Betreff
Sachstand Inklusion im Bereich Kultur
Vorlage
40/0930/XVI/2015
Art
Bericht

Beschlussvorschlag:

Der Kulturausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.


Sachverhalt:

Der Kreistag hatte in seiner Sitzung am 18.06.2013 den Landrat beauftragt, ein Kreisentwicklungskonzept „Inklusion von Menschen mit Behinderung im Rhein-Kreis Neuss“ zu erarbeiten. Die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und der damit verbundenen gesetzlichen Vorgaben des Landes Nordrhein-Westfalen auf kommunaler Ebene stehen dabei im Fokus. Vor diesem Hintergrund fand am 29.11.2013 im Kreishaus Grevenbroich ein Workshop statt, der Menschen mit Behinderungen sowie Vertreterinnen und Vertreter des Rhein-Kreises Neuss, der kreisangehörigen Kommunen, der Wohlfahrtsverbände, der Schulen, von kulturellen Einrichtungen und Selbsthilfegruppen die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch gab.

 

Die Ergebnisse des Workshops „Kultur, Freizeit und Sport“ wurden in der Sitzung des Kulturausschusses am 17.02.2014 vorgestellt und flossen in das Kreisentwicklungskonzept Inklusion, welches in der Sitzung des Kreistages am 25.03.2014 beschlossen wurde, ein. Für den Bereich Kultur wurden dabei nachfolgende Ziele und Maßnahmen unter dem Leitziel „Lebensqualität: überall dabei sein können – Rhein-Kreis Neuss – barrierefrei leben und erleben“ formuliert.

 

1.        Verbesserung der Teilhabe/Kooperation mit den Interessenvertretern von      Menschen mit Behinderungen

 

Dies soll durch eine Bestandserhebung zur Zugänglichkeit und Barrierefreiheit der kulturellen Einrichtungen unter Betrachtung der gesamten Mobilitätskette, durch Prüfen der Beschilderungen erreicht werden. Anschließend ist das Einrichten von behindertengerechter Infrastruktur und Auszeichnung barrierefreier Gebäude mit entsprechenden Piktogrammen angestrebt.

 

In der Sitzung des Kulturausschusses kamen die Mitglieder überein, dass die Verwaltung eine Machbarkeitsstudie erarbeiten solle, in der entsprechend der Dringlichkeit die notwendigen Maßnahmen und Umsetzungszeiträume entweder zunächst beispielhaft für eine Einrichtung oder für alle kulturellen Einrichtungen des Kreises aufgeführt werden.

 

Die Hauptstelle der Musikschule Rhein-Kreis Neuss ist barrierefrei hergestellt. Darüber hinaus hat diese fast 50 Unterrichtsorte im Kreisgebiet, die von den Kommunen zur Verfügung gestellt werden und nicht auf Kosten des Kreises barrierefrei hergestellt werden können. Der Musikschulunterricht wird bereits von Menschen mit und ohne Behinderungen wahrgenommen.

 

Sämtliche Ausstellungshallen des Kulturzentrums Sinsteden sind mit Ausnahme des Kaltblutarchivs seit der Eröffnung für gehbehinderte Menschen barrierefrei erreichbar. Eigene Behindertenparkplätze des Kulturzentrums Sinsteden gibt es nicht. Die Möglichkeit der Einrichtung von zwei Behindertenparkplätzen sollte hier geprüft werden.

 

Das Medienzentrum des Rhein-Kreises Neuss ist nicht barrierefrei zugänglich, da sich im Eingangsbereich eine Treppe befindet. Eine bauliche Änderung des Zugangs kann nur mit hohem finanziellem Aufwand erreicht werden. Behindertenparkplätze sind ebenfalls nicht vorhanden.

