Sachverhalt:
Aufgrund der allgemein angespannten kommunalen Haushaltslage gibt es
vielfach Überlegungen zur Privatisierung von Straßenbau und
Straßenunterhaltung. Durch langfristige Verträge mit privaten Partnern sollen
vor allem Kosteneinsparungen für die öffentlichen Haushalte realisiert werden.
Das „Straßenprojekt Lippe“
ist deutschlandweit das erste Kreisstraßenprojekt, das als ÖPP- Modell an den
Start gegangen ist. Der Kreis Lippe hat im Rahmen eines europaweiten
Vergabeverfahrens die Bauunterhaltungsleistungen für sein bestehendes
Kreisstraßennetz im Jahre 2009 an ein privates Bauunternehmen für die Dauer von
fast 25 Jahren vergeben. Das vertraglich festgelegte Qualitätsniveau wird unter
Verantwortung des Auftragnehmers erhalten und seitens des Kreises kontrolliert.
So hat ein privates Unternehmen die Sanierung und Unterhaltung der lippischen
Kreisstraßen übernommen und der Kreis Lippe bleibt Eigentümer und Baulastträger
seiner Kreisstraßen.
Hauptkritikpunkte an diesem ÖPP- Modell in Lippe sind, dass zum einen
die Entscheidungskompetenz (beispielsweise ein flexibler Eingriff in notwendige
Maßnahmen) des Kreises und somit des Baulastträgers eingeschränkt ist. Des
weiteren hatten im Vergabeverfahren kleine und mittelständische Unternehmen
keine Chance, allenfalls als Nachunternehmer der großen Unternehmen. Zudem
schottet sich der Kreis Lippe für fast 25 Jahre vom Wettbewerb ab.
Der Rhein-Kreis Neuss sieht
kein solches ÖPP- Modell für seine Straßenunterhaltung vor. Zu erwähnen sei in
diesem Zusammenhang aber, dass in der Straßenunterhaltung schon seit dem
01.01.1977 eine Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Verwaltung und der
Privatwirtschaft praktiziert wird.
Konkret sieht es so aus, dass die Kreisstraßenunterhaltung seit über 35
Jahren unter Regie des Tiefbauamtes im Wesentlichen von Fremdunternehmen
durchgeführt wird. Das Personal des Tiefbauamtes im Fachbereich
Straßenunterhaltung ist auf ein Minimum reduziert. So werden neben der
wöchentlichen Streckenkontrolle kleinere und vordringliche Instandsetzungs-
arbeiten (beispielsweise nach Verkehrsunfällen oder Sturmereignissen) von
Mitarbeitern des Tiefbauamtes
durchgeführt, die weitere Unterhaltung wird an Fremdunternehmen
vergeben.
Die Fremdunternehmen werden durch öffentliche Ausschreibung ermittelt
und es werden Rahmen- bzw. Jahresverträge abgeschlossen. Die Arbeiten sind in
verschiedene Gewerke aufgeteilt, die sich nach der Spezialisierung der
Unternehmen richtet. Infolge dieser Fremdvergabe von Leistungen und den durch
die öffentlichen Ausschreibungen entstehenden Wettbewerb können die Leistungen
effektiv und wirtschaftlich durchgeführt und die Aufwendungen für die
Straßenunterhaltung gering gehalten werden.
Im Jahre 2006 fand eine überörtliche Prüfung des Rhein-Kreises Neuss
durch die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (GPA) statt. Hierbei
wurde unter anderem die Bauunterhaltung von Kreisstraßen untersucht. Ergebnis
der Untersuchung war, dass die Kosten für die Kreisstraßenunterhaltung im Rhein-Kreis Neuss im Vergleich mit den 31
untersuchten Kreisen deutlich unter dem Mittelwert lagen. Dieses gute Ergebnis
führte die GPA vor allem auf die Fremdvergabe der Unterhaltungsleistungen
zurück. Die Unterhaltungsleistungen werden somit dem aktuellen Wettbewerb
unterzogen und leistungsbezogen abgerechnet.
In der zweiten Jahreshälfte 2010 führte die GPA erneut eine
überörtliche Prüfung des Kreisbauhofes durch. Fazit dieser erneuten Prüfung
war, dass die GPA keinen Handlungsbedarf auf operativer Ebene sieht. Die
Vorgehensweise im Rhein-Kreis Neuss wurde weiterhin als sehr wirtschaftlich
erachtet. Die Aufwendungen je km Straße liegen beim Rhein-Kreis Neuss weiterhin
deutlich unter dem Mittelwert vergleichbarer Kreise.
Das erfreuliche Ergebnis der überörtlichen Prüfung spiegelt sich am
deutlichsten im folgenden Zitat wider: „… Damit ist nach wie vor die
Vorgehensweise des Rhein-Kreises Neuss durch Fremdvergabe der
Unterhaltungsaufgaben sowie des Winterdienstes sehr wirtschaftlich. Bei nur
geringfügig schlechterem Straßenzustand gegenüber unserem Bericht aus 2006 ist das
Ergebnis optimal. …“