Beschlussvorschlag:
Der Kulturausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Der Kreistag hatte in seiner Sitzung am 18.06.2013 den Landrat
beauftragt, ein Kreisentwicklungskonzept „Inklusion von Menschen mit
Behinderung im Rhein-Kreis Neuss“ zu erarbeiten. Die Umsetzung der
UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und der damit verbundenen
gesetzlichen Vorgaben des Landes Nordrhein-Westfalen auf kommunaler Ebene
stehen dabei im Fokus. Vor diesem Hintergrund fand am 29.11.2013 im Kreishaus
Grevenbroich ein Workshop statt, der Menschen mit Behinderungen sowie
Vertreterinnen und Vertreter des Rhein-Kreises Neuss, der kreisangehörigen
Kommunen, der Wohlfahrtsverbände, der Schulen, von kulturellen Einrichtungen
und Selbsthilfegruppen die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch gab.
Die Ergebnisse des Workshops „Kultur, Freizeit und Sport“ wurden in der
Sitzung des Kulturausschusses am 17.02.2014 vorgestellt und flossen in das
Kreisentwicklungskonzept Inklusion, welches in der Sitzung des Kreistages am
25.03.2014 beschlossen wurde, ein. Für den Bereich Kultur wurden dabei nachfolgende
Ziele und Maßnahmen unter dem Leitziel „Lebensqualität: überall dabei sein
können – Rhein-Kreis Neuss – barrierefrei leben und erleben“ formuliert.
1. Verbesserung der Teilhabe/Kooperation mit den
Interessenvertretern von Menschen mit
Behinderungen
Dies soll durch eine Bestandserhebung zur Zugänglichkeit und
Barrierefreiheit der kulturellen Einrichtungen unter Betrachtung der gesamten
Mobilitätskette, durch Prüfen der Beschilderungen erreicht werden. Anschließend
ist das Einrichten von behindertengerechter Infrastruktur und Auszeichnung
barrierefreier Gebäude mit entsprechenden Piktogrammen angestrebt.
In der Sitzung des Kulturausschusses kamen die Mitglieder überein, dass
die Verwaltung eine Machbarkeitsstudie erarbeiten solle, in der entsprechend
der Dringlichkeit die notwendigen Maßnahmen und Umsetzungszeiträume entweder
zunächst beispielhaft für eine Einrichtung oder für alle kulturellen
Einrichtungen des Kreises aufgeführt werden.
Die Hauptstelle der Musikschule Rhein-Kreis Neuss ist barrierefrei hergestellt. Darüber hinaus hat diese fast 50 Unterrichtsorte im Kreisgebiet, die von den Kommunen zur Verfügung gestellt werden und nicht auf Kosten des Kreises barrierefrei hergestellt werden können. Der Musikschulunterricht wird bereits von Menschen mit und ohne Behinderungen wahrgenommen.
Sämtliche Ausstellungshallen des Kulturzentrums Sinsteden sind mit
Ausnahme des Kaltblutarchivs seit der Eröffnung für gehbehinderte Menschen
barrierefrei erreichbar. Eigene Behindertenparkplätze des Kulturzentrums Sinsteden
gibt es nicht. Die Möglichkeit der Einrichtung von zwei Behindertenparkplätzen
sollte hier geprüft werden.
Das Medienzentrum des
Rhein-Kreises Neuss ist nicht barrierefrei zugänglich, da sich im Eingangsbereich
eine Treppe befindet. Eine bauliche Änderung des Zugangs kann nur mit hohem
finanziellem Aufwand erreicht werden. Behindertenparkplätze sind ebenfalls
nicht vorhanden.