 

Da eine Begehung der Kultureinrichtungen im Hinblick auf den Erhalt des Berliner Signets vom Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin zur Kennzeichnung von Gebäuden hinsichtlich ihrer Barrierefreiheit mit der im Hause des Rhein-Kreises Neuss gebildeten Kommission zeitnah nicht durchgeführt werden kann, ist beabsichtigt, eine eigene Begehung des Kreismuseums Zons und der Nordhalle durch das Fachamt mit Vertretern der Behindertenverbände und Menschen mit Behinderungen vorzunehmen und an dieser Einrichtung beispielhaft die notwendigen Maßnahmen aufzeigen.

 

Auch wenn die barrierefreie Zugänglichkeit der kulturellen Einrichtungen des Kreises nicht in allen Bereichen umfassend hergestellt ist, sind die Einrichtungen bestrebt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein den Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen entsprechendes Besuchs- und Führungsprogramm anzubieten. So werden z.B. Führungen mit Assistenzbedarf oder Demenzführungen angeboten.

 

Im Rahmen der geplanten Begehung mit Vertretern der Behindertenverbände und Menschen mit Behinderungen sollen daher neben den baulichen Gegebenheiten auch Bedarfe für Menschen mit Behinderung bezogen auf die Museumstätigkeit ermittelt werden, z.B. Beschilderungen der Ausstellungen, Anschaffung von Hilfsmitteln etc., die bereits zum jetzigen Zeitpunkt durchgeführt werden können.

 

Es ist beabsichtigt, Behindertenverbände, Menschen mit Behinderungen sowie den igll e.V. Neuss zu beteiligen.

 

2.      Qualifizierung von Personal im Umgang mit Menschen mit Behinderungen, Information und Schulung von Einrichtungen

 

Hierdurch sollen Berührungsängste durch gegenseitiges Kennenlernen abgebaut und Barrieren überwunden werden.

 

Die Mitarbeiter der kulturellen Einrichtungen arbeiten als Kunst- und Kulturvermittler an der Schnittstelle zu den Besuchern der jeweiligen Einrichtung. Daher setzen sich die Einrichtungen mit gesellschaftlichen Veränderungen, wie dem demographischen Wandel und zuletzt mit Inklusion auseinander, denn die Einrichtungen werden bereits von Menschen mit und ohne Behinderung besucht. Gerade bei einem Besuch einer kulturellen Einrichtung ist es entscheidend, dass sich die Besucher wohlfühlen. Laut einer Besucherforschung des Deutschen Museumsbundes sind die ersten fünf Minuten des Museumsbesuchs entscheidend. Daher sollten die Mitarbeiter für das Thema Inklusion regelmäßig sensibilisiert und qualifiziert werden.

 

Das MAIS plant hierzu auch die Einrichtung einer Kreativ-Werkstatt zum landesweiten Erfahrungsaustausch sowie zur Entwicklung von Projekten und Ideen, die Chancen für neue inklusive Begegnungs- und Erfahrungsräume für Menschen mit und ohne Behinderungen aller Generationen aufzeigen.

 

3.        Archiverweiterungsbau im Rhein-Kreis Neuss

 

Für das Archiv im Rhein-Kreis Neuss und das Internationale Mundartarchiv „Ludwig Soumagne“ wird ein Archiverweiterungsbau errichtet, in dem inklusive Ansprüche in hohem Maße verwirklicht werden. So wird der Erweiterungsbau einen Lesesaal, einen Ausstellungsbereich und auch einen archivpädagogischen Raum haben, die alle auch für Menschen mit Behinderungen problemlos zu erreichen sein werden. Auch wird es in dem Gebäude eine Behindertentoilette geben.

