Betreff
Versorgungslage bei Beregnungsbrunnen im Rhein-Kreis Neuss
Vorlage
68/2951/XVI/2018
Art
Bericht

Sachverhalt:

Mit der als Anlage beigefügten Anfrage vom 26.10.2018 bitten die Kreistagsfraktionen CDU und FDP die Verwaltung, Fragen zur Versorgungslage bei Beregnungsbrunnen im Rhein-Kreis Neuss zu beantworten.

 

Antwort der Verwaltung:

 

zu Frage 1.

 

In Gebieten mit hohen Grundwasserflurabständen (Jüchen, Grevenbroich und auch Rommerskirchen) gibt es sehr wenige Beregnungsbrunnen. Der Bau eines Beregnungsbrunnen ist in diesen Regionen mit hohen Investitionen verbunden. Mit zunehmendem Grundwasserflurabstand stößt die Nutzung eines Beregnungsbrunnens schnell an die Grenzen der Wirtschaftlichkeit.

 

In den Regionen des Rhein-Kreises Neuss, in denen Grundwasser oberflächennah ansteht (Korschenbroich, Kaarst, Meerbusch, Dormagen und Neuss), werden Grundwasserbrunnen fast flächendeckend für die Beregnung landwirtschaftlicher Flächen genutzt. Im gesamten Kreisgebiet sind ca. 600 Wasserrechte für die Beregnung erteilt worden. Dabei schwanken die einzelnen Entnahmerechte zwischen 5.000 m³/a und 100.000 m³/a. In der Summe gibt es Wasserrechte für die Grundwasserentnahme zur Beregnung von ca. 5.500.000 m³ im Rhein-Kreis Neuss.

 

 

 

 

 

 

 

Zu Frage 2.

 

Grundwasser ist nach den Normen der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union (EU-WRRL) in einem guten mengenmäßigen Zustand, wenn die Wasserentnahme die verfügbare Grundwasserressource nicht überschreitet. Mengenmäßige Probleme gibt es bislang nur in den Bereichen des Braunkohletagebaus. Hier wird es nicht in absehbarer Zeit gelingen, einen guten mengenmäßigen Zustand herzustellen.

Grundsätzlich bestehen in den Gebieten des Rhein-Kreises Neuss, in denen mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand ein Beregnungsbrunnen gebohrt werden kann, noch begrenzte Möglichkeiten Wasserrechte für die Beregnung zu erteilen. Auf Grund des bereits stark in Anspruch genommenen Grundwasserdargebots ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Grundwasserbilanz zwischen jährlicher Grundwasserneubildung und erteilten Wasserrechten ausgeglichen ist. Dies gilt insbesondere in Trinkwasserschutzgebieten. Hier hat die öffentliche Trinkwasserversorgung in jedem Fall Vorrang.

 

Zu Frage 3.

 

Die Wasserrechte werden in einem wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren beschieden. Bei Vorlage eines vollständigen Erlaubnisantrages benötigt die Untere Wasserbehörde in der Regel 6-8 Wochen für die Bearbeitung. Ab einer Entnahmemenge von 5.000 m³/a ist eine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) erforderlich. Das Ergebnis dieser Vorprüfung ist öffentlich bekannt zu geben. Die öffentliche Bekanntgabe nimmt mindestens 14 Tage in Anspruch. Abhängig vom Standort des Beregnungsbrunnens und der beantragten Entnahmemenge sind Behörden und betroffene Dritte zu beteiligen, wie z.B. die Naturschutzbehörde, der Erftverband, der Wasserwerksbetreiber u.a. Die wasserrechtliche Erlaubnis wird im Regelfall befristet für 20 Jahre erteilt.

 

Zu Frage 4.

 

In Extremsituationen mit langanhaltenden Trockenperioden besteht im Rhein-Kreis Neuss nur sehr eingeschränkt die Möglichkeit, Wasser zur Beregnung aus Fließgewässern zu entnehmen. In die im Kreisgebiet für die Wasserentnahme geeigneten Gewässer besitzen eine durchgängige Bespannung auf Grund künstlicher Einleitungen. Um das bestehende Ökosystem des Gewässers zu schützen, ist eine Mindestwasserführung im Gewässer erforderlich. Entnahmen aus diesen Gewässern sind nur möglich, wenn ausgeschlossen werden kann, dass das Ökosystem des Gewässers nicht geschädigt wird. Deshalb werden im Rhein-Kreis Neuss keine Wasserrechte für die Entnahme aus diesen Gewässern erteilt. Unerlaubte Entnahmen werden mit Bußgeldern geahndet.

Unabhängig von der vorgenannten grundsätzlichen Vorgehensweise konnte die Untere Wasserbehörde in der zurückliegenden Trockenperiode einzelnen Landwirten mit kurzfristig ausgesprochenen Duldungen zur Wasserentnahme aus Fließgewässern helfen. Diese Duldungen erfolgten in Abstimmung mit dem Erftverband als Gewässerunterhaltungspflichtigen, RWE Power als Einleiter und den betroffenen Landwirten. Die Entnahmen mussten von der Unteren Wasserbehörde zeitlich und mengenmäßig geregelt sowie koordiniert werden. So hat z.B. RWE Power auf Vermittlung der Unteren Wasserbehörde kurzzeitig die Einleitmenge in den Jüchener Bach erhöht, um betroffenen Landwirten eine Wasserentnahme für die Beregnung zu ermöglichen. Mit der Ausnahmeregelung zur Wasserentnahme aus Fließgewässern kann nur den wenigen Landwirten geholfen werden, die Flächen in unmittelbarer Nähe zum Gewässer bewirtschaften. Vor allem auch nur dann, wenn zum erforderlichen Zeitpunkt das Gewässer genügend Wasser führt.

Da allgemein davon ausgegangen wird, dass sich in Zukunft extreme Wettersituationen häufiger einstellen, beabsichtigt die Untere Wasserbehörde des Rhein-Kreises Neuss zusammen mit der Landwirtschaftskammer und dem Landwirtschaftsverband mögliche Lösungen zu erarbeiten, um  diesen Extremsituationen besser begegnen zu können. Hier wird z.B. an eine gemeinschaftliche Nutzung von Beregnungsbrunnen und den Einsatz wassersparender Beregnungstechniken gedacht.