Betreff
Arbeit und Beschäftigung
Vorlage
50/0319/XVI/2014
Art
Bericht

Sachverhalt:

I.

 

Die gesetzliche Zuständigkeit für arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Förderungen liegt seit dem 01.01.2005 beim Jobcenter (vormals ARGE) Rhein-Kreis Neuss. Die Zielsetzung des SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende – ist insbesondere, erwerbsfähige Hilfebedürftige bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen. Hierfür stehen dem Jobcenter vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, wobei neben der eigentlichen Arbeitsvermittlung die Beseitigung von Vermittlungshemmnisse, die Qualifizierung und Fortbildung der Arbeitslosen eine große Rolle spielen.

 

Die Geschäftsführerin des Jobcenters Rhein-Kreis Neuss, Frau Wendeline Gilles, wird im Ausschuss über die Organisation und Aufgaben des Jobcenters informieren und die Aktivitäten vorstellen, die für die Zielerreichung eingesetzt werden. Dabei werden auch einzelne Projekte vorgestellt, die in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit und dem Rhein-Kreis Neuss durchgeführt werden.

 

Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Mönchengladbach, Frau Angela Schoofs, steht für evtl. ergänzende Ausführungen aus Sicht der Arbeitsverwaltung zur Verfügung.

 

 

II.

 

Das arbeitsmarktpolitische Engagement des Rhein-Kreises Neuss hat eine lange Tradition. Im Vergleich mit anderen Kreisen in Nordrhein-Westfalen nimmt der Rhein-Kreis Neuss damit eine Vorreiterrolle ein. Dies zeigt sich insbesondere an drei wegweisenden Entwicklungen:

      Einrichtung der Zentralstelle für Beschäftigungsförderung im Rhein-Kreis Neuss, mit angegliederter Eingangsberatung und „Hilfe zur Arbeit“ in den kreisangehörigen Kommunen (1998-2004),

      Job-Center Rhein-Kreis Neuss (2001-2004)
(auf der Basis der Erfahrungen aus drei Jahren Zusammenarbeit mit der niederländischen Firma Maatwer, private Arbeitsvermittlung, hat der Kreis eine eigene kommunale Arbeitsvermittlung für Sozialhilfeempfänger aufgebaut)

      Gemeinsame Anlaufstelle mit der Bundesagentur für Arbeit (2003-2004)
(Zusammenarbeit von Kommune und Arbeitsamt im Vorfeld der Harzt-IV-Reform und der kommenden ARGE).

 

Der Rhein-Kreis Neuss hatte sich wegen seines anerkannten „kommunalen Gesamtansatzes bei der Hilfe zur Arbeit“ und den hier erzielten Erfolgen mit Kreistagsbeschluss bereits 2004 und nochmals 2010 für einen Antrag auf Zulassung als kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeit (Optionskommune) entschieden. Beide Male wurde leider durch das Land Nordrhein-Westfalen keine Zulassung erteilt, was nach den Gesprächen beim zuständigen Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales nicht an den Konzeptionen lag, sondern letztlich an der zu guten Arbeitsmarktsituation im Rhein-Kreis Neuss.

 

 

Nur um die damaligen Aktivitäten des Rhein-Kreises Neuss nochmals in Erinnerung zu bringen, hier aus dem Optionsantrag 2010 nochmals einige Tabellen, die in DM bzw. in Euro ausgedrückt, das damalige Engagement in der Arbeits- und Beschäftigungsförderung belegen:

 

Ausgaben des Rhein-Kreises Neuss im Rahmen von „Hilfe zur Arbeit“

 

 

Ausgaben des Rhein-Kreises Neuss (in Mio. DM)

 

1996

1997

1998

1999

Kreisprogramm gewerbliche Wirtschaft

0,444

0,951

0,903

0,6

Landesprogramm AsS

1,561

1,527

1,927

1,5

Maatwerk

0

0

1,174

0,7

HzA § 19 BSHG

2,898

3,572

5,48

5,945

Gesamtausgaben

4,903

6,050

9,484

8,745

 

