Beschlussvorschlag:
Der Schulausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Sachverhalt:
1. Inklusion
Die UN-Behindertenrechtskonvention vom 13.12.2006 verpflichtet alle Unterzeichnerstaaten, die weitgehende Teilnahme behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben (Inklusion) zu gewährleisten. Seit 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention auch für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich. Seit Beginn des Schuljahres 2014/2015 haben in Nordrhein-Westfalen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf bei der Einschulung und beim Wechsel in die Sekundarstufe I einen Rechtsanspruch darauf, an einer allgemeinen Schule unterrichtet zu werden. Bereits im Vorfeld des Rechtsanspruches waren die Schulämter und Schulträger gehalten, nach Möglichkeit dem Elternwunsch zur Aufnahme eines Kindes mit sonderpädagogischem Förderbedarf in eine allgemeine Schule Rechnung zu tragen.
Nach Maßgabe von § 20 Abs. 5 Schulgesetz
NRW kann die Schulaufsichtsbehörde mit Zustimmung des Schulträgers Orte des
Gemeinsamen Lernens für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem
Förderbedarf und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf an einer allgemeinen
Schule einrichten, wenn die Schule dafür personell und sächlich ausgestattet
ist. Das gemeinsame Lernen in der Primarstufe hat sich im Rhein-Kreis Neuss in
sechs Kommunen etabliert. Zum Schuljahr 2013/2014 wurden 344 Schülerinnen und
Schüler am Gemeinsamen Lernen der Primarstufe an 15 Schwerpunktgrundschulen
inklusive der Förderschwerpunkte körperliche und motorische Entwicklung, Sehen
sowie Hören und Kommunikation in Einzelförderung unterrichtet (Anlagen 1 und 2).
In der Sekundarstufe I werden zwei
unterschiedliche Formen des Gemeinsamen Lernens umgesetzt. Zielgleich
geförderte Schülerinnen und Schüler nehmen am allgemeinen Unterricht teil.
Schülerinnen und Schüler mit Förderschwerpunkten Lernen oder Geistige Behinderung
werden hingegen an der allgemeinen Schule zieldifferent unterrichtet. Im
Schuljahr 2013/2014 wurden im Rhein-Kreis Neuss 260 Schülerinnen und Schüler
mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen der Sekundarstufe I
beschult. Hiervon wurden u. a. 220 Schülerinnen und Schüler zieldifferent in 17
Schwerpunktschulen in sieben Städten und Gemeinden des Rhein-Kreises Neuss
unterrichtet (Anlagen 3 und 4).
Die zunehmende Umsetzung der Inklusion im
schulischen Bereich hat Auswirkungen auf die Förderschullandschaft im
Rhein-Kreis Neuss.
2. Auswirkungen auf die Förderschullandschaft
Der Rhein-Kreis Neuss ist Träger von sieben Förderschulen, an denen Schülerinnen und Schüler mit geistiger Behinderung, Sprachbehinderung, Lernbehinderungen sowie schwer wiegenden Verhaltensauffälligkeiten sonderpädagogisch gefördert werden.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Schulen:
Schule |
Standort |
Schwerpunkte |
Einzugsbereich |
Schülerzahl |
Mosaik-Schule |
Grevenbroich |
Geistige
Entwicklung |
Grevenbroich,
Jüchen, Rommerskirchen, Dormagen-West |
135 |
Sebastianus-Schule |
Kaarst |
Geistige
Entwicklung |
Kaarst,
Korschenbroich, Meerbusch |
88 |
Schule
am Nordpark |
Neuss |
Geistige
Entwicklung |
Neuss,
Dormagen-Ost |
144 |
Michael-Ende-Schule |
Neuss |
Sprache |
Rhein-Kreis
Neuss |
205 |
Joseph-Beuys-Schule |
Neuss |
Emotionale
und soziale Entwicklung |
Rhein-Kreis
Neuss |
132 |
Martinusschule |
Kaarst |
Lernen Emotionale
und soziale Entwicklung |
Kaarst,
Korschenbroich, Meerbusch |
110 |
Schule
am Chorbusch |
Dormagen |
Lernen Emotionale
und soziale Entwicklung Sprache |
Dormagen,
Grevenbroich, Rommerskirchen, Jüchen |
188 |
Während der Rhein-Kreis Neuss bereits seit vielen Jahren Träger der Mosaik-Schule, der Sebastianus-Schule, der Schule am Nordpark, der Michael-Ende-Schule sowie der Joseph-Beuys-Schule ist, sind die Martinusschule und die Schule am Chorbusch erst zum Schuljahr 2013/2014 bzw. 2014/2015 in die Trägerschaft des Rhein-Kreises Neuss übergegangen. Der Schulträgerwechsel ist eine Folge der Inklusion im schulischen Bereich.
Mit der Zielsetzung, Inklusion auch im schulischen
Bereich umzusetzen, werden vor allem Schülerinnen und Schüler mit dem
sonderpädagogischen Förderbedarf Lernen in allgemeinen Schulen unterrichtet.
Dies hatte zur Folge, dass die Schülerzahlen an den Förderschulen mit dem
Schwerpunkt Lernen, die sich alle in der Trägerschaft kreisangehöriger Kommunen
befanden, in den vergangenen Jahres kontinuierlich gesunken sind. Im Schuljahr
2007/2008 besuchten noch 1.800 Kinder und Jugendliche eine Förderschule mit dem
Schwerpunkt Lernen im Rhein-Kreis Neuss. Im Schuljahr 2013/2014 waren es nur
noch 1.458 (- 19,0 %). Die Schülerzahlen
an den Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Geistige Entwicklung, Sprache
sowie Emotionale und soziale Entwicklung waren demgegenüber stabil oder stiegen
sogar leicht an, obwohl die Inklusion auch bei diesen Förderschwerpunkten
angestrebt wird.
