiert und werden hier nochmals dargestellt.

Das Rechnungsprüfungsamt war sowohl im Rahmen der Vergabeprüfungen als auch im Rahmen dieser Stellungnahme zum Antrag der SPD eingebunden.

 

Aus Sicht der Verwaltung ist es wichtig, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass bei den Bauvorhaben der letzten Jahrzehnte  mit einem Finanzvolumen von weit über hundert Millionen Euro keine Maßnahme mit einer Kostensteigerung gegenüber der veranschlagten Summe – entgegen dem allgemeinen Trend – abgeschlossen wurde. Das heißt, die nachfolgend  genannten Projekte bilden eine Ausnahme.

 

Begründung:

 

1.) Norbert-Gymnasium Knechtsteden, Erweiterung Sportinternat

Nach der Anfang 2010 erfolgten notwendigen Umplanung des Baukörpers ist es versäumt worden, eine entsprechende Kostenaufstockung und -anpassung zu erarbeiten, da der neu geplante Baukörper zwar weiterhin die vorgesehenen 18 Wohneinheiten beinhaltet, jedoch vor dem Hintergrund der gefundenen Kompromisslösung mit der Stadt Dormagen neben einer größeren Dach- und Gründungsfläche auch eine erheblich höhere Mantelfläche aufweist.

 

Da eine weitere Ausdehnung des Baukörpers nicht mehr möglich ist, wurde auf Grund der veränderten Gebäudegeometrie Fundamentierungen im Bereich der überbauten Freiflächen für einen zukünftig möglichen Ausbau eingeplant, da eine nachträgliche Fundamentierung inkl. Aushub nur durch erheblich höhere Kosten möglich wäre. Dieser Ausbau ist zwischenzeitlich erfolgt und soll zukünftig als Kraftraum genutzt werden.

 

Neben den Mehrkosten auf Grund der veränderten Bauweise und der veränderten architektonischen Gebäudegeometrie sind erhebliche Mehrkosten wegen der zurzeit im Baugewerbe herrschenden Hochkonjunktur zu verzeichnen.

Da die Kostenberechnung aus dem Jahre 2009 datiert und in dieser Zeit ein konjunkturelles Tief herrschte mit entsprechenden niedrigen Baupreisen (siehe auch Konjunkturprogramm II), besteht zu den heutigen Baupreisen ein hoher Preisunterschied von durchschnittlich je nach Gewerk zwischen 15 und 25 %.

 

Diese sind erklärbar aufgrund erheblich gestiegener Materialpreise wie Stahl, Kupfer, Dämmstoffe usw. Dies hat sich bei den zwischenzeitlich fertig gestellten Gewerken bestätigt.

 

Neben diesen Kosten steigernden Faktoren sind auch die gesetzlichen Vorgaben aus der neuen Energieeinsparverordnung zu berücksichtigen, die den Einsatz von regenerativen Energien vorsieht oder eine erheblich höhere Dämmung zur Kompensation notwendig macht.

 

Um dieser Vorgabe Rechnung zu tragen, wurde die Dämmstärke erhöht - was jedoch alleine nicht ausreichend ist – und eine Solarthermieanlage auf der Dachfläche mit entsprechender Zugänglichkeit notwendig.

 

Die Kostenfortschreibung setzt sich wie folgt zusammen:

-          ursprüngliche Kosten Stand 2009                                                  1.220.000,00 €

 

neue Kostenrechnung: (März 2011)

-          auf Grund veränderter Gebäudegeometrie                                         187.000,00 €

-          vorbereitende Gründung für einen möglichen späteren Ausbau                35.000,00 €

-          Auswirkung Energieeinsparverordnung Solarthermie

mit entsprechender Zugänglichkeit:                                                    25.000,00 €

                                                                                                  1.467.000,00 €

-          Kostensteigerung konjunkturell bedingt

durchschnittlich knapp 15 % von 1.467.000,00 €                                213.000,00 €

-          Gesamtkosten inkl. Ausstattung, Außenanlagen und Nebenkosten =    1.680.000,00 €