Da eine Begehung der Kultureinrichtungen im Hinblick auf den Erhalt des Berliner Signets vom Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin zur Kennzeichnung von Gebäuden hinsichtlich ihrer Barrierefreiheit mit der im Hause des Rhein-Kreises Neuss gebildeten Kommission zeitnah nicht durchgeführt werden kann, ist beabsichtigt, eine eigene Begehung des Kreismuseums Zons und der Nordhalle durch das Fachamt mit Vertretern der Behindertenverbände und Menschen mit Behinderungen vorzunehmen und an dieser Einrichtung beispielhaft die notwendigen Maßnahmen aufzeigen.
Auch wenn die barrierefreie Zugänglichkeit der kulturellen Einrichtungen des Kreises nicht in allen Bereichen umfassend hergestellt ist, sind die Einrichtungen bestrebt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein den Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen entsprechendes Besuchs- und Führungsprogramm anzubieten. So werden z.B. Führungen mit Assistenzbedarf oder Demenzführungen angeboten.
Im Rahmen der geplanten Begehung mit Vertretern der Behindertenverbände und Menschen mit Behinderungen sollen daher neben den baulichen Gegebenheiten auch Bedarfe für Menschen mit Behinderung bezogen auf die Museumstätigkeit ermittelt werden, z.B. Beschilderungen der Ausstellungen, Anschaffung von Hilfsmitteln etc., die bereits zum jetzigen Zeitpunkt durchgeführt werden können.
Es ist beabsichtigt, Behindertenverbände, Menschen mit Behinderungen sowie den igll e.V. Neuss zu beteiligen.
2. Qualifizierung
von Personal im Umgang mit Menschen mit Behinderungen, Information und Schulung
von Einrichtungen
Hierdurch sollen Berührungsängste durch gegenseitiges Kennenlernen abgebaut
und Barrieren überwunden werden.
Die Mitarbeiter der kulturellen Einrichtungen arbeiten als Kunst- und
Kulturvermittler an der Schnittstelle zu den Besuchern der jeweiligen
Einrichtung. Daher setzen sich die Einrichtungen mit gesellschaftlichen
Veränderungen, wie dem demographischen Wandel und zuletzt mit Inklusion
auseinander, denn die Einrichtungen werden bereits von Menschen mit und ohne
Behinderung besucht. Gerade bei einem Besuch einer kulturellen Einrichtung ist
es entscheidend, dass sich die Besucher wohlfühlen. Laut einer
Besucherforschung des Deutschen Museumsbundes sind die ersten fünf Minuten des
Museumsbesuchs entscheidend. Daher sollten die Mitarbeiter für das Thema
Inklusion regelmäßig sensibilisiert und qualifiziert werden.
Das MAIS plant hierzu auch die Einrichtung einer Kreativ-Werkstatt zum
landesweiten Erfahrungsaustausch sowie zur Entwicklung von Projekten und Ideen,
die Chancen für neue inklusive Begegnungs- und Erfahrungsräume für Menschen mit
und ohne Behinderungen aller Generationen aufzeigen.
3. Archiverweiterungsbau im Rhein-Kreis
Neuss
Für das Archiv im Rhein-Kreis Neuss und das Internationale Mundartarchiv „Ludwig Soumagne“ wird ein Archiverweiterungsbau errichtet, in dem inklusive Ansprüche in hohem Maße verwirklicht werden. So wird der Erweiterungsbau einen Lesesaal, einen Ausstellungsbereich und auch einen archivpädagogischen Raum haben, die alle auch für Menschen mit Behinderungen problemlos zu erreichen sein werden. Auch wird es in dem Gebäude eine Behindertentoilette geben.
4. Material des Medienzentrums
Bei der Neuanschaffung bei EDMOND- und Verleihmedien des Medienzentrums wird für das Haushaltsjahr 2015 neben „Migration/Integration“ ein Schwerpunkt auf „Inklusion“ gelegt. Bei der Auswahl der zum Thema "Inklusion" anzuschaffenden Titel wird das im Hause befindliche Kompetenzteam Rhein-Kreis Neuss beteiligt, dass seinerseits laufend Kurse und Fortbildungen für Lehrkräfte zu diesem Thema koordiniert und selbst durchführt. Die ausgewählten Medien werden dann noch im Laufe dieses Haushaltsjahres beschafft und durch spezielle, themenbezogene Medienbriefe als Paket und Einzeltitel den Kunden des Medienzentrums zur Verfügung gestellt.
