Betreff
48. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Rommerskirchen
Vorlage
61/1787/XVI/2016
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss widerspricht im Verfahren nach § 20 Abs. 4 LNatSchG NRW nicht der 48. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde Rommerskirchen. Dies erfolgt mit der Maßgabe, dass Eingriffe in den geschützten Landschaftsbestandteil weitestgehend vermieden und seine Funktionen gemäß der Festsetzung des Landschaftsplans des Rhein-Kreises Neuss im verbleibenden Teil bestmöglich erhalten werden.


Sachverhalt:

Die Gemeinde Rommerskirchen plant derzeit die 48. Änderung ihres Flächennutzungsplanes (Anlage 1). Diese beinhaltet, östlich von Nettesheim im Bereich des nördlichen Ortsausgangs von Butzheim an der B 477 die Darstellung von Fläche für die Landwirtschaft in Gemeinbedarfsfläche und Grünfläche zu ändern. Zusätzlich wird die bestehende gemischte Baufläche geringfügig am Ortsrand erweitert.

 

Planungsziel ist die Vorbereitung der verbindlichen Bauleitplanung für die Errichtung einer Rettungswache, die als Erweiterung des dortigen, bestehenden Feuerwehrgerätehauses konzipiert ist. Träger der geplanten Rettungswache ist der Rhein-Kreis Neuss.

 

Die Kreise sind gemäß § 6 Absatz 1 Rettungsgesetz NRW in ihrer Eigenschaft als Träger des Rettungsdienstes verpflichtet, die bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung sicherzustellen. Eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung liegt im ländlichen Bereich vor, wenn das erste eintreffende Hilfsmittel in 90 % aller Fälle innerhalb von 12 Minuten nach der Alarmierung den Notfallort erreicht. Die Gemeinde Rommerskirchen wird zurzeit in den Ortsteilen Anstel, Butzheim, Frixheim und Nettesheim durch Rettungsmittel versorgt, die in der Stadt Dormagen stationiert sind. Für die übrigen Ortsteile der Gemeinde Rommerskirchen stehen Fahrzeuge in der Stadt Grevenbroich zur Verfügung.

 

Die Hilfsfrist von 12 Minuten in 90 % aller Fälle wird im Gebiet der Gemeinde Rommerskirchen seit mehreren Jahren nicht eingehalten. Im 3. Quartal des Jahres 2016 betrug der Hilfsfristerreichungsgrad lediglich 77,07 %. Von der Erfüllung der gesetzlichen Vorgabe, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung sicherzustellen, kann daher nicht mehr gesprochen werden.

 

Der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss hat in seiner Sitzung am 25.03.2015 vor diesem Hintergrund eine Änderung des rettungsdienstlichen Bedarfsplanes beschlossen und festgelegt, dass in der Gemeinde Rommerskirchen ein Rettungswagen zu stationieren ist. Die Stadt Dormagen und die Verbände der Krankenkassen haben zu dieser Maßnahme das gesetzlich erforderliche Einvernehmen erteilt.

 

Der konkrete Standort der Rettungswache ist unter einsatztaktischen Gründen festzulegen. Zu beachten sind hierbei unter anderem die Einsatzhäufigkeit, die planmäßige Einsatzdauer bis zu den Einsatzorten und die straßenverkehrsmäßige Anbindung. Unter Beachtung dieser Prämissen eignet sich als Standort für die Rettungswache eine Anbindung an den Standort des Feuerwehrgerätehauses Butzheim besonders. Durch die parallele Nutzung der für die Feuerwehr bereits vorhandenen Alarmausfahrt auf die Bundesstraße 477 entstehen Synergieeffekte.

 

Festsetzung im Landschaftsplan VI Rhein-Kreis Neuss

 

Im Landschaftsplan VI des Rhein-Kreises Neuss Grevenbroich - Rommerskirchen ist der Bereich der 48. Flächennutzungsplanänderung, der neu als Fläche für die Rettungswache vorgesehen ist, als geschützter Landschaftsbestandteil gem. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG (im Landschaftsplan ist noch der alte Rechtsstand genannt, § 23 a) und b) LG NRW) festgesetzt (Anlage 2).

 

Es handelt sich namentlich um den geschützten Landschaftsbestandteil Nr. 6.2.4.44 „Wäldchen an der B 477 am östlichen Ortsrand von Nettesheim“. Die Schutzfestsetzung erfolgte gemäß § 23 a) und b) LG insbesondere zur Sicherstellung der Funktion des Wäldchens als Refugialbiotop und wegen der besonderen Bedeutung für die Belebung und Gliederung des Orts- und Landschaftsbildes (Schutzzweck).