 


2.) Ringerhalle Dormagen

Im Rahmen der Bauausführung stellte sich heraus, dass mit erheblich höheren Baukosten zu rechnen ist, als ursprünglich angenommen. Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:

Auf der Basis der Entwurfsplanung der Stadt Dormagen für den Neubau einer Ringerhalle hat Amt 65 am Standort Berufsbildungszentrum Dormagen den Neubau der Ringerhalle geplant. Da die äußeren Abmessungen und die Raumaufteilungen – bis auf die Höhenentwicklung der Ringerhalle selbst -  übernommen werden konnten, wurden auch die seinerzeit ermittelten Kosten für die Errichtung einer Ringerhalle durch die Stadt Dormagen, übernommen. Lediglich aufgrund der veränderten Höhenentwicklung und der grundstücksabhängigen Außenanlagen wurden die entsprechenden Zusatzkosten ermittelt und auf die errechneten Gesamtkosten der Stadt Dormagen hinzugerechnet.

 

Die Ermittlungen der Kosten für eine Ringerhalle durch

die Stadt Dormagen betrug im Jahre 2009/10                                596.000,00 € brutto

 

Die durch den Rhein-Kreis Neuss ermittelten Zusatzkosten für die

höhere Ringerhalle und den spezifischen Außenanlagen betrug             99.800,00 € brutto

Somit angemeldete Gesamtkosten                                               695.800,00 € brutto

 

Die vorgesehene Anbindung an das Fernheiznetz der Stadt Dormagen, welches den Schulkomplex versorgt, scheiterte an der Tatsache, dass in dieser Region Fernwärme zu ca. 97 % aus nicht - regenerativen Energien hergestellt wird. Es sind jedoch die gesetzlichen Vorgaben aus der neuen Energieeinsparverordnung zu berücksichtigen, die den Einsatz von regenerativen Energien vorsieht oder eine erheblich höhere Dämmung zur Kompensation notwendig macht. Eine Erhöhung der Dämmstärken führte jedoch nicht zum notwendigen rechnerischen Ergebnis als Nachweis zur Einhaltung der Energieeinsparverordnung. Eine angestrebte Lösung zur Reduzierung der Investitionskosten für den regenerativen Energiebereich im Rahmen eines Contracting-Verfahrens führte jedoch leider zu Angeboten, die die jährlichen Betriebskosten in nicht vertretbare Höhe geführt hätten.

Der wirtschaftliche Vergleich verschiedener technischer Möglichkeiten im Rahmen der regenerativen Energien führte letztlich zu der Entscheidung für eine Luftwasserwärmepumpe.


Die Kostenberechnung der Stadt Dormagen aus dem Jahre 2009/10 und die ergänzende Berechnung durch Amt 65 Anfang 2010 basierten auf Zahlen mit entsprechend niedrigen Baupreisen. Die heutigen Baupreise weisen einen Preisunterschied im Bereich Sporthallenbau von durchschnittlich 11% auf- je nach Gewerk zwischen 8 und 18 %. Diese Steigerungen sind erklärbar auf Grund erheblich gestiegener Materialpreise und der allgemein starken Baukonjunktur.

 

Die Kostenfortschreibung setzt sich wie folgt zusammen:

-          ursprüngliche Kosten Stand 2010                                                     695.800,00 €

 

neue Kostenrechnung: ( März 2011 )

-          Kosten aus Einsatz regenerativer Energien                                     ca. 55.000,00 €

-          Kostensteigerung aufgrund zu geringer Kostenansätze

in der Kostenplanung der Stadt Dormagen                                    ca. 100.000,00 €

                                                                                                    850.800,00 €

-          Kostensteigerung konjunkturell bedingt

durchschnittlich 11 % von 850.800,00 €                                             93.000,00 €

-          Gesamtkosten inkl. Ausstattung, Außenanlagen und Nebenkosten =       943.800,00 €

 

Kostenreduzierung:

Zur Minimierung der Kosten wurden selbstverständlich bei der Planung und Ausführung alle Einsparpotentiale geprüft und berücksichtigt wie z.B. der Verzicht auf abgehängte Decken, ausschließlicher Einsatz von Aufputz Installationen d.h. Verzicht auf Putz und Abkastungen, Einbau von Epoxid- und PVC-Belägen statt Fliesen, Beheizung des Hallenteiles über Lüfter und nicht über eine Deckenstrahlungsheizung, Einsatz einer kostengünstigen Außendämmung in Form eines Wärmedämmverbundsystemes anstelle einer Metallkassettenverkleidung wie beim gegenüber liegenden Pavillon. Reduzierung von Kosten durch Detailumstellungen im Dach- und Geländerbereich in Abstimmung mit den ausführenden Firmen. Reduzierung der Grundkanalkosten und Verlagerung der Fäkalienhebeanlage in den Außenbereich. Reduzierung der Gründungskosten in Abstimmung mit dem Statiker und Bodengutachter. Reduzierung von Brandschutzmaßnahmen in Abstimmung mit der örtlichen Bauaufsicht etc..

 

Alle Einsparungen erfolgten ohne Einschränkung der Funktionalität und der Nutzung.

Eine weitere Reduzierung der berechneten Gesamtkosten - ohne Aufgabe der angestrebten Nachhaltigkeit der Bauwerke – war vor dem Hintergrund des heutigen Preisgefüges nicht erreichbar.

 

 

Grundsätzliches zur Vorbereitung und Abwicklung von Baumaßnahmen:

Bauvorhaben des Rhein-Kreises Neuss werden grundsätzlich nach folgenden Kriterien geplant und umgesetzt:

-          Erarbeitung diverser Lösungsansätze bezüglich der Standortfrage, der städtebaulichen Einbindung, der Grundstückszuschnitte und der infrastrukturellen Gegebenheiten, der denkmalpflegerischen Belange sowie der konzeptionellen Ausgestaltung der Grundrisse, der Fassaden sowie erste konstruktive und technische Überlegungen. Diese Punkte werden unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit und der Wirtschaftlichkeit gebündelt.

 

-          Im Rahmen der weiteren Planung werden diese Aspekte mit den jeweiligen Nutzern, den Fachplanern und den zuständigern Behörden abgestimmt, verfeinert und vervollständigt.

 

 

-          Bei der Ausgestaltung der Räume, der Außenhaut einschließlich der Dächer und der haustechnischen Ausstattung wird großen Wert auf Langlebigkeit und Reinigungsfreundlichkeit gelegt.

 

-          Bei allen bisherigen Bauvorhaben des Rhein-Kreises Neuss (Verwaltungsgebäude, Schulen, Museen, Krankenhäuser, Seniorenzentren) ist erkennbar, dass die vorgenannten Aspekte mit Augenmaß und Sachverstand umgesetzt wurden.

 

-          Bei der Abwicklung der Baumaßnahmen wird Wert auf eine gewerkeweise Vergabe gelegt und von Generalunternehmerbeauftragungen abgesehen, um die wirtschaftlichste Gebäudeerrichtung zu sichern. Kostenprägende Gewerke wurden und werden - auch bei Unterschreitung der momentanen angehobenen Wertgrenzen - soweit eben möglich und sinnvoll, öffentlich ausgeschrieben, um das jeweils zurzeit wirtschaftlichste Angebot auf dem Markt zu erhalten.

 

-          Bei freihändigen Vergaben werden grundsätzlich Preisverhandlungen nach Angebotseinreichung mit dem/den günstigsten Bieter/n geführt.

 

 

Dies sind grundsätzliche Maßnahmen, die bei jedem Bauvorhaben des Rhein-Kreises Neuss berücksichtigt werden, um sowohl die Baukosten als auch die Betriebskosten gering zu halten und Kostensteigerungen während der Bauphase entgegenzuwirken.

 

Im Rahmen von Gebäudeeinweihungen werden diese Aspekte immer wieder durch teilnehmende und den jeweiligen Nutzer anerkennend bestätigt.