Beschlussempfehlung:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Kreistag, folgenden Beschluss zu fassen:
Der Kreistag beschließt gemäß § 7 Abs. 6 APG NRW das Gutachten „Pflegebedarfsplanung Rhein-Kreis Neuss“ des ALP-Institutes, Hamburg, vom Dezember 2017 zur Örtlichen Planung im Sinne des § 7 Abs. 1 APG NRW zu erklären.
Auf Grundlage der vorhandenen Prognosedaten des ALP-Institutes, den Daten der WTG-Behörde zur personellen Ausstattung der im Betrieb befindlichen Pflegeeinrichtungen sowie den Daten über die derzeit vorhandenen, jedoch nicht tatsächlich dem Pflegemarkt zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehenden Pflegeplätze im Kreisgebiet wird der Bedarf für zusätzliche, vollstationäre Pflegeplätze in den kreisangehörigen Kommunen bzw. Sozialräumen wie folgt festgestellt:
Korschenbroich
Für die Stadt Korschenbroich wird kein Bedarf ausgewiesen.
Es wird derzeit ein minimaler Platzüberhang prognostiziert. Bereits vorhandene Plätze stehen derzeit nicht für die Bedarfsdeckung zur Verfügung.
Kaarst
Die Bedarfswerte für Kaarst sind signifikant hoch, was sich mit der Auslastungsmeldung der Kaarster Einrichtungen deckt, die in den vergangen 2 Jahren fast immer nur einen oder zwei leere Plätze zum Stichtag gemeldet haben.
Für die Stadt Kaarst wird der Bedarf für die Neuplanung einer Einrichtung mit 80 vollstationären Pflegeplätzen festgestellt.
Jüchen,
Rommerskirchen, Grevenbroich, Dormagen
Das südliche Kreisgebiet wird als sozialräumliche Einheit betrachtet. Prognostizierte Bedarfe und Überhänge halten sich in diesem Sozialraum bis 2022 die Waage. In den vergangenen 2 Jahren meldeten die Einrichtungen aus den genannten Kommunen zu den einzelnen Stichtagen insgesamt jeweils rund 80 freie Plätze.
Für die Kommunen Jüchen, Grevenbroich, Rommerskirchen und Dormagen wird bei Betrachtung als gemeinsamer Sozialraum kein Bedarf festgestellt.
Die Entwicklung in der Stadt Dormagen ist im Hinblick auf die Prognosedaten sowie die vorhandenen, aktuell nicht für die Bedarfsdeckung zur Verfügung stehenden Plätze zu beobachten.
Neuss
Für die Stadt Neuss wird derzeit kein Bedarf festgestellt.
Die Entwicklung in der Stadt Neuss ist hinsichtlich der Prognosedaten, der bereits bestehenden, derzeit aber nicht für die Bedarfsdeckung zur Verfügung stehenden Plätze und hinsichtlich der tatsächlichen Verfügbarkeit von Pflegepersonal zu beobachten. Dabei sind auch die geplante Schaffung 40 zusätzlicher stationärer Pflegeplätze, für die bereits eine Bedarfsbestätigung ausgesprochen wurde, und die geplante Schaffung solitärer Kurzzeitpflegeplätze in Anbindung an 2 bestehende Einrichtungen zu berücksichtigen.
Im Hinblick auf die Langzeitprognosen wird die seitens der Stadt Neuss vertretene Haltung begrüßt, schon jetzt das notwendige Planungsrecht für die spätere Ansiedlung einer weiteren Pflegeeinrichtung zu schaffen. Unter Berücksichtigung des vorhandenen Bestands sowie der Bedarfsprognosen für Kaarst und Meerbusch wäre hier ein Standort im Neusser Norden sinnvoll.
Meerbusch
Für die Stadt Meerbusch wird derzeit kein Bedarf festgestellt.
Die Entwicklung in der Stadt Meerbusch ist im Hinblick auf die Prognosedaten sowie die vorhandenen, aktuell nicht für die Bedarfsdeckung zur Verfügung stehenden Plätze zu beobachten.
Gemäß § 11 Abs. 7 APG NRW ist eine Förderung für vollstationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 14 APG NRW, die innerhalb des Rhein-Keises Neuss neu entstehen und zusätzliche Plätze zur Bedarfsdeckung schaffen davon abhängig, dass auf der Grundlage dieses Beschlusses durch die Verwaltung eine Bedarfsbestätigung ausgesprochen wird.
Die Verwaltung wird beauftragt, das Gutachten und diesen Beschluss des Kreistages gemäß § 7 Abs. 6 APG NRW in Verbindung mit § 11 Abs. 7 Satz 2 APG NRW öffentlich bekannt zu machen.
Der Beschluss des Kreistages löst den Beschluss aus der Sitzung des Kreistages vom 19.12.2018, TOP 14, Vorlage 50/3012/XVI/2018, Beschlussnummer KT/20181219/Ö14 ab.
Sachverhalt:
1. Darstellung
der Grundlagen
1.1. Bedarfsplanung
im Rhein-Kreis Neuss auf Grundlage des APG NRW seit 2014
Im Oktober 2014 ist das
Gesetz zur Entwicklung und Stärkung
einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung
und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere
Menschen, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen (GEPA NRW) in
Kraft getreten. Dieses Gesetz besteht aus dem Alten- und Pflegegesetz NRW (APG
NRW) sowie dem Wohn- und Teilhabegesetz (WTG).
Mit Inkrafttreten des
durch das APG NRW novellierten Landespflegerechtes haben die Kreise und
kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen das Instrument der
Pflegebedarfsplanung zurück erhalten. In der Sitzung des Kreistages am
16.12.2014 hat der Rhein-Kreis Neuss mit dem einstimmigen Beschluss für eine
„Verbindliche Bedarfsplanung“ diese Möglichkeit schnell aufgegriffen, um einem
weiteren unkontrollierten Wachstum des Angebotes im Bereich der vollstationären
Pflegeeinrichtungen Einhalt zu gebieten. Den gemäß den gesetzlichen Vorgaben
jährlich zu fassenden Beschluss hat der Kreistag am 15.12.2015, am 21.12.2016
und am 13.12.2017 erneut gefasst, um durchgehend über eine verbindliche
Bedarfsplanung zu verfügen.
Seitens einiger kreisangehöriger
Kommunen bestand dauerhaft der Wunsch, die Bedarfsplanung auf Ebene der
kreisangehörigen Kommunen darzustellen. Der Kreistag hat in seinen Beschlüssen
ebenfalls berücksichtigt, dass auf eine ausgewogene Verteilung der Pflegeplätze
im Rhein-Kreis Neuss geachtet werden muss. In diesem Sinne ist die von der
Verwaltung beim ALP-Institut, Hamburg, in Auftrag gegebene und Ende 2017
fertiggestellte „Örtliche Planung“ so konzipiert, dass sie als Grundlage für
eine derartige Bedarfsplanung dienen kann.
In der Sitzung des
Kreistages am 19.12.2018 wurde erneute eine „Verbindliche Bedarfsplanung“ für das gesamte
Kreisgebiet beschlossen, da zum damaligen Zeitpunkt seitens IT.NRW die
kommunenscharfen Statistikdaten noch nicht zur Verfügung gestellt werden konnten.
Damit war einer „Verbindlichen Bedarfsplanung“ mit Betrachtung der einzelnen
Kommunen die rechtliche Basis entzogen. Der Beschluss vom 19.12.2018 hatte das
Ziel, die zeitliche Lücke zu schließen, die bis zur Vorbereitung einer
„Verbindlichen Bedarfsplanung“ mit Betrachtung der Daten der einzelnen Kommunen
entstanden ist.
Zwischenzeitlich hat
IT.NRW die notwendigen Daten vorgelegt. Das von der Verwaltung entsprechend
beauftragte ALP-Institut hat diese Daten verarbeitet und damit das Zahlenwerk
geschaffen, welches den gesetzlichen Vorgaben an eine „Verbindliche
Bedarfsplanung“ mit kommunenscharfer Betrachtung entspricht.
Alle „Verbindlichen
Bedarfsplanungen“ des Rhein-Kreises Neuss bezogen sich bislang ausschließlich
auf den Bereich der vollstationären Pflege. Dies ist auch im Folgenden der
Fall. Bei der Schaffung neuer Tagespflegeeinrichtungen oder neuer
Kurzzeitpflegeplätze ist somit der grundsätzliche Anspruch der Einrichtungen
auf eine Investitionskostenförderung nach dem APG nicht an eine Bedarfsbestätigung
des Rhein-Kreises Neuss gebunden.
1.2. Rechtsgrundlagen
für die „Verbindliche Bedarfsplanung“
Gemäß § 7 Abs. 1 des
Alten- und Pflegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (APG NRW) haben die
Kreise und kreisfreien Städte eine „Örtliche Planung“ zu erstellen. Nach § 7
Abs. 6 APG NRW besteht die Option, die „Örtliche Planung“ zur Grundlage einer
verbindlichen Entscheidung über eine bedarfsgerechte Förderung zusätzlicher
teil- oder vollstationärer Pflegeeinrichtungen nach dem APG zu machen.
Dies bedeutet, dass der
Bau von neuen Pflegeeinrichtungen nicht durch den Rhein-Kreis Neuss vollständig
unterbunden wird, sondern dass lediglich kein Anspruch der Einrichtung auf
Zahlung von Investitionskosten nach den Vorschriften des APG NRW gegenüber den
Trägern der Sozialhilfe entsteht.
Wenn durch den Kreis
von der Option der Schaffung einer „Verbindlichen Bedarfsplanung“ Gebrauch
gemacht wird, ist die Thematik in der „Kommunalen Konferenz Alter und Pflege“
zu beraten und durch Beschluss der Vertretungskörperschaft festzustellen und
öffentlich bekannt zu machen. Die „Verbindliche Bedarfsplanung“ muss
zukunftsorientiert einen Zeitraum von drei Jahren ab der Beschlussfassung
umfassen und auf der Grundlage nachvollziehbarer Parameter darstellen, ob das
Angebot an Pflegeeinrichtungen den örtlichen Bedarf abdeckt oder in welcher
Höhe zur Bedarfsdeckung zusätzliche Kapazitäten erforderlich sind. Die Aussagen
können auf verschiedene Sozialräume innerhalb eines Kreises bezogen sein. Eine
Bedarfsdeckung kann angenommen werden, wenn einer zu erwartenden Nachfrage nach
den jeweiligen Pflege- und Betreuungsangeboten ein mindestens deckungsgleiches
Angebot gegenübersteht und auch Wahlmöglichkeiten in angemessenem Umfang
gesichert sind.
Sofern die
„Verbindliche Bedarfsplanung“ einen Bedarf ausweist, ist zwingend gemäß § 27
der Durchführungsverordnung zum Alten- und Pflegegesetz NRW (APG DVO) innerhalb
eines Monats nach dem Beschluss der Vertretungskörperschaft eine
Bedarfsausschreibung zu veröffentlichen. Trägerinnen und Träger (also nicht
z.B. Investoren oder Bauträger), die Interesse an der Schaffung neuer
zusätzlicher Plätze haben, zeigen dieses Interesse unter Vorlage einer
Konzeption zur Schaffung der neuen Plätze innerhalb einer in der
Veröffentlichung festgelegten Frist von mindestens zwei und maximal sechs
Monaten dem örtlichen Träger der Sozialhilfe an. Die weiteren Absätze des § 27
APG DVO regeln zahlreiche weitere Details dieses komplexen
Ausschreibungsverfahrens. Der entsprechende Verordnungstext ist als Anlage
beigefügt.
1.3. Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben an
eine „Verbindliche Bedarfsplanung“ im Rhein-Kreis Neuss
Nach Durchführung des
erforderlichen Ausschreibungsverfahrens erhielt das ALP-Institut, Hamburg, im
April 2017 den Auftrag, für den Rhein-Kreis Neuss eine „Örtliche Planung“ nach
§ 7 Abs. 1 APG NRW zu erstellen. Das Ergebnis wurde dem Kreistag im Dezember
2017 vorgestellt. Seither arbeitet die Verwaltung an der Umsetzung der
Handlungsempfehlungen.
Die Vorbereitung der
Erstellung der „Örtlichen Planung“, das Ergebnis sowie die Umsetzungsschritte
wurden in den Sitzungen der Konferenz für Gesundheit, Pflege und Alter am
09.11.2016, 15.11.2017, 13.06.2018 und 14.11.2018 durch die Verwaltung
vorgestellt und diskutiert.
Die Verwaltung hat dem
ALP-Institut den Auftrag erteilt, die aktuellsten verfügbaren Daten von IT.NRW
so aufzubereiten, dass sie den gesetzlichen Vorgaben des APG genügen und einen
zukünftigen Zeitraum von 3 Jahren nach der beabsichtigten Beschlussfassung im
Kreistag darstellen. Diese Daten bilden, unter Berücksichtigung der weiter
unten vorgenommenen Bewertung, die Grundlage für den seitens der Verwaltung
unterbreiteten Beschlussvorschlag. Wenn der Kreistag diesem Beschlussvorschlag
folgt, ist durch die Verwaltung innerhalb eines Monats nach der
Beschlussfassung ein Ausschreibungsverfahren nach § 27 APG DVO einzuleiten.
1.4. Prognosedaten
für die verbindliche Bedarfsplanung im Rhein-Kreis Neuss
Nach der Systematik der
„Örtlichen Planung“ wurden 3 Szenarien dargestellt, um den zukünftigen Bedarf
zu prognostizieren. Die Details können dem Kapitel 6 der „Örtlichen Planung“
entnommen werden, die unter folgendem Link einsehbar ist:
Da für die
„Verbindliche Bedarfsplanung“ nur ein Wert als Bedarfsprognose zulässig ist,
wurde auf Basis der Diskussion im Rahmen der Fachkonferenz zur „Örtlichen
Planung“ am 12.10.2017 das Szenario „Gesundheit“ als am unwahrscheinlichsten
eingestuft und aus der weiteren Betrachtung entfernt. Aus den Ergebnisse der
Szenarien „Status quo“ und „Ambulantisierung“ wurde dann durch ALP ein
Mittelwert gebildet, der als Orientierungswert für die „Verbindliche
Bedarfsplanung“ dient. Dabei muss klar sein, dass die Prognosedaten nie die
Realität „auf den Platz genau“ darstellen können und wollen, sondern die
wahrscheinlichste Tendenz der zukünftigen Entwicklung aufzeigen.
Für die einzelnen
Kommunen ergibt sich in der Prognose von ALP folgendes Bild (Erläuterung:
Negative Zahlen weisen einen Bedarf an Plätzen aus, positive Zahlen einen
Platzüberhang):
Kommune |
Prognose 2020 |
Prognose 2021 |
Prognose 2022
|
Dormagen |
-74 |
-90 |
-98 |
Grevenbroich |
115 |
105 |
99 |
Rommerskirchen |
29 |
25 |
23 |
Jüchen |
-26 |
-34 |
-38 |
Kaarst |
-180 |
-195 |
-207 |
Korschenbroich |
17 |
9 |
6 |
Meerbusch |
-53 |
-62 |
-72 |
Neuss |
-91 |
-112 |
-131 |
Rhein-Kreis
Neuss |
-263 |
-354 |
-418 |
Tabelle 1:
Prognosedaten ALP
Für die Stadt Neuss ist
bereits eine Bedarfsbestätigung über 40 neue Plätze ausgesprochen. In der
nachfolgenden Tabelle sind die Bedarfsprognosen um diese Zahl bereinigt:
Kommune |
Prognose 2020 |
Prognose 2021 |
Prognose 2022
|
Dormagen |
-74 |
-90 |
-98 |
Grevenbroich |
115 |
105 |
99 |
Rommerskirchen |
29 |
25 |
23 |
Jüchen |
-26 |
-34 |
-38 |
Kaarst |
-180 |
-195 |
-207 |
Korschenbroich |
17 |
9 |
6 |
Meerbusch |
-53 |
-62 |
-72 |
Neuss |
-51 |
-72 |
-91 |
Rhein-Kreis
Neuss |
-223 |
-314 |
-378 |
Tabelle 2: Bereinigte
Prognosedaten
2. Inhaltliche
Betrachtung der Teilaspekte
2.1. Betrachtung
der derzeitigen Datenbasis von IT.NRW
Die Berechnung der Daten
der prospektiven Bedarfsplanung geht von den Daten der Vergangenheit aus.
Sowohl die quantitativen Werte, d.h. die Anzahl der Pflegebedürftigen, als auch
deren Nachfrageverhalten am Pflegemarkt bilden zusammen mit den Daten der
Bevölkerungsentwicklung die Basis für die vom ALP-Institut gelieferten
Bedarfszahlen. Dies ist die klassische Methode der Bedarfsermittlung mittels
Pflegequoten, die auch in früheren Bedarfsplanungen für den Rhein-Kreis Neuss
genutzt worden ist. Dem errechneten Bedarf wird das vorhandene Platzangebot
gegenüber gestellt.
Bei dieser anerkannten
und in der Breite angewandten Berechnungsmethodik können folgende Aspekte nicht
bzw. nicht im eigentlich erforderlichen Umfang berücksichtigt werden:
Ø schnelle, größere
Veränderungen beim Angebot an pflegerischen Diensten und Einrichtungen
Ø Änderungen im
Nachfrageverhalten der Pflegebedürftigen
Ø baulich vorhandene,
aber tatsächlich nicht ausgelastete Kapazitäten
Die Erstellung der
„Örtlichen Planung“ für den Rhein-Kreis Neuss fällt zeitlich exakt mit dem
Inkrafttreten der Pflegestärkungsgesetze zusammen. Die Pflegestärkungsgesetze
haben u.a. nachhaltige Veränderungen in der Leistungsstruktur der
Pflegeversicherung sowie eine neue Methodik zur Feststellung der
Pflegebedürftigkeit mit sich gebracht.
Die derzeit aktuellsten
verfügbaren Daten der Pflegestatistik von IT.NRW datieren vom 15.12.2017.
Dieser Datenbestand wurde der Verwaltung durch IT.NRW im Januar 2019 zur
Verfügung gestellt. Es fehlt somit das gesamte Kalenderjahr 2018 in diesen
Daten hinsichtlich der Nutzung bestimmter Einrichtungsformen durch die
Pflegebedürftigen, die Verteilung der Pflegebedürftigen in die 5 Pflegegrade
oder auch die Anzahl der Pflegebedürftigen in den kreisangehörigen Kommunen.
Dieses Problem ist nicht zu beheben, aktuellere valide Daten sind nirgendwo
verfügbar!
2.2 Entwicklung
in der Tagespflege
Somit können die
Effekte, die sich im Rhein-Kreis Neuss aus der Schaffung neuer
Tagespflegeplätze im Jahr 2018 ergeben haben, durch die aktuellsten verfügbaren
Daten nicht dargestellt werden.
Der enorme
Nachfragezuwachs bei der Tagespflege ist jedoch an den Daten ablesbar, die
durch die Investitionskostenförderung der Verwaltung zur Verfügung stehen. Die
nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Nutzungstage durch pflegebedürftige
Menschen aus dem Rhein-Kreis Neuss in den Jahren 2015 bis 2018:
Jahr |
2015 |
2016 |
2017 |
2018 |
Nutzungstage |
26.580 |
32.524 |
40.223 |
51.400 |
Tabelle 3: tatsächliche
Nutzungstage durch Pflegebedürftige aus dem Rhein-Kreis Neuss in der
Tagespflege
Diese Daten zeigen auf,
dass der Platzausbau in der Tagespflege auch zu einer tatsächlichen
Inanspruchnahme durch die pflegebedürftigen Menschen aus dem Rhein-Kreis Neuss
führt. Dazu trägt wesentlich bei, dass die Pflegestärkungsgesetze die
notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen geschaffen haben. Diese Entwicklung
ist noch nicht abgeschlossen, er werden weitere Einrichtungen geplant und in
Betrieb gehen.
Die somit nach und nach
flächendeckend entstehende Möglichkeit durch Tagespflege die pflegenden Angehörigen
zu entlasten wird zu einer geringeren bzw. zeitlich späteren Inanspruchnahme
stationärer Pflege führen, was wiederum die Datenbasis für die prospektive
Pflegebedarfsplanung im stationären Bereich verändern wird.
2.3. Entwicklung
in der Kurzzeitpflege
Die Nutzungstage bei
Kurzzeitpflege durch pflegebedürftige Menschen aus dem Rhein-Kreis Neuss haben
sich laut der Statistik bei der Investitionskostenförderung wie folgt
entwickelt:
Jahr |
2015 |
2016 |
2017 |
2018 |
Nutzungstage |
34.052 |
39.174 |
42.959 |
40.817 |
Tabelle 4:
Inanspruchnahme von Kurzzeitpflege durch Pflegebedürftige aus dem Rhein-Kreis
Neuss in Tagen
Hierbei ist wegen der
Zuständigkeitsregelung des APG NRW für die Investitionskostenförderung zu
beachten, dass über 8.100 Belegungstage im Jahr 2018 auf Kurzzeitpflegeplätze
entfallen, die sich in Einrichtungen außerhalb des Rhein-Kreises Neuss
befinden.
Der Rückgang an
Belegungstagen gegenüber dem Jahr 2017 kann zum einen
darauf zurück zu führen sein, dass im
Jahr 2018 wegen der Belegungsstopps in mehreren Einrichtungen
Kurzzeitpflegeplätze innerhalb des Kreisgebietes nicht unmittelbar verfügbar
waren, was sich dämpfend auf die tatsächliche Inanspruchnahme ausgewirkt haben
kann. Ggf. ist es aber auch ein erster Effekt durch das erweiterte Angebot der
Tagespflege, welches pflegenden Angehörigen im Alltag Möglichkeiten zur
Regeneration und Zeit für das Kümmern von persönlichen Belangen lässt, so dass
nicht nur stationäre Pflege vermieden oder hinausgezögert wird, sondern auch
die Nachfrage nach Kurzzeitpflege zurückgeht.
Seitens der Verwaltung
war ein solcher Rückgang der tatsächlichen Inanspruchnahme nicht erwartet
worden. So wurde im Zuge der Haushaltsplanung 2019 / 2020 mit einer geringen,
aber fortschreitenden Zunahme der Belegungstage kalkuliert. Dieser Zusammenhang
macht deutlich, wie sich durch eine Änderung im Nachfrageverhalten der
Pflegebedürftigen in einem komplexen System, ganz unabhängig von den dafür
maßgeblichen Ursachen, die statistischen Werte verändern. Würde eine Prognose
für die in den nächsten Jahren benötigten Kurzzeitpflegekapazitäten nur auf den
Jahren bis 2017 beruhen, also dem Zeitraum der Daten von IT.NRW für den
stationären Sektor entsprechen, wäre nicht
auszuschließen, dass man zu einer Fehlprognose und einem zu hoch angesetzten
Bedarf an Kurzzeitpflegeplätzen für die Zukunft gelangt.
Unabhängig
davon ist in der Fachöffentlichkeit weiterhin unstrittig, dass im Rhein-Kreis
Neuss solitäre Kurzzeitpflegeplätze für die Zukunft benötigt werden. Die
Verwaltung steht derzeit mit 4 Pflegeheimen aus dem Kreisgebiet in Kontakt, die
beabsichtigen insgesamt 46 zusätzliche Kurzzeitpflegeplätze in Anbindung an die
bestehenden Häuser zu schaffen. Dies wird sich auf die Nutzung eingestreuter
Kurzzeitpflegeplätze auswirken und hierdurch weitere Plätze für eine
durchgehende, vollstationäre Nutzung ermöglichen.
2.4. Statistische
Effekte durch die Pflegestärkungsgesetze
Das ALP-Institut hat
des Weiteren darauf hingewiesen, dass im Zuge der Pflegestärkungsgesetze ein
deutlich erhöhtes Antragsaufkommen bei den Pflegekassen zu verzeichnen war.
Viele Menschen hätten wegen des „neuen Begutachtungsassessments“, also der
neuen Methodik zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch den MDK, einen
Antrag in der Hoffnung gestellt, einen Pflegegrad zu erhalten um in das
Leistungssystem der Pflegeversicherung zu kommen, was sie auf Grundlage des
früheren Verfahrens zu diesem Zeitpunkt nicht getan hätten. Dadurch ist die
Zahl der Pflegebedürftigen im Jahr 2017 überproportional angestiegen, was sich
in den statistischen Daten aus Dezember 2017 bereits spiegelt. Diese größere
Zahl an Pflegebedürftigen führt in den Berechnungsschemata zur Bedarfsprognose
zu verzerrten Werten. Das ALP-Institut geht davon aus, dass sich die
Auswirkungen dieses Effektes in den nächsten Jahren relativieren, was ebenfalls
Auswirkungen auf die Zahl der prognostizierten Bedarfe haben wird.
Die vom ALP-Institut berechneten
Bedarfszahlen sind somit auf Grundlage valider Parameter berechnet, beinhalten
jedoch durch die dargestellten Ursachen bei der Betrachtung des prospektiven
Bedarfs an stationären Pflegeplätzen derzeit eine gewisse Unschärfe. Der
ausgewiesene Bedarf an stationären Pflegeeinrichtungen wird seitens der
Verwaltung als tendenziell zu hoch eingeschätzt. Diese Unschärfe wird
voraussichtlich mit jedem neuen Datensatz, den IT.NRW zur Verfügung stellt
geringer und die 3-Jahres-Prognose dadurch jedes Mal genauer. Durch das von ALP
gelieferte Monitoring-Tool kann die Kreisverwaltung mit den jeweils aktuellen
Daten von IT.NRW die Pflegebedarfsplanung selbständig fortschreiben, wodurch in
den nächsten Jahren - erstmals Ende 2020/Anfang 2021 - die Gelegenheit besteht,
die Entwicklung kontinuierlich zu betrachten und neu zu bewerten.
2.5. Betrachtung
der tatsächlichen Situation auf dem Pflegemarkt im Rhein-Kreis Neuss
Die Kreisverwaltung
erhebt von den stationären Pflegeeinrichtungen auf freiwilliger Basis einmal
pro Quartal Daten zur tatsächlichen Belegung der Heimplätze.
Stichtag |
nicht belegte Pflegeplätze im Kreisgebiet |
15.02.2017 |
177 |
15.05.2017 |
172 |
15.08.2017 |
155 |
15.11.2017 |
159 |
15.02.2018 |
184 |
15.05.2018 |
194 |
15.08.2018 |
215 |
15.11.2018 |
151 |
15.02.2019 |
146 |
Durchschnitt |
172 |
Tabelle
5: frei Pflegeplätze im Rhein-Kreis Neuss
Die kommunale
Verteilung dieser freien Kapazitäten am letzten erhobenen Stichtag stellte sich
wie folgt dar:
Kommune |
nicht belegte Pflegeplätze am 15.02.2019 |
Dormagen |
13 |
Grevenbroich |
40 |
Rommerskirchen |
6 |
Jüchen |
6 |
Kaarst |
0 |
Korschenbroich |
33 |
Meerbusch |
24 |
Neuss |
24 |
Gesamt |
146 |
Tabelle 6: freie Kapazitäten am 15.02.2019
in den Kommunen
Schon auf den ersten
Blick sind der vom ALP-Institut ermittelte Bedarf und die tatsächlich leer
stehenden Pflegeplätze ein Widerspruch. Dies belegt ein Auseinanderfallen von
Prognosedaten mit der tatsächlichen Situation.
Der größte Teil des
dargestellten Leerstandes ist darauf zurück zu führen, dass die
Pflegeheimbetreiber auf dem Arbeitsmarkt nicht das notwendige Pflegepersonal
generieren können. Sowohl freiwillige Aufnahmeverzichte der Betreiber als auch
in Einzelfällen Auflagen durch den Rhein-Kreis Neuss als WTG-Behörde sind die
Folge. Baulich vorhandene Plätze stehen damit nicht am Markt zur Verfügung und
tragen somit auch nicht zu Bedarfsdeckung bei.
In Bezug auf die
Schaffung neuer „Kapazitäten“ von Pflegeeinrichtungen, wie sie das APG bei
einem bestehenden Bedarf fordert, ist dieser Aspekt von größter Bedeutung. Es
stünden rund zwei Pflegeeinrichtungen á 80 Plätzen sofort zur Verfügung, die
entsprechenden Plätzen könnten unverzüglich zur Deckung des Bedarfs eingesetzt
werden, würde ausreichendes Personal zur Verfügung stehen. Somit ist nicht die
Schaffung weiterer Gebäude der Schlüssel für eine bedarfsgerechte
Angebotsstruktur, sondern die gleichzeitige Rekrutierung von Pflegekräften.
Anrufe, die von
Projektentwicklern oder Firmen, die für potentielle Investoren eine
Gebietsanalyse durchführen, in der Verwaltung ankommen, enden fast immer abrupt
bei der Darstellung dieser Ist-Situation durch das Sozialamt, obwohl auf den
rechnerisch wahrscheinlich gegebenen Bedarf in einzelnen Kommunen hingewiesen
wird. Dies zeigt, dass die Anbieterseite dem Faktor Personalressource heute
eine höhere Bedeutung beimisst, als einer potentiellen Nachfrage durch die
Pflegebedürftigen. Anbieter sind angewiesen auf eine hohe Auslastung, um ein
Pflegeheim wirtschaftlich betreiben zu können. Neue Einrichtungen haben zudem
die Schwierigkeit, einen Personalstamm aufzubauen und sich so dauerhaft auf dem
Markt zu etablieren.
Bei der Bewertung eines
prospektiven Bedarfs durch den Rhein-Kreis Neuss muss daher der Faktor
Personalressource zwingend berücksichtigt werden, um nicht erneut eine
Fehlentwicklung mit mittel- und langfristigen Folgen zuzulassen.
Die Verwaltung hat vor
2014 alle Investoren und neuen Betreiber vor den Fehlentwicklungen eines nicht
gesteuerten Angebotsmarktes in der Pflege – erfolglos - gewarnt. Die abrupte
Zunahme von Pflegeeinrichtungen führte zu einem Auseinanderfallen der
Personalstrukturen in den bestehenden Einrichtungen. Die Qualität der
pflegerischen Versorgung hat sich flächendeckend spürbar reduziert, berechtigte
Beschwerden bei der WTG-Behörde waren über mehrere Jahre an der Tagesordnung.
Dieser Effekt ist in den letzten Jahren langsam wieder zurückgegangen, nach
Ansicht der WTG-Behörde ist wieder eine grundsätzlich gute Versorgungsqualität
in einem Großteil der Einrichtungen gewährleistet. Ein erneutes,
unkontrolliertes Wachstum an Pflegeplätzen kann nach Ansicht der Verwaltung zu
gefährlicher Pflege und Versorgungsdefiziten bei den pflegebedürftigen Menschen
sowie zu einer vermeidbaren Überlastung des eingesetzten Pflegepersonals
führen.
Darüber hinaus kann es
nicht sinnvoll sein, als Rhein-Kreis Neuss zunächst formelle Voraussetzungen
für den Bau zusätzlicher Pflegeplätze zu schaffen, um dann nach der
Inbetriebnahme gegenüber der dann entstandenen Einrichtungen wegen des nicht
vorhandenen Personals als WTG-Behörde des Rhein-Kreises Neuss einen
Belegungsstopp anzuordnen. Wie der Rhein-Kreis Neuss aus den vor Jahren in
Meerbusch gewonnenen Erfahrungen weiß, sind ordnungsbehördliche Maßnahmen, die
letztlich auch in die Untersagung von Heimbetrieben gipfeln können, für alle
Beteiligten, insbesondere aber für die Bewohnerinnen, Bewohner und deren
Angehörige eine enorme psychische Belastung. Es ist Aufgabe des Rhein-Kreises
Neuss, durch umsichtige und vorausschauende Planung und Berücksichtigung aller
maßgebenden Faktoren solche Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen.
2.6. Übersicht
der Entwicklung des Pflegepersonals
In den vergangenen
Jahren hat die Zahl der in der stationären Pflege tätigen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter stetig zugenommen. Diese Zunahme steht in Verbindung mit dem
Wachstum der Zahl der Pflegeplätze. Die folgende Übersicht, die auf den Daten
der WTG-Behörde basiert, zeigt die Entwicklung von 2011 bis 2018. Die Daten zum
Personal sind in Vollzeitstellen angegeben, berechnet wurden die tatsächlich
besetzten Personalstellen. Die Fachkraftquote wird im Durchschnitt aller
Pflegeeinrichtungen im Rhein-Kreis Neuss angegeben. Die Darstellung erhebt
nicht den Anspruch wissenschaftlich erhobener, valider Daten. Sie zeigt aber
eine klare Grundtendenz, aus der Erkenntnisse für die „Verbindliche
Bedarfsplanung“ abgeleitet werden können.
|
2011
|
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2016 |
2017 |
2018 |
Pflegekräfte
in VK gesamt |
1.210 |
1.210 |
1.247 |
1.258 |
1.381 |
1.460 |
1.502 |
1.550 |
davon
Fachkräfte in VK |
639 |
651 |
665 |
684 |
734 |
794 |
800 |
813 |
Fachkraftquote kreisweit |
53% |
54% |
53% |
54% |
53% |
54% |
53% |
52% |
Pflegeplätze kreisweit |
3.178 |
3.314 |
3.434 |
3.602 |
3.602 |
4.018 |
4.018 |
3.973 |
Tabelle 7:
Entwicklung des Personals in stationären Einrichtungen
Auffällig ist, dass in
den Jahren 2011 bis 2014, d.h. in der Zeit vor der Wiedereinführung
der „Verbindlichen Bedarfsplanung“ die Zahl der Pflegeplätze um 424 zugenommen
hat, aber lediglich 48 Vollzeitstellen in der Pflege mehr besetzt wurden! In
diesem Zeitraum traten die unter 2.5 geschilderten Mängel auf, die der
WTG-Behörde gemeldet wurden.
Die Fertigstellung der
noch vor der Einführung der „Verbindlichen Bedarfsplanung“ begonnen
Neubauprojekte erfolgte in den Jahren 2015 und 2016 und führten nochmals zu
einer Inbetriebnahme von über 400 Pflegeplätzen in kürzester Zeit. In 2018
nimmt die Zahl der Plätze durch Wegfall einiger Doppelzimmerplätze minimal ab.
Seit 2014 steigt die
Anzahl der in der stationären Pflege tatsächlich besetzten Vollzeitstellen
stetig an. Gleichzeitig registrierte die WTG-Behörde eine sukzessive Abnahme der
berechtigten Beschwerden.
Im Durchschnitt hat die
Zahl der Pflegekräfte in der Zeit von 2011 bis 2018 um 42,5 Vollzeitstellen pro
Jahr zugenommen. Die Zahl der mit Pflegefachkräften besetzten stellen wuchs im
Durchschnitt pro Jahr um 21,75 Vollzeitstellen, wodurch kreisweit eine stabile
Fachkraftquote von etwas über 50% erreicht wurde.
Aus den Daten lässt
sich ableiten, dass bei einem langsamen, punktuellen Ausbau des Angebotes an
stationären Pflegeplätzen davon auszugehen ist, dass das hierfür notwendige
Personal grundsätzlich rekrutiert werden kann, wenn alle andere Faktoren am
Pflegearbeitsmarkt stabil bleiben.
2.7. Planungen
außerhalb des vollstationären Sektors
Derzeit werden im
Rhein-Kreis Neuss weitere Tagespflegeeinrichtungen errichtet und geplant. Es
gibt inzwischen 4 Einrichtungen im Kreisgebiet, die die Schaffung von insgesamt
48 solitären Kurzzeitpflegeplätzen planen. Erfreulich sind auch Pläne zur
Schaffung einer Demenz-WG in Meerbusch und Gedanken zur Realisierung eines
genossenschaftlichen Wohn- und Pflegeprojektes in Neuss.
In den teilstationären
Sektoren und der Schaffung neuer Wohnangebote muss der Schwerpunkt zukünftiger
Aktivitäten bei der Schaffung neuer Kapazitäten zur Versorgung
pflegebedürftiger Menschen liegen. Nur so wird die Pflege dauerhaft
finanzierbar bleiben, nur so können Antworten auf die personellen
Fragestellungen gefunden werden, und insbesondere kann nur so den Wünschen der
betroffenen Menschen entsprochen werden.
Der Rhein-Kreis Neuss
ist in diesen Bereichen unterwegs, die Kommunen des Kreises sind eingeladen und
aufgefordert sich für die Schaffung von Wohngemeinschaften oder Betreuten
Wohnformen aktiv einzubringen. Hierauf hat auch das ALP-Institut bei der
Betrachtung der Situation im Rhein-Kreis Neuss immer wieder hingewiesen.
Erfolge in diesem
Bereich können und werden ebenfalls die Nachfrage nach zusätzlicher stationärer
bremsen, was einen Effekt bei der Bemessung des zukünftigen Bedarfs haben wird.
3. Gesamtbewertung
der Ergebnisse
3.1. Bewertung
der statistischen Daten
Die von ALP ermittelten
Bedarfswerte, die nun als Basis für die „Verbindliche Pflegebedarfsplanung“ zur
Verfügung stehen, sind nach einem schlüssigen und transparenten System
berechnet worden. Sie basieren jedoch auf statistischen Daten, die aufgrund
tatsächlich eingetretener Entwicklungen und den Auswirkungen der
Pflegestärkungsgesetze derzeit mit
einem gewissen Maß an Unsicherheit behaftet sind und somit nach Ansicht der
Verwaltung einen zu hohen Bedarf an stationären Pflegeplätzen prognostizieren
bzw. den Überhang an Pflegeplätzen etwas zu niedrig quantifizieren.
Die erste
Fortschreibung der Bedarfszahlen kann Anfang 2021 erfolgen, wenn IT.NRW die
nächsten Daten der Pflegestatistik auf Ebene der Kommunen veröffentlicht. Die
dann vorliegende Datenbasis wäre bereits verlässlicher, da die kreisweit
eingeleiteten Entwicklungen beginnen in die Pflegestatistik von IT.NRW
einzufließen und sich die Auswirkungen von Einmaleffekten durch die
Pflegestärkungsgesetze auf die Daten von IT.NRW mit der Zeit relativieren.
3.2. Bewertung
der tatsächlichen Situation auf dem Pflegemarkt
Nicht die Schaffung
neuer Pflegeplätze führt zu einer Bedarfsdeckung. Für eine Bedarfsdeckung sind
funktionstüchtige Einrichtungen erforderlich, die neben den baulichen Voraussetzungen
auch das quantitativ und qualitativ notwendige Personal dauerhaft vorhalten
müssen.
Die Planung und
Schaffung neuer Kapazitäten darf, sofern sie nicht gänzlich vermeidbar ist, nur
punktuell dort erfolgen wo die Prognosedaten eindeutig einen hohen
Handlungsdruck aufzeigen. Bei einem punktuellen Ausbau der Pflegeinfrastruktur
ist nach derzeitigem Datenbestand davon auszugehen, dass dann auch das
notwendige Pflegepersonal bei Fertigstellung einer Planungs- und Baumaßnahme
tatsächlich zur Verfügung steht.
3.3. Subsumierung
der Bewertungen unter § 7 Abs. 6 APG
§ 7 Abs. 6 APG NRW
formuliert, dass eine Bedarfsdeckung angenommen werden kann, wenn einer zu
erwartenden Nachfrage nach den jeweiligen Betreuungsangeboten ein mindestens
deckungsgleiches Angebot gegenübersteht. Das APG spricht somit nicht von
Gebäuden bzw. baulich errichteten Pflegeplätzen, sondern setzt ein tatsächlich
nutzbares Angebot voraus.
Daneben gibt das APG
NRW vor, dass die „Verbindliche Bedarfsplanung“ darzustellen hat, in welcher Höhe
zur Bedarfsdeckung zusätzliche Kapazitäten erforderlich sind. Zusätzliche
Kapazitäten sind jedoch im Hinblick auf die Bedarfsdeckung erst dann sinnvoll,
wenn die bereits vorhandenen Angebote auch tatsächlich einen Beitrag zur
Bedarfsdeckung leisten können – von Einzelfällen wegen Sanktionen der
WTG-Behörde, z.B. bei schlechter Pflege oder einem vorübergehendem
Personaldefizit abgesehen.
Von einem tatsächlichen
Beitrag zur Bedarfsdeckung durch die bestehenden Angebote ist nicht auszugehen,
wenn sich im gesamten Kreisgebiet über längere Zeit Einrichtungen einem
freiwilligen Aufnahmestopp unterwerfen und zusätzlich weiteren Einrichtungen
durch ordnungsbehördliche Anordnung die weitere Aufnahme von Bewohnerinnen und
Bewohnern untersagt werden muss und hierfür insgesamt das auf dem Arbeitsmarkt
nicht vorhandene Pflegepersonal die Ursache ist.