Beschlussvorschlag:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt die Berichte der Verwaltung zur Kenntnis.


Sachverhalt:

2.1 Sachstandsbericht für den Kreisausschuss am 13.11.2019

 

Im Rhein-Kreis Neuss lebten zum Stichtag 30. September 2019 insgesamt 10.045 Flüchtlinge.

Dies sind 19 Flüchtlinge mehr als zum 30.06.2019 und 833 mehr als zum Stichtag 30. Juni 2017 (erstmalige Erhebung der Gesamtzahlen aus dem Ausländerzentralregister) sowie 513 mehr als Ende September 2017 und 382 mehr als Ende September 2018. Über eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis verfügten 7.279 Flüchtlinge und damit 133 mehr als zum letzten Stichtag am 30.06.2019 (30. Juni 2017: 5.428).

 

Die Zahl der Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren ist auf 1.517 zurückgegangen (30. Juni 2017: 2.750). Hiervon kommen 264 Flüchtlinge aus einem Land mit hoher Bleibeperspektive (seit dem 01.08.2019 gilt dies nur noch für Syrien und Eritrea). Aus Iran, Irak, Somalia und Afghanistan, bei denen man nicht mehr von einer hohen oder erhöhten Bleibeperspektive reden kann, kommen 526 Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren.

 

Aus diesen Herkunftsländern haben insgesamt 778 Menschen im Rhein-Kreis Neuss einen Aufenthaltstitel aus familiären Gründen. Dieser Wert ist gegenüber dem 30. Juni 2017 (hier waren es 621 Personen) um 157 Personen gestiegen, gegenüber dem 30.06.2018 sind 31 Personen mehr zu verzeichnen. Der Grund des Familiennachzuges lässt sich in der Statistik nicht differenzieren. Diese Personengruppe zählt rechtlich auch bei einem Nachzug zu einem Familienmitglied mit anerkanntem Flüchtlingsstatus nicht als Flüchtling. Da diese Personengruppe aber hinsichtlich der notwendigen Integrationsmaßnahmen vergleichbar ist, werden die Zahlen hier mit aufgeführt.

 

Die Zahl der Flüchtlinge mit einer Aussetzung der Abschiebung liegt bei 1.249 Personen (30. Juni 2017: 1.034). Häufigste Gründe für die Aussetzung der Abschiebung sind fehlende Passunterlagen sowie die Reiseunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen.

 

Eine detaillierte Übersicht über die Flüchtlingszahlen Im Rhein-Kreis Neuss gesamt sowie eine grafische Darstellung der ausgewerteten Quartale zum 30. September 2019 liegen als Anlage 1 und Anlage 2 zu TOP 2.1 bei.

 

Asylgeschäftsbericht des BAMF (September 2019):

 

Bezogen auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ergibt eine Auswertung des Asylgeschäftsberichtes des BAMF zu den Flüchtlingszahlen 12.536 gestellte Erst- und Folgeanträge im September 2019 gegenüber 9.691 im Juni 2019, 12.762 im März 2019, 8.900 im Dezember 2018, 12.976 im September 2018, 13.255 im Juli 2018, 12.622 im März 2018, 14.293 im Dezember 2017, 16.520 im September 2017 und 15.261 Erst- und Folgeanträgen im Juni 2017, wobei die Spitze der gestellten Erst- und Folgeanträge mit 18.711 im November 2017 lag.

 

Die beim BAMF anhängigen Verfahren konnten von 146.551 im Juni 2017 auf 54.662 im September 2019 abgebaut werden, im Juni 2019 waren noch 52.457 Verfahren anhängig, sodass hier wieder eine Steigerung verzeichnet werden kann. Im September 2019 hat das BAMF 13.321 Entscheidungen getroffen, davon 5.025 positive Entscheidungen. Die Schutzquote betrug im September 2019  37,7 % (gegenüber 37 % im Juni 2019, 40,3 % im März 2019, 38,5 % im Dezember 2018, 38,9 % im September 2018, 26,4 % im Juni 2018, 30,5 im März 2018, 37,0 im Dezember 2017, 39,7 % im September 2017 und 39,9 % im Juni 2017). Eine entsprechende Übersicht liegt als Anlage 3 zu TOP 2.1 bei.

 

Eine Aufstellung und Grafik zur Entwicklung der Asyl-Erstanträge aus den Ländern mit hoher Bleibeperspektive Syrien und Eritrea (sowie aus den Ländern Iran, Irak, Somalia und Afghanistan) ist als Anlage 4 zu TOP 2.1 beigefügt.

 

 

2.2 Bericht zur Durchführung der Integrationskurse im Rhein-Kreis Neuss

 

Sachverhalt:

 

Im Sozial- und Gesundheitsausschuss am 11.09.2019 wurde nachgefragt, ob die Integrationskurse im Rhein-Kreis Neuss wahrgenommen würden und ob diese in ausreichender Zahl vorhanden wären. Das Angebot der Integrationskurse liegt in der Zuständigkeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Das Kommunale Integrationszentrum (KI) Rhein-Kreis Neuss hat die Nachfrage zum Anlass genommen, bei der für den Rhein-Kreis Neuss zuständigen Regionalstelle Düsseldorf des BAMF eine Klärung herbeizuführen. Die für diese Regionalstelle zuständige Regionalkoordinatorin des BAMF, Frau Kreuels, hat zwischenzeitlich die Fragen des KI wie nachfolgend beantwortet:

 

 

1.      Gibt es im Rhein-Kreis Neuss eine ausreichende Anzahl von Integrationskursen?

Ja, es gibt im Rhein-Kreis Neuss eine ausreichende Anzahl von zugelassenen Sprachkursträgern, die ein vielfältiges Kursangebot anbieten.

 

2.      Sind diese Integrationskurse ausgelastet bzw. werden sie wahrgenommen?

Die Auslastung ist nicht immer gegeben, d.h., dass Sprachkursträger den angekündigten Kursbeginn hinausschieben.

Die Wahrnehmung im Sinne von Teilnahme an den Integrationskursen ist vorhanden. Eine Wahrnehmung im Sinne von Bekanntwerden der Integrationskurse erfolgt über die Sprachkursträger in Zusammenarbeit mit der Migrationsberatung für erwachsene Zuwandererinnen und Zuwanderer über 27 Jahren (MBE) und in Zusammenarbeit mit dem Jugendmigrationsdienst (zuständig für junge Zuwanderinnen und Zuwanderer von 12 bis 27 Jahren)  sowie über das Internet (hier über das Auskunftssystem des BAMF namens WebGIS auf der BAMF-Seite. WebGIS ist eine sehr gute Informationsmöglichkeit, die aber von der Systempflege durch die Sprachkursträger abhängt.

 

3.      Gibt es ggf. Daten zu der Erfolgsquote der Integrationskurse im Rhein-Kreis Neuss?

Die Erfolgsquote liegt im Rhein-Kreis Neuss über 50 %.

 

4.      Sind die Angebote im Rhein-Kreis Neuss differenziert genug (z. B. nach interkulturellen und kognitiven Voraussetzungen)?

Grundsätzlich sind die Angebote differenziert genug, Mangel besteht an Zweitschriftlernerkursen. Diese Kursart darf jeder zugelassene Sprachkursträger anbieten. Rentabler ist immer die Anbietung eines Alphabetisierungskurses oder eines allgemeinen Integrationskurses, da dieser schneller ausgebucht ist. Ausgangspunkt ist das Ergebnis der Einstufungstests der Teilnehmenden. Hierzu gibt es mit Neueinstellung der sogenannten Pädagogischen Regionalkoordinatoren (zugelassene Lehrkräfte) Workshops für einstufende Lehrkräfte. Im Rhein-Kreis Neuss findet ein solcher Workshop am 21.11.2019 statt. Lerntempi werden berücksichtigt.

 

5.      Werden die Präferenzen und Potenziale der Migranten bei der Zuweisung in die Integrationskurse im Rhein-Kreis Neuss ausreichend berücksichtigt?

Eine Zuweisung gibt es nicht. Weder seitens der Leistungsgeber - Sozialamt, Jobcenter -noch seitens BAMF. Mit Hilfe des bundesweit einheitlichen Einstufungstests stellt der Sprachkursträger den Sprachstand eines Teilnehmenden fest und sucht für ihn einen passenden Integrationskurs. In erster Linie sucht der Sprachkursträger bei sich selbst und bei anderen Sprachkursträgern, beispielsweise über WebGIS. Die Sprachkursträger ermitteln mehr oder weniger nach den Ergebnissen der durchgeführten Einstufungstests den Bedarf an Integrationskursen bzw. richten danach ihr Angebot aus. Neben den Volkshochschulen arbeiten die restlichen für den Rhein-Kreis Neuss zugelassenen Sprachkursträger auf wirtschaftlicher Basis, sodass die Teilnehmenden auch die ihrem Leistungsstand entsprechenden Integrationskurse besuchen.

 

6.      Ist ein gutes und passgenaues Integrationskursangebot vorhanden?

Ja, über den Weg wie in 5.) beschrieben. Einzig Zweitschriftlernerkurse könnten zusätzlich angeboten werden, sind aber finanziell nicht so attraktiv. Hier hat das BAMF nachgebessert. Seit dem 01.05.2019 hat auch der Zweitschriftlernerkurs 900 UE (Unterrichtseinheiten) plus 300 UE Wiederholerstunden auf Antrag.

 

7.      Werden Integrationskurse auch im Hinblick auf eine eventuell geringere Teilnehmerzahl und weitere Entfernungen zwischen Wohn- und Kursorten eingerichtet?

Ja, insbesondere die Volkshochschulen führen auch Integrationskurse mit geringerer Teilnehmerzahl durch. Die restlichen zugelassenen Sprachkursträger orientieren sich mit mehreren Kursorten im gesamten Rhein-Kreis Neuss, sodass die Möglichkeiten im Rhein-Kreis Neuss für die Teilnehmenden gut und ausreichend breit gefächert sind.

 

8.      Ist im Rhein-Kreis Neuss eine zielgruppengerechte Steuerung der Teilnehmenden in die Integrationskurse gegeben?

Nein, die Integrationskurse sollen anhand der ermittelten Sprachstände so gemischt werden, dass die Integrationskurs-Sprache der Teilnehmenden untereinander Deutsch sein sollte, dies hängt natürlich auch mit den vorhandenen Möglichkeiten zusammen. Auf Grund der starken Flüchtlingszuwanderung 2015 waren damals zum Beispiel viele Syrer gemeinsam in Integrationskursen.

 

9.      Wird bei der Zusammensetzung der Integrationskurse im Rhein-Kreis Neuss auf ein möglichst einheitliches Leistungsniveau geachtet?

Ja, über den ermittelten Sprachstand der Teilnehmenden mit Hilfe der vorgeschriebenen Einstufungstests wird auf ein möglichst einheitliches Leistungsniveau geachtet.

 

10.   Was sollte/könnte ggf. nach Ansicht des BAMF verbessert werden?

Durch die Neuerungen ab 01.08.2019 erhöht sich der Teilnehmerkreis für die Integrationskurse, das ist sehr positiv. Eine individuelle Begleitung der Neuzugewanderten im Rhein-Kreis Neuss mit dem Ziel der Integration in Arbeit ist das Ideal. Hierbei arbeiten verschiedene Behörden wie die Leistungsgeber und die Ausländerbehörden zusammen. Über Netzwerke sind die einzelnen Blickwinkel und Arbeitsweisen der Behörden bekannt. Mehr ist derzeit nicht möglich mangels Zusteuerung. Das Bewusstsein ist da und mittlerweile verpflichten auch alle Sozialämter des Rhein-Kreises Neuss in die Integrationskurse.

 

Das BAMF evaluiert derzeit in einem langfristig angelegten Projekt die Integrationskurse. Der erste Zwischenbericht zum Forschungsprojekt „Evaluation der Integrationskurse (EvIk) enthält vor allem Informationen über die Zusammensetzung und Lernerfolge. Der Zwischenbericht ist als Anlage 1 zu TOP 2.2 beigefügt.

Der Bundesrat hat in seiner 981. Sitzung am 11. Oktober 2019 eine Entschließung zum Thema „Deutschkurse für Migrantinnen und Migranten erneuern“ gefasst (Drucksache 433/19) und darin eine grundsätzliche Neugestaltung der Struktur der Deutschkursangebote des BAMF gefordert.

 

Laut Ausführung des Bundesrates werden Deutschkenntnisse derzeit in getrennten Angeboten in Zuständigkeit des BMI mit dem BAMF, des BMAS und der Bundesagentur für Arbeit vermittelt - ergänzt durch eigene Angebote der Länder und Kommunen. In der Praxis resultiere daraus eine schwer überschaubare und oftmals wenig wirksame Zusammenstellung an Angeboten des Basis- und berufsbezogenen Spracherwerbs, die eine gelungene Integration erschwere. Anzustreben sei „die übersichtliche und bedarfsgerechte Gestaltung eines qualitativ verbesserten umfassenden  Sprachprogramms, bei dem die verschiedenen Angebote an Erstorientierungs- und Integrationskursen sowie zur berufsbezogenen Sprachförderung vereinheitlicht, schlüssig aufeinander abgestimmt und miteinander verzahnt sind“.

 

Laut Entschließung des Bundesrates gebe es keine zentrale Federführung für die Angebotsstruktur zur Vermittlung von Deutschkenntnissen für Migrantinnen und Migranten. Für die Vermittlung von allgemeinen Sprachkenntnissen seien das BMI und das BAMF mit dem Angebot der Integrationskurse und Erstorientierungskurse zuständig, wohingegen berufsbezogene Deutschkenntnisse in Zuständigkeit des BMAS angeboten würden.

Aufgrund der unterschiedlichen Zugangsbestimmungen und der bestehenden Lücken für einzelne Personengruppen müssten derzeit auf Landes- und Kommunalebene Ersatzangebote vorgehalten werden. Dieses System sei sehr unübersichtlich und ineffektiv für die Zielgruppe und es entstünden dadurch erhebliche Synergieverluste mit hohem Kosten- und Koordinierungsaufwand für Bund und Länder.

 

Der Rhein-Kreis Neuss hat in der Vergangenheit bereits Vorstöße unternommen, um einen Wechsel der Zuständigkeit auf die Kreise und kreisfreien Städte zu erreichen. Leider ist dies bisher an der Sichtweise des BAMF zur Zuständigkeit gescheitert.

 

Eine Zuweisung in die Integrationskurse in eigener Federführung auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte würde durch die bessere Übersicht und Abstimmungsmöglichkeit vor Ort eine passgenauere Zuweisung zu den Kursen ermöglichen. Dies würde auch zu der vom Bundesrat geforderten stärkeren Flexibilisierung und weiteren Modularisierung der Kurse und zu einem schnelleren Zugang zu einem Kurs führen.