Betreff
Anfrage der CDU/FDP zum neuen Verpackungsgesetz
Vorlage
68/1739/XVI/2016
Aktenzeichen
68.2
Art
Anfrage (alt)

Sachverhalt:

Mit Anfrage vom 25.10.2016 fragen die Fraktionen CDU und FDP nach dem Sachstand zum neuen Verpackungsgesetz nach und bitten um Bericht dazu.

Die kontrovers diskutierte Entwicklung eines Wertstoffgesetzes mit einer flächendeckenden Wertstofftonne für alle Bürger ist gescheitert, die unterschiedlichen Interessen, letztlich der Konflikt zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und den Systembetreibern der dualen Systeme, konnten nicht in Einklang gebracht werden. Die von den Koalitionsfraktionen und dem Bundesumweltministerium ursprünglich vorgesehene Erweiterung der Produktverantwortung auf die sogenannten stoffgleichen Nichtverpackungen wie Spielzeuge, Bratpfannen oder andere Haushaltswaren, war nicht konsensfähig. Nachdem auch eine Einigung mit den Ländern auf ein Wertstoffgesetz nicht möglich war, konzentriert sich nunmehr das Verpackungsgesetz auf die ökologische Weiterentwicklung der Verpackungsverordnung.

Hauptziel des Gesetzes ist es, mehr Abfälle aus privaten Haushalten zu recyceln. Verpackungshersteller sollen stärker dazu angehalten werden, die Recyclingfähigkeit ihrer Verpackungen zu berücksichtigen. Die getrennte Sammlung von Abfällen soll effizienter und einfacher werden.

Die unterschiedlichen Zuständigkeiten – die Dualen Systeme für Verpackungen und die Kommunen für Nichtverpackungen – bleiben somit erhalten. Nach dem Verpackungsgesetz soll jede Kommune gesondert entscheiden, ob sie mit den dualen Systemen vereinbart, stoffgleiche Nichtverpackungen und Verpackungen gemeinsam in einer „Wertstofftonne“ zu erfassen. Zahlreiche Kommunen in Deutschland haben die Wertstofftonne bereits gemeinsam mit den dualen Systemen eingeführt und damit Erfahrungen gesammelt. Mit dem neuen Verpackungsgesetz wird die rechtssichere Einführung solcher Wertstofftonnen gefördert.

Wie die Sammlung vor Ort durchgeführt wird, bestimmen die Kommunen in Abstimmung mit den dualen Systemen. Sie entscheiden zum Beispiel darüber, ob in Tonnen oder in Säcken gesammelt sowie wann und wie oft abgeholt wird. Damit können Restmüll- und Wertstoffsammlung aufeinander abgestimmt werden.

Das Gesetz schreibt zudem deutlich höhere Recyclingquoten für Verpackungen vor, die in den dualen Systemen lizenziert und erfasst werden. Bei den Lizenzentgelten muss zudem die Recyclingfähigkeit stärker berücksichtigt werden.

War bisher in der Verpackungsverordnung vorgegeben, dass von allen Verpackungsabfällen 65 Masseprozent stofflich oder thermisch verwertet und 55 Masseprozent stofflich verwertet (recycelt) werden sollen, und dass für Holz eine Quote von 15%, für Metall von 50% und für Glas und Papier und Kartonagen 60 Masseprozent stofflich verwertet werden müssen, so sollen jetzt 90 Masseprozent bei Glas, Papier, Eisenmetallen und Nichteisenmetallen sowie 80 Masseprozent bei Getränkeverpackungen erreicht werden

Nach Rücksprache mit dem Landkreistag wird die Bundesumweltministerin den Gesetzentwurf dem Bundeskabinett noch im Dezember vorlegen. Nach der Entscheidung des Kabinetts kann er dem Bundestag und dem Bundesrat zugeleitet werden.

Es existiert eine gemeinsame Stellungnahme der unten aufgeführten, sonst häufig kontrovers diskutierenden Verbände:

-          Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie

-          Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung

-          Industrievereinigung Kunststoffverpackungen

-          Handelsverband Deutschland

-          Markenverband

-          Deutscher Städtetag

-          Deutscher Landkreistag

-          Deutscher Städte- und Gemeindebund

-          Verband kommunaler Unternehmen

Sie konnten sich auf folgende Minimalpositionen einigen:

-          Bürgerfreundlichkeit, die Kommunen sind Ansprechpartner für die Bürger und bestimmen auch Abholrhythmen, gemeinsame Erfassung von LVP und sonstigen Wertstoffen aus Kunststoffen und Metall

-          Umweltschutz,  Anpassung von Quoten an den Stand der Technik

-          Klarheit, Eindeutigkeit und Vollziehbarkeit der rechtlichen Grundlagen, rechtssichere Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Kommunen und Systemen und klare Definition von Zuständigkeiten

-          Transparenz und Vereinfachung, zentrale Stelle mit Anforderungen zur Berichtspflicht, objektive Systeminformation mit Transparenz für die Öffentlichkeit

 

Der Rhein Kreis Neuss hatte sich an der Diskussion zum Gesetz über die Wertstofftonne beteiligt und vertritt in der aktuellen Diskussion zur Änderung der Verpackungsverordnung eine zu den übrigen Stellungnahmen differenzierte Meinung, die aus der im Rhein-Kreis praktizierten Abfallbehandlung resultiert. Die Einsammlung von Metallen kann auch in den grauen Tonnen erfolgen, da diese durch die Sortieranlage (WSAA) des Kreises aussortiert und anschließend recycelt werden. Als ökologischer Vorteil einer Wertstofftonne (Miterfassung von stoffgleichen Nichtverpackungen in der gelben Tonne) verbliebe somit lediglich ein anderer Entsorgungsweg für Kunststoffe, die keine Verpackungen sind. Angesichts der geringen Menge solcher Kunststoffe und weil auch die in der gelben Tonne gesammelten Kunststoffe derzeit zu ca. 50% der Müllverbrennung zugeführt werden, hätte eine Wertstofftonne im Rhein-Kreis Neuss einen überschaubaren ökologischen Vorteil.

Die Einführung wäre dagegen aufwändig, da sich viele Beteiligte auf die operativen und finanziellen Bedingungen der Wertstofftonne einigen müssten. Dies wären die 10 Systembetreiber (Stand: August 2016), die 8 kreisangehörigen Städte und Gemeinden (Einsammlung) und der Kreis (weitere Entsorgung). Weiterhin müssten voraussichtlich die bestehenden Entsorgungsverträge der Städte und Gemeinden sowie des Kreises (soeben neu ausgeschrieben) angepasst werden. Wertstofftonnen sind in NRW bisher vornehmlich in kreisfreien Städten eingeführt worden. Dort ist die Anzahl der Beteiligten geringer, da Einsammlung und Verwertung in einer Hand liegen. Auch sind die operativen Leistungen sowohl für die Einsammlung der gelben Tonne als auch für die Einsammlung des Restmülls häufig dauerhaft bei einer städtischen Gesellschaft konzentriert.

Die mögliche Einführung einer Wertstofftonne wurde gemeinsam mit den Städten und Gemeinden auf einer Sitzung der „Arbeitsgemeinschaft Abfallwirtschaft Rhein-Kreis Neuss“ am 08.11.2016 besprochen. Sowohl die Städte und Gemeinden als auch der Kreis möchten derzeit bei einer Abwägung von Aufwand und Nutzen keine Empfehlung zur Einführung einer Wertstofftonne im Rhein-Kreis Neuss aussprechen.