 

 

Ausgaben des Rhein-Kreises Neuss für Maßnahmen nach § 19 BSHG (2002-2004)

 

 

Rechnungsergebnis 2002

Rechnungsergebnis 2003

Rechnungsergebnis 2004

Kreis Gesamt

2.419.575,00 €

2.718.807,91 €

1.517.693 €

 

 

 

Ausgaben des Rhein-Kreises Neuss für Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen 2003-2004 laut Haushaltsplänen:

 

HHST

Bezeichnung

Ausgaben 2003

Ausgaben 2004

141.007.312

Ausgaben der Hilfe zur Arbeit nach § 19 BSHG

2.718.807,91 €

1.517.692,99 €

141.007.300

Ausgaben für ESF-kofinanzierte Projekte der Beschäftigungsförderung

1.317.899,96 €

780.045,13 €

141.007.301

Förderprogramm "Arbeit statt Sozialhilfe"

89.710,90 €

39.180,00 €

141.007.302

Konzeption "Hilfe zur Arbeit" Kreisprogramm gewerbliche Wirtschaft

15.068,79 €

21.423,74 €

141.007.303

Förderprogramm "Jump-Plus"

0,00 €

325.740,00 €

141.007.304

Arbeit für Langzeitarbeitslose AfL

0,00 €

1.010.394,31 €

 

 

4.141.487,56 €

3.694.476,17 €

 

 

Das Kreissozialamt bzw. die Zentralstelle für Beschäftigungsförderung entwickelte in enger Zusammenarbeit mit den Trägern eine Vielzahl an Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogrammen, welche auf die Anforderungen des lokalen Arbeitsmarktes angepasst waren. Aus dieser Zeit stammt die enge und erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Trägerlandschaft im Rhein-Kreis Neuss, die bis heute fortgeführt wird.

Der Fokus der Projekte und Maßnahmen im Rahmen der Kreisaktivitäten lag schon immer auf besondere Zielgruppen, die nur erschwert und nicht ohne Qualifikationen Zugang zum Arbeitsmarkt hatten. Konkret waren gezielt Jugendliche / U25, Migranten, Alleinerziehende und BerufsrückkehrerInnen vornehmlich in diese Maßnahmen einbezogen. Zudem war die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für Leistungsempfänger ein bewährtes Instrument, hier um gezielt Langzeitarbeitslosen eine Perspektive und soziale Einbindung geben zu können. Neben Mitteln des Kreises und der kreisangehörigen Kommunen wurden dabei auch die verschiedenen Förderprogramme des Landes, Bundes oder der EU genutzt.

 

Beispielhaft hier einige der damals erfolgreich durchgeführten Maßnahmen zur Förderung  von Jugendlichen, zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und zur Prävention von generationsübergreifendem Leistungsbezug:

      Projekt „Sprungbrett“ im Rahmen des Landesprogramms „Arbeit statt Sozialhilfe – AsS“:
Ziel des Projekts „Sprungbrett“ war es, zu verhindern, dass Jugendliche untätig öffentliche Leistungen in Anspruch nehmen können und sich an diesen Zustand gewöhnen. Das Projekt war direkt an die Eingangsberatung angegliedert. Hinter „Sprungbrett“ stand die Idee, dass erwerbsfähige Jugendliche unter 25 Jahren keine Sozialhilfe beantragen, sondern direkt durch ein betriebliches Praktikum gekoppelt mit theoretischer Qualifizierung einen Einstieg in die Arbeitswelt finden. Kernelemente der Maßnahme waren ein detailliertes Profiling, eine theoretische Grundqualifizierung sowie ein Betriebspraktikum. Die Maßnahme wurde in der ARGE fortgeführt, wobei sie in die Maßnahme „Vorsprung“ und die Aufbaumaßnahme „Sprungbrett“ aufgeteilt wurde.

