Weiterentwicklung des VRR-Finanzierungssystems
Beschlussempfehlung:
Der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss fasst auf Empfehlung der
Verbandsversammlung des Zweckverbandes VRR (siehe Drucksache Nr.
N/VII/2014/0507, Ziffer 5 des Beschlusses der VRR Gremien vom 28.03.2014)
folgende Beschlüsse zur Weiterentwicklung des VRR-Finanzierungssystems:
a) Der
Kreistag des Rhein-Kreises Neuss beschließt, dass die Aufgaben gemäß § 5a der
Zweckverbandssatzung des Zweckverbandes VRR im Rahmen einer Mandatierung auf
den Zweckverband VRR übertragen werden.
b) Der
Kreistag des Rhein-Kreises Neuss stellt fest, dass er als Aufgabenträger gemäß
§ 3 Abs. 1 ÖPNVG NRW mit den weiteren Aufgabenträgern/zuständigen Behörden im
Verbandsgebiet des Zweckverbandes VRR eine Gruppe von Behörden im Sinne des
Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bildet.
c) Der
Kreistag des Rhein-Kreises Neuss stimmt der Anpassung des
VRR-Finanzierungssystems gemäß der Drucksache Nr. N/VIII/2014/0507 des VRR
einschließlich Anlagen zu.
d) Der
Kreistag des Rhein-Kreises Neuss stimmt der Anpassung der
Finanzierungsrichtlinie des VRR (insbesondere der darin aufgezeigten
Aufgabenverteilung) sowie der Anpassung der Zweckverbandssatzung des
Zweckverbandes VRR zu.
e) Der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss
beschließt, die Verwaltung zu beauftragen, alle für die Durchführung der
Direktvergabe nach Art 5 VO (EG) 1370/2007 erforderlichen Erklärungen abzugeben
und Handlungen vorzunehmen.
f) Der
Zweckverband VRR erhält eine Mitteilung über diesen Beschluss.
Sachverhalt:
Die Planung, Organisation und Ausgestaltung des ÖPNV ist nach
§ 3 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr Nordrhein Westfalen
(ÖPNV Gesetz NRW) eine Aufgabe der Kreise und kreisfreien Städte. Die
Aufgabenträger sind nach §8 Abs.3 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG)für
die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit
Verkehrsleistungen im ÖPNV zuständig. Am 3. Dezember 2009 trat die VU 1370/2007
in Kraft, die die Vergabe und Finanzierung von im öffentlichen Interesse
liegenden Personenverkehrsleistungen regelt. Der Rechtsrahmen
der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 hat in der Vergangenheit zu Anpassungen in
der nationalen Gesetzgebung geführt, die wiederum Handlungsbedarfe für die
kommunalen Aufgabenträger erzeugten.
Nach Auslaufen der Bestandsbetrauungen sind
Ausgleichsleistungen der Aufgabenträger grundsätzlich nur auf Grundlage eines
öffentlichen Dienstleistungsauftrages (öDA) im Sinne der VO 1370/2007 zulässig.
Grundsätzlich sind die öDA im wettbewerblichen Verfahren auszuschreiben. Nicht
wettbewerbliche Vergaben (Direktvergaben) stellen EU-rechtlich einen
Ausnahmetatbestand dar und kommen nur in den folgenden Fällen in Betracht:
·
an einen internen Betreiber
·
Aufträge unterhalb der Schwellenwerte (Kleinaufträge): unter
300.000 km Verkehrsleistung oder unter 1 Mio € Auftragswert/Jahr, bei kleinen
und mittleren Unternehmen (bis 23 Fahrzeugen) gelten doppelt so hohe Grenzen
·
Notmaßnahmen für maximal 2 Jahre
Es steht nunmehr die Entscheidung an, mit den kommunalen
Aufgabenträgern im Verbundraum des VRR eine „Behördengruppe“ im Sinne des
EU-Rechts zu bilden, um als Mitglied dieser Behördengruppe die Möglichkeit zu
haben, Verkehrsunternehmen im Wege der Direktvergabe zu beauftragen. Dem VRR
soll ein Mandat zur Aufgabendurchführung erteilt werden. Die bekannten und
bewährten Strukturen und originären Zuständigkeiten zur Leistungserbringung
bzw. -bereitstellung können damit in ihren Grundzügen beibehalten werden. Sie eröffnen
gleichzeitig Handlungsmöglichkeiten für die aktuell und mittelfristig
erforderlich werdenden Entscheidungen im Hinblick auf Nachfolgeregelungen zu
den bestehenden Betrauungen.