Nach der Verordnung über die Mindestgrößen von Förderschulen und der
Schule für Kranke vom 16.10.2013 beträgt die Mindestgröße von Förderschulen mit
dem Schwerpunkt Lernen 144 Schülerinnen und Schüler. Ausnahmeregelungen, nach
denen mit Zustimmung der Bezirksregierung diese Mindestgröße um bis zu 50 %
unterschritten werden kann, wenn die schulorganisatorischen Verhältnisse und
die Gewährleistung eines zumutbaren Schulbesuchs dies erfordern, sieht diese
Verordnung nicht mehr vor. Damit bei Unterschreiten der Mindestgröße
Förderschulen nicht geschlossen werden müssen, empfiehlt das Land in der
Begründung zu der o. g. Verordnung u. a., mehrere Förderschulen in der
Trägerschaft von Gemeinden zu einer Schule in Kreisträgerschaft
zusammenzulegen.
Ziel des Rhein-Kreises Neuss ist es, auf der Grundlage des die Bildung
betreffenden Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention den Eltern der
Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf auch künftig ein
Wahlrecht hinsichtlich des Förderortes zu ermöglichen und durch Investitionen
in die Förderschulen den Fortbestand eines bedarfsgerechten
Förderschulangebotes für die Förderschwerpunkte Geistige Entwicklung,
Emotionale und soziale Entwicklung, Sprache und Lernen im Rhein-Kreis Neuss zu
gewährleisten.
Mit dieser Zielsetzung hat der Rhein-Kreis Neuss auf der Grundlage
einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit den Städten Kaarst, Korschenbroich
und Meerbusch sowie mit dem Schulverband Kaarst-Korschenbroich zum Schuljahr
2013/2014 die Martinusschule in Kaarst in seine Trägerschaft übernommen. Die
Schule wurde darüber hinaus um den Förderschwerpunkt Emotionale und soziale
Entwicklung erweitert. Die Raphael-Schule in Meerbusch, die im Schuljahr
2012/2013 nur noch 74 Schülerinnen und Schüler hatte, wurde aufgelöst. Die
Schülerinnen und Schüler der Raphael-Schule konnten entweder an die
Martinusschule oder an eine allgemeine Schule wechseln.
Im Vorfeld des Schulträgerwechsels für die Martinusschule hatte die Bezirksregierung
Düsseldorf bei einer Schulträgerberatung eine vergleichbare Lösung für die
Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen in Dormagen und Grevenbroich ebenfalls
positiv bewertet. Beide Schulen unterschritten im Schuljahr 2013/2014 die
Mindestschülerzahl von 144. Die Schule am Chorbusch in Dormagen hatte 120
Schülerinnen und Schüler, die Martin-Luther-King-Schule in Grevenbroich 96. Die Fortführung
einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen in der Trägerschaft eines
Schulverbandes der Städte Dormagen und Grevenbroich wurde von den beteiligten
Kommunen verworfen.
Der Rhein-Kreis Neuss hatte den Städten Dormagen und Grevenbroich angeboten,
die Trägerschaft einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen zu übernehmen,
die vorrangig von Schülerinnen und Schülern aus diesen beiden Städten sowie aus
den Gemeinden Jüchen und Rommerskirchen besucht wird. Auf der Grundlage einer
öffentlich-rechtlichen Vereinbarung des Rhein-Kreises Neuss mit den Städten
Dormagen und Grevenbroich ging die Schule am Chorbusch in Dormagen zum
01.08.2014 in die Trägerschaft des Rhein-Kreises Neuss über. Die
Martin-Luther-King-Schule in Grevenbroich wurde gleichzeitig aufgelöst.
Zugleich wurde die Schule am Chorbusch um den Förderschwerpunkt Emotionale und
soziale Entwicklung erweitert. Damit konnte der Rhein-Kreis Neuss sowohl im
Norden als auch im Süden des Kreisgebietes jeweils ein Förderschulangebot für
den Förderschwerpunkt Lernen aufrecht erhalten.
Der Rückgang der Schülerzahlen betrifft auch die Förderschulen mit dem
Schwerpunkt Lernen der Stadt Neuss. Im Schuljahr 2013/2014 hatte die Schule am
Wildpark noch 148 Schülerinnen und Schüler (2012/2013: 170), die
Herbert-Karrenberg-Schule 109 (2012/2013: 119). Die Stadt Neuss beabsichtigt,
zum Schuljahr 2015/2016 beide Schulen am Standort der Herbert-Karrenberg-Schule
zusammenzuführen. Der Rhein-Kreis Neuss hat der Stadt Neuss angeboten, die
Herbert-Karrenberg-Schule in seine Trägerschaft zu übernehmen, so dass der
Rhein-Kreis Neuss Träger aller öffentlichen Förderschulen im Rhein-Kreis Neuss
wäre. Dies hätte den Vorteil einer höheren Flexibilität bei der Aufnahme von
Schülerinnen und Schülern aus dem gesamten Kreisgebiet. Hinzu kämen mögliche
Synergieeffekte bei der Schülerbeförderung. Über den aktuellen Sachstand wird
die Verwaltung in der Sitzung berichten.