 

4.        Material des Medienzentrums

 

Bei der Neuanschaffung bei EDMOND- und Verleihmedien des Medienzentrums wird für das Haushaltsjahr 2015 neben „Migration/Integration“ ein Schwerpunkt auf „Inklusion“ gelegt. Bei der Auswahl der zum Thema "Inklusion" anzuschaffenden Titel wird das im Hause befindliche Kompetenzteam Rhein-Kreis Neuss beteiligt, dass seinerseits laufend Kurse und Fortbildungen für Lehrkräfte zu diesem Thema koordiniert und selbst durchführt. Die ausgewählten Medien werden dann noch im Laufe dieses Haushaltsjahres beschafft und durch spezielle, themenbezogene Medienbriefe als Paket und Einzeltitel den Kunden des Medienzentrums zur Verfügung gestellt.

 

5.        Einrichtung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung

 

Es ist der Einsatz von Menschen mit Behinderung in den Kultureinrichtungen zu prüfen. In Frage käme evtl. eine Hausmeisterassistenz in den Kultureinrichtungen. Hierfür würden Kosten in Höhe von ca. 7.800,- € jährlich anfallen. Diese wurden im Haushalt 2016/2017 nicht etatisiert.

 

6.      Förderung inklusiver Modellprojekte

 

Bei der Förderung von Kulturprojekten wird die Landesregierung zukünftig verstärkt darauf hinwirken, dass die mit der neuen Kultur inklusiven Denkens und Handelns in Verbindung stehenden Grundsätze, insbesondere in den Bereichen Zugänglichkeit und Barrierefreiheit, eingehalten werden.

 

Auch im Rahmen des Projektes „Jedem Kind sein Instrument“ (JEKI) sind in den vergangenen Jahren bereits Förderschulen eingebunden worden. Ferner gibt es bei den Projekten „Kulturrucksack“ und „Kultur macht stark“ inklusive Ansätze. Die Angebote stehen allen offen und im Rahmen des Programms „Kultur macht stark“, an dem auch die Musikschule Rhein-Kreis Neuss teilnimmt, werden bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche in ihrer kulturellen Entwicklung gefördert und es entstehen tragfähige Kooperationen mit lokalen Bündnissen für Bildung.

 

Das Kulturzentrum Sinsteden und das Internationale Mundartarchiv „Ludwig Soumagne“ führen mit Förderung des Landes NRW das Projekt „Region inklusiv(e) – Form und Farbe im Rhein-Kreis Neuss“ durch. Darin werden Kunstaktionen behinderter und nicht behinderter Menschen in allen kreisangehörigen Kommunen durchgeführt. Alle Aktionen münden in einer Ausstellung im Kulturzentrum Sinsteden. Fachliche Unterstützung erhält der Kreis durch das Kunstcafé EinBlick in Kaarst und seine ehrenamtliche Geschäftsführerin, Sonderpädagogin und Kunsterzieherin Brigitte Albrecht sowie namhafte Künstlerinnen und Künstlern aus der Region. Folgende Kunstaktionen sind Bestandteil des Projekts: „Tulpen – Im Rausch der Farben und Gefühle“  (Malerei in Korschenbroich), „Klingende Zauberkieselsteine am Rhein“ (Musik in Meerbusch), „Tanzen in alten Gemäuern“ (Tanz in Dormagen), „gestaltete Paradiese“ (Landschaftsfotografie in Grevenbroich), „Eine bunte Hafenwelt“ (Straßenmalerei in Neuss), „Arbeitstiere für die Landwirtschaft“ (Plastiken schaffen in Rommerskirchen), „Leuchtende Einblicke“ (Wände mittels Spray künstlerisch gestalten in Kaarst) und „Formen rauschender Bäume“ (Scherenschnitt in Jüchen).

 

Die durchgeführten Aktionen des Projekts, welches Anfang 2016 abgeschlossen wird, haben gezeigt, dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung problemlos gemeinsam künstlerisch tätig sein können. Der Spaßfaktor bei den angebotenen Veranstaltungen war für alle Teilnehmer sehr groß. Dabei hat es keine erkennbaren Berührungsängste untereinander gegeben. Alle Veranstaltungen konnten auch für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Behinderung als Hilfe zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft verstanden werden, wie es im § 53 SGB XII beschrieben ist.