Betreff
Psycho-soziale Krisendienste und deren Finanzierung - Anfrage Bündnis 90/Die Grünen vom 18.04.2018
Vorlage
50/2644/XVI/2018
Art
Anfrage (alt)

Sachverhalt:

 

Textfeld: 110101-04.2009Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit Anfrage vom 18.04.2018 um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:

 

1.    Gibt es im Rhein Kreis Neuss einen psychosozialen/psychiatrischen Rund-um-die-Uhr-Krisendienst? Wenn nein, warum nicht?

2.    Wie bewerten die Verwaltung und die Nutzerinnen und Nutzer gegebenenfalls die Wirksamkeit dieses Krisendienstes?

3.    Wie wird der Krisendienst finanziert?

 

Zunächst ist anzumerken, dass die psychosoziale, insbesondere die psychiatrische Grund- wie auch Krisenversorgung in der Zuständigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung liegt sowie beim überörtlichen Träger der Sozialhilfe, dem Landschaftsverband Rheinland (LVR).

 

Zur Beantwortung der Anfrage wurde daher der LVR um eine fachliche Stellungnahme gebeten, die folgende Antworten gibt:

 

 

„ Für Menschen mit Behinderung, die selbstbestimmt in der eigenen Häuslichkeit in einer eigenen Wohnung oder in einer Wohngemeinschaft leben möchten und hierfür auf Unterstützung angewiesen sind, wird der individuelle Unterstützungsbedarf (Personenzentrierung) auch heute bereits umfassend sichergestellt. Hierzu zählen neben den existenzsichernden Leistungen, Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach SGB V, Leistungen der Pflegekassen nach SGB XI, Leistungen der ergänzenden Hilfe zur Pflege nach SGB XII sowie Assistenzleistungen zur Freizeitgestaltung auch die pädagogischen Unterstützungsleistungen. Diese werden in Form von Fachleistungen durch einen anerkannten Leistungserbringer erbracht und im Rahmen des SGB XII finanziert. Entsprechend der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung haben sich die Kontaktzeiten am Hilfebedarf der betreuten Person zu orientieren. Hierzu gehören auch Termine am Abend und an den Wochenenden.

Darüber hinaus stellen die Leistungserbringer im betreuten Wohnen im Kontext und im Rahmen der Möglichkeiten der jeweiligen örtlichen Gesamthilfestrukturen Kriseninterventionen jederzeit sicher. Damit ist jeder Leistungserbringer im betreuten Wohnen an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr grundsätzlich erreichbar und bereit, Hilfe zu leisten.

Gleichwohl gibt es Unterstützungsbedarfe, die ohne Verzögerung gedeckt werden müssen. Hier hat jeder Leistungserbringer die Möglichkeit im Sinne einer Vorhalte-Leistung für ein Wohnangebot das Leistungsmodul Hintergrunddienst (LM HD) mit dem zuständigen Kostenträger zu vereinbaren. Der Landschaftsverband Rheinland versteht das LM HD als eine sozialräumlich ausgerichtete Leistung. Die Menschen mit Behinderung müssen dabei nicht alle in einem Gebäude wohnen. Das LM HD ist eine Vorhalteleistung, die vor allem in der Nacht erforderlich ist. Es sind sowohl Nachtbereitschaftsdienste als auch Nachtwachen-Dienste möglich. Das LM HD kann sowohl von Fachkräften, als auch von Nicht-Fachkräften erbracht werden. Dies richtet sich nach dem konkreten Hilfebedarf. Der Leistungserbringer hält dabei das für den zu betreuenden Personenkreis ausreichend fachlich qualifizierte Personal vor.

Der Landschaftsverband Rheinland hat aktuell für fünf verschiedene Wohnprojekten im Rhein Kreis Neuss das Leistungsmodul Hintergrunddienst vereinbart.

Eine Verbundlösung mehrerer Leistungserbringer ist grundsätzlich möglich, wurde aber mit Leistungserbringern im Rhein Kreis Neuss noch nicht vereinbart.

Auch mit Inkrafttreten des BTHG wird weiterhin sichergestellt sein, dass Menschen mit einem umfassenden Unterstützungsbedarf diesen mit den zur Verfügung stehenden Leistungsmodulen umfassend finanzieren können.

 

Im Rhein Kreis Neuss sind Sozialpsychiatrische Zentren (SPZ) angesiedelt:

 

SPZ Neuss-Stadt

Diakonisches Werk der evangelischen Kirchengemeinde Neuss e.V.

Am Stadtarchiv 10

41460 Neuss

 

SPZ Dormagen-Rommerskirchen-Grevenbroich

Diakonie im Rhein Kreis Neuss e.V.

Knechtstedener Str. 20 in 41540 Dormagen

 

SPZ Meerbusch

Mobile Hilfsdienste Meerbusch e.V.

Xantener Str. 62

40670 Meerbusch

 

Unter dem Dach des SPZ sollen unterschiedliche Hilfeangebote koordiniert zusammengefasst werden:

  • die Kontakt- und Beratungsstelle,
  • das Ambulant Betreute Wohnen,
  • die Tagesstätte,
  • die ambulante psychiatrische Pflege,
  • der Integrationsfachdienst,
  • Arbeits- und Zuverdienstmöglichkeiten

Die SPZ`s wirken als Initiatoren für die Vernetzung und Entwicklung von Hilfeangeboten für psychisch Kranke in ihrer Versorgungsregion. Die Hilfen werden in enger Abstimmung mit den für die Pflichtversorgung im Rhein Kreis Neuss zuständigen psychiatrischen Krankenhäusern und Fachabteilungen, den niedergelassenen Fachärzten und Fachärztinnen, den Sozialpsychiatrischen Diensten, den übrigen, an der regionalen psychiatrischen Versorgung beteiligten Einrichtungen und Diensten, insbesondere den Anbietern von stationären und ambulanten Wohnhilfen sowie von Arbeits- und Beschäftigungsangeboten erbracht. Die Aufgabenwahrnehmung wird dabei eng mit dem Kreisgesundheitsamt abgestimmt.

Der Landschaftsverband Rheinland fördert den Aufbau, den koordinierten Betrieb und die bedarfsgerechte Weiterentwicklung der SPZ durch die Finanzierung von Personal- und

Personalnebenkosten sowie Gemein- und Sachkosten für eine Vollzeitstelle je SPZ (SPZ-Fachkraft).

 

Die psychiatrische und psychosomatische Pflichtversorgung im Rhein-Kreis Neuss wird durch das St. Alexius-/St. Josef-Krankenhaus Neuss, Nordkanalallee 99, 41464 Neuss wahrgenommen. Es handelt sich um eine Einrichtung der St. Augustinus-Kliniken gGmbH Neuss.

 

Die Pflichtversorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie im Rhein-Kreis Neuss wird von der LVR-Klinik Viersen wahrgenommen. Die LVR-Klinik Viersen betreibt im Rhein-Kreis Neuss eine Tagesklinik mit 12 Plätzen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie mit angeschlossener Ambulanz. Diese Tagesklinik ist angesiedelt am Lukaskrankenhaus in 41464 Neuss, Preußenstr. 84.

 

Im Rahmen der aktuellen Krankenhausplanung des Landes NRW 2015, die die wohnortnahe psychiatrische Versorgung von Patientinnen und Patienten vorsieht, sollen nun 34 Betten der Kinder- und Jugendpsychiatrie von Viersen nach Neuss verlagert werden.

Es ist beabsichtigt, die 34 Betten auf dem Gelände des Lukaskrankenhauses in der Nähe der LVR-Tagesklinik und der Kinderklinik des Lukaskrankenhauses anzusiedeln. Am Standort Neuss gäbe es dann auch für Kinder- und Jugendliche mit psychischen Störungen eine Vollversorgung.

 

Der Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes des Rhein-Kreises Neuss befindet sich in den Räumlichkeiten des Kreishauses Neuss. Um Hilfesuchenden einen möglichst einfachen und ortsnahen Zugang zum Beratungsangebot des Sozialpsychiatrischen Dienstes zu ermöglichen, werden zudem Sprechstunden in Dormagen, Grevenbroich, Korschenbroich und Meerbusch angeboten.

 

Hinweise von Nutzerinnen und Nutzern, dass sie sich in Krisen- und Notfallsituationen nicht ausreichend versorgt fühlen, sind beim Landschaftsverband Rheinland bisher nicht eingegangen.

 

Insgesamt ist festzustellen, dass das mittlerweile aufgebaute System der ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen für Menschen mit Behinderung eine bedarfsgerechte Unterstützung vor Ort zur Verfügung stellt. Die Leistungen sind durchweg als tragfähig auch zur Bewältigung von Krisen-und Notfallsituationen einzuordnen. “

 

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass auch der Rhein-Kreis Neuss die Sozialpsychiatrischen Zentren mit einem Betrag in Höhe von 93.827 € finanziell unterstützt.