 

      Bundesprogramm „Jugend mit Perspektive – Jump Plus“: Jugendliche, die bereits von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht waren, wurden über das Bundesprogramm „Jump-Plus“ betreut. Im Rahmen dieses Programms wurden für unter 25jährige (U25), die Sozialhilfe bzw. Arbeitslosenhilfe und ggf. ergänzend Sozialhilfe bezogen sowie langzeitarbeitslos waren oder von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht waren, Maßnahmen zum Einstieg in Beschäftigung und Qualifizierung (Aus- und Weiterbildung) gefördert. Das Projekt bestand aus einer ersten Seminarphase, mit Profiling und Bewerbungstraining, sowie einer 6-monatigen betreuten Eingliederungsphase, in der die Jugendlichen in eine passende BSHG-Maßnahme zugewiesen wurden.

 

      ESF-gefördertes Programm „LoS – Leben ohne Sozialhilfe“: Ein weiteres Instrument zur Stabilisierung von arbeitsmarktfernen Jugendlichen ohne Schulabschluss und Perspektiven war das niederschwellige Programm „LoS“. Das Programm wurde 2000 im Rhein-Kreis Neuss durchgeführt. Dabei wurden Jugendliche durch ein Angebot von unterschiedlichen „Lehrwerkstätten“ an verschiedene Berufsfelder herangeführt, um die eigenen Neigungen zu Berufswünschen und Perspektiven zu kanalisieren.

 

 

III.

 

Der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss hat sein Engagement in der Arbeits- und Beschäftigungspolitik nach der Sozialreform „Hartz-IV“ nicht zurückgenommen, sondern konsequent im Interesse der von Arbeitslosigkeit betroffenen Bürgerinnen und Bürger des Rhein-Kreises Neuss weitergeführt.

 

Durchgehend steht im Haushalt des Kreises mit dem Haushaltsansatz „Arbeits- und Beschäftigungsinitiativen“ 67.500 € verfügbar. Unter dem Titel „Soziales Handlungskonzept“ wurden erstmals 2012 zusätzlich weitere Mittel in Höhe von insgesamt 200.000 € eingestellt. Nach dem Willen des Kreistages sind diese Mittel zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, zur Förderung von Jugendlichen ohne Schulabschluss, zur Gewinnung von Fachkräften für die Altenpflege sowie zur Verbesserung der Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt einzusetzen.

 

Die folgenden Projekte sind damit finanziert worden, wobei alle Projekte durch Gelder und Unterstützung des Jobcenters und teilweise der Kommunen ko-finanziert sind:

 

 (Auszug Erläuterungen Sozial- und Gesundheitsausschuss 13.09.2012, TOP 13.2)

 

Projektbezeichnung

Träger

Kreisförderung/

Jahr

Ko-Finanzierungen

U25-Projekt „mops – Motivation durch Perspektive“

Berufshilfe e.V., Grevenbroich

25.000 €

168.100 € durch Jobcenter Rhein-Kreis Neuss (freie Förderung nach § 16f SGB II, Bewilligung vom 13.06.2012)

 

Radstationen im Rhein-Kreis Neuss / Verbundprojekt „Open house“

CaritasSozialdienste Rhein-Kreis Neuss GmbH, Neuss

30.000 €

Finanzielle Förderungen auch durch Jobcenter, Städte Neuss, Dormagen und Grevenbroich

„Integration von Migranten in Pflegeberufe – Bunte Pflege“

CaritasSozial-dienste Rhein-Kreis Neuss GmbH, Neuss

45.000 €

 

50 %-Finanzierung durch Kreis und Jobcenter; 50 % Förderung über die Landesinitiative Fachkräftesicherung bzw. EFRE-Programm (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung)

 

Radwege im Rhein-Kreis Neuss – Erhalt und Verbesserung

bfg–Beschäftigungs-gesellschaft mbH, Rhein-Kreis Neuss

40.000 €

Maßnahmebesetzung durch Jobcenter; die Teilnehmer erhalten weiterhin SGB II-Leistungen

 

 

Mit dem Haushalt 2014 / 2015 sind die Mittel des Sozialen Handlungskonzeptes um 200.000 € jährlich aufgestockt worden. Hiermit sollen Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, besonders unter Jugendlichen, durchgeführt werden. Gerade bei nicht qualifizierten Jugendlichen scheint es erforderlich, durch jedwede Form einer „Begleitung“ zu erreichen, dass am Schluss von nötigen Qualifizierungen eine Ausbildung oder eine Arbeitsaufnahme steht. Gleiche Zielsetzung verfolgt die seit dem 01.05.2014 eingerichtete Koordinierungsstelle KAoA – „Kein Abschluss ohne Anschluss“, wonach schon ab der 8. Klasse in jeder Schulform in abgestimmten Verfahren zukunftsorientierte Einzelfallberatung erfolgen soll.

 

Die vorgesehenen und bereits gestarteten Projekte, an denen sich der Rhein-Kreis Neuss beteiligen wird, werden im Vortrag der Geschäftsführung des Jobcenters Rhein-Kreis Neuss vorgestellt. 

 

 

IV.

 

Modellprojekt „Arbeit für Generationen“

 

Der Rhein-Kreis Neuss hat sich in 2012 am Programm der Landesregierung NRW „öffentlich geförderte Beschäftigung“ beteiligt. Maßnahmeträger ist die Beschäftigungsförderungsgesellschaft mbH Rhein-Kreis Neuss; das Projekt trägt den Namen „Arbeit für Generationen“.

 

Dabei ist von folgender Ausgangslage ausgegangen worden: Die meisten der Seniorenhaushalte leben in den „eigenen vier Wänden“. Sehr viele von ihren würden Serviceleistungen in Anspruch nehmen, wie es sie in den größeren Projekten des „betreuten Wohnens“ gibt. Über das Modellprojekt sollen solche Betreuungs- und Beratungsleistungen angeboten werden. Wie bei der „dienstbar“ soll eine Stabilisierung der Selbsthilfemöglichkeiten erfolgen. Der präventive Ansatz entspricht dem sozialgesetzlichen Grundsatz „ambulant vor stationär“.

 

Ursprünglich sind für dieses Serviceangebot 20 Stellen geplant worden. Aufgrund der nur mäßigen Nachfragesituation ist im Verlauf des Projektes die Zahl der Stellen in Abstimmung mit allen Zuschussgebern auf 8 Stellen beschränkt worden. 11 Stellen konnten in ähnlicher Ausrichtung, also Serviceleistungen, bei Altenpflegeheime und vergleichbaren sozialen Einrichtungen geschaffen werden.

 

Das Modellprojekt insgesamt kann als erfolgreich angesehen werden. Das Land hat im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der Modellprojekte durch die G.I.B. – (Landes)Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH – großes Interesse an einer Fortsetzung. Zumindest bis 30.09.2015 sollen die bestehenden individuellen Beschäftigungsverhältnisse fortgeführt werden, damit der 24-monatige Förderzeitraum erfüllt werden kann.

 

Die Einrichtung niedrigschwelliger Entlastungsangebote, insbesondere für Seniorenhaushalte, pflegebedürftige und an Demenz erkrankte Menschen, ist aktueller denn je. Im Ersten Pflegestärkungsgesetz, das zum 01.01.2015 in Kraft tritt, werden hierfür neue Leistungsansprüche in der Gesetzlichen Pflegeversicherung geschaffen. Ambulante Angebote wie haushaltsnahe Dienstleistungen etc. haben nach dem GEPA NRW, seit 15.10.2014 in Kraft, eine wichtige Bedeutung beim geforderten Ausbau quartiersbezogener Angebotsstrukturen.

 

Von der bfg liegt ein aktueller Kurzbericht über die inhaltliche Arbeit des Modellprojektes, mit dem Schwerpunkt des „Betreuten Wohnens zu Hause – Service in den eigenen vier Wänden“ bei.