5. Einrichtung von Arbeitsplätzen für
Menschen mit Behinderung
Es ist der Einsatz von Menschen mit Behinderung in den Kultureinrichtungen zu prüfen. In Frage käme evtl. eine Hausmeisterassistenz in den Kultureinrichtungen. Hierfür würden Kosten in Höhe von ca. 7.800,- € jährlich anfallen. Diese wurden im Haushalt 2016/2017 nicht etatisiert.
6. Förderung inklusiver Modellprojekte
Bei der Förderung von Kulturprojekten wird die Landesregierung
zukünftig verstärkt darauf hinwirken, dass die mit der neuen Kultur inklusiven
Denkens und Handelns in Verbindung stehenden Grundsätze, insbesondere in den
Bereichen Zugänglichkeit und Barrierefreiheit, eingehalten werden.
Auch im Rahmen des Projektes „Jedem Kind sein Instrument“ (JEKI) sind
in den vergangenen Jahren bereits Förderschulen eingebunden worden. Ferner gibt
es bei den Projekten „Kulturrucksack“ und „Kultur macht stark“ inklusive
Ansätze. Die Angebote stehen allen offen und im Rahmen des Programms „Kultur
macht stark“, an dem auch die Musikschule Rhein-Kreis Neuss teilnimmt, werden
bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche in ihrer kulturellen Entwicklung
gefördert und es entstehen tragfähige Kooperationen mit lokalen Bündnissen für
Bildung.
Das Kulturzentrum Sinsteden und das Internationale Mundartarchiv
„Ludwig Soumagne“ führen mit Förderung des Landes NRW das Projekt „Region
inklusiv(e) – Form und Farbe im Rhein-Kreis Neuss“ durch. Darin werden
Kunstaktionen behinderter und nicht behinderter Menschen in allen kreisangehörigen
Kommunen durchgeführt. Alle Aktionen münden in einer Ausstellung im Kulturzentrum
Sinsteden. Fachliche Unterstützung erhält der Kreis durch das Kunstcafé
EinBlick in Kaarst und seine ehrenamtliche Geschäftsführerin, Sonderpädagogin
und Kunsterzieherin Brigitte Albrecht sowie namhafte Künstlerinnen und
Künstlern aus der Region. Folgende Kunstaktionen sind Bestandteil des Projekts: „Tulpen – Im Rausch der
Farben und Gefühle“ (Malerei in
Korschenbroich), „Klingende Zauberkieselsteine am Rhein“ (Musik in Meerbusch), „Tanzen
in alten Gemäuern“ (Tanz in Dormagen), „gestaltete Paradiese“ (Landschaftsfotografie
in Grevenbroich), „Eine bunte Hafenwelt“ (Straßenmalerei in Neuss), „Arbeitstiere
für die Landwirtschaft“ (Plastiken schaffen in Rommerskirchen), „Leuchtende
Einblicke“ (Wände mittels Spray künstlerisch gestalten in Kaarst) und „Formen
rauschender Bäume“ (Scherenschnitt in Jüchen).
Die durchgeführten Aktionen des Projekts, welches Anfang 2016 abgeschlossen wird, haben gezeigt, dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung problemlos gemeinsam künstlerisch tätig sein können. Der Spaßfaktor bei den angebotenen Veranstaltungen war für alle Teilnehmer sehr groß. Dabei hat es keine erkennbaren Berührungsängste untereinander gegeben. Alle Veranstaltungen konnten auch für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Behinderung als Hilfe zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft verstanden werden, wie es im § 53 SGB XII beschrieben ist.