Betreff
Antibiotikaresistente Bakterien in Oberflächengewässern
Vorlage
68/2691/XVI/2018
Art
Bericht

Sachverhalt:

 

Vorbemerkung

Das Thema Antibiotika-Resistenzen und Auswirkungen von Antibiotika auf die Gewässer hat in den ersten Monaten des Jahres zu einer erhöhten Aufmerksamkeit in den Medien und der Politik geführt. Davon zeugen zahlreiche Berichte in Presse, Rundfunk und Fernsehen sowie einige Kleine Anfragen im Bundestag und im Landtag NRW (Bundestagsdrucksache 19/1125, Landtagsdrucksache 17/2142 und 17/2141). Dies hat die Verwaltung veranlasst, sich einen aktuellen Überblick zum Sachstand zu verschaffen.

 

 

Antibiotikaresistente Bakterien in der Umwelt

Ein Teil der in der Umwelt verbreiteten Bakterien können beim Menschen Krankheiten verursachen, die in der Regel effizient mit Antibiotika behandelt werden können.

Allerdings können Bakterien Gene aufweisen, die sie vor bestimmten Antibiotika schützen und sie gegenüber der Wirkung eines oder mehrerer Antibiotika resistent machen. Resistenzen von Bakterien gegenüber Antibiotika können eine natürliche Eigenschaft sein, sie können aber auch durch Mutationen, also spontane Genveränderungen, entstehen oder durch Genaustausch zwischen Bakterien weitergegeben werden.

Ein Kontakt des Menschen mit antibiotikaresistenten Bakterien verursacht in der Regel keine Infektion. Ein geschwächtes Immunsystem, Hauterkrankungen oder offene Wunden können bei einem Kontakt mit antibiotikaresistenten Bakterien zu einer Infektion führen, deren Behandlung deutlich erschwert sein kann.

Antibiotikaresistente Erreger führen nicht häufiger zu Infektionen als nicht antibiotikaresistente. Das Infektionsrisiko hängt maßgeblich vom Immunsystem des Menschen ab. Studien haben gezeigt, dass etwa 2 -7 % der Bevölkerung Träger von resistenten Bakterien sind ohne jedoch Symptome zu zeigen.

 

 

Eintrag antibiotikaresistenter Bakterien in Oberflächengewässern

 

Fließgewässer und Seen sind Lebensräume mit einer Vielzahl von Organismen, darunter auch verschiedenste Bakterien.

Belastungen der Oberflächengewässer mit Antibiotika und Antibiotika-Rückständen sowie mit antibiotikaresistenten Bakterien werden insbesondere verursacht durch punktuelle Einträge aus kommunalen Kläranlagen, in denen Abwässer aus Krankenhäusern und Haushalten aufbereitet werden, aber auch durch Abschläge aus Mischwasserkanalisationen.

Zudem können Starkregenereignisse durch Abschwemmungen oder Drainagen von landwirtschaftlich genutzten Böden, auf die zuvor Gülle, Dünger oder Gärreste aufgebracht worden ist, zu einem Eintrag von Antibiotika und deren Rückständen sowie von Bakterien  führen (vgl. Bericht des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landtags NRW am 07.03.2018 zur Belastung der nordrhein-westfälischen Gewässer mit resistenten Bakterien).

Antibiotikaresistente Bakterien gelangen aus Kläranlagen in Oberflächengewässer, weil Kläranlagen bisher nicht darauf ausgerichtet sind, multiresistente Bakterien gezielt zu beseitigen. Derzeit wird in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsverbund das Projekt „HyReKA“ bearbeitet. In diesem Projekt wird seit Februar 2016 die biologische, hygienisch-medizinische Relevanz und Kontrolle antibiotikaresistenter Krankheitserreger in klinischen, landwirtschaftlichen und kommunalen Abwässern und deren Bedeutung in Rohwässern untersucht. Das Projekt endet im Januar 2019.

 

 

Sind im Rhein-Kreis Neuss oder in Nordrhein-Westfalen Gewässerbelastungen mit antibiotikaresistenten Bakterien bekannt?

 

Weder für den Rhein-Kreis Neuss noch in Nordrhein-Westfalen liegen derzeit systematische Untersuchungen über die Verbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien in Gewässern vor. Nach Informationen der Landesregierung beschränken sich die innerhalb von NRW bekannten Untersuchungen in Fließgewässern auf einige wenige Untersuchungen zum Vorkommen multiresistenter MRSA-Keime im Rhein.

 

 

Werden Badeseen im Rhein-Kreis Neuss auf antibiotikaresistente Bakterien untersucht?

 

Die Badegewässer werden entsprechend der Badegewässerverordnung während der Badesaison mindestens monatlich auf Indikatorkeime – jedoch nicht auf antibiotikaresistente Keime - untersucht und die Badegewässerqualität bewertet. Das Gesundheitsamt des Rhein-Kreises Neuss überwacht die beiden Badeseen im Rhein-Kreis Neuss, den Kaarster See und den Straberger See. Die für beide Seen aufgestellten aktuellen Badegewässerprofile werden in Kürze auf der Internetseite der Kreiswerke veröffentlicht werden. Die Badewasserqualität war in den letzten Jahren nicht zu beanstanden. Da diese Badeseen keine Zuflüsse aus Abwässern haben und Abschwemmungen von landwirtschaftlichen Oberflächen nicht zu erwarten sind, wird das Risiko des Auftretens multiresistenter Keime seitens des Gesundheitsamtes als gering eingeschätzt.

 

 

 

 

 

Fragen und Antworten zu antibiotikaresistenten Bakterien in Badegewässern

 

Im Hinblick auf die Bedeutung von antibiotikaresistenten Bakterien in Badegewässern hat das Umweltbundesamt in Zusammenarbeit mit dem Bund-Länder-Arbeitskreis Badegewässer im Mai dieses Jahres eine Information herausgegeben. Das Papier befindet sich auf den Internetseiten des Umweltbundesamtes unter der Adresse https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/schwimmen-baden/badegewaesser/faq-antibiotikaresistente-bakterien-in. Auf der Internetseite www.badegewaesser.nrw.de ist der link unter „Aktuelles“ und „FAQ“ ebenfalls eingestellt. Das Papier ist als Anlage beigefügt.

 

 

Geplante Untersuchungen des Landes zur Erfassung der Belastung der Gewässer in NRW mit resistenten Bakterien

 

Für die Untersuchung von Gewässern auf antibiotikaresistente Bakterien liegen bislang keine allgemeingültigen Untersuchungsstandards vor, auch sind nur bestimmte Institute für derartige Untersuchungen ausgestattet. Aufgrund der Aktualität der Fragestellung plant das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur-und Verbraucherschutz in NRW noch in diesem Jahr sondierende Untersuchungen auf antibiotikaresistente Bakterien in ausgewählten Badegewässern. Die Auswahl erfolgte an Hand bestimmter Risikofaktoren. Dieses erste Untersuchungsprogramm sieht keine Beprobung der beiden Badegewässer im Kreis Neuss vor.

 

Weiterhin plant das Land Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage der Ergebnisse des Forschungsverbunds „HyReKA“ zu den identifizierten Risikobereichen im Jahr 2019 eine Sonderuntersuchung von Gewässern inklusive Badeseen auf antibiotikaresistente Bakterien. Die dann vorliegenden Forschungsergebnisse sollen landesweit übertragen werden.

 

 

Maßnahmen

 

Die Problematik antibiotikaresistenter Bakterien bedarf grundsätzlich einer ganzheitlichen Herangehensweise, die bereits bei der Entstehung von Resistenzen und somit beim sachgerechten Einsatz von Antibiotika beginnt. Entsprechend dem auf EU-Ebene vorgelegten Aktionsplan zur Bekämpfung von Resistenzen steht ein vorsorgendes, sektorübergreifendes Handeln (One-Health-Ansatz) im Vordergrund, das generell den Eintrag von Antibiotika in die Umwelt reduzieren soll. Dies beinhaltet Leitlinien für den Einsatz von Antibiotika, Hygiene im Gesundheitswesen und der Lebensmittelkette, weitergehende Forschung und eine Arzneimittelstrategie für den gesamten Produktzyklus von der Entwicklung über die Verwendung bis zur Entsorgung der Mittel.

Eine generelle Einführung einer zusätzlichen Reinigungsstufe bei kommunalen Kläranlagen ist in Nordrhein-Westfalen derzeit nicht vorgesehen. Im Rahmen des aktuellen Förderprogramms „Ressourceneffiziente Abwasserbeseitigung NRW“ wird der Ausbau kommunaler Kläranlagen zur Hygienisierung mit bis zu 50% der zuwendungsfähigen Investitionskosten gefördert. Das Land prüft aktuell die Förderung einer Pilotanlage für Krankenhäuser.

 

Der Amtsarzt Herr Dr. Michael Dörr wird im Rahmen der Ausschusssitzung einen ergänzenden Vortrag zu multiresistenten Bakterien halten.