Beschlussempfehlung:
Der Schulausschuss nimmt für die Haushaltsberatungen die Fortführung
der Produktionsschule mit 36 Produktionsschulplätzen für das Lehrgangsjahr
2016/17 und die Kofinanzierung über das Produkt „1.100.030.242.010 –
Fördermaßnahmen für Schülerinnen und Schüler“ und Sachkonto „52811100 –
Kommunale Koordinierung“ zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Von 2005 bis 2015 wurde im Rhein-Kreis Neuss das Werkstattjahr über die
Träger Kolping- Bildungswerk, Berufsförderungszentrum Schlicherum und die AWO
Berufshilfe angeboten. Das Werkstattjahr ermöglichte eine intensive Begleitung
zahlreicher Jugendlicher, um diesen erneut die Chance zu geben, einen
Hauptschulabschluss zu erwerben und Perspektiven für eine weitere berufliche
Qualifikation zu entwickeln.
Ab dem Lehrgangsjahr 2012/13 wurde das Werkstattjahr zurückgefahren.
Lehrgangsjahr |
Angebotene Plätze im RKN |
2012 / 2013 |
96 Werkstattjahrplätze |
2013 / 2014 |
89 Werkstattjahrplätze |
2014 / 2015 |
54 Werkstattjahrplätze |
2015 / 2016 |
Abschaffung des Werkstattjahres und Schaffung von 36 Produktionsschulplätzen
(SGB VIII) |
Nach den Vorgaben des Landes NRW wurde das Werkstattjahr ab dem
01.08.2015 nicht mehr angeboten.
Im Rahmen des Landesprogramms KAoA (Kein Abschluss ohne Anschluss) wird
seit dem Schuljahr 2014/15 das Programm Produktionsschule.NRW als
Nachfolgemaßnahme für das Werkstattjahr etabliert. Dieses richtet sich an
Teilnehmer aus drei unterschiedlichen Rechtskreisen:
> für den Rechtskreis SGB II: sogenannte „sinnstiftende
produktionsorientierte
Tätigkeiten“ gemäß §16 SGB II in
Verbindung mit §45 SGB III
> für den Rechtskreis SGB III: „Berufsvorbereitende
Bildungsmaßnahmen mit
produktionsorientierten Ansatz“,
sogenannte „BvB-pro“-Maßnahmen
> für den Rechtskreis SGB VIII: Förderangebote entsprechend §13 des
Kinder- und
Jugendhilfegesetzes.
Die Plätze in Produktionsschulen nach SGB VIII sollen mit
- jungen Menschen mit fehlender Ausbildungsreife
und Defiziten im erzieherischen Bereich und/oder multiplen Problemlagen,
- jungen Menschen, die weder ausbildungsreif noch
berufsorientiert sind,
- jungen Menschen mit fehlender Ausbildungsreife,
die aber berufsorientiert sind,
- ausbildungsreifen, aber nicht berufsgeeigneten
jungen Menschen,
- ausbildungsreifen, berufsgeeigneten, aber
lernbeeinträchtigten und/oder sozial benachteiligten jungen Menschen,
- jungen Menschen mit eingeschränkten
Vermittlungsperspektiven (Marktbenachteiligte),
- (schwerbehinderten) Rehabilitanden (z. B.
lernbehinderte Menschen, geistig behinderte Menschen, körperlich und
mehrfach behinderte Menschen, sehbehinderte Menschen, sprachbehinderte
Menschen, hörbehinderte Menschen, psychisch behinderte Menschen)
besetzt werden.
Zwei Drittel der Kosten für die
Durchführung der Produktionsschule werden vom Ministerium für Arbeit,
Integration und Soziales (MAIS) des Landes NRW und dem ESF (europäischem Sozialfonds)
finanziert und ein Drittel obliegt dem Kofinanzierer des entsprechenden
Rechtskreises.
Im Lehrgangsjahr 2014/15 wurden 18 Plätze im Rechtskreis SGB II vom Jobcenter
Rhein-Kreis Neuss kofinanziert, die auch im Lehrgangsjahr 2015/16 gehalten
wurden.
Die Agentur für Arbeit stand nicht als Kofinanzierer für den Rechtskreis SGB
III zur Verfügung.
Im Lehrgangsjahr 2015/16 konnten 36 Produktionsschulplätze für den
Rechtskreis SGB VIII im Rhein-Kreis Neuss angeboten werden. Dies wurde durch
die Kofinanzierung der Produktionsschule aus Mitteln des Kreishaushaltes
möglich.
Der Erfahrungsbericht der Trägergemeinschaft Kolping-Bildungswerk Neuss
und Berufsförderungszentrum Schlicherum über die Produktionsschule im SGB VIII
des Lehrgangsjahres 2015/16 zeigt, dass die Zwischenbilanz nach den ersten drei
Monaten der Durchführung der Produktionsschule positiv ausfällt. Laut ihrer
Einschätzung ist die Motivation der Teilnehmer deutlich höher als beim
Werkstattjahr, was auf den betriebsnahen und produktionsorientierten Ansatz der
Maßnahme sowie auf die Freiwilligkeit der Teilnahme zurückzuführen ist. Die 36
zur Verfügung stehenden Plätze sind ausgelastet. Außerdem sind die ersten
Rückmeldungen des BBZ Grevenbroich, welches den schulischen Teil der
Produktionsschule übernimmt, ebenfalls positiv. Nach Einschätzung der
beteiligten Lehrkräfte, ist es nicht unwahrscheinlich, dass viele der
Produktionsschüler/innen, die alle ohne Hauptschulabschluss in die
Produktionsschule gingen, in diesem Schul-/Lehrgangsjahr den Schulabschluss
erlangen können.
Aufgrund der bisher sehr positiven Erfahrungen mit der
Produktionsschule.NRW im Rechtskreis SGB VIII im Rhein-Kreis Neuss, beantragte
die Trägergemeinschaft Kolping-Bildungswerk Neuss und Berufsförderungszentrum
Schlicherum eine Fortführung der Produktionsschule.NRW im Lehrgangsjahr
2016/17. Es ist davon auszugehen, dass auch im Lehrgangsjahr 2016/17 die 36
Produktionsschulplätze ausgelastet sein werden.
Die Kommunale Koordinierung hat auf Aufforderung des Ministeriums für
Arbeit, Integration und Soziales NRW eine Abfrage der benötigten
Produktionsschulplätze bei den Jugendämtern und dem Jobcenter gestartet.
Aufgrund der kurzfristigen Terminierung wurden keine aussagekräftigen
Rückmeldungen der Jugendämter gegeben. Außer vom Kreisjugendamt, das bereits
Mittel für das folgende Lehrgangsjahr 2016/17 in den Kreishaushalt eingestellt
hat, wurden von den anderen Jugendämtern
im Rhein-Kreis Neuss keine entsprechenden Mittel vorgesehen. Trotzdem ist es
sinnvoll, aufgrund der Erfahrungswerte aus den Werkstattjahren, die Produktionsschule
im Rhein-Kreis Neuss auch im Lehrgangsjahr 2016/17 fortzuführen.
Für 36 Produktionsschulplätze müsste – wie auch im Lehrgangsjahr
2015/16 – mit folgenden Kosten gerechnet werden:
Bei Kosten von 900 € für den Einzelplatz pro Monat ergibt sich eine
Gesamtsumme von 388.800 € für ein Jahr. Davon würden vom MAIS/ESF 259.200 €
übernommen, so dass ein Restbetrag von 129.600 € für den Kofinanzierer
aufzubringen bliebe.
Für das Lehrgangsjahr 2016/17 bedeutet dies eine Aufwendung von 43.200 €
im Kalenderjahr 2016 (Sept. – Dez.) und eine Aufwendung von 86.400 € für das
Kalenderjahr 2017 (Jan. – Aug.).
Die Verwaltung schlägt vor, diese Mittel aus dem Produkt „030.242.010 –
Fördermaßnahmen für Schülerinnen und Schüler“ (Sachkonto „52811100 – Kommunale
Koordinierung“) bereitzustellen. Die Mittel wurden über die Wunschliste für den
Haushalt 2016 – 2017 beantragt. Zur Fortführung der Produktionsschule im
Lehrgangsjahr 2016/17 stehen auch Restmittel in Höhe von 38.324,71 € aus dem
Haushalt 2015 zur Verfügung. Für diese Restmittel wurde eine Ermächtigungsübertragung
beantragt. Bei Übertragung der Mittel könnte die Mittelanforderung für 2016 und
2017 (Wunschliste) entsprechend verringert werden.