 

Konkret handelt es sich um eine circa 1.400 m² große Fläche, die an ihren Rändern mit Reihen von z. T. mehrstämmigen Bergahornen bestockt ist. Auf der inneren Grundstücksfläche stocken weitere Bergahorne, Walnuss, junge Eschen und weitere Arten (u. a. Holunder, Kirsche, Stechpalme), vereinzelt ist Totholz vorhanden.

 

Nach Nr. 6.2.4 des Landschaftsplanes VI Rhein-Kreis Neuss sind die Beseitigung der festgesetzten geschützten Landschaftsbestandteile sowie alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung der geschützten Landschaftsbestandteile führen können, verboten. Konkret sind nach Nr. 6.2.4 des Landschaftsplanes VI Rhein-Kreis Neuss für geschützte Landschaftsbestandteile, die – wie vorliegend – Wald sind, unter anderem verboten (Verbote):

 

  • die Umwandlung des Waldes in eine andere Nutzungsart,
  • Bestandteile des Waldes (Bäume, Sträucher, Krautschicht, Waldmantel) zu beseitigen oder zu beschädigen oder auf andere Art in ihrem Wachstum oder Erscheinungsbild zu beeinträchtigen,
  • bauliche Anlagen jeder Art zu errichten, auch wenn das Vorhaben keiner bauaufsichtlichen Genehmigung bedarf.

 

Das geplante Vorhaben der Errichtung einer Rettungswache im Bereich des geschützten Landschaftsbestandteils Nr. 6.2.4.44, LP VI Rhein-Kreis Neuss, würde gegen die vorstehend genannten Verbote verstoßen und wäre somit unzulässig.

 

Weiteres Verfahren

 

Bei der Änderung eines Flächennutzungsplans im Geltungsbereich eines Landschaftsplans (vorliegend gegeben) treten widersprechende Festsetzungen des Landschaftsplans (hier: geschützter Landschaftsbestandteil Nr. 6.2.4.44) mit dem In-Kraft-Treten des entsprechenden Bebauungsplans außer Kraft, soweit der Träger der Landschaftsplanung im Beteiligungsverfahren diesem Flächennutzungsplan nicht widersprochen hat (§ 29 Abs. 4 Satz 1 LG NRW, jetzt: § 20 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG NRW).

 

Die Übermittlung der vorliegenden Planung im Zuge des Beteiligungsverfahrens durch die Gemeinde Rommerskirchen an den Kreis als Träger der Landschaftsplanung erfolgte mit der Bitte, den geplanten Darstellungen der 48. Änderung ihres Flächennutzungsplanes nicht zu widersprechen.

 

Bei einer Entscheidung des Trägers der Landschaftsplanung (Kreistag), dass er der 48. Flächennutzungsplanänderung nicht widerspricht, würde die Beseitigung des geschützten Landschaftsbestandteils „Wäldchen an der B 477 am östlichen Ortsrand von Nettesheim“ zum Zweck der Errichtung der Rettungswache inklusive der für ihre Errichtung und ihren Betrieb notwendigen Außenflächen grundsätzlich ermöglicht.

 

Der geschützte Landschaftsbestandteil muss jedoch nur zum Teil für die Rettungswache in Anspruch genommen werden. Der sich nördlich an die geplante Rettungswache anschließende Bereich des Landschaftsbestandteils kann in Teilen im Gebiet der neuen Grünflächendarstellung des Flächennutzungsplanes bestehen bleiben. Bei einem Ortstermin am 23. November 2016 wurde zwischen Gemeinde- und Kreisverwaltung der Umfang der zu erhaltenden Gehölzbestände im Groben abgestimmt. Demzufolge sollen die prägenden Randgehölze des Wäldchens erhalten bleiben. Die konkrete Gestaltung und Nutzung der Fläche nördlich der geplanten Rettungswache wird im kommenden Bebauungsplanverfahren in nochmaliger Abstimmung zwischen Kreisverwaltung und Gemeinde festgelegt.

 

Der Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde (jetzt: Naturschutzbeirat) und der Planungs- und Umweltausschuss haben dem Kreistag in ihren Sitzungen am 15. bzw. 29. November 2016 jeweils einstimmig empfohlen, im Verfahren gemäß § 20 Absatz 4 Landesnaturschutzgesetz NRW (bisher: § 29 Absatz 4 Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen) der 48. Änderung des Flächennutzungsplanes nicht zu widersprechen.