Erläuterung:
Im Zuge der Mitgliedschaft im Verkehrsverbund Rhein Ruhr
(VRR) hat der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss mit Betrauungsbeschluss vom
21.12.2005 dem Finanzierungssystem des VRR unter Bezugnahme auf die Richtlinien
zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖSPV) im VRR zugestimmt.
Darauf aufbauend wurde die Art und Weise der Verkehrsbedienung im
Zuständigkeitsbereich des Kreises durch die Verkehrsunternehmen StadtBus
Dormagen GmbH, Stadtwerke Neuss GmbH, Rheinbahn AG, Niederrheinische
Versorgungs- und Verkehr AG (seit 2012:NEW mobil und aktiv Mönchengladbach
GmbH), Busverkehr Rheinland GmbH und SWK Mobil GmbH im Wege eines sogenannten
Betrauungsaktes - zuletzt mit Kreistagsbeschluss vom 23.09.2009 (Nr.
61/154/2009) - für den Zeitraum bis 03.12.2019 festgelegt. Grundlage hierfür
bildet der Rechtsrahmen der am 03.12.2009 in Kraft getretenen Verordnung (EG)
Nr. 1370/2007. Aufgrund erheblicher Vorlaufzeiten für die 2019 auslaufenden
Bestandsbetrauungen, den bestehenden verkehrlichen Verflechtungen mit den
Nachbaraufgabenträgern und deren den Rhein-Kreis Neuss bedienenden
Verkehrsunternehmen, sind jetzt Maßnahmen für zukünftige Folgeregelungen
erforderlich.
Der VRR hat in der Drucksache Nr. N/VIII/2014/0507
einschließlich der Anlagen die komplexe Rechtslage mit ihren Anforderungen und
Lösungsansätzen ausführlich dargestellt und den Räten bzw. Kreistagen im
Verbundraum empfohlen festzustellen, dass sie als Aufgabenträger gemäß § 3 Abs.
1 ÖPNVG NRW mit den weiteren Aufgabenträgern/zuständigen Behörden im
Verbandsgebiet des Zweckverbandes VRR eine Gruppe von Behörden im Sinne des
Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bilden. Gleichermaßen wurde
gegenüber den Verbandsmitgliedern ein Vorschlag zur verbundweit einheitlichen
Beschlussfassung unterbreitet. Die Verbandsversammlung des Zweckverbandes VRR
ist in ihrer Sitzung vom 28.03.2014 dem Beschlussvorschlag der Drucksache Nr.
N/VIII/2014/0507 einstimmig gefolgt.
Die beigefügte VRR-Drucksache Nr. N/VIII/2014/0507 mit ihren
Anlagen wird deshalb als Grundlage für die Beschlussvorlage herangezogen bzw.
auf sie wird unmittelbar Bezug genommen. Nachfolgend wird auf einige Punkte aus
der VRR- Vorlage hingewiesen:
Im VRR liegen aktuell i.d.R. Bestandsbetrauungen vor, deren
Laufzeit in den meisten Fällen bis Ende 2019 befristet ist, so auch die
Betrauungen des Rhein-Kreises Neuss. Dies bedeutet, dass für die
Weitererbringung dieser Verkehrsleistungen Anschlussregelungen ab dem
03.12.2019 getroffen werden müssen, die den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr.
1370/2007 entsprechen. Die Stadt Neuss als Eigentümerin der Stadtwerke Neuss
und die Stadt Düsseldorf als Eigentümerin der Rheinischen Bahngesellschaft
streben Betrauungen im Rahmen einer Direktvergabe an einen internen Betreiber
nach Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 an.
Die Ausführungen in der VRR-Beschlussvorlage (S. 3 ff.) zur
Weiterentwicklung des VRR-Finanzierungssystems wegen des Auslaufens der
Bestandsbetrauungen basieren auf den nachfolgenden Prämissen:
·
Die Finanzierungsübertragung auf die VRR AöR hat weiterhin
Bestand.
·
Von den Aufgabenträgern werden Betrauungen im Rahmen von
Direktvergaben an interne Betreiber angestrebt.
·
Die heutigen Verkehrsbeziehungen/-verflechtungen sollen
(weitestgehend) erhalten bleiben.
Der Beschluss der Verbandsversammlung des Zweckverbandes VRR
vom 28.03.2014 geht vom sogenannten VRR-Modell für Betrauungen im Rahmen von
Direktvergaben an einen internen Betreiber im Verbundraum des VRR aus.
Voraussetzung für eine Direktvergabe an einen internen Betreiber ist u.a. die
„Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle“. Die Beauftragung der kommunalen
Unternehmen die derzeit Verkehrsleistungen auf dem Aufgabenträgergebiet des
Rhein-Kreises Neuss erbringen, über die der Rhein-Kreis Neuss jedoch keine
entsprechende Kontrolle ausübt, wäre nicht möglich. Um zu verhindern, dass nun
alle Städte/Kreise untereinander (Klein-) Gruppen von Behörden bilden müssen,
sollen für eine verbundweite und einheitliche Lösung, die allen
Gruppenkonstellationen gerecht werden kann die bestehenden Strukturen des VRR
genutzt werden
Im Rahmen der Mandatierung werden dem VRR– über die bereits
übertragenen Finanzierungsaufgaben hinaus – weitere Aufgaben im Zusammenhang
mit der Vorbereitung, Organisation und Koordination von Direktvergaben
übertragen. Die bestehenden Zuständigkeiten, Aufgabenverteilungen und
Verantwortlichkeiten bleiben erhalten, da nur für den Bereich der
Gruppenbildung eine mandatierende Aufgabenübertragung erfolgt (S. 9/10 der
VRR-Beschlussvorlage). Es kommt bei der VRR AöR zu keiner Steigerung der
Personalaufwendungen; die Abwicklung erfolgt über das bestehende Team. Ein
eventueller Mehraufwand durch ggf. höhere Beratungsleistungen sei nur temporär
(S. 14 der VRR-Beschlussvorlage). In den vergangenen Monaten haben sich bereits
die meisten Aufgabenträger im VRR-Gebiet für diese Lösung entschieden.
In der VRR-Beschlussvorlage wird abschließend darauf
hingewiesen, dass ein Grundsatzbeschluss zu einer verbundweiten Lösung keine
präjudizierende Wirkung für die Zukunft hat, weder für eine Vergabeentscheidung
noch für eine operative Abstimmung in lokalen „Untergruppen“. Vielmehr seien im
„VRR-Modell“ sämtliche Gruppenkonstellationen möglich, aber nicht zwingend oder
verpflichtend (S. 15 der Beschlussvorlage).
Das „VRR-Modell“ bezieht sich nur auf die Betrauung im Rahmen
einer Direktvergabe an in-terne Betreiber. Für nicht kommunale
Verkehrsunternehmen greift es nicht, da die Voraussetzungen für die Betrauung
im Rahmen einer Direktvergabe bei diesen Unternehmen nicht erfüllt sind (keine
Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle). Der VRR hat zwischenzeitlich
Empfehlungen für die Betrauung nicht kommunaler Verkehrsunternehmen und für
alle Betrauungen an den „Randlagen“ des VRR erarbeitet. Nach derzeitigem Kenntnisstand
ist zumindest für die Leistungen der Busverkehr-Rheinland GmbH (BVR) im VRR
Raum überwiegend eine Direktvergabe im Rahmen von Kleinaufträgen möglich.
Für den Rhein-Kreis Neuss erbringt die BVR Verkehrsleistungen
von jährlich insgesamt 1.803.000 km. Da für die Ermittlung des Auftragswertes
zusätzlich die Fahrgelderlöse zu berücksichtigen sind, werden in der
Gesamtbetrachtung die Schwellenwerte für Kleinaufträge überschritten. Da nur
einige wenige Linien direkt betroffen sind ist eine Vergabe unter Beachtung des
Umgehungsverbotes noch zu prüfen.
Die Verwaltung unterstützt das VRR-Modell zur verbundweiten
Bildung von Behördengruppen. Dem VRR-Modell wird durch die vorstehenden
Beschlussvorschläge Rechnung getragen. Sie eröffnet die grundsätzliche Möglichkeit
für Betrauungen im Rahmen von „Direktvergaben an einen internen Betreiber“ im
Verbundraum des VRR.