Betreff
Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 06.02.2019 zur Einführung einer Bildungskarte
Vorlage
50/3168/XVI/2019
Art
Tischvorlage

Sachverhalt:

Stellungnahme zum Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 06.02.2019:

Zur vereinfachten Umsetzung der Inanspruchnahme der Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepakets, solle die Verwaltung beauftragt werden eine Bildungskarte einzuführen, um die Teilhabe für alle Kinder sicherzustellen.

 

1.   Digitalisierung

Der Rhein-Kreis Neuss hat seit Herbst 2018 in Kooperation mit dem Technologiezentrum Glehn GmbH als Träger der (BuT-) Schulsozialarbeit eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit der Technisierung der BuT-Leistungsgewährung und den möglichen Verfahren (Bildungskarten-Verfahren, Cloud-Verfahren, Datenbankverfahren anderer Kommunen usw. beschäftigt) und auch hier erste Kosten-Nutzen-Analysen durchführt.

Die Sodexo-Karte

Jede Karte, die eine Funktion bietet ist mit einer entsprechenden Software verbunden. In NRW gibt es aktuell nur einen Software-Anbieter mit Karte am Markt, der die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes umsetzen kann:

Sodexo Pass GmbH

Lyoner Str. 9 - 60528 Frankfurt/Main
Tel: +49 (0) 69 73996 - 0 / Fax: +49 (0) 69 73996 - 6001
Mail: info.de@sodexo.com

Aktuell wird die Software / Karte in folgenden Kommunen in NRW eingesetzt:

Stadt Münster

Stadt Hamm

Kreis Warendorf

Kreis Steinfurt

Kreis Borken

Der Rhein-Kreis Neuss ist im interkommunalen Austausch der Koordinatoren zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaktes vertreten. Hier wurde seitens des/der Vertreter(in) der Stadt Hamm in der letzten Sitzung am 11.10.2018 berichtet, dass die Karte derzeit lediglich die beiden Leistungskomponenten Mittagsverpflegung und Teilhabe abdeckt. Die Leistungskomponenten Schulausflüge und Klassenfahrten, Schülerbeförderung und Lernförderung werden bei der Stadt Hamm mit einem Bescheid und anhängenden Gutschein bewilligt. Die Finanzmittel für diese Leistungskomponenten werden somit eigenständig bewirtschaftet. Die Finanzmittel für die Leistungskomponenten Mittagsverpflegung und Teilhabe wurden an die Fa. Sodexo Pass GmbH outgesourced. Die Leistungsanbieter können sich auf der Homepage der Firma einloggen und das auf der Karte des Kindes aufgebuchte Guthaben „reservieren“. Die Buchung des Guthabens auf die Karte wird von der Verwaltung durchgeführt und gilt als Bewilligung der Leistungen.

Eine Rechnungsstellung der Leistungsanbieter zum Abruf des  gebuchten Guthabens entfällt bei diesem System nicht. Die Rechnung ist abschließend für den einzelnen Leistungsberechtigten oder eine Gruppe von Leistungsberechtigten (KiTa-Gruppe, Schulklasse usw.) an die Fa.  Sodexo Pass GmbH zu richten.

Die Stadt Düsseldorf hat aktuell eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die prüft, ob die Bildungskarte der Sodexo Pass GmbH auch für eine größere Anzahl von Leistungsberechtigten nutzbar ist und führt eine Kosten-Nutzen-Analyse durch. Die Arbeitsgruppe hat jedoch aktuell noch keine Ergebnisse vorgelegt.

Starke-Familien-Gesetz

Zu berücksichtigen sind zudem auch die gesetzlichen Änderungen durch den aktuellen Gesetzesentwurf des -Starke-Familien-Gesetzes-, die voraussichtlich ab dem 01.07.2019 bzw. dem 01.08.2019 umzusetzen sind. Neben der finanziellen Ausweitung des Bildungs- und Teilhabepaketes durch Wegfall der Eigenanteile bei der Mittagsverpflegung und bei den Schülerbeförderungskosten, sowie der Erhöhung des Schulbedarfspaketes sieht das -Starke-Familien-Gesetz- auch die folgenden rechtlichen Änderungen vor:

·         Wegfall gesonderter Anträge für Schulausflüge, Schülerbeförderung, gemeinschaftliche Mittagsverpflegung und Teilhabeleistungen; zudem wird grundsätzlich auch die Erbringung der Leistungen für Bildung und Teilhabe durch Geldleistungen ermöglicht. Für Leistungsberechtigte nach dem SGB II werden die BuT-Leistungen in den SGB II-Grundantrag aufgenommen.

·         Einführung der Möglichkeit für Schulen, die Leistungen für Schulausflüge für leistungsberechtigte Kinder gesammelt mit einem zuständigen Träger abzurechnen.

Sofern das Gesetz am 01.07.2019 und für die schulischen Leistungen zum 01.08.2019 in Kraft tritt, wird der Rhein-Kreis Neuss diese Änderungen arbeitsorganisatorisch und auch in der technischen Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes umsetzen müssen. Auch diese gesetzlichen Regelungen sprechen dafür, dass die BuT-Leistungen nicht mehr einzelfallbezogen aus den Falldaten des Jobcenters geleistet werden können, sondern aus einem eigens für Bildungs- und Teilhabepaketleistungen konzipierten technischen Verfahren. Es wird an dieser Stelle jedoch abschließend darauf hingewiesen, dass die technischen Verfahren den Anforderungen der Datenerhebung nach §§ 50 ff. SGB II nicht entbehrlich machen. Belege für Ausgaben aus dem Bildungs- und Teilhabepaketleistungen sind somit entweder vom Leistungsanbieter oder vom Leistungsberechtigten der Leistungsbehörde oder wie in o.g. geschilderten Outsourcing-System der Fa. Sodexo Pass GmbH vorzulegen.

 

 

 

 

2.   Annahme der BuT-Leistungen im Rhein-Kreis Neuss

Zu den Ausführungen, dass das Bildungs- und Teilhabepaket aufgrund des hohen Bürokratieaufwands kaum abgerufen wird, nimmt der Rhein-Kreis Neuss wie folgt Stellung:

Alle Leistungskomponenten können für ein Kind bzw. einen Jugendlichen im Rhein-Kreis Neuss auf einem einseitigen Antrag beantragt werden, und es besteht im Rhein-Kreis Neuss immer noch die Möglichkeit anzukreuzen, dass vorsorglich alle Leistungskomponenten beantragt werden (Globalantrag). Viele Kommunen bieten diese Möglichkeit bereits nicht mehr auf dem Antragsvordruck an, sondern lassen nur noch formlos gestellte Globalanträge zu, da für alle nichtbeanspruchten Leistungen ein eigener Bescheid zu fertigen ist, sofern die Leistungen im Bewilligungszeitraum doch nicht beansprucht wurden. Sicherlich muss man in jedem Verfahren nachweisen, dass das Kind bzw. der Jugendliche zu der Aktivität tatsächlich angemeldet wird/wurde (Belegpflicht siehe obige Ausführungen). Ob ein Kind bzw. ein Jugendlicher, dann auch wirklich an der Aktivität teilnimmt, lässt sich jedoch nicht feststellen. Bei vielen Aktivitäten, die im Rhein-Kreis Neuss bereits im Anbieterverzeichnis gelistet werden, ist eine Kopie des Anmeldeformulars oder des Mitgliedsausweises ausreichend, da der Rhein-Kreis Neuss alle Zahlungsmodalitäten der kooperierenden Vereine im Anbieterverzeichnis listet und die Beiträge somit ohne weiteren Aufwand des Leistungsanbieters (Verein, Musikschule usw.) direkt auf das hinterlegte Konto des Leistungsanbieters überweist:

Muster: Hier ein Auszug aus dem Eintrag der Erich-Kästner-Grundschule Dormagen:

Die (BuT-) Schulsozialarbeiter(innen) beraten aktuell die Kindertageseinrichtungen und Grundschulklassen bezüglich einer Schuljahrespauschale (wie im obigen Muster dargestellt) für die Vorschulgruppen und insbesondere 4. Klässler, da diese in der Regel mehrere eintägige Ausflüge im Schuljahr machen um an die nächst höhere Bildungsstufe herangeführt zu werden. Das Budget ist dann je Kind bzw. Schüler nur einmal im Schuljahr zu beantragen und wird von der Schule verwaltet. Diese Vorgehensweise ist laut Arbeitshilfe des MAGS NRW 6. Auflage zulässig.

Die Ausführungen, dass der Rhein-Kreis Neuss die Öffentlichkeitsarbeit in Kooperation mit den Leistungsanbietern verbessern müsse, um die Leistungsberechtigten über ihre Ansprüche zu informieren ist in Anbetracht von der weiteren Beschäftigung von 33 Schulsozialarbeiterinnen auf 22 Stellen aus dem Landesprogramm „Soziale Arbeit an Schulen“, die jeweils mit ihrem hälftigen Stellenanteil an Schulen und im Umfeld von Schulen über die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes informieren und die Öffentlichkeitsarbeit jeweils sozialraumbezogen wahrnehmen, nicht nachvollziehbar.

Der Rhein-Kreis Neuss kooperiert aktuell 1.115 Leistungsanbietern,

davon

Ø  536     Tagespflegestellen, Kindertagesstätten, Offene Ganztagsschulen

Ø  373     Sportvereine

Ø  206     Nachhilfelehrerinnen/-lehrer sowie Nachhilfezentren

Auch die stetige Ausgabensteigerung im Rhein-Kreis Neuss für Bildungs- und Teilhabeleistungen widerlegt die These, dass die Leistungen im Rhein-Kreis Neuss nur von einem geringen Teil der Leistungsempfängerinnen in Anspruch genommen werden (s. nachfolgende Darstellungen zur Ausgabenentwicklung)

 

Entwicklung der BuT-Ausgaben im Rhein-Kreis Neuss

 

SGB II

BKGG

Gesamt

Veränderung zum VJ in €

Veränderung zum VJ %

2012

1.359.170,45 €

811.492,49 €

2.170.662,94 €

 

 

2013

1.776.049,65 €

900.776,30 €

2.676.825,95 €

506.163,01 €

23,32%

2014

2.036.783,60 €

895.945,83 €

2.932.729,43 €

255.903,48 €

9,56%

2015

2.373.199,20 €

820.901,63 €

3.194.100,83 €

261.371,40 €

8,91%

2016

2.505.439,27 €

855.428,69 €

3.360.867,96 €

166.767,13 €

5,22%

2017

2.796.155,10 €

819.389,72 €

3.615.544,82 €

254.676,86 €

7,58%

2018

3.006.652,80 €

1.018.341,60 €

4.024.994,40 €

409.449,58 €

11,32%

*

* Hochrechnung: Stand 31.10.2018

 

In den Monaten bis Oktober 2018 sind die Ausgaben für Bildungs- und Teilhabepaketleistungen um 11,32 % gegenüber den Gesamtausgaben des Jahres 2017 angestiegen. Für die Monate November und Dezember 2018 liegen aktuell noch keine Zahlen vor.

 

 

 

Abschließend bleibt festzuhalten, dass der Rhein-Kreis Neuss dabei ist, die Digitalisierung auch im Bereich der BuT-Leistungen aktiv nach vorne